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Michael Katzlberger
/ © Roland Pelzl
Andy Lusti / © Ella Mettler
Lage, Bilder zu generieren, sondern kann
auch Texte verfassen. „Das sind Textmodelle,
die so unfassbar gut sind, dass
sich selbst Literaturkritiker schwertun zu
erkennen, ob diese von einer Maschine
oder einem Menschen geschrieben wurden“,
so Katzlberger. Dabei entständen
Marketingtexte, Claims oder Texte, die für
den Wettstreit mit Menschen angefragt
werden.
Berufsfeld im Wandel
Müssen Kreative also um ihren Job bangen?
Michael Katzlberger ist optimistisch: „Ich
vergleiche das gerne mit der Erfindung der
Fotografie. Bis dahin konnten Maler*innen
als Einzige die Realität auf einer Leinwand
abbilden und haben die Fotograf*innen
abgelehnt. Letztendlich hat sich die Fotografie
zu einer eigenständigen Kunstform
entwickelt, ohne die der Film nicht möglich
wäre, und Millionen von Jobs geschaffen.
Das wird mit KI ähnlich sein.“
Dieser Meinung ist auch Andy Lusti: „Als
Kreativer ist es essenziell neugierig zu sein,
Strömungen und Trends zu beobachten und
Neues für sich zu nutzen. Für mich ist KI ein
neues Werkzeug, das neue Möglichkeiten
bietet.“ Der Schweizer arbeitet als Creative
Director für Direktkunden und Agenturen
in der Schweiz, in Deutschland und in Österreich.
Seine Arbeiten wurden bereits in
allen relevanten Kategorien der weltweit
wichtigsten Kreativ-Wettbewerben ausgezeichnet.
Er vergleicht KI mit einem Junior-
Texter, der zwar unglaublich fleißig ist, dessen
Output aber auch dementsprechend
selektiert werden muss: „Das Ergebnis ist
nur so gut wie der Input. Es braucht Leute,
die mit KI umgehen können und Kuratoren,
um die Spreu vom Weizen zu trennen.“ KI
solle gezielt eingesetzt werden, um einen
Mehrwert zu schaffen, statt einfach aus
Prinzip. „Jeder von uns könnte theoretisch
ein mehrfacher Grammy-Gewinner sein.
Denn seit vielen Jahren ist die Musik-Software
,Garage Band‘ auf jedem Gerät von
‚,Apple‘ installiert und trotzdem haben es
bisher nur Billie Eilish und ihr Bruder geschafft,
damit zu Hause Welthits zu produzieren.
Genauso hat jeder die Möglichkeit
mit KI großartige Dinge zu erschaffen. Das
heißt aber nicht, dass dies jedem gelingen
wird“, illustriert Lusti.
Die Hamburger Kreativagentur „Häppy“
nutzt die KI-Software „Dall-E“ beispielsweise
bei der Suche nach kreativen Talenten.
Neben schrägen Illustrationen findet man
bei ihnen etwa Texte wie: „KI kann viel, aber
unsere nächste Kampagne machst besser
du.“ Die KI-generierte Employer-Branding-
Kampagne will dabei nicht nur originell sein
und für Gesprächsstoff sorgen, sondern
letztlich auch deutlich machen, dass die
Werbebranche nicht ohne menschliche Intelligenz
und Kreativität auskommt.
Problematische Inhalte und
Urheberrecht
Die Mächtigkeit der Bilder-KIs wirft nicht
nur Fragen zur künstlerischen Leistung
auf, sondern auch zu ihrem Missbrauchspotenzial.
Bereits heute kursieren immer
wieder „Deepfakes“ im Internet. Dabei
handelt es sich um täuschend echt wirkende,
manipulierte Bild-, Audio- oder
Videoaufnahmen, die mit Hilfe von KI erzeugt
werden. In den nächsten Jahren
könnte auch die Frage des Urheberrechts
relevant werden. Die Bildagenturen „Getty
Images“ und „Shutterstock“ haben
KI-generierte Inhalte bereits wegen Urheberrechtsbedenken
verboten. Erste
Künstler*innen haben sich bereits darüber
beschwert, dass KIs ihren Zeichenstil
imitieren können. In den Datensätzen,
von denen „Midjourney“ und Co. gelernt
haben, befinden sich auch zahlreiche geschützte
Werke. Eine rechtliche Bewertung
steht noch aus.
Ein Blick in die Zukunft
Katzlberger ist jedenfalls davon überzeugt,
dass es sich in Zukunft keine Agentur
leisten kann, nicht mit KI zu arbeiten.
Ähnlich wie sich „Photoshop“ über die
Jahre immer wieder verbessert hat, werden
sich auch diese Tools weiterentwickeln,
um kreative Köpfe bei ihrer Arbeit
zu unterstützen. Künftig könnte KI auch in
der Lage sein auf der Basis von Texteingaben,
Werbefilme zu erstellen oder Musik
zu komponieren und die Kreativindustrie
so weiterhin zu revolutionieren. Auch
Lusti betont abschließend noch einmal,
dass es unerlässlich ist, offen für Neues
zu sein. „Die wichtigste Eigenschaft, die
ein Mensch für die Zukunft braucht, ist
Flexibilität. Unsere Welt verändert sich
rasend schnell und je mehr man sich darin
zurechtfinden und neue Möglichkeiten
nutzen kann, desto einfacher hat man es
im Leben – egal ob beruflich oder privat“,
reflektiert er.
Sebastian Püttner
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BOT or NOT – Kann künstliche Intelligenz die menschliche Kreativität ersetzen?