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reisen EXCLUSIV Frühjahr 2023

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SALZBURGER LAND | Almenweg<br />

Vom Balkon ihrer Alm winkt mir Familie Höller<br />

noch lange nach. Ich sehe sie sogar noch<br />

Minuten später, als ich mich mühevoll den<br />

Anstieg hochschleppe. Nach einer Pause wieder<br />

in den Tritt zu kommen, nde ich immer<br />

besonders mühsam. Doch dann, wenn der Rhythmus<br />

wieder einsetzt und sich der eine Fuß wie selbstverständlich<br />

vor den nächsten setzt, man förmlich durch die Bergwelt<br />

gleitet, die Gedanken aussetzen und nur das Hier<br />

und Jetzt zählt, wenn man angekommen ist – dann spüre<br />

ich eine mediative Vollkommenheit, wie sie für mich nur<br />

das Wandern bereithält.<br />

Und so bin ich schon wieder ganz in meinem Wanderrausch,<br />

als ich Andrea, Hannes und Tochter Alina<br />

noch immer als kleine Pünktchen auf der schnuckeligen<br />

Tappenkarseehütte (1.820 Höhenmeter) unter mir mit<br />

erhobenen Armen winken sehe. Das Pächterpaar Höller<br />

verbringt jährlich die Sommermonate hier auf der Hütte<br />

in den Bergen des Salzburger Landes, die schon Andreas<br />

Eltern pachteten. Alles Nötige für den Almbetrieb wird<br />

per Seilbahn hertransportiert. Auch Übernachtungen sind<br />

hier möglich. Aber mein Tagesziel liegt eine Alm weiter,<br />

obwohl ich allein für den köstlichen Kaiserschmarrn gerne<br />

länger bei Familie Höller geblieben wäre.<br />

Vor mir beziehungsweise bald unter mir, liegt der namensgebende<br />

Tappenkarsee – malerisch eingebettet zwischen<br />

den Gipfeln der Radstädter Tauern auf einer Höhe<br />

von 1.762 Metern. Kühe grasen idyllisch am Seeufer. Auf<br />

der anderen Seite scheint die Sonne, während auf meiner<br />

Seeseite Wolken am Berghang kleben und nun ein paar<br />

Tropfen freigeben. Just präsentiert sich ein Regenbogen<br />

in voller Schönheit einmal über den See. Eine unglaubliche<br />

Kulisse, die sogar meine Handykamera einfangen<br />

kann. Glücklicherweise ziehen die Regenwolken schnell<br />

weiter, und so laufe ich – oberhalb des Sees angekommen<br />

– über den Draugsteintörl einmal die Bergkante entlang<br />

mit der Abendsonne vor Augen. Schon bald erblicke ich<br />

mein Ziel, das vor mir in der Sonne glitzert: die Schrambach-Hütte<br />

auf 1.778 Metern. Es ist eine der beiden nebeneinanderliegenden<br />

Draugsteinalmen. Für die Almen<br />

ist dies sehr praktisch; so lassen sich beide Almen gut<br />

bewirtschaften.<br />

Es liegen sehr viele Almen entlang des Weges im<br />

Großarltal. Ich bende mich auf dem Rundwanderweg<br />

»Salzburger Almenweg«, der in 25 Etappen über 350 Kilometer<br />

stolze 120 Almen passiert. 40 von ihnen liegen im<br />

Großarltal, 25 davon sind bewirtschaftet. Markiert wird<br />

der Salzburger Almenweg mit dem Symbol eines blauen<br />

Alpenenzians, der an jeder Wegkreuzung die korrekte<br />

Richtung weist. Tatsächlich leuchtet immer mal wieder<br />

eine echte tiefblaue Blüte der Bergblume am Wegesrand<br />

und zeigt: Der Natur hier im Salzburger Land geht es gut,<br />

denn die Panze wird hier besonders geschützt.<br />

Mit den letzten Sonnenstrahlen des Tages erreiche<br />

ich nun schließlich mein Etappenziel an der Schrambach-Hütte.<br />

Sennerin Elisabeth Aichhorn, kurz Liesi, begrüßt<br />

mich bei Ankunft herzlich und bringt mir eine kalte,<br />

frische Schorle. Die ersten Ankömmlinge sitzen schon<br />

sichtlich entspannt, die Wanderschuhe längst von den<br />

Füßen gestreift. 15 Schlafplätze für Gäste beherbergt die<br />

Alm. Und so bin ich schon tief ins Gespräch verwickelt,<br />

als plötzlich hinter mir der sanfte und doch eindringliche<br />

Ton eines Akkordeons ertönt. Meine Schwester hat lange<br />

das hier landestypische Instrument gespielt, und ich erkenne<br />

sofort den Ursprung der Melodie. Ich drehe mich<br />

um. Auf der Bank vor der Alm haben drei Jungs um die<br />

zehn bis 13 Jahre und ein Mädchen, ich schätze ihr Alter<br />

auf 15 Jahre, Platz genommen. Zwei der Jungs mit Akkordeon,<br />

das Mädchen mit Gitarre. Lederhosen, rot-weiß<br />

karierte Hemden, dahinter die Alm und die Berggipfel im<br />

letzten Sonnenlicht. Mehr Alpenkitsch geht nicht. Oder<br />

sollte ich sagen Klischee? Es ist Sohn Lukas mit Schulfreunden,<br />

die ihre Sommerferien auf der elterlichen Alm<br />

verbringen, bevor es im Herbst wieder ins Internat geht.<br />

Auch zwei Mädels helfen Sennerin Liesi tatkräftig aus. Ich<br />

sollte noch kennenlernen, wie anspruchsvoll ein Tag auf<br />

der Alm sein kann.<br />

Es wird ein gemütlicher Abend voller Köstlichkeiten<br />

und Jause, Musik und Gesang, Lachen und Geselligkeit<br />

und einem Bergeglück, wie ich es lange nicht mehr hatte,<br />

während es draußen tatsächlich heftig gewittert. Zugegeben<br />

– das ist nicht mein favorisiertes Wetter. Und um ehrlich<br />

zu sein: So laut habe ich Donner noch nie gehört und<br />

Blitze selten so nah zucken sehen. Naturgewalten haben<br />

hier oben eine ganz andere Intensivität. Dieses einfache,<br />

wenn auch sehr konservative Leben auf der Alm ist so<br />

ganz anders als mein Alltag im Herzen der Stadt Köln,<br />

umgeben von Kneipen, Straßenbahnen, Dreck und Beton.<br />

Doch eines verknüpft diese Welten: Zu einer Geselligkeit<br />

wie dieser – rund zehn Wandernde und die Bewohnenden<br />

der Alm in der urigen Küche des einfachen,<br />

zweistöckigen Holzhauses versammelt – werden lokale<br />

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frühling <strong>2023</strong>

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