Ärzt*in für Wien 2023/10
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BRIEF DES KURIENOBMANNS IN EIGENER SACHE<br />
Sehr geehrte Kollegin! Sehr geehrter Kollege!<br />
Heißer Herbst<br />
„70 Prozent aller <strong>Wien</strong>er<br />
Spitalsärztinnen und -ärzte<br />
sind bereit zum Streik! Diesen<br />
Auftrag können wir nicht<br />
ignorieren.“<br />
► Knapp drei Monate ist es her, dass die Kolleginnen und Kollegen der Zentralen<br />
Notaufnahme (ZNA) der Klinik Ottakring unter dem Motto „Come in, Burn out“<br />
ihrem Ärger Luft machten. Warum der Streik so wichtig war und was sich seitdem in<br />
Ottakring getan hat, erklären Aglaia Kotal und Severin Ehrengruber vom Streikkomitee im<br />
großen Doppelinterview. Doch Ottakring ist überall. Eine repräsentative Umfrage des<br />
renommierten Meinungsforschers Peter Hajek zeigt: 70 Prozent aller <strong>Wien</strong>er Spitalsärztinnen<br />
und -ärzte sind bereit zum Streik! Diesen Auftrag können wir nicht ignorieren. Zumal<br />
sich Landes- und Bundesebene beim Finanzausgleich gegenseitig den schwarzen Peter<br />
zuschieben. Das Ergebnis: Stillstand. Es droht schon wieder ein toxischer Winter mit vollen<br />
Spitalsbetten und ausgebranntem Personal. Der Kurienausschuss angestellte Ärzte der<br />
Ärztekammer <strong>für</strong> <strong>Wien</strong> hat deshalb beschlossen, einen wienweiten Streik der Ärztinnen<br />
und Ärzte zu planen. Die Politik muss endlich aufwachen! Wir stehen nicht zuletzt in der<br />
Pflicht der <strong>Wien</strong>er Patientinnen und Patienten. Dass diese eine im Vergleich zum Vorjahr<br />
teilweise noch angespanntere Lage vorfinden, hat tief liegende Gründe.<br />
Corona-Pandemie als Brennglas<br />
In den letzten Jahren musste vielfach die Corona-Pandemie als pauschale Erklärung <strong>für</strong><br />
Engpässe und Krisensituationen im Gesundheitssystem herhalten. Doch Erhebungen zeigen,<br />
dass die Zustände in unseren Spitälern strukturellen Problemen geschuldet sind. Das kann<br />
man weder mit Corona rechtfertigen noch mit dem Stopfen einzelner Löcher lösen. Irritierende<br />
Geschichten wie der Bodycam-Vorfall rund um die WiGev-Pflegedirektorin oder zusammengekauerte<br />
Patienten am Spitalsboden zeigen: es muss jetzt gehandelt werden! Unser<br />
<strong>10</strong>-Punkte-Plan zur Rettung der <strong>Wien</strong>er Spitäler liegt der Stadt <strong>Wien</strong> seit dem Sommer vor.<br />
Die bisherigen Reaktionen aus der Politik lassen aber vermuten, dass man den Ernst der Lage<br />
nicht erkennen will. Dabei wären Sofortmaßnahmen wie die Rückkehr- beziehungsweise<br />
Bleibeprämie in Höhe von jeweils 24.000 Euro eine einfache Maßnahme, um Personal zu<br />
halten anstatt es weiter zu vergraulen. Auch langfristig angelegte Lösungsvorschläge stehen<br />
im <strong>10</strong>-Punkte-Plan. Nur ein Stichwort: Bürokratieabbau. Dokumentationsaufwand kostet<br />
Zeit und kann durch die Digitalisierung von Prozessen deutlich reduziert werden. Und<br />
natürlich geht es auch ums Geld. Wer ein solidarisches öffentliches Gesundheitssystem will,<br />
muss es finanzieren wollen! Das Burgenland macht es vor: marktkonforme Gehälter sind eine<br />
Sache des politischen Willens. Wir warten deshalb gespannt auf den Abschluss der Gehaltsverhandlungen<br />
zwischen Stadt <strong>Wien</strong> und Gewerkschaft Younion. Wir Ärztinnen und Ärzte<br />
dürfen uns dabei nicht abspeisen lassen!<br />
Herzlichst,<br />
Ihr Stefan Ferenci<br />
Foto: Stefan Seelig<br />
Weitere standespolitische<br />
Themen ab Seite 9.<br />
<strong>10</strong>_<strong>2023</strong> <strong>Ärzt*in</strong> <strong>für</strong> <strong>Wien</strong> 5