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CliniCum neuropsy 04/2023

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Aus der Fachliteratur II<br />

Erfolgreiches<br />

Therapie monitoring<br />

bei bipolarer Störung<br />

Was gehört zum Routinemonitoring?<br />

Bei einem Patienten bzw. einer Patientin mit bipolarer<br />

Störung, dessen/deren Zustand sich unter der Therapie<br />

stabilisiert hat, empfehlen sich folgende Basismaßnahmen<br />

zum Monitoring der körperlichen Gesundheit:<br />

• Einmal jährlich: Messung von Blutdruck, Body-Mass-<br />

Index und Taillenumfang<br />

• Zusätzlich einmal jährlich folgende Laborwerte:<br />

HbA 1c , Blutfette, Harnstoff und Elektrolyte<br />

• Hinzu kommen spezifische Tests, je nachdem, welche<br />

Medikamente der bzw. die Patient:in einnimmt.<br />

• Bei Patient:innen unter Antipsychotikatherapie sollte<br />

auf extrapyramidale Symptome und Zeichen einer<br />

Akathisie geachtet werden.<br />

Foto: Naren/stock.adobe.com<br />

Ob Stimmungsstabilisierer, Antidepressiva oder Antipsychotika: Medikamente gegen<br />

die bipolare Erkrankung können teilweise erhebliche unerwünschte Effekte<br />

haben. Worauf man achten sollte und welche Kontroll untersuchungen empfehlenswert<br />

sind.<br />

Von Dr. Andrea Wülker<br />

❙ Bipolare Störungen beginnen<br />

meist schon früh im Leben: Der Peak<br />

liegt zwischen 15 und 19 Jahren. Da<br />

die Betroffenen oft über Jahrzehnte<br />

Medikamente einnehmen müssen, ist<br />

es besonders wichtig, Nebenwirkungen<br />

im Blick zu behalten. Darauf weist<br />

ein britisches Forscherteam hin.<br />

Zur medikamentösen Behandlung<br />

bipolarer Störungen werden Stimmungsstabilisierer,<br />

Antipsychotika<br />

und Antidepressiva verabreicht, wobei<br />

eine Kombinationstherapie verbreitet<br />

ist. Während einer manischen Episode<br />

werden oft ein Stimmungsstabilisierer,<br />

ein Antipsychotikum und/oder ein<br />

kurzfristig verabreichtes Benzodiazepin<br />

zusammen eingesetzt.<br />

In der Langzeittherapie gilt es Medikamente<br />

in möglichst niedriger Dosierung<br />

zu verordnen. Antidepressiva<br />

werden bei bipolarer Depression<br />

nach wie vor häufig verabreicht, insbesondere<br />

bei Durchbruchepisoden,<br />

die bei Patient:innen unter einer Therapie<br />

mit Stimmungsstabilisierern auftreten<br />

können. Die verschiedenen<br />

Substanzklassen unterscheiden sich<br />

danach, mit welchen unerwünschten<br />

Wirkungen zu rechnen ist:<br />

Antipsychotika<br />

Extrapyramidale bzw. motorische Störungen<br />

sind unter Antipsychotika der<br />

ersten Generation relativ häufig, während<br />

Antipsychotika der zweiten Generation<br />

eher metabolische Nebenwirkungen<br />

haben. Sie dürften dafür<br />

mitverantwortlich sein, dass Menschen<br />

mit bipolarer Störung als Begleiterkrankung<br />

oft ein metabolisches Syndrom,<br />

Typ-2-Diabetes oder eine Fettstoffwechselstörung<br />

entwickeln. So<br />

kommt es unter Clozapin, Olanzapin<br />

und Quetiapin häufig zu Gewichtszunahme,<br />

Hyperglykämie und einer Erhöhung<br />

der Triglyzeride, wobei insbesondere<br />

Quetiapin als Risikofaktor für<br />

ein metabolisches Syndrom gilt.<br />

Eine Hyperprolaktinämie kann z.B.<br />

unter Haloperidol oder Risperidon<br />

auftreten. Manche Antipsychotika<br />

sind mit einem verlängerten QT-Intervall<br />

assoziiert, was das Risiko für<br />

ventrikuläre Arrhythmien und plötzlichen<br />

Herztod erhöhen kann. Eine<br />

Neutropenie wurde insbesondere<br />

unter Clozapin beobachtet – die<br />

Autor:innen empfehlen jedoch, die<br />

Neutrophilenzahlen bei allen Patient:innen<br />

unter einer antipsychotischen<br />

Therapie zu überwachen.<br />

Anfallssupprimierende<br />

Medikamente<br />

Wenn Betroffene anfallssupprimierende<br />

Medikamente (ASM) einnehmen,<br />

sollte man an die Leberwerte<br />

(v.a. unter Valproat), mögliche Blutbildveränderungen<br />

(Thrombozytopenie,<br />

milde Anämie, Leukopenie) und<br />

an Gewichtszunahme denken. Eine<br />

asymptomatische Transaminasenerhöhung<br />

ist unter Valproat (ca. 40% der<br />

Patient:innen) und Carbamazepin<br />

häufig, aber Leberkomplikationen,<br />

Zaidi S et al.,<br />

BMJ <strong>2023</strong>;<br />

380:e070678;<br />

doi: 10.1136/bmj-<br />

2022-070678<br />

die zu einem Therapieabbruch führen,<br />

sind selten. Als gravierende Nebenwirkung<br />

unter einer Valproat-Therapie<br />

kann eine Pankreatitis auftreten.<br />

Unter Lamotrigin wurden Fälle eines<br />

Stevens-Johnson-Syndroms beschrieben.<br />

Etwa die Hälfte der Personen unter<br />

Valproat-Therapie legt an Gewicht<br />

zu, bei manchen beträgt die Zunahme<br />

über zehn Prozent. ASM, insbesondere<br />

Valproat, weisen ein teratogenes<br />

Potenzial auf. Darüber müssen alle<br />

Frauen im gebärfähigen Alter aufgeklärt<br />

werden und eine sichere Verhütungsmethode<br />

anwenden.<br />

Lithium<br />

Eine Lithiumtoxizität tritt recht häufig<br />

auf: Werte von ≥1,5mmol/l und<br />

≥2,0mmol/l werden bei etwa ein bzw.<br />

0,3 Prozent der Patient:innen beobachtet<br />

und erfordern eine umgehende<br />

Behandlung. Eine Langzeittherapie<br />

mit Lithium kann zu Hypothyreose,<br />

chronischen Nierenstörungen<br />

oder parathyreoidalen Auffälligkeiten<br />

führen. Wenn sich die Nierenfunktion<br />

verschlechtert, steigt das Risiko für<br />

Lithium-Nebenwirkungen an.<br />

Antidepressiva<br />

Als Antidepressivum wird häufig ein<br />

selektiver Serotonin-Wiederaufnahmehemmer<br />

(SSRI) verabreicht, was<br />

in manchen Fällen eine manische<br />

Episode triggern kann. Im Allgemeinen<br />

werden SSRI relativ gut vertragen.<br />

Einige dieser Präparate gehen<br />

jedoch mit Gewichtszunahme, Verlängerung<br />

des QT-Intervalls oder<br />

Elektrolytstörungen einher. Ältere<br />

Antidepressiva wie Trizyklika werden<br />

aufgrund von Nebenwirkungen nur<br />

noch selten verordnet.<br />

❙<br />

4 / 23<br />

CC<br />

<strong>neuropsy</strong><br />

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