24 Zoom In einem Interview mit der <strong>Neue</strong>n <strong>Szene</strong> im Jahr 2013 hast du auf die Frage, was dich ankotzt, Folgendes geantwortet: „Leute, die immer nur kritisieren, aber selber nichts machen und bei ihrer Kritik auch noch persönlich werden. Davon gibt es in Augsburg genügend.“ Was sagst du heute, also zehn Jahre später dazu? Die Aussage hat nicht viel an Aktualität verloren, auch wenn es positive Entwicklungen gibt. Der Augsburger neigt gerne dazu, ohne einen eigenen Vorschlag Dinge anzuprangern. Ich ziehe meinen Hut vor denen, die Verantwortung übernehmen und selber gestalten, denn davon gibt es leider immer noch viel zu wenige. Stefan Sieber in Kyoto © Mara Weyel Dann kam der Schritt, der dein Erwachsenwerden ziemlich beschleunigt hat. Du bist 2015 zur Stadt Augsburg gewechselt, es folgten mehr als acht Jahre, unter anderem als Leiter des Büros der Oberbürgermeisterin und der Kommunikationsabteilung. Mir war immer wichtig, nicht zu lange an einer Funktion zu kleben. Gerade bei Jobs wie dem Modular hat man einen Zeithorizont, man investiert und gibt viel, aber um sich zu entwickeln, muss man irgendwann auch wieder neue Wege gehen. Ich hätte es mir einfach machen und weiterhin das Modular nach meiner Vorliebe gestalten können, aber irgendwann wird das ja auch mal langweilig. Für mich und für Augsburg. Zu dieser Zeit hat der damalige OB Kurt Gribl alle städtischen Veranstaltungen auf den Prüfstand gestellt und wollte auch das Maxfest wieder aufleben lassen. Ich habe mich daraufhin auf eine Stellenausschreibung beworben und den Job bekommen. Danach habe ich gegen viele Widerstände zusammen mit den Jungs von der CIA die Grundkonzeption der Augsburger Sommernächte gemacht und das Maxfest mit einem Relaunch und neuen Ideen wieder erfolgreich auf den Weg gebracht. Vom Event- zum Krisenmanager. Ich sag nur Fliegerbombe 2016 … Da war ich ein kleines Rädchen im Gesamtwerk. Aber als 2016 am Ersten Weihnachtsfeiertag 54.000 Menschen wegen dieser Fliegerbombe evakuiert werden mussten, haben wir bei der Stadt gemerkt, wie enorm wichtig eine gut funktionierende Kommunikationsabteilung ist und dass hier dringend etwas verändert werden muss. Unter der Führung von Richard Goerlich wurde die Abteilung neu aufgebaut. Als er dann Anfang 2019 bei der Stadt aufgehört hat, habe ich seine Position übernommen und die Kommunikation geleitet. Nach der Kommunalwahl hat mich Eva Weber gefragt, ob ich mir vorstellen kann, ihr Büroleiter zu werden. Das hat mich geehrt und ich habe zugesagt. Corona war sicherlich die größte Herausforderung in diesen Jahren. Hättest du die Stelle jemals angenommen, wenn du gewusst hättest, was alles auf dich zurollen würde? Ich hätte zumindest nochmal etwas intensiver darüber nachgedacht (lacht). Aber in dem Job haste dann keine Wahl und man funktioniert. Corona war für uns alle hart. Beruflich war es tatsächlich die härteste Zeit für mich und hat mir einige schlaflose Nächte bereitet. Vor allem, als wir im Herbst 2020 in Augsburg den höchsten Inzidenzwert in ganz Deutschland hatten. Eine Pandemie in diesem Ausmaß war für uns alle Neuland und es gab keine Erfahrungswerte. Oft waren uns auch die Hände gebunden, weil die Entscheidungen nicht in Augsburg, sondern von Bund und Land getroffen wurden. Wir hatten die Regelungen durchzusetzen. Ich möchte an der Stelle aber auch sagen, dass ich ja immer nur in der zweiten Reihe aktiv war. Ganz vorne steht die Oberbürgermeisterin und eine Stadtregierung, die, wie alle in politischen Ämtern, den Druck aushalten mussten. Dafür zolle ich meinen höchsten Respekt. Welche Momente werden dir immer positiv in Erinnerung bleiben? Ich durfte speziell in den Krisenjahren hautnah erleben, mit welchem Engagement die Leute in der Stadtverwaltung arbeiten und über ihre Grenzen hinausgehen. Von außen wird das oftmals nicht wahrgenommen. Auch ich kann sagen, dass es ein richtig gutes Gefühl ist, für seine Stadt tätig zu sein. Rückblickend freut es mich auch sehr, wie gut wir gemeinsam so manche Krise bewältigt haben. Am 29.09.<strong>2023</strong> war nach einer beruflich intensiven Phase Schluss. Es war eine rein private Entscheidung, diesen Schritt zu gehen und ich bin dankbar für die Jahre. Irgendwann kommt aber der Punkt, an dem etwas <strong>Neue</strong>s kommen muss. Das gilt übrigens nicht nur für mich, sondern auch für meine Funktion, die ich innehatte. Wie seltsam ist es, auf einen Schlag von Hundert auf Null zu switchen? Ich war jetzt einige Jahre im 24/7-Modus, egal ob man sonntags beim Frühstück gesessen ist oder mitten im Tatort war, wenn es gebrannt hat, musste man ausrücken. Ich habe tatsächlich einige Zeit gebraucht, um mich mit der neuen Situation zurechtzufinden. Man gibt sein Diensthandy und - laptop ab und bekommt plötzlich keine Nachrichten mehr. In den ersten Tagen war das sehr befreiend, dann wird es aber auf einmal komisch und ich war froh, als das Telefon klingelte und meine Mutter dran war. Aber ich habe es ganz gut hinbekommen, ich war viel in der Natur oder habe Bücher gelesen. Jetzt steht für Mara und dich ein dreimonatiger Trip nach Asien bevor. Ja, nächste Woche geht es los, wir bereisen Japan, Korea und Kambodscha. Ich freue mich total, auch wenn ich ehrlich gesagt etwas Bammel habe, weil wir letztlich nicht so genau wissen, was uns erwartet. Du hast dir in all den Jahren sicherlich ein großes Netzwerk aufgebaut, deine Jobs haben auch deinen Marktwert gesteigert. Hast du dich beruflich schon neu orientiert? Es gab Anfragen und Gespräche. Das für mich interessanteste Angebot und die spannendste Aufgabe habe ich von der Augsburger Lehmbaugruppe, einem Sozialunternehmen mit über 800 Mitarbeitenden, das in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Fachkräfte und Jugendhilfe tätig ist, bekommen. Ich werde 2024 dort Mitglied der Geschäftsleitung und die Bereiche Unternehmenskommunikation, Marketing und Strategie leiten. Nachdem du jetzt nicht mehr so im Fokus der Öffentlichkeit stehst, werden wir dich wieder an den Turntables erleben? Sicher ist, dass es trotz Angeboten keine auto.matic-Clubnights mehr geben wird. Keine Revival-Partys. Niemals. Seit dem Sommer teile ich mir mit David Kochs ein Studio im neuen Kulturzentrum „Schöne Felder“ am Milchberg und will dort wie früher wieder Musik produzieren. Vielleicht nicht mehr für die Tanzfläche, eher zum Hören beim Kochen und Essen. Wunderbar, das war´s! Das war´s? Geil! (ws)
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