CliniCum neuropsy 04/2023
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European Academy of Neurology (EAN) II<br />
Wirksame Prophylaxe mit<br />
Die Gruppe der monoklonalen Antikörper gegen CGRP (Calcitonin<br />
Gene-Related Peptide) hat die medikamentöse Prävention von<br />
Migräneattacken maßgeblich verändert. Im Vergleich zu den oralen<br />
Substanzen, die in dieser Indikation eingesetzt werden, fallen<br />
die CGRP-Antikörper durch höhere Wirksamkeit bei gleichzeitig<br />
besserer Verträglichkeit auf. Das Verhältnis zwischen der Number<br />
Needed to Treat und der Number Needed to Harm konnte damit<br />
um mehr als eine Zehnerpotenz verbessert werden.<br />
Von Reno Barth<br />
„Optimising migraine<br />
intervention<br />
beyond efficacy“,<br />
9. Kongress der<br />
European Academy<br />
of Neurology (EAN),<br />
Budapest, 2.7.23<br />
❙❙<br />
Der Weg zu einer korrekten Migräne-Diagnose und damit<br />
einer adäquaten Behandlung kann langwierig sein, wie<br />
Prof. Dr. Dawn Buse vom Albert Einstein College of Medicine<br />
in New York ausführt. Dies sei umso problematischer, als<br />
Migräne nicht nur häufig und belastend ist, sondern auch<br />
progredient verlaufen kann. Jedes Jahr kommt es bei rund<br />
drei Prozent der Betroffenen zur Progression von der episodischen<br />
zur chronischen Migräne. 1 Laut der Global Burden<br />
of Disease-Studie sind Kopfschmerzerkrankungen in der<br />
Population zwischen 15 und 49 Jahren die wichtigste Ursache<br />
für Verlust an Lebensjahren in voller Gesundheit (disability-adjusted<br />
life years – DALYs). Bei jungen Frauen steht<br />
Migräne auf Platz eins der Ursachen für DALYs. 2<br />
Die Eurolight-Studie mit mehr als 6.000 Teilnehmer:innen<br />
in neun Ländern zeigt, dass viele Migräne-Patient:innen<br />
über ihr Leiden schweigen und davon ausgehen, dass<br />
Arbeitgeber:innen und Familie nicht verstehen, worunter<br />
sie leiden. 3<br />
Die Auswirkungen auf den Alltag und die Lebensplanung<br />
sind beträchtlich, wie PD Dr. Christoph<br />
Schankin vom Inselspital in Bern ausführt. So zeigen Studiendaten,<br />
dass 20 Prozent der befragten Frauen wegen<br />
ihrer Migräne Schwangerschaften vermeiden, weil sie befürchten,<br />
dass sich ihre Migräne wegen der Schwangerschaft<br />
verschlechtern könnte, dass die Medikamente oder<br />
die Migräne selbst ungünstigen Einfluss auf die Entwicklung<br />
des Kindes nehmen könnten oder dass die Einschränkungen<br />
durch die Migräne die Schwangerschaft<br />
verkomplizieren könnten. 4<br />
Mit steigender Attackenfrequenz nehmen<br />
Angst und Depression zu<br />
Die Daten der Eurolight-Studie zeigen auch, dass Migräne<br />
nicht ausschließlich ein Problem der akuten Schmerztage<br />
ist. Auch im Intervall zwischen den Attacken, der<br />
Die wesentliche Hürde auf dem Weg zu einer<br />
wirksamen Migränetherapie ist eine fehlende<br />
Diagnose.<br />
Weniger als ein Drittel der<br />
Patient:innen, die für eine<br />
medikamentöse Attackenprophylaxe<br />
infrage<br />
kämen, erhält<br />
diese auch.<br />
sogenannten interiktalen Phase, sind mehr als ein Viertel<br />
der Patient:innen nicht vollkommen symptomfrei bzw.<br />
berichten von Angst vor der nächsten Attacke. Die mittlere<br />
Zeit im interiktalen Zustand betrug in Eurolight 317<br />
Tage im Jahr. 3<br />
Wenig überraschend nehmen mit zunehmender<br />
Frequenz der Migräneattacken die Einschränkungen<br />
zu und die Lebensqualität ab. Die chronische<br />
Migräne stellt in diesem Sinne nur den worst case in einer<br />
kontinuierlichen Entwicklung dar. Auch Angst und<br />
Depression sind mit zunehmender Frequenz der Attacken<br />
assoziiert. 5<br />
Die wesentliche Hürde auf dem Weg zu einer wirksamen<br />
Migränetherapie ist eine fehlende Diagnose, wie die Ca-<br />
MEO (Chronic Migraine Epidemiology and Outcomes)-<br />
Studie mit mehr als 10.000 Teilnehmer:innen zeigte. Das<br />
Fazit von CaMEO: Anstrengungen zur Verbesserung der<br />
Versorgung sollten auf vermehrte Arztbesuche und höhere<br />
Diagnoseraten fokussieren. Leitlinienbasierte Therapien<br />
sollten schneller zur Anwendung gelangen und Medikamentenübergebrauch<br />
vermieden werden. CaMEO zeigte<br />
auch, dass bei chronischer Migräne Fehldiagnosen<br />
häufiger sind als bei episodischer Migräne und nur bei<br />
rund einem Drittel der Betroffenen beim ersten Versuch<br />
eine korrekte Diagnose gestellt wird. 6<br />
Foto: Iryna Danyliuk/stock.adobe.com<br />
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