Archäologie und Ehrenamt - Bayerisches Landesamt für ...
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<strong>Ehrenamt</strong>liche Projekte – Vermittlung<br />
Claudia Merthen <strong>und</strong> Hans-Georg Schulz<br />
„Mammutsteak <strong>und</strong> Uhrkornbrot“<br />
Steinzeit-Aktionswochen in der Gr<strong>und</strong>schule Zirndorf<br />
Die Zusammenarbeit zwischen der „Vorzeitkiste Erlangen“,<br />
einer museumspädagogisch tätigen Arbeitsgruppe aus Studenten<br />
<strong>und</strong> Absolventen archäologischer Wissenschaften<br />
der Universität Erlangen-Nürnberg <strong>und</strong> der Gr<strong>und</strong>schule I in<br />
Zirndorf, begann bereits 2009. Damals hatte eine dritte Klasse<br />
Gelegenheit, die Altsteinzeit näher kennenzulernen. Der<br />
erste Teil des Kurses fand in der Schule, der zweite in der<br />
Ur- <strong>und</strong> Frühgeschichtlichen Sammlung der Universität statt.<br />
Aus dieser lebendigen Erfahrung entstand die Idee, das Thema<br />
„Steinzeit“ in einer Projektwoche umzusetzen. Bei der<br />
ersten gemeinsamen Besprechung mit Lehrerinnen <strong>und</strong> Lehrern<br />
stellte sich schnell heraus, dass die ehrenamtlich tätige<br />
„Vorzeitkiste“ die Projektwoche vollständig gestalten wird.<br />
Nun galt es, zahlreiche Herausforderungen zu meistern.<br />
Die Gr<strong>und</strong>schule I in Zirndorf besitzt zwei Schulhäuser,<br />
die im Schuljahr 2009/10 knapp 400 Kinder besuchten.<br />
Pro Schulhaus gibt es die Jahrgänge der 1. bis 4. Klasse<br />
zweimal. Dies waren Dimensionen, mit denen die „Vorzeitkiste“<br />
noch nicht gearbeitet hatte. Wegen der Menge der<br />
Schüler sollte <strong>für</strong> jedes Schulhaus eine eigene Projektwoche<br />
stattfinden – <strong>und</strong> auch dann waren pro Tag noch ca. 200<br />
Kinder zu betreuen. Außerdem war ein völlig neues Vermittlungskonzept<br />
zu erstellen, das die „Steinzeit“ auf fünf<br />
Tage verteilt aufbereitet <strong>und</strong> erlebbar macht.<br />
Es folgten viele Wochen straff organisierte, ehrenamtliche<br />
Arbeit in den Räumen der Universität Erlangen. Für<br />
viele „Vorzeitkistlerinnen“ wurde dieses Projekt zur Herausforderung,<br />
war doch nicht nur organisatorisch, sondern<br />
auch in Bezug auf das Material, das zur Vermittlung zu<br />
beschaffen war, Pionierarbeit zu leisten. Parallel zur Aufbereitung<br />
<strong>für</strong> die Gr<strong>und</strong>schüler führte man eine eintägige<br />
Weiterbildung <strong>für</strong> die Lehrer durch, die Hintergr<strong>und</strong>informationen<br />
zur Steinzeitforschung <strong>und</strong> Erläuterungen zum<br />
Vermittlungskonzept erhielten. Während der gesamten Vorbereitungszeit<br />
standen Schule <strong>und</strong> „Vorzeitkiste“ in regem<br />
Austausch, denn auch in Zirndorf wurde mitgeplant, organisiert<br />
<strong>und</strong> recherchiert. Mit ihrem unermüdlichen Einsatz<br />
leisteten die Lehrerinnen <strong>und</strong> Lehrer einen wesentlichen<br />
Beitrag zum Gelingen des Vorhabens.<br />
Innerhalb einer Woche sollten die Gr<strong>und</strong>schüler einen<br />
Einblick in die Steinzeit erhalten. Es bot sich folgender<br />
Ablauf an:<br />
Tag 1: Einführung mit Zeitreise <strong>und</strong> Ausgrabung,<br />
Tag 2: Altsteinzeit 1: Ältere <strong>und</strong> Mittlere Altsteinzeit,<br />
Tag 3: Altsteinzeit 2: Jüngere Altsteinzeit,<br />
Tag 4: Mittelsteinzeit <strong>und</strong> Jungsteinzeit,<br />
Tag 5: Abschluss <strong>und</strong> Präsentation der Erfahrungen in den<br />
„Kleinen Museen“.<br />
Zur Einstimmung begaben sich alle auf eine Reise in die Vergangenheit.<br />
Mit einer Zeitmessung ließen sich die Dimensionen<br />
erfassen, die verschiedenen Epochen wurden mit Farben<br />
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codiert. Außerdem nahmen alle Kinder an einer Ausgrabung<br />
teil, um die Erfahrungen von „echten Archäologen“ zu machen.<br />
Wenn es eine größere Herausforderung gab als diese<br />
zwei Projektwochen, dann war es eine „Ausgrabung“ mit<br />
200 Teilnehmern, <strong>und</strong> alle wollten gleichzeitig beschäftigt<br />
sein. Jeder schloss einen Arbeitsvertrag ab <strong>und</strong> fand seinen<br />
Platz in einer Gruppe: Ausgraben, F<strong>und</strong>e waschen, Sieben,<br />
F<strong>und</strong>e inventarisieren <strong>und</strong> wenn es geht zusammensetzen. –<br />
Der zweite Tag begann mit der Erarbeitung der Unterschiede<br />
zwischen Mensch <strong>und</strong> Tier sowie zwischen Neandertaler<br />
<strong>und</strong> modernem Menschen. Darauf folgte das Kennenlernen<br />
des Lebensumfeldes des Neandertalers, seines Werkzeugs,<br />
seiner sozialen Eigenschaften, seiner Jagdmethoden. Für seinen<br />
Speer fanden sich die Materialien in der Natur, <strong>und</strong> diese<br />
Waffe wurde auch gleich getestet. – Am dritten Tag stand die<br />
Jüngere Altsteinzeit auf der Tagesordnung. Es galt, den modernen<br />
Menschen genauer kennenzulernen; Materialien zum<br />
Anfassen <strong>und</strong> Verarbeiten halfen dabei. Neben den Lebensumständen,<br />
den Steinwerkzeugen <strong>und</strong> dem Jagdgerät kam<br />
nun auch die Kunst ins Spiel. Die kleinen Zirndorfer Steinzeitkünstler<br />
versuchten sich an Ritztechnik, Figürchen aus<br />
Lehm, am Schmuck <strong>und</strong> an der Höhlenmalerei. – Tag 4 begann<br />
mit der Klimaveränderung in der Mittelsteinzeit: Neue<br />
Bäume wandern ein. Die Jungsteinzeit brachte zahlreiche<br />
Veränderungen im Leben der Menschen, denn sie wurden<br />
sesshaft. Hausbau <strong>und</strong> Leben im Langhaus erfuhren die Zirndorfer<br />
Kinder am eigenen Leib. – Der Freitag war der große<br />
Abschlusstag, zu dem auch die Eltern geladen waren. Zuerst<br />
entstanden in allen Klassenräumen die „Kleinen Museen“.<br />
Die Gr<strong>und</strong>lage da<strong>für</strong> bildeten alle Steinzeit-Themen der Woche:<br />
von der Ausgrabung bis zum Wohnen im Langhaus. Außerdem<br />
öffnete die Vorzeitkiste ihr Depot, den Raum, in dem<br />
Zirndorf, Lkr. Fürth; „Ausgrabung“ mit 200 Teilnehmern<br />
(Foto: Claudia Merthen, 2010)