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Kulturmagazin

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diepresse.com/club<br />

CLUB-VORTEILE<br />

Poetik<br />

politischer Macht<br />

Das Teatro Barocco verschwistert heuer das<br />

Schicksal der Königin Kleopatra mit Lob auf<br />

einen Habsburger-Kaiser. Text: Wilhelm Sinkovicz<br />

Historische<br />

Gewänder. Jinxin<br />

Chen als Maestro<br />

di Capella in<br />

Perchtoldsdorf.<br />

Original. Nicht nur im Klang,<br />

auch in der Ästhetik bemüht sich<br />

Bernd R. Bienert um Werktreue.<br />

Nicht nur dem antiken Liebespaar<br />

Antonius und Kleopatra begegnen<br />

wir bei Bernd Roger Bienerts diesjähriger<br />

Stagione des Teatro Barocco,<br />

sondern auch Maria Theresias Vater,<br />

Kaiser Karl VI. „Antonio e Cleopatra“, eine<br />

Oper aus der Jugendzeit Johann Adolph<br />

Hasses, der später zum Musiktheater­Star<br />

seiner Zeit werden sollte, verschafft uns<br />

Einblick in die erstaunlichen Gepflogenheiten<br />

barocker Kunst. Mythologische Figuren<br />

und antike Politik dominierten nicht nur<br />

die prunkvollen Gemälde jener Epoche. Sie<br />

erzählten ihre Geschichten auch in Form<br />

von Rezitativen und Arien auf den Opernbühnen.<br />

Nicht genug damit, sorgten sie<br />

auch dafür, mittels unüberhörbarer Querverweise<br />

und Huldigungsbezeugungen<br />

Verbindungen zwischen sagenhaften Helden<br />

und zeitgenössischen Potentaten herzustellen.<br />

48 <strong>Kulturmagazin</strong><br />

Intensive Recherche. Wie<br />

sahen die Gewänder zu<br />

früheren Zeiten aus?<br />

Dergleichen freundliche Verbeugung vor<br />

dem Zeitgeist und dem Herrscher nannte<br />

man Licenza und praktizierte sie bei großen<br />

Festaufführungen auf höfischen Bühnen.<br />

Selbstverständlich auch am Wiener<br />

Kaiserhof. So durfte sich der Kaiser im<br />

Finale der neuen Oper über Antonius und<br />

Kleopatra darüber freuen, dass das opferbereite<br />

Paar seinen Tod nicht der Liebe,<br />

sondern künftigen Generationen weihte –<br />

und deren glorreichem Herrscher.<br />

Gemeinsamer Freitod. Die Oper zeigt<br />

uns die letzten Stunden<br />

der ägyptischen Königin<br />

und des römischen Feldherrn.<br />

Am Ende einer virtuose<br />

Reihe von leidenschaftlichen,<br />

melancholischen, verzweifelten,<br />

aber auch von<br />

Liebe und Hoffnung erfüllten<br />

Tipp<br />

„Antonio e Cleopatra“. Regie:<br />

Bernd R. Bienert. Dirigent:<br />

Daniel Freistetter. Von 2. September<br />

bis 7. Oktober, Stift<br />

Göttweig. teatrobarocco.at<br />

Arien fasst das Paar den Entschluss zum<br />

gemeinsamen Freitod – doch durften sich<br />

Karl VI. und seine Gattin Elisabeth über<br />

die Schlussworte freuen: „Der Lorbeer<br />

Roms“, so singt Antonius, möge „den Häuptern<br />

der Nachfolger erhalten bleiben und<br />

das Gewicht der Szepter dauerhaft sein<br />

in der Hand dessen, der die Welt regieren<br />

wird. Schließlich wird im Lauf der Jahre<br />

unter dem Himmel Germaniens eine neue<br />

Sonne aufgehen, die von den maurischen<br />

Gefilden bis zu den Küsten des Ostens das<br />

Land mit ihren Strahlen erhellt: Karl, der<br />

übermenschliche, große, wird mit seinen<br />

bewundernswerten Taten all vergessen lassen,<br />

was Griechenland und Rom mit ihren<br />

schönen Schriften uns bisher als Helden<br />

rühmten.“<br />

Wär’ nicht Bernd Bienert, würde er nicht<br />

Assoziationen zu solch heute ungewohnter<br />

Theaterpraxis und dem Spielort bringen:<br />

Das große Deckenfresko über der Kaisertreppe<br />

in Stift Göttweig zeigt ja die „Apotheose<br />

Karls VI.“ – womit optische Verbindungslinien<br />

zur szenischen Darbietung<br />

hergestellt wären.<br />

Wie immer spiegelt die Bühnenästhetik des<br />

Teatro Barocco die historischen Bräuche.<br />

Bienert setzt konsequent auf die Verbindung<br />

der heute allerorten üblichen musikalischen<br />

„Originalklang“­<br />

Praxis und einer adäquaten,<br />

historisch glaubwürdigen<br />

optischen Realisierung.<br />

Das hat seinen Produktionen<br />

schon in den vergangenen<br />

Jahren begeisterten<br />

Zuspruch beschert. e<br />

Fotos: Bienert, beigestellt.

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