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Ärzt*in für Wien 2023/10

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INTERN NEWS<br />

Juristin oder Jurist, eine Psychotherapie<br />

oder dergleichen notwendig ist.<br />

Das kann in alle möglichen Richtungen<br />

gehen, und wir helfen, die Richtung zu<br />

weisen.<br />

Vyssoki: Wir sind mittlerweile auch<br />

sehr gut vernetzt innerhalb von <strong>Wien</strong><br />

und können zum Beispiel an weiterführende<br />

Unterstützungs- oder Servicestellen<br />

verweisen. Es gibt zum Beispiel<br />

<strong>für</strong> Kolleginnen und Kollegen, die beim<br />

WiGev arbeiten, eine psychologische<br />

Servicestelle. Es gibt auch an der Med-<br />

Uni <strong>Wien</strong> eine Beauftragte zum Thema<br />

Sexismus, Rassismus, mit der wir vernetzt<br />

sind.<br />

Beim Thema Mobbing ist es wichtig,<br />

die Menschen aus der Isolation<br />

zu holen, sie fühlen sich oft einsam,<br />

alleine und alle sind gegen sie. Es ist<br />

manchmal wirklich eindrucksvoll,<br />

wie rasch sich aber mit der richtigen<br />

Unterstützung vieles aufbrechen und<br />

lösen lässt.<br />

Alle Schritte passieren aber immer nur<br />

in Rücksprache mit den Betroffenen,<br />

wenn auch einfach nur eine Einschätzung<br />

der persönlichen Lage gewünscht<br />

wird und sonst keine weiteren Schritte,<br />

dann wird das unsererseits natürlich<br />

auch respektiert. Wichtig zu erwähnen<br />

ist, dass wir neben Mobbing<br />

und Konflikte auch <strong>für</strong> Rassismus, Sexismus<br />

oder Diskriminierung jeglicher<br />

Art zuständig sind. Wir können zum<br />

Beispiel auch bei Gewalterfahrungen<br />

helfen.<br />

<strong>Ärzt*in</strong> <strong>für</strong> <strong>Wien</strong>: Ist die Medizin<br />

ein Bereich, wo Mobbing häufiger vorkommt?<br />

Baldinger-Melich: Ich glaube, dass<br />

es auch in anderen großen Firmen<br />

vorkommt und ein Spital ist ja auch<br />

nichts anderes. In einem Krankenhaus<br />

treffen mehrere Generationen aufeinander<br />

und auch viele Menschen der<br />

sogenannten „alten Schule“ beiderlei<br />

Geschlechts. Daraus ergibt sich ein größeres<br />

Konfliktpotenziale. Das ist aber<br />

kein Grund, junge Ärztinnen und Ärzte<br />

schlecht zu behandeln, aber genau die<br />

sind natürlich sehr vulnerabel.<br />

Ein Klischee, das immer noch gelebt<br />

und akzeptiert wird, ist beispielsweise<br />

eine Situation im OP, wo oft junge Kolleginnen<br />

und Kollegen zwar mitkommen,<br />

aber sonst nichts machen oder<br />

angreifen dürfen. Ich glaube aber, es<br />

ändert sich auch hier gerade sehr viel.<br />

„Nein, es<br />

gibt kein<br />

typisches<br />

Mobbingopfer.<br />

Man<br />

ist definitiv<br />

nicht selber<br />

schuld,<br />

wenn man<br />

gemobbt<br />

wird.“<br />

Vyssoki: Das Besondere im Spital ist<br />

wahrscheinlich die Weitergabe der<br />

transgenerationalen Betriebskultur<br />

von Generation zu Generation, deshalb<br />

ist es so wichtig, dass sich etwas<br />

ändert. Das geschieht leider teilweise<br />

langsam.<br />

Ombudsstelle <strong>für</strong> Mobbing,<br />

Gewalt, Sexismus und Rassismus<br />

<strong>für</strong> Ärztinnen und Ärzte<br />

Sie fühlen sich im ärztlichen Arbeitsalltag von Mobbing,<br />

Gewalt, Sexismus oder Rassismus betroffen? Dann<br />

kontaktieren Sie die Ombudsstelle <strong>für</strong> die Bereiche<br />

Mobbing, Gewalt, Sexismus und Rassismus der Ärztekammer<br />

<strong>für</strong> <strong>Wien</strong>:<br />

E-Mail: ombudsstelle@aekwien.at<br />

Ombudsleute:<br />

Prim. Priv.-Doz. DDr. Benjamin Vyssoki<br />

Assoc. Prof. in Priv. Doz. in DDr. in Pia Baldinger-Melich<br />

Postanschrift:<br />

Ärztekammer <strong>für</strong> <strong>Wien</strong><br />

Ombudsstelle <strong>für</strong> die Bereiche Mobbing,<br />

Gewalt, Sexismus und Rassismus<br />

Weihburggasse <strong>10</strong>-12<br />

<strong>10</strong><strong>10</strong> <strong>Wien</strong><br />

Anonymität und Diskretion Ihrer Meldung werden<br />

selbstverständlich zugesichert.<br />

Benjamin Vyssoki: „Es ist<br />

manchmal wirklich eindrucksvoll,<br />

wie rasch sich<br />

mit der richtigen Unterstützung<br />

vieles aufbrechen<br />

und lösen lässt.“<br />

<strong>Ärzt*in</strong> <strong>für</strong> <strong>Wien</strong>: Können Sie zusammenfassen,<br />

wie die gesundheitlichen, sozialen,<br />

aber auch ökonomischen Auswirkungen<br />

bei Mobbing aussehen?<br />

Baldinger-Melich: Mobbingbetroffene<br />

fallen nach einer Zeit immer auf<br />

irgendeine Art und Weise aus, weil sie<br />

nicht mehr in die Arbeit gehen wollen<br />

oder können, durch Krankenstände<br />

oder dergleichen. Dabei hätte man den<br />

Konflikt viel früher und besser lösen<br />

können. Eine Lösung kann auch sein,<br />

frühzeitig das Arbeitsumfeld zu verlassen<br />

oder sich einzugestehen, dass man<br />

nicht in ein bestimmtes Team passt.<br />

Mobbing hat natürlich gesundheitliche<br />

Folgen bis hin zu psychischen Erkrankungen<br />

wie Depression oder Arbeitsunfähigkeit.<br />

Durch lange Krankenstände<br />

steigt der Druck im Team noch mehr,<br />

auch <strong>für</strong> die Person, die dem Betroffenen<br />

nachfolgt.<br />

<strong>Ärzt*in</strong> <strong>für</strong> <strong>Wien</strong>: Kennen Sie sie aktuelle<br />

Zahlen von Mobbingfälle in Krankenhäusern?<br />

Kann man sagen, es ist in den<br />

letzten Jahren mehr geworden oder sind<br />

die Menschen sensibilisierter was dieses<br />

Thema betrifft?<br />

Vyssoki: Es ist gut untersucht, dass Corona<br />

der Psyche generell nicht gutgetan<br />

hat. Und man sieht auch, welche Abteilungen<br />

in Krankenhäusern eher anfällig<br />

<strong>für</strong> Mobbingprozesse sind. Das sind<br />

häufig operative Abteilungen, Notfall<br />

oder Erstaufnahme plus Intensivstationen.<br />

Hier ist ganz klar zu sehen, umso<br />

größer der Zeit- und der individuelle<br />

Druck, je schwerwiegender auch potenzielle<br />

Fehler im Rahmen des Arbeitsprozesses<br />

sein können, umso größer die<br />

Prävalenz <strong>für</strong> Konflikte innerhalb des<br />

Teams und auch Mobbing. Nun kann<br />

man davon ausgehen, weil die Belastung<br />

im Gesundheitssystem in den letzten<br />

Jahren deutlich zugenommen hat<br />

und zusätzlich die momentane Personalknappheit,<br />

dass es eher zu einer Steigerung<br />

der Konflikte kommen wird und<br />

daraus folgend die Mobbingprävalenz.<br />

Baldinger-Melich: Ich kenne jetzt<br />

keine genauen Zahlen, aber ich rechne<br />

damit, wenn diese Zahlen steigen, dass<br />

es unter anderem auch damit zu tun<br />

hat, dass die Definition bekannter und<br />

die Sensibilisierung höher ist. Mobbing<br />

wird es immer schon gegeben haben,<br />

aber nun kann es besser benannt<br />

werden. <br />

Fotos: Michaela Obermair<br />

12 <strong>Ärzt*in</strong> <strong>für</strong> <strong>Wien</strong> <strong>10</strong>_<strong>2023</strong>

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