Neue Szene 2023_12
DAS Stadtmagazin für Augsburg und die bayerisch-schwäbische Region.
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STAATSTHEATER AUGSBURG<br />
Ab 02.<strong>12</strong>. | martini-Park<br />
»Lucia di Lammermoor«<br />
Oper von Gaetano Donizetti<br />
In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln<br />
Lucia ist gefangen zwischen Liebe und<br />
Familienpflicht: Ihr Bruder Enrico verlangt ihre<br />
Hochzeit mit Arturo, Lucia liebt jedoch Enricos<br />
Feind Edgardo. Diverse Intrigen, eine Zwangsehe<br />
und der Verlust Edgardos lassen Lucia den Verstand<br />
verlieren. Gaetano Donizettis berühmteste Belcanto<br />
Oper bedient sich Elementen der Schauerromantik<br />
und kombiniert sie eindrücklich mit der bewegenden<br />
Emotionalität seiner Musik. In echten italienischen<br />
Belcanto kleidet Donizetti hier die tragische<br />
Liebesgeschichte der »Lucy« aus den »Lammermuir<br />
Hills«, so wie der Schotte Walter Scott sie in seinem<br />
Roman verewigt hat.<br />
Der Berliner Regisseur Hinrich Horstkotte,<br />
der 2017 in Augsburg den »Freischütz« inszenierte,<br />
widmet sich der populären Oper mit einem<br />
unverstellten Blick. Dabei führt er nicht nur Regie,<br />
sondern entwarf auch die Kostüme. Wir haben ihn<br />
zum Interview getroffen.<br />
Herr Horstkotte, Ihre Inszenierung des<br />
»Freischütz« 2017 war die erste Premiere auf<br />
der Bühne im martini-Park. Was hat sich<br />
seitdem verändert?<br />
Das war damals ein absoluter Schuss ins<br />
Ungewisse. Zum Zeitpunkt der Premiere gab es<br />
noch keine ausreichenden Garderoben, noch nicht<br />
überall Wasser oder Licht und der Trakt mit den<br />
Proberäumen befand sich im Bau. Ich bin mit einer<br />
Staublunge zurück nach Berlin gekommen, das wird<br />
mir diesmal sicher nicht mehr passieren.<br />
Ab 01.<strong>12</strong>. | brechtbühne im Gaswerk<br />
»Der Menschenfeind«<br />
Sie sind nun wieder nach Augsburg<br />
gekommen und inszenieren die Oper »Lucia di<br />
Lammermoor«. Aber nicht nur das, Sie haben<br />
sich auch um die Kostüme gekümmert.<br />
Das mache ich immer, ich bin studierter<br />
Kostüm- und Bühnenbildner. Ich komme aus<br />
Berlin und hatte dann nach der Wende das Glück,<br />
in der Freien <strong>Szene</strong> ziemlich viel inszenieren<br />
zu dürfen. Im Jahr 1999 habe ich in Dortmund<br />
mein professionelles Regiedebüt gegeben und<br />
irgendwann kam ich auf den Trichter, dass Regie<br />
und Kostüme unbedingt zusammengehören.<br />
Die Figuren, die ich mit den Sänger:innen und<br />
Schauspieler:innen erarbeite, definieren sich auch<br />
über das Kostüm, das für die Darstellenden auch ein<br />
Hinweis in eine bestimmte Richtung ist.<br />
Die Oper spielt im 17. Jahrhundert, ist die<br />
Garderobe aus dieser Zeit ein Steckenpferd<br />
von Ihnen?<br />
Im Wesentlichen schon und Sie haben recht,<br />
ich stehe in dem Ruf, ein Faible für historische<br />
Ausstattung zu haben. Ich versuche, dass die<br />
Kostüme trotzdem etwas sagen und ich nicht nur<br />
museal aus dem Kostümlexikon nachklimpere.<br />
Wenn ein Stück in einer bestimmten Zeit spielt,<br />
dann hat die Kleidung oft eine Auswirkung auf<br />
die Geisteshaltung der Figuren. Diese Oper spielt<br />
in einer Zeit, als die Frauen sich noch in ein enges<br />
Korsett zwängen mussten und diese Halskrausen<br />
trugen, mit denen der Kopf immer so traurig<br />
aussieht, so als würde er auf einem Teller liegen.<br />
Das habe ich hier auch so übernommen, weil das<br />
Stück auf einer wahren Begebenheit basiert. Es gibt<br />
einen historischen Vorfall in Schottland im Jahr<br />
1668, als eine Frau versucht hat, ihren Bräutigam in<br />
der Hochzeitsnacht zu töten. Walter Scott, Anfang<br />
des 19. Jahrhunderts einer der erfolgreichsten<br />
Schriftsteller überhaupt, hat diese Begebenheit<br />
«<br />
zum<br />
Thema seines Romans gemacht.<br />
In Molières berühmtem Schauspiel-Klassiker<br />
verhandelt das Staatstheater Augsburg mit viel<br />
Spielleidenschaft die ganz großen Gefühle auf<br />
der Bühne. Dabei dürfen natürlich auch irrwitzige<br />
Verstrickungen im Stil der klassischen französischen<br />
Komödie nicht fehlen. Staatsintendant<br />
André Bücker inszeniert das Ensemble-Stück als<br />
andauernde Party in der Welt von heute, in der<br />
sich die Wirklichkeit immer wieder mit Instagram<br />
und Co. messen muss und man es mit der<br />
Wahrheit nicht ganz so ernst nimmt.<br />
Alceste fühlt sich als Außenseiter, der die Gesellschaft,<br />
der er angehört, hasst und belächelt.<br />
Er liebt Célimène, die offenbar eine Vielzahl<br />
an Liebhabern um sich versammelt. Er ringt<br />
um ihre Liebe – vor allem aber auch um die<br />
kompromisslose Wahrheit in einer Welt voller<br />
Sein und Schein.<br />
Die aufwändige Produktion lässt die Charaktere<br />
des Stücks in unsere heutige Mediengesellschaft<br />
eintauchen. Seit Mitte Oktober bietet das Staatstheater<br />
mit dem eigens erschaffenen sozialen<br />
Netzwerk »Molusk« (www.molusk.de) einen<br />
zusätzlichen, unabhängigen Erzählstrang im<br />
Netz. Dort interagieren die Protagonist:innen<br />
des Stücks mit ihrem Publikum und erweitern<br />
damit den Bühnenraum konsequent ins<br />
Digitale.