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Archäologie und Ehrenamt - Bayerisches Landesamt für ...

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gemessen, sondern auch Lichtnischen, Balkenlöcherkonstrukte,<br />

Mauermatrixen u. a. Man kann sich vorstellen, dass<br />

diese Sorgfalt erfordernde, aufwendige Arbeit in einem sehr<br />

beengten, feuchten <strong>und</strong> kalten Raum spezielle Anforderungen<br />

stellt <strong>und</strong> nicht <strong>für</strong> jeden geeignet ist.<br />

Auch die Fotodokumentation der Stollenanlage stellte<br />

sich als schwierig heraus, fand sich doch kaum genügend<br />

Platz, um bestimmte Wandstrukturen, Lichtnischen <strong>und</strong> Bearbeitungsspuren<br />

gut aufnehmen zu können. Schräglichtaufnahmen<br />

waren ebenso problematisch wie Frontalaufnahmen,<br />

da die Strukturen der Wände <strong>und</strong> mögliche Bergmannszeichen<br />

nicht oder nur bedingt zu erkennen sind. Der umfangreiche<br />

Bericht enthält die Vermessungen/Zeichnungen <strong>und</strong><br />

Fotografien der Gesamtanlage <strong>und</strong> einzelner Details.<br />

Bei der Anlage handelt es sich um eine mehrphasige<br />

Stollenanlage mit Wasserseigen, geneigte Wasserabflussrinnen.<br />

Dabei trieb man in unregelmäßigen Abständen Bauhilfsschächte<br />

in den Untergr<strong>und</strong>. Vom Gr<strong>und</strong> dieser Schächte aus<br />

wurden nun die einzelnen Baulose im sogenannten Gegenortverfahren<br />

in den Felsen geschlagen. Auftretende Messfehler<br />

beim Auffahren der Teilstrecken erforderten eine Richtungskorrektur<br />

des entgegen getriebenen Stollenabschnittes<br />

mit Einschluss von finalen Versicherungshaken, die sich heute<br />

noch recht deutlich im Gr<strong>und</strong>- <strong>und</strong> Aufriss darstellen <strong>und</strong><br />

uns so auch Einblicke in die Entstehungsphasen (besonders<br />

auch der fehlerhaften Vermessungstechniken) geben.<br />

Die Stollenanlage erstreckt sich heute zwischen dem<br />

Hauptbahnhof im Westen <strong>und</strong> dem Landratsamt im Osten<br />

unter dem Gelände der ehemaligen Alten Spinnerei von<br />

Bayreuth, die seit der Mitte des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts bis in die<br />

Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg hier ansässig war. Die<br />

Streckenführung beläuft sich derzeit auf gut 320 m Gesamtlänge,<br />

wobei sich die Anlage aus mehreren, meist orthogonal<br />

zueinander verlaufenden Teilstrecken von bis zu 75 m Länge<br />

Schwierige Vermessung – <strong>und</strong> Strickleiter zum Mutterschacht<br />

(Foto: Stefan Hedler, 2010)<br />

Bernhard Häck – Eine Stollenanlage mit Wasserseigen in Bayreuth<br />

Fotodokumentation der bearbeiteten Stollenwände<br />

(Foto: BLfD, Bernhard Häck, 2010)<br />

zusammensetzt. Die Raumkubatur ist meist hochoval in den<br />

anstehenden Burgsandstein geschlagen <strong>und</strong> hat eine Breite<br />

zwischen 0,50 <strong>und</strong> 0,80 m bei einer Raumhöhe von 1,20 bis<br />

4,20 m.<br />

Die Anlage wurde wohl hauptsächlich zur Wasserführung<br />

genutzt, wobei man das Bergwasser mit einem leichten<br />

Gefälle von Osten her kanalisierte <strong>und</strong> über die einzelnen<br />

Streckenführungen in den sogenannten Mutterschacht einleitete.<br />

Die Nutzung solcher Mutterschächte hat bereits der<br />

Chemnitzer Stadtarzt <strong>und</strong> Bürgermeister Georg Agricola<br />

(1494–1555) in seinem ein Jahr nach seinem Tode erschienen<br />

Werk „De re metallica libri XI“ beschrieben. Vermutlich<br />

stehen diese Teile der Stollenanlage im Zusammenhang mit<br />

dem sogenannten Brandenburger Weiher, der bereits Ende<br />

des 15. Jahrh<strong>und</strong>erts erstmals erwähnt, später sogar ausgebaut,<br />

schiffbar gemacht <strong>und</strong> schließlich 1775 zugeschüttet<br />

wurde. Relikte von vermutlichen Prospektionsstollen, die<br />

sich ebenfalls in der Anlage finden, geben Gr<strong>und</strong> zur Annahme,<br />

dass man hier auch nach Bodenschätzen suchte.<br />

Der jüngere nördliche Stollenabschnitt ist mehrfach<br />

baulich verändert worden, wobei auch Ziegelmauerwerk<br />

ungleicher Mauermatrix zur Ausführung kam. Es ist anzunehmen,<br />

dass dieser Bereich bis in das frühe 20. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

hinein genutzt wurde. Wie Archivalien nahelegen, sind<br />

wohl nach der Bombardierung des Geländes am 11. April<br />

1945 die zerstörten Stollenrelikte im Norden des Geländes<br />

mit Hilfe der Ziegelmauern wieder instandgesetzt worden.<br />

In der Gesamtschau handelt es sich bei der Stollenanlage<br />

im Gelände der Alten Spinnerei somit um ein bedeutendes<br />

Montan- <strong>und</strong> Industriedenkmal mit Resten barocker<br />

Wasserbaukunst.<br />

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