14.04.2023 Aufrufe

SUMO #40

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

BOT or NOT – Kann künstliche

Intelligenz die menschliche

Kreativität ersetzen?

Vor einiger Zeit ging ein Bild viral, auf dem man sieht, wie das letzte Selfie der Welt aussehen

könnte. Das Besondere daran: Das dystopische Gemälde wurde mithilfe der „Midjourney“-KI

generiert. „Midjourney“ ist eines von vielen Systemen, die auf der Basis von Texteingaben

Befehle in Kunst konvertieren können. Kann dieser technologische Fortschritt den Menschen

bei seinem kreativen Schaffensprozess unterstützen oder macht er ihn gar obsolet? Um diese

und weitere Fragen zu beantworten, hat SUMO mit dem Experten für künstliche Intelligenz

(KI) Michael Katzlberger sowie dem Schweizer Kreativen Andy Lusti gesprochen.

Dass künstliche Intelligenz (KI) Schach, Go und

verschiedene Videospiele besser beherrscht

als die geübtesten Menschen ist seit längerem

bekannt. Bereits im Jahr 1997 gelang es „Deep

Blue“ als erstem Computer, den damals amtierenden

Schachweltmeister Garri Kasparow in einer

Partie zu schlagen. Seit einiger Zeit haben auch

Künstler*innen einen neuen, mächtigen Konkurrenten:

KI, die Bilder auf Knopfdruck erstellt. Ein

paar Textanweisungen, sogenannte „Prompts“,

genügen und schon schafft der Algorithmus ein

Bild, das es zuvor nie gab. Wenn es nicht gefällt,

startet man das Programm erneut und erhält

binnen kürzester Zeit neue Alternativen. Zu

den bekanntesten dieser Systeme zählen etwa

„Dall-E 2“, „Midjourney“ oder „Stable Diffusion“. Sie

sind teilweise kommerziell verfügbar, gar nicht

für die Öffentlichkeit zugänglich oder können von

jedem frei genutzt werden. Interessierte können

ihrer Kreativität freien Lauf lassen, technisches

Wissen muss man dafür keines mitbringen. Es ist

also kein Zufall, dass immer mehr KI-generierte

Bilder im Netz auftauchen. Bei „Midjourney“ können

User*innen beispielsweise ihre ersten 25 Bilder

kostenlos generieren, bevor ein Abonnement

abgeschlossen werden muss. Wer sich bei „Dall-E

2“ anmeldet, erhält 50 Credits, die man gegen

Befehle an die KI eintauschen kann. Benötigt man

mehr, muss man dafür bezahlen. „Stable Diffusion“

ist hingegen eine Open-Source-Variante und kann

von jedem frei genutzt werden.

Von Bits und Bytes zur Künstler*in

Doch wie funktionieren diese Wunderwerke der

Softwaretechnologie? „KI ist der Versuch, die

Funktionsweisen im menschlichen Gehirn künstlich

nachzubilden“, erzählt Michael Katzlberger. Er

beschäftigt sich seit 2016 intensiv mit dem Thema

der künstlichen Intelligenz in der Kreativindustrie.

Davor war er 20 Jahre lang Geschäftsführer

der führenden österreichischen Digitalagentur

„Tunnel23“. Mit seinem neuen Unternehmen

„3LIOT.ai“ hat er es sich zur Aufgabe gemacht, das

Thema KI zu entmystifizieren und einer breiten

Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

KIs werden von ihren Entwickler*innen mit grundlegenden

Einstellungen ausgestattet, die Anweisungen

darüber enthalten, was sie lernen sollen.

Anschließend werden sie mit Daten gefüttert, die

sie gemäß ihren Instruktionen mittels Algorithmen

auswerten. Dieser Vorgang wird als „maschinelles

Lernen“ bezeichnet. Im Falle der Bilder-KIs

kommen dabei Wort-Bild-Paare zum Einsatz. Also

Bilder mit beigestellter Beschreibung, die festhält,

was zu sehen ist. Das ermöglicht es den KIs zu

erlernen, welche Formen, Farben und Anordnungen

bestimmte Dinge haben. Auf diesem Wege

können sie auch stilistische Informationen gewinnen,

etwa darüber wie ein altes Foto oder ein

Ölgemälde typischerweise aussieht. Das gilt auch

für die einzigartigen Zeichenstile verschiedener

Künstler*innen und ermöglicht Nutzer*innen später

Eingaben wie „Elch auf dem Mond im Bauhausstil“.

Auf die Frage, ob dabei wirklich etwas Neues

entsteht, meint Katzlberger: „Im Rahmen unserer

Projekte haben wir oft erlebt, dass eine KI unvorhersehbares,

außergewöhnliches, lebendiges

produziert und uns mit kreativem Output überrascht.

Der Mensch hat Vorbilder, von denen er

lernt, demnach darf eine Maschine auch Vorbilder

haben. Bach beispielsweise war das Vorbild von

Mozart. In dem Sinne könnte man dem Menschen

auch vorwerfen, dass er nicht kreativ ist, sondern

bestehendes, gelerntes neu kombiniert hat, oder?“

Utopie und Dystopie

Während manche Menschen diese Entwicklung

neugierig begrüßen, verschließen sich andere

komplett davor. „In der breiten Öffentlichkeit ist

das Thema KI nach wie vor negativ besetzt. Schuld

daran sind in erster Linie Science-Fiction-Filme,

wie ,Terminator‘ oder ,Matrix‘, in denen Menschen

von einer KI ausgebeutet oder vernichtet werden.

Ich würde mir wünschen, dass sich das ändert und

die einfachen Bürger*innen die riesigen Potenziale

dieser Technologie erkennen“, erzählt Katzlberger.

Dieser Zustand ließe sich nur erreichen, indem

man aufklärt und die vielen positiven Beispiele

hervorhebt. KI kann beispielsweise den Arbeitsprozess

in der Kreativindustrie effizienter machen

und beschleunigen. Wenn Werbeagenturen in

Zukunft Bilder suchen, können sie entweder auf

klassische Stock-Archive zurückgreifen oder ihre

eigenen Bilder erzeugen. KI ist aber nicht nur in der

BOT or NOT – Kann künstliche Intelligenz die menschliche Kreativität ersetzen? Thema

9

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!