Archäologie und Ehrenamt - Bayerisches Landesamt für ...
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sehr anschaulich, warum Dornengestrüpp auch als „mittelalterlicher<br />
Stacheldraht“ bezeichnet wird. Doch letztlich gelang<br />
es mit vereinten Kräften, alle Flächen <strong>für</strong> die Messung vorzubereiten,<br />
Traverse <strong>für</strong> Traverse abzulaufen <strong>und</strong> dabei (fast)<br />
allen Bäumen <strong>und</strong> Stolperfallen rechtzeitig auszuweichen.<br />
Durch einen Vergleich der so gewonnenen Magnetikmessbilder<br />
mit digitalen Geländemodellen aus hochauflösenden<br />
Airborne Laserscan-Daten (ALS) der Bayerischen Vermessungsverwaltung<br />
gelang es, verschiedene Siedlungsbef<strong>und</strong>e<br />
<strong>und</strong> eine hölzerne Bewehrung der südlichen Hangkante<br />
nachzuweisen – wissenschaftlich interessante Ergebnisse, da<br />
bisher keine Informationen über eine Bebauung der Vorburg<br />
oder eine Befestigung der Hangkante vorlagen. Fragen zur<br />
Datierung – es liegen auch zahlreiche bronzezeitliche F<strong>und</strong>e<br />
aus der Burg vor – <strong>und</strong> zum genauen Erscheinungsbild der<br />
Bef<strong>und</strong>e hoffen wir, durch künftige Geländearbeiten zu beantworten.<br />
Die Prospektion des Erdriegelfeldes außerhalb der<br />
Vorburg erbrachte dagegen keine eindeutig interpretierbaren<br />
Strukturen, sodass dort in Zukunft andere Methoden als Magnetik<br />
– beispielsweise gezielte Bohrsondagen – eingesetzt<br />
werden müssten.<br />
Im Laufe des Messtages erregten die Prospektionsarbeiten<br />
das Interesse zahlreicher Besucherinnen <strong>und</strong> Besucher<br />
der Burg. Auch die Lokalpresse war vor Ort, um über<br />
das Projekt zur Erforschung „ihrer“ Burg zu berichten.<br />
Einige Schüler aus Schwabegg zeigten so viel Tatendrang,<br />
dass sie gleich in die Arbeiten eingeb<strong>und</strong>en wurden <strong>und</strong> den<br />
Nachmittag über eifrig mithalfen.<br />
Von der Siedlungswüstung Lierheim im Nördlinger<br />
Ries waren durch Feldbegehungen des jahrzehntelang dort<br />
tätigen <strong>Ehrenamt</strong>lichen Franz Krippner bereits zahlreiche<br />
linearbandkeramische, metallzeitliche <strong>und</strong> frühmittelalterliche<br />
Lesef<strong>und</strong>e bekannt. Auch Luftbilder vom Hangbereich<br />
oberhalb der Eger wiesen auf zahlreiche Bef<strong>und</strong>e, die eine<br />
Magnetikprospektion vielversprechend erscheinen ließen.<br />
Ziel der Prospektionsarbeiten war es, die Nutzungsphasen,<br />
die Ausdehnung <strong>und</strong> die innere Differenzierung des F<strong>und</strong>platzes<br />
näher zu erforschen.<br />
Möttingen, Lkr. Donau-Ries; Messarbeiten an der Siedlungswüstung<br />
Lierheim (Foto: Lukas Werther, 2011)<br />
Erich Bäcker <strong>und</strong> Lukas Werther – Haldenburg <strong>und</strong> Siedlungswüstung Lierheim<br />
Ein besonderes Augenmerk galt dabei dem frühen<br />
Mittelalter, da im Riesbecken trotz beinahe flächendeckender<br />
systematischer Begehungen kaum frühmittelalterliche<br />
Siedlungsf<strong>und</strong>stellen bekannt oder archäologisch erforscht<br />
sind. Dieses F<strong>und</strong>stellenbild steht in scharfem Kontrast zu<br />
den zahlreichen merowingerzeitlichen Gräberfeldern <strong>und</strong><br />
dem vor allem in karolingerzeitlichen Schriftquellen belegten<br />
dichten Siedlungsbild. Die gut zugänglichen Wiesenflächen<br />
wurden wie an der Haldenburg tachymetrisch eingemessen –<br />
statt mit Dornengestrüpp hatte das Messteam hier bei bestem<br />
Wetter nur mit Sonnenbrand zu kämpfen. Auf der gemessenen<br />
Fläche von 16800 m 2 konnte eine Vielzahl von Siedlungsbef<strong>und</strong>en<br />
verschiedener Zeiten erfasst werden: Zur ältesten<br />
Nutzung gehören wohl einige Nordwest-Südost orientierte<br />
längliche Gruben, Reste bandkeramischer Häuser, wie sie<br />
beispielsweise im nahe gelegenen Herkheim ergraben wurden.<br />
Durch ergänzende Begehungen mit Einzelf<strong>und</strong>einmessung<br />
gelang es, dieser Bef<strong>und</strong>gruppe im Messbild auch F<strong>und</strong>-<br />
Bandkeramische Scherbe von der Siedlungswüstung Lierheim<br />
(Zeichnung: Lukas Werther, 2011, o. M.)<br />
material zuzuordnen: Dazu gehört unter anderem eine große<br />
verzierte Randscherbe eines bandkeramischen Kumpfes.<br />
Deutlich jünger sind aller Wahrscheinlichkeit nach zahlreiche<br />
kleinere rechteckige Bodenanomalien mit Kantenlängen von<br />
2,5–4 m. Diese Bef<strong>und</strong>e, die bereits aus Luftbildern bekannt<br />
waren, sind wohl als Grubenhäuser anzusprechen <strong>und</strong> gehören<br />
in das Frühmittelalter. An F<strong>und</strong>material dieser Zeitstellung<br />
konnte kammstrichverzierte Keramik der sogenannten<br />
„Burgheimer Ware“ wohl des 7./8. Jahrh<strong>und</strong>erts aufgelesen<br />
werden. Außerdem belegen zahlreiche Fließschlacken die<br />
Verhüttung von Eisen vor Ort. Zeitlich nicht eingeordnet <strong>und</strong><br />
bisher nur teilweise erfasst ist eine große viertelkreisförmige<br />
Grabenstruktur, die möglicherweise sogar eine Torsituation<br />
aufweist. Trotz der großflächigen Messungen konnte der<br />
F<strong>und</strong>platz nicht vollständig untersucht werden.<br />
Das gemeinsame Projekt von <strong>Ehrenamt</strong>lichen, dem<br />
Bayerischen <strong>Landesamt</strong> <strong>für</strong> Denkmalpflege, von Universitäten<br />
<strong>und</strong> dem Römisch-Germanischen Zentralmuseum<br />
verbuchen wir als vollen Erfolg sowohl im Hinblick auf die<br />
Kooperation <strong>und</strong> Methodenvermittlung als auch hinsichtlich<br />
der erzielten Ergebnisse. Wir hoffen auf die Möglichkeit zur<br />
Fortführung der Arbeiten <strong>und</strong> eine baldige Beantwortung<br />
zahlreicher noch offenstehender Fragen!<br />
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