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Seesicht - Das Zürichsee-Magazin Nr. 6 - 2023

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Lichtkunst<br />

Gerry Hofstetter ist Lichtkünstler.<br />

Gemeinhin stellt man sich darunter<br />

jemanden vor, der gemütlich am<br />

Computer verspielte Animationen<br />

programmiert, dann mit Beamer<br />

und Laptop in ein Gebäude geht<br />

und den Raum mit bewegten Bildern<br />

ausleuchtet oder das Gebäude selbst von aussen<br />

beleuchtet. <strong>Das</strong> aber könnte nicht weiter als möglich<br />

entfernt sein von dem, was dieser Pionier der Lichtkunst<br />

tut und bereits getan hat. Erstens benötigt<br />

er keine bewegten Bilder, keine Animationen und<br />

zweitens benutzt er neben Gebäuden auch Eisberge,<br />

fliegende Flugzeuge oder Felswände als Projektionsflächen.<br />

Gerry Hofstetter ist darum eigentlich, was<br />

man bedauerlicherweise nicht übersetzen kann,<br />

ein absoluter «Sebesiech», ein Abenteurer, Weltenbummler,<br />

einer, der immer wieder an seine Grenzen<br />

geht und dann noch einen Schritt darüber hinaus.<br />

So entstehen Fotos, die um die Welt gehen, wobei<br />

er mitunter tage- und wochenlang für den richtigen<br />

Moment in Kälte, Schnee, Eis oder Wüste ausharren<br />

muss, um das perfekte Bild mit der richtigen Stimmung,<br />

dem perfekten Licht einzufangen. Als ob dies<br />

nicht schon genug wäre, haben alle seine Projekte<br />

eine Aussage, einen Bezug zu einem Thema. Daher<br />

eben Kunst, weil er immer eine Botschaft übermittelt,<br />

mitunter auch provoziert, wachrüttelt. Der<br />

grosse Tiger auf der Eigernordwand zum Beispiel<br />

war ein Gruss gen Osten, weil dort das Jahr des Tigers<br />

begonnen hatte und zeitgleich auch die Olympischen<br />

Winterspiele in Beijing stattfanden. Die Idee<br />

dazu trug der heute 61-Jährige 20 Jahre in sich, sie<br />

funktionierte aber nur mit eben diesem Tierkreisjahr,<br />

welches sich nur alle zwölf Jahre wiederholt.<br />

<strong>Das</strong>s er dabei Tonnen von Material schleppen muss<br />

und auch die Technik immer wieder an ihre Grenzen<br />

bringt, ist quasi Teil der Kunst. Alles für das perfekte<br />

Bild lautet das Motto und dafür ist er bereit, weit zu<br />

gehen – sehr weit sogar.<br />

EISBERG VORAUS<br />

Bei all den beeindruckenden Projekten ist es schwierig,<br />

eins hervorzuheben, weil hinter jeder Projektion<br />

eine Idee steht, mitunter eine jahrelange Vorbereitung<br />

und dann die Hartnäckigkeit dranzubleiben im<br />

Wissen, dass diese Botschaft nur an einem bestimmten<br />

Ort, nur zu einem bestimmten Zeitpunkt und<br />

genau so eine Wirkung erzielt. So wie beim Projekt<br />

mit der Titanic. Die Geschichte kennt jeder und<br />

jede, Gerry Hofstetter war aber erstaunt, als er 2006<br />

Oben: Arktis Light Art Expedition –<br />

Love your Planet. Projektion der<br />

Lunge von Gerry Hofstetter auf einen<br />

Eisberg. Wenn die Lungen der Erde<br />

zerstört werden (Regenwald, Arktis<br />

und Antarktis), so werden die Lungen<br />

aller Lebewesen auf diesem Planeten<br />

auch keinen Sauerstoff mehr haben.<br />

Links: Ukraine, Kyiv. Beleuchtung<br />

während dem Krieg an Weihnachten<br />

2022 der Statue Motherland mit<br />

dem Dreizack der Ukraine als Solidaritätsaktion<br />

für die Bevölkerung.<br />

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SEESICHT 6/23<br />

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