Mühlviertel-Magazin September 2023
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MÜHLVIERTEL-MAGAZIN | <strong>September</strong> <strong>2023</strong><br />
5 | LOKALES<br />
Muss der Wolf<br />
noch geschützt werden?<br />
Wortkarge Waidmänner, scheue Problemwölfe und betont<br />
sachliche Behördenvertreter: Die emotional geführte Debatte um die Rückkehr<br />
von Meister Isegrim lässt kaum jemanden kalt.<br />
Foto: stock.adobe.com<br />
Die Rückkehr des Raubtiers in unsere<br />
Breiten sorgt für heftige Diskussionen,<br />
die Meinungen zum Wolf gehen oft weit<br />
auseinander, – am Stammtisch genauso<br />
wie in der Politik. Ist der Wolf überhaupt<br />
schützenswert? Soll der Schutzstatus<br />
geändert werden? Oder passt eh<br />
alles so, wie es derzeit ist? Etliche bestätigte<br />
Wolfsrisse und Sichtungen in<br />
unmittelbarer Siedlungsnähe ließen in<br />
den vergangenen Wochen erneut die<br />
Wogen hochgehen. Zwei sogenannte<br />
„Problemwölfe“ wurden per Verordnung<br />
zum Abschuss freigegeben. Ein<br />
Exemplar ganz im Süden des Bundeslandes<br />
im Dachsteingebiet und ein Tier,<br />
das in der Gemeinde Unterweißenbach<br />
bis in den Hof eines Bauernhauses vorgedrungen<br />
war. Vergrämungsversuche<br />
zeigten keine Wirkung, das Inkrafttreten<br />
des Abschussbescheids anscheinend<br />
schon. Denn bis zur Drucklegung<br />
dieser Ausgabe ließ sich der Wolf nicht<br />
mehr in Siedlungsnähe blicken.<br />
Knappe Stellungnahme<br />
vom Bezirksjägermeister<br />
Das <strong>Mühlviertel</strong> <strong>Magazin</strong> hat beim Freistädter<br />
Bezirksjägermeister Franz<br />
Auinger um eine Stellungnahme zur aktuellen<br />
Situation gebeten. Dieser zeigte<br />
sich jedoch wortkarg und verwies auf<br />
die zuständigen Stellen des Landes<br />
Oberösterreich. Er wolle sich in dieser<br />
emotional aufgeladenen Debatte vorerst<br />
nicht zu Wort melden. Auch, weil er<br />
in einigen Medien bereits falsch zitiert<br />
worden sei. Er sagte nur so viel: „Meiner<br />
Meinung nach zählt der Wolf nicht<br />
mehr zu den gefährdeten Arten.“<br />
Zwölf Sichtungen seit Ende Juli<br />
Benjamin Öllinger, juristischer Referent<br />
in der Abteilung Land- und Forstwirtschaft,<br />
gibt hingegen bereitwillig Auskunft.<br />
Man betreibe keine Geheimniskrämerei,<br />
sondern veröffentliche gerne<br />
sämtliche Statistiken und Zahlen, soweit<br />
sie auch belegt werden können. Laut<br />
Auflistung auf der Website des Landes<br />
Oberösterreich hat es seit 27. Juli bis zum<br />
Druck dieser Ausgabe zwölf Sichtungen<br />
im Bundesland gegeben – die meisten<br />
davon im <strong>Mühlviertel</strong>. In mehreren Fällen<br />
wurden diese Sichtungen auch durch<br />
Sachverständige mittels DNA- oder anderem<br />
Nachweis bestätigt. So wurde der<br />
Wolf sowohl bei gerissenem Wild als<br />
auch bei etlichen toten und verletzten<br />
Nutztieren nachgewiesen: Drei verletzte<br />
Pferde gab es etwa in Katsdorf, ein totes<br />
Schaf in Neumarkt im Mühlkreis. Bei einem<br />
weiteren Verdachtsfall wurde hingegen<br />
ein Hund als „Täter“ überführt.<br />
Im Jahr <strong>2023</strong> gab es bisher sieben Entschädigungsfälle<br />
wegen Wolfsrissen,<br />
wobei von diesen Verfahren derzeit vier<br />
laufen und drei bereits abgeschlossen<br />
sind. Die ausbezahlte Summe für die insgesamt<br />
14 von Wölfen gerissenen Tiere<br />
beträgt bis dato 4.000 Euro. Anträge<br />
hätte es aber mehr gegeben, sagt Öllinger.<br />
Allerdings müsse für die Ausbezahlung<br />
der Entschädigung zweifelsfrei von<br />
einem Sachverständigen nachgewiesen<br />
werden, dass es sich mit Sicherheit um<br />
einen Wolfsriss handelt. In manchen Fällen<br />
sei das aber schwierig, räumt der Jurist<br />
ein, und nennt ein Beispiel: Wenn<br />
etwa nach dem Wolf auch ein Fuchs vom<br />
Kadaver frisst, könne dadurch die DNA<br />
des Wolfs überdeckt werden.<br />
Langer-Weninger:<br />
„Richtlinie anpassen“<br />
Fest steht, dass sich der Wolf in Teilen<br />
des <strong>Mühlviertel</strong>s wohlfühlt – vor allem<br />
im Grenzgebiet zum Waldviertel, wo<br />
sich bereits Rudel gebildet haben. In<br />
ganz Oberösterreich geht man derzeit<br />
von ca. 25 Tieren aus, die hier dauerhaft<br />
leben. Dazu kommen noch durchziehende<br />
Exemplare, die auf der Suche nach<br />
einem neuen Revier sind.<br />
Für Landesrätin Michaela Langer-Weninger<br />
ist klar, dass der strenge Schutzstatus<br />
des Wolfs nicht mehr gerechtfertigt<br />
ist: „Ein günstiger Erhaltungszustand<br />
ist längts erreicht und auch für die Zukunft<br />
gesichert. Jetzt geht es darum, regulierend<br />
einzugreifen wie bei anderen<br />
Wildtierarten auch“, fordert die ÖVP-Politikerin<br />
in einer Aussendung eine entsprechende<br />
Anpassung der sogenannten<br />
FFH-Richtlinie (Flora-Fauna-Habitat).<br />
Damit könnte der Wolf auf die gleiche<br />
Schutzstufe wie etwa Gamswild gesetzt<br />
und – je nach regionalem Erhaltungszustand<br />
– wieder bejagt werden. Seitens<br />
der EU-Kommission gibt es jetzt Signale,<br />
diese Forderung auch ernsthaft zu prüfen.<br />
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