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SUMO #40

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Soziale Medien unabdingbar in Zukunft?

„Ich glaube, dass die unterschiedlichen Mediengattungen unterschiedliche

Aufgaben übernehmen. Das Smartphone an

sich ist dafür da die schnelle Information zu verbreiten“, schildert

Michael Kaufmann. Er glaubt, dass klassische Medien

nie ganzheitlich von digitalen Netzwerken abgelöst werden,

sondern dass Social Media verstärkt zusätzlich genutzt wird,

um speziell den Live-Charakter hervorzuheben, beispielsweise

ein „Live Ticker zu Nationalratssitzungen“. „Die ausgewogene

Berichterstattung, die würde ich dann in einem

Long-Read der Online-Ausgabe oder am nächsten Tag in

der Tageszeitung erwarten. Genau das ist die unterschiedliche

Aufgabe der unterschiedlichen Mediengattungen“, so

Kaufmann. Der Leiter der Digitalabteilung des Medienhauses

„Wimmer“ glaubt außerdem, dass es insbesondere im Bereich

der Online-Werbung vor allem auf der technischen Ebene Änderungen

geben wird. Hier werden zukünftig die Werbecookies

verschwinden. Der Trend könnte möglicherweise wieder

vermehrt in Richtung “Contextual Targeting” gehen.

Das Thema Markensicherheit spielt dabei eine entscheidende

Rolle, da viele Werbetreibende genau wissen wollen,

wo die eigene Werbung aufscheint und Kontrolle darüber

haben möchten. Dies stellt sich als großer Vorteil gegenüber

der Werbeschaltung in den sozialen Netzwerken dar.

Ambra Schuster glaubt auch nicht, dass soziale Medien die

Herkömmlichen ganz ablösen werden, sondern dass „soziale

Medien an klassische Medien heranführen“. Denn wenn Rezipient*innen

etwa die „ZIB“ auf TikTok sehen, dann lernen

sie diese kennen und wissen, dass diese auch im Fernsehen

präsent ist und bauen so ein gewisses Grundvertrauen auf.

Abschließend meint die Journalistin: „Soziale Medien sind

quasi das vierte Genre, das zusätzlich dazugekommen ist.“

Klassische Medien sind somit längst nicht abgeschrieben,

sondern bleiben weiterhin ein wichtiger Bestandteil in der

Medienwelt. Dennoch, die Relevanz der sozialen Medien

steigt kontinuierlich an, weshalb es unabdingbar ist diese in

klassischen Medienhäusern zu integrieren.

Alexandra Bauer

Antonella Bacher

Meinungsbeitrag:

Generation Selbstinszenierung:

Wie Kunst zum Wisch-Objekt wurde

Liken, wischen, liken, wischen. Das ist der Takt und er dauert

genau zwei Sekunden. Egal ob zu Hause am Küchentisch,

heimlich im Unterricht oder wie in meinem Fall nonstop im

Zug. Die Head-Down-Generation liked und wischt sich durch

die Sphären von Social Media – egal wo, egal wann. Ich bin

da keine Ausnahme, immerhin wurde meine Generation so

sozialisiert. Im Schnitt verbringt ein Digital Native 90 Minuten

am Tag in den sozialen Netzwerken. Die stundenlange

strategische Selbstinszenierung einiger weniger wird von der

Masse im Schnelldurchlauf (nicht) gewürdigt. Die Erinnerung

verschwindet, der visuelle Hunger bleibt und im Hintergrund

singt Ariana Grande leise „thank u, next“. Das ist die Realität.

Social Media bietet Raum für Selbstinszenierung, wobei der

Auftritt zur Kunst und die Kunst zum Wisch-Objekt wird. Das

Soziale Netzwerk um uns herum verschafft uns große Reichweite

für wenig Aufmerksamkeit. Ein Deal, der allen gängigen

Normen der Kunstszene widerspricht. Kunst entsteht, sie

wächst und entwickelt sich – mit der Zeit. Zumindest hat das

der österreichische Künstler Alfred Haberpointner in einem

Interview mal gesagt. Stundenlange Selbstinszenierung, die

in einem einzigen Post auf Social Media präsentiert und dann

von der breiten Öffentlichkeit weggewischt wird? Vielleicht ist

das ein Kollateralschaden des 21. Jahrhunderts, wo alles immer

noch schneller und besser werden muss. Wobei vielleicht

liegt das Problem auch in der begrenzten Aufmerksamkeitsspanne

meiner Generation.

All diese Gedanken schwirren mir durch den Kopf, während

ich den Takt automatisiert fortsetze. Ich schrecke erst aus

meiner Wisch-Stakkato, als die Tür meines Abteils mit einem

Quietschen aufgeschoben wird. Ein Unbekannter setzt sich

auf den freien Platz gegenüber. Der Zug ist mittlerweile in Bischofshofen

angekommen. Über 30 Minuten sind vergangen,

seitdem ich in Zell am See eingestiegen bin und Instagram

geöffnet habe. Es ist mir fast peinlich, wie wenig Aufmerksamkeit

ich meiner Umgebung gewidmet habe. Die Landschaft

draußen ist genauso spurlos an mir vorbeigezogen wie

die vielen bunten Bilder auf meinem Bildschirm. Trotzdem

wird mir diese Zugfahrt lange in Erinnerung bleiben, denn

nachdem sich der Unbekannte in unserem Abteil ausgebreitet

hat, haben wir uns unterhalten. Ich kenne seinen Namen

nicht, aber er war auch Student vor dreißig Jahren. In einer

ganz anderen Zeit, wie uns im Laufe des Gesprächs beiden

bewusst wird. Damals gab es noch keine kleinen schwarzen

Kästchen, die uns heute unserer Zeit berauben. Wir

unterhalten uns bis Salzburg, dann steige ich aus und greife

automatisch wieder zu meinem Handy. Allerdings dieses

Mal bewusst. Immerhin muss ich nachschauen auf welchem

Bahnsteig mein Anschlusszug abfährt.

Antonella Bacher

Generation Selbstinszenierung: Wie Kunst zum Wisch-Objekt Thema wurde

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