Christkatholisch_2023-17
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8 Hintergrund<br />
<strong>Christkatholisch</strong> <strong>17</strong>/<strong>2023</strong><br />
auf ihre Fragen zu hören. Dann ihre Fragen<br />
gemeinsam weiter zu entwickeln,<br />
und zu zeigen, dass (und wie) sich die<br />
Theologie mit ihren Fragen beschäftigt.<br />
Danach können auch andere Fragen erwähnt<br />
werden, die zum Studium gehören<br />
– etwa, was die Besonderheit des<br />
Menschen ausmacht, wie die Schönheit<br />
der Liturgie wirkt oder wie ökumenische<br />
Beziehungen funktionieren. Ich habe<br />
mich in der letzten Zeit gefragt, wie ökumenische<br />
Anliegen bei der jungen Generation<br />
ankommen können. Es geht nicht<br />
nur darum, wie die Kirchen in offiziellen<br />
Dialogen zusammenkommen, sondern<br />
auch darum, was sie gegenüber den Herausforderungen<br />
der Gegenwart gemeinsam<br />
machen. Das Anliegen ist also ganz<br />
könnten: Freundschaft, Liebe, Spiritualität,<br />
liturgische Schönheit, Gebetspraxis,<br />
Ikonen, interkulturelle Kooperation,<br />
Seelsorge für Menschen mit<br />
verschiedenen Verletzungen, die ökumenischen<br />
Beziehungen, der interreligiöse<br />
Dialog und noch vieles mehr. So<br />
könnten die jungen Leute ihre innere<br />
Motivation für solche Themen entdecken,<br />
sich ein Reiseziel auf diese Landkarte<br />
setzen und zu sich selbst sagen:<br />
Das interessiert mich, da kann ich<br />
mich einbringen, das möchte ich eigentlich<br />
genauer wissen und den anderen<br />
übermitteln. Und dann realisieren<br />
hoffentlich die jungen Interessierten,<br />
dass das ganze Leben, sowohl in seiner<br />
allgemeinen Gestaltung als auch in<br />
Eine weitere Zukunftsperspektive ist die<br />
«Kindertheologie», wie ich sie nennen<br />
möchte. Es geht darum, Kinder nicht als<br />
Objekte der Theologie oder der religiösen<br />
Erziehung zu betrachten, sondern sie<br />
in die Überlegungen der Theologie als<br />
Subjekte, als Mitwirkende hinein zu holen.<br />
Kinder haben ein anderes Verständnis<br />
für Sinn- oder Gottesfragen, sie haben<br />
auch ein spezielles Erleben der Gottesdienste<br />
und interessante Fragen oder<br />
Vorstellungen zum Leben Christi. Ihre<br />
besonderen Wahrnehmungen und ihre<br />
erfrischende Sicht auf die Welt können<br />
eine neue Ressource für die Theologie<br />
sein. Ich möchte darauf hinarbeiten,<br />
dass wir Kinder ins Zentrum des theologischen<br />
Denkens stellen und fragen:<br />
«Das Studium heute hat sich<br />
im Vergleich zu früher sehr<br />
verändert und wird sich<br />
weiter verändern, um offen<br />
für die Herausforderungen<br />
der Zukunft zu bleiben,<br />
ohne die Beziehung mit den<br />
Wurzeln der christlichen<br />
Tradition zu verlieren.»<br />
Georgiana Huian<br />
Professorin für Systematische<br />
Theologie und Ökumene<br />
Foto: Nik Egger<br />
praktisch und lebensnah. Hier sollten<br />
wir neue Schritte wagen und die Türen<br />
öffnen, auch da, wo wir vielleicht verwundbar<br />
sind. Theologie können wir als<br />
an die Wurzel gehende Gastfreundschaft<br />
verstehen. Das Studium heute hat sich<br />
im Vergleich zu früher sehr verändert<br />
und wird sich weiter verändern, um offen<br />
für die Herausforderungen der Zukunft<br />
zu bleiben, ohne die Beziehung mit<br />
den Wurzeln der christlichen Tradition<br />
zu verlieren.<br />
Wenn wir mit den jungen Menschen<br />
bei ganz konkreten Fragen beginnen,<br />
z.B. über Krieg und Frieden, über digitale<br />
Profile auf dem Handy, Umweltbelastung,<br />
Ziel und Sinn des Lebens,<br />
dann sind wir bereits im Gespräch<br />
über Themen, die die Theologie behandelt.<br />
Wie würde ich das Gespräch weiterführen?<br />
Ich würde allmählich eine<br />
«Landkarte der Theologie» öffnen oder<br />
zeichnen. Sie zeigt, in welche Gebiete<br />
des Lebens und des Denkens wir reisen<br />
den Details, von theologischen Fragen<br />
durchdrungen ist!<br />
Was sind Ihre Visionen für die Zukunft?<br />
Die Theologie sollte sich interdisziplinärer,<br />
also stärker zwischen den einzelnen<br />
Fächern bewegen. Ein Vorschlag dazu<br />
wäre, dass die «Theologische Anthropologie»,<br />
also das, was theologisch über den<br />
Menschen zu sagen ist, in Bezug zur Digitalisierung,<br />
zur digitalen Welt, gebracht<br />
wird. Ich nenne dies jetzt eine<br />
«Digitale Anthropologie». Ganz wichtig<br />
dabei finde ich, dass wir nach konkreten<br />
Antworten auf die Frage suchen, wie wir<br />
mit unserem christlichen Menschenbild<br />
auf die digitale Herausforderung reagieren.<br />
Es besteht die Gefahr, dass wir in der<br />
fantastischen Geschwindigkeit der Veränderungen<br />
die anthropologischen Fragen<br />
gar nicht mehr wahrnehmen, dass<br />
wir uns nicht mehr die Zeit nehmen, ihre<br />
Prämissen und Folgen zu durchdenken.<br />
«Wie denken die Kinder, wie fühlen die<br />
Kinder, wie beziehen sie sich auf Gott?».<br />
So entstehen Einsichten und Fragen aus<br />
einer Theologie nicht nur für, sondern<br />
auch mit und von Kindern.<br />
Über/für/mit/von Kinder(n)?<br />
Ist es ein Wortspiel?<br />
Georgiana Huian weist auf ihrem Aufsatz<br />
in der Zeitschrift «Konstruktiv»<br />
(47/23) hin, womit sie unbedingt und<br />
voller Enthusiasmus zeigt, wie ernst es<br />
ihr ist, zwischen den verschiedenen<br />
theologischen Interessen und deren<br />
Möglichkeiten Brücken zu bauen:<br />
«Theologie über, für, mit und von<br />
Kinder(n) ist mehr als ein Wortspiel, es<br />
ist eine ernste und komplexe Beschäftigung.<br />
Wird sie zu einer Kernaufgabe für<br />
die Theologie der Zukunft? Zweifellos,<br />
wenn sie die Kreativität, das Spielen und<br />
die Offenheit des Kindes integriert.»<br />
Niklas Raggenbass