DER BIEBRICHER, Nr. 380, Juli 2023
Stadtteilmagazin für Wiesbaden-Biebrich
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125 Jahre Herz-Jesu-Kirche – eine Kirche für Mosbach<br />
FRANK HENNIG<br />
Am 22. September 1898 wurde<br />
die Herz-Jesu-Kirche in der Biebricher<br />
Gibb vom damaligen Limburger<br />
Bischof Domenikus Willi<br />
eingeweiht. 125 Jahre später, am<br />
7. <strong>Juli</strong> <strong>2023</strong>, fand auf Einladung<br />
der Pfarrei St. Peter und Paul, zu<br />
der der Kirchort Herz Jesu heute<br />
gehört, eine Feierstunde mit dem<br />
Historiker und Heimatforscher Dr.<br />
Rolf Faber statt. Sein Festvortrag<br />
unter dem Titel „Eine Kirche für<br />
Mosbach“ war zugleich der Auftakt<br />
für den Jubiläumssommer<br />
„125 Jahre Herz Jesu“, der seinen<br />
Höhepunkt am 24. September<br />
mit einem Festgottesdienst mit<br />
anschließender Feier auf dem<br />
Kirchplatz finden wird. Fabers<br />
Bildervortrag konzentrierte sich<br />
insbesondere auf die Zeit des<br />
Kirchenbaus und führte anschließend<br />
bis in die Gegenwart. Musikalisch<br />
umrahmt wurde die Feierstunde<br />
vom Projektchor Herz Jesu<br />
unter der Leistung von Organist<br />
Oliver Weckbacher.<br />
Die Herz Jesu-Kirche war eine<br />
Stiftung von Eugenia Kreitz, einer<br />
Tochter des Uhrenfabrikanten<br />
und Millionärs Hubertus Kreitz,<br />
der sein Vermögen in St. Petersburg<br />
erworben hatte und seinen<br />
Ruhestand in Biebrich verbrachte.<br />
Er war ein großer Gönner der katholischen<br />
Gemeinde St. Marien<br />
in Biebrich. Eugenia Kreitz hatte<br />
ihr Lebenswerk darin gesehen, in<br />
der Nachfolge ihres Vaters der armen<br />
Gemeinde mit dem Geld aus<br />
ihrer Erbschaft zu helfen und sie<br />
zu unterstützen. Die in Biebrich<br />
entstehende Industrialisierung<br />
führte zu einem Zuwachs der katholischen<br />
Bevölkerung im nördlichen<br />
Teil des Ortes. Daher sollte<br />
dort eine zweite Kirche entstehen,<br />
um die seelsorgerliche Betreuung<br />
zu fördern und zu gewährleisten.<br />
Deshalb stiftete sie neben dieser<br />
Kirche ein Pfarrhaus und ein Küsterhaus,<br />
später übereignete sie<br />
der Gemeinde noch ihre Villa als<br />
Schwesternheim, Kindergarten<br />
und Altersheim.<br />
Wie Faber in seinem Vortrag berichtete,<br />
war die Schenkung einer<br />
zweiten katholischen Kirche in<br />
Biebrich nicht überall mit Wohlwollen<br />
aufgenommen worden.<br />
Während der Gemeindepfarrer<br />
von St. Marien, Anton Küppers-<br />
Deutschmann, den zweiten Kirchenbau<br />
befürwortete, war die<br />
damalige Gemeindevertretung<br />
mehrheitlich dagegen. Fabers Vermutung:<br />
Wahrscheinlich befürchtete<br />
man den Verlust von Kirchensteuergeldern.<br />
Letztendlich<br />
versöhnte man sich aber doch,<br />
was insbesondere die Stifterin Eugenia<br />
Kreitz freute. „Heute würde<br />
wohl kaum noch jemand sein ganzen<br />
Vermögen für den Bau einer<br />
Kirche stiften“, stellte Faber fest.<br />
Die Kirche wurde im neugotischen<br />
Stil als Backsteinbau in Kreuzform<br />
mit einem einschiffigen<br />
Haupt- und Querschiff errichtet.<br />
Im Inneren war sie einst – dem<br />
neugotischen Stil entsprechend –<br />
reich ausgemalt und ausgestaltet.<br />
Der Hochaltar war im gotischen<br />
Stil mit einer geschnitzten<br />
Kreuzigungsgruppe gestaltet.<br />
Rolf Faber (links) bei seinem Festvortrag in der Herz Jesu-Kirche aus<br />
Anlass des 125-jährigen Kirchenjubiläums.<br />
Andreas Maurer (vorne, Mitte), der Erbauer der Herz-Jesu-Kirche,<br />
zusammen mit der Stifterin Eugenia Kreitz (rechts) vor der Kirchenbaustelle<br />
im Frühjahr 1898.<br />
1955 wurde der Innenraum dem<br />
Zeitgeschmack entsprechend<br />
umgestaltet. Die Neugotik war<br />
als Kunstrichtung nicht mehr angesehen,<br />
galt als überladen. Im<br />
Zuge der Neugestaltung wurden<br />
die Malereien übertüncht, die<br />
Seitenaltäre sowie die Fassungen<br />
der vorhandenen Figuren entfernt<br />
und der Chorraum verändert. Der<br />
Kirchenraum sollte sich durch<br />
schlichte Würde auszeichnen und<br />
jeglicher Prunk musste weichen.<br />
Als in den Jahren 1990 und 1991<br />
erneut eine Renovierung erfolgte,<br />
war jetzt das Bestreben, die<br />
neugotischen Elemente soweit<br />
wie möglich wieder herzustellen.<br />
2003/2004 wurde die bei vorangegangenen<br />
Sommerstürmen<br />
beschädigte Kirchturmspitze mit<br />
großem finanziellen Aufwand saniert.<br />
Herz Jesu gehört heute zur Gemeinde<br />
St. Peter und Paul und verfügt,<br />
seit Pfarrer Reinhold Schwab<br />
in den Ruhestand ging, über keinen<br />
eigenen Pfarrer mehr. „Diese<br />
Kirche wird schon seit über 30<br />
Jahren vorwiegend von Ehrenamtlichen<br />
geführt“, wie Horst Daubner<br />
vom Ortsausschuss zur Begrüßung<br />
betonte. Seelsorgerisch<br />
wird Herz Jesu vom Pastoralteam<br />
St. Peter und Paul unter der Leitung<br />
von Pfarrer Knud W. Schmitt<br />
betreut, der der Feierstunde ebenfalls<br />
beiwohnte.<br />
Herz Jesu wird sich in diesem Jahr<br />
übrigens auch an der stadtweiten<br />
„Nacht der Kirchen“ am 8. September<br />
beteiligen: Von 18 bis 22<br />
Uhr ist dazu ein vielfältiges und<br />
buntes Programm geplant.<br />
(fhg)<br />
MAURER<br />
6 <strong>DER</strong> <strong>BIEBRICHER</strong> / JULI <strong>2023</strong>