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nicht funktioniert, kann bzw. muss<br />
die Politik eingreifen.<br />
Pfister: Elektrizität, Wärme, Wasser,<br />
Lebensmittel sind wesentliche Güter<br />
eines Landes. Die Regierung muss<br />
und kann den Energieversorgern einen<br />
Maximalpreis vorschreiben. Eine<br />
derartige Preiserhöhung ist hoch fragwürdig.<br />
Die Verantwortlichen müssten<br />
sich in Grund und Boden schämen.<br />
Die gegenwärtige Teuerungswelle bei<br />
Strom, Gas, Lohnkosten, Lebensmittel<br />
usw. zerstört den Mittelstand und den<br />
sozialen Frieden. Unsere wirtschaftliche<br />
Basis ist in Gefahr.<br />
<strong>ECHO</strong>: Wie bewerten Sie die Entlastung<br />
kleiner Einkommen?<br />
Schwaiger: Dafür lobt sich unsere<br />
Regierung gern. Dabei ist das Problem,<br />
dass Leistung in unserem System<br />
nichts mehr wert ist. Bei entsprechenden<br />
Frei- und Bonusbeträgen<br />
sind Beträge weit über 11.000 Euro<br />
steuerfrei. Die Tarifstufen müssen<br />
also nicht gesenkt, sondern grundsätzlich<br />
hinterfragt werden. Warum<br />
sollen jene, die nichts ins System einzahlen,<br />
in gleichem Maße profitieren<br />
wie jene, die viel einzahlen? Der<br />
nicht funktionierende Arbeitsmarkt<br />
ist ein enormes Problem, verursacht<br />
dadurch, dass zu viele Menschen<br />
nicht mehr Vollzeit arbeiten möchten.<br />
Doch über die Kürzung von<br />
Sozialleistungen, gebunden an Beschäftigungsmaßnahmen,<br />
darf nicht<br />
einmal laut nachgedacht werden.<br />
Auch das jahrelang verdrängte Zuwanderungsproblem<br />
fällt uns nun<br />
auf den Kopf. Unsere Politiker verstehen<br />
das System nicht. Sie glauben,<br />
das Geld ist einfach da.<br />
„Die Zunft des Politikers<br />
ist dermaßen in Verruf<br />
geraten, dass man sich<br />
einen Politiker, der nicht<br />
korrupt ist, nicht mehr<br />
vorstellen kann.“<br />
<br />
Bernhard Pfister<br />
<strong>ECHO</strong>: Wie bewerten Sie die Zinserhöhungen<br />
der EZB?<br />
Pfister: Die nächste Finanzkrise<br />
steht vor der Tür. Kredite werden<br />
vielfach unbezahlbar, die Nachfrage,<br />
z. B. nach Immobilien, sinkt bereits.<br />
Die Auftragsbücher der Handwerksbetriebe<br />
sind voll. Doch was davon<br />
umgesetzt werden kann, ist unklar,<br />
denn es fehlen oft die Baubescheide,<br />
eine Umschreibung für Finanzierung.<br />
Die Mechanismen zur Staatenfinanzierung<br />
über die EZB sind ausgehebelt.<br />
Alle Krisen zusammengenommen<br />
steht Europa, optimistisch<br />
ausgedrückt, vor der größten je dagewesenen<br />
Herausforderung. Politisches<br />
Versagen und Klientelpolitik<br />
können wir uns wortwörtlich nicht<br />
mehr leisten.<br />
<strong>ECHO</strong>: Was erwarten Sie von der<br />
Regierung?<br />
Schwaiger: Klare Entscheidungen,<br />
zu deren Konsequenzen gestanden<br />
wird. Der schlechteste Vorstand ist<br />
jener, der nicht fähig zu klaren Entscheidungen<br />
ist. Genau so handelt<br />
unsere Regierung. Bewusst wurden<br />
über lange Zeit die Menschen klein<br />
gehalten. Der Wohlstand in Europa<br />
war groß, die Auswirkungen des<br />
politischen Versagens darum gering.<br />
Doch dieses Blatt hat sich gewendet.<br />
Das Volk ist sehr leidensfähig, aber<br />
sicher nicht zu dumm für Ehrlichkeit.<br />
<strong>ECHO</strong>: Wie denken Sie demnach<br />
über die Zukunft Europas?<br />
Pfister: In Singapur wurde ein<br />
Flughafen mit Indoorwasserfall,<br />
Schmetterlingsgarten und Kletterwand<br />
errichtet. Das ist ein Standard,<br />
mit dem Europa schon heute nicht<br />
mithalten kann. Uns ist das nur noch<br />
nicht bewusst. Es ist an der Zeit, dass<br />
die Ideologie-Politik in Europa durch<br />
eine Politik für die Menschen in Europa<br />
ersetzt wird. Sonst könnte es<br />
dazu kommen, dass Europa seine<br />
Stellung in der Welt zugunsten Asiens<br />
komplett verliert.<br />
Schwaiger: Positiv ist, dass unsere<br />
Region in diesem Szenario noch<br />
besser dran ist als viele andere. Wir<br />
können Tourismus. Den können wir<br />
jedem verkaufen, egal ob Deutschland<br />
oder China. Es wird eine Bereinigung<br />
stattfinden. Tourismus und<br />
Bettenanzahl werden abnehmen, die<br />
Gäste sich verändern. Aber das sind<br />
nicht unbedingt Nachteile.<br />
Interview: Amata Steinlechner<br />
<strong>ECHO</strong> TOP 100 UNTERNEHMEN IM BEZIRK SCHWAZ <strong>2023</strong><br />
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