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Leben mit seltenen Erkrankungen

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14<br />

Blastische plasmazytoide<br />

dendritische Zellneoplasie<br />

„Mein größter<br />

Wunsch ist es,<br />

meine Kinder<br />

aufwachsen<br />

zu sehen“<br />

Fotos: privat<br />

Becki ist alleinerziehende<br />

Mutter von zwei kleinen<br />

Kindern. Im März 2022<br />

bekommt sie die Diagnose<br />

blastische plasmazytoide<br />

dendritische Zellneoplasie<br />

(BPDCN) – eine sehr<br />

seltene und meist aggressiv<br />

verlaufende hämatologische<br />

Neoplasie. Im Interview<br />

spricht sie über ihren<br />

Kampf gegen den Krebs<br />

und verrät ihre größten<br />

Wünsche für die Zukunft.<br />

Haben Sie vorher gemerkt, dass etwas nicht<br />

stimmt?<br />

Bereits im Oktober 2021 hatte ich einen komischen<br />

blauen Fleck auf dem Rücken, doch ich<br />

dachte mir da noch nichts dabei. Im Januar<br />

2022 bemerkte ich dann weitere blaue Flecken<br />

und es wurden immer mehr. Als Hitzewallungen,<br />

Nachtschweiß und Angstzustände hinzukamen,<br />

begann ich mir Sorgen zu machen<br />

und ging zu meinem Hausarzt.<br />

Konnte der Ihnen helfen?<br />

Er konnte weder <strong>mit</strong> den beschriebenen Symptomen<br />

noch <strong>mit</strong> den blauen Flecken etwas anfangen.<br />

Doch er schickte mich zu einer Biopsie<br />

beim Hautarzt. Zum Glück bekam ich recht<br />

schnell einen Termin. Und nachdem diese im<br />

Labor ausgewertet worden war, bekam ich die<br />

Diagnose BPDCN.<br />

Wie haben Sie darauf<br />

reagiert?<br />

Ich war schockiert. Ich hatte<br />

vermutet, dass ich ein Hautlymphom<br />

habe. Als ich hörte, es ist BPDCN, ein<br />

sehr seltener Blutkrebs, war ich am Boden<br />

zerstört, und die Angst zu sterben war allgegenwärtig.<br />

Weltweit gibt es weniger als 1.500<br />

Fälle pro Jahr. Zudem tritt es vorrangig bei älteren<br />

Männern auf. Ich frage mich immer wieder:<br />

Warum hat es ausgerechnet mich erwischt?<br />

Hatten Sie vorher schon einmal von<br />

BPDCN gehört?<br />

Nein, noch nie. Auch der Hautarzt, der die<br />

Biopsie gemacht hatte, kannte das nicht. Mein<br />

Hausarzt kannte über drei Ecken jemanden,<br />

der jemanden kannte, der auch BPDCN hatte.<br />

Was hat Ihnen geholfen, die Krankheit zu<br />

akzeptieren?<br />

Da ich wusste, dass ich Krebs hatte, bevor es<br />

diagnostiziert wurde, konnte ich den Krebs an<br />

sich akzeptieren. Dass es BPDCN war, machte<br />

mich schon fassungslos, da die Chancen, es<br />

zu überleben, nicht die besten sind. Doch ich<br />

bin eine Kämpferin und habe auch während<br />

der schlimmsten Momente nie meine positive<br />

Einstellung zum <strong>Leben</strong> verloren. Das hat mir<br />

während der gesamten Reise sehr geholfen.<br />

Und natürlich sind da noch meine wunderbaren<br />

Kinder. Schon für sie war die Option, einfach<br />

aufzugeben, nicht möglich.<br />

Wie ging es dann weiter?<br />

Ich habe mich über den Krebs und die Behandlung<br />

informiert. Es gibt nur wenige Behandlungsmöglichkeiten<br />

für BPDCN. Ich musste<br />

mich zusätzlichen Tests wie einer Knochenmarkbiopsie,<br />

einem Herzscan und<br />

Lungentests unterziehen, um das Ausmaß<br />

der Erkrankung und meine Eignung für eine<br />

Behandlung zu beurteilen.<br />

Welche Therapien haben Sie<br />

erhalten?<br />

Ich unterzog mich einer stationären<br />

Immuntherapie und einem 6,5-wöchigen<br />

Krankenhausaufenthalt <strong>mit</strong> Chemotherapie.<br />

Zudem erhielt ich auch eine intrathekale Chemotherapie,<br />

die direkt in die Rückenmarksflüssigkeit<br />

injiziert wurde, um zu verhindern,<br />

dass der Krebs mein Gehirn erreicht. Nachdem<br />

es mir besser ging, unterzog ich mich einer<br />

Stammzelltransplantation, für die meine<br />

Schwester meine Spenderin war. Ich danke<br />

ihr nach wie vor jeden Tag dafür – sie ist meine<br />

Heldin. Ich verbrachte von Mai bis Oktober<br />

etwa 3,5 Monate im Krankenhaus und zudem<br />

viel Zeit auf der Tagesstation. Ich habe am 21.<br />

Oktober 2022 nach einer anstrengenden Reise<br />

eine Remission erreicht. Heute nehme ich<br />

täglich viele Tabletten ein, muss aber nur für<br />

wöchentliche Untersuchungen ins Krankenhaus<br />

gehen. Dadurch habe ich endlich wieder<br />

Zeit für meine Kinder.<br />

Wie geht es Ihnen heute und was ist Ihr größter<br />

Wunsch?<br />

Heute bin ich krebsfrei und hoffe, dass dies ganz<br />

lange so bleibt. Ich erhole mich langsam, aber<br />

gut von all den Ereignissen der letzten Monate.<br />

Ich hatte gerade eine Knochenmarkbiopsie, die<br />

bestätigte, dass die Transplantation ein Erfolg<br />

war. Ich muss immer noch sehr vorsichtig <strong>mit</strong><br />

Menschen umgehen, wie zu COVID-Zeiten,<br />

um zu versuchen, Krankheiten zu vermeiden.<br />

Ich ermüde sehr schnell, bekomme Übelkeit<br />

und bin in den Wechseljahren. Aber ich bin<br />

relativ gesund und werde immer stärker. Mein<br />

Wunsch ist es, anderen Krebskämpfern Mut zu<br />

machen, sie darin zu bestärken, niemals aufzugeben.<br />

Und mein größter Wunsch ist es, lange<br />

genug da zu sein, um meine Kinder aufwachsen<br />

zu sehen..<br />

Redaktion Leonie Zell

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