Herbert Brandl B - Zeit Kunstverlag
Herbert Brandl B - Zeit Kunstverlag
Herbert Brandl B - Zeit Kunstverlag
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verhaltener Farbigkeit mit waagrecht geführten breiten<br />
Pinselstrichen nach oben ab. Die beschriebene Zonung<br />
verläuft jedoch nicht streng horizontal, sondern erzeugt<br />
mit organisch modifizierten Diagonalen gegensätzlicher<br />
und unterschiedlich starker Neigung ein subtil bewegtes<br />
Gleichgewicht.<br />
Robert Fleck registriert, dass die »in koloristischer Hinsicht<br />
überaus fein« umgesetzten »grün- und ockerfarbigen<br />
Töne gefährlich nahe an den Farben der umgebenden<br />
Natur zu sein scheinen.« Aber gerade diese<br />
Nähe macht auch das Andersartige, ja Gegensätzliche<br />
zur umgebenden Naturfarbigkeit deutlich, sodass Fleck<br />
schließlich feststellen kann: »<strong>Herbert</strong> <strong>Brandl</strong> hat sich an<br />
ein scheinbares Ding der Unmöglichkeit herangewagt,<br />
mitten in der Biennale und mitten<br />
in den Giardini ein Bild mit einer<br />
leeren, weiträumigen Landschaft<br />
als Kontrapunkt auszustellen. Der<br />
Gegensatz zwischen dem Bild und<br />
dem natürlichen Environment in<br />
Venedig ist eine manifestartige Geste der Malerei. Durch<br />
das große, disharmonisch angelegte Bild im Freien<br />
beginnt der Raum hinter dem Pavillon in gewisser Weise<br />
selbst zu pulsieren. Auch in diesem Sinn ist <strong>Brandl</strong>s klarer<br />
Umgang mit der Malerei, der die Eigengesetzlichkeit<br />
des Mediums respektiert, zugleich bis in die Dimension<br />
des Gesamtkunstwerks vorangetrieben.« 3<br />
Bilder, Himmel, Licht<br />
Bedacht hat <strong>Brandl</strong> auch, und dies war der Grund für die<br />
spektakuläre, gleichwohl in ihrer engen Verbindung mit<br />
Hoffmanns weißer Architektur verblüffend plausible Präsentation,<br />
die legendäre Wirkung des berühmten venezianischen<br />
Lichtes, und diese Rechnung ging in erstaunlichem<br />
Maße auf. Die Bilder, wenngleich nicht in, wohl<br />
aber für Venedig entstanden, gewannen unter dem venezianischen<br />
Himmel eine geradezu unwirkliche Leuchtkraft.<br />
Sie glühten und strahlten und entwickelten dabei<br />
eine mit dem realen Raum interferierende dynamische<br />
Räumlichkeit eigener Art, gleichermaßen voller Ruhe<br />
und Lebendigkeit.<br />
Denn anders als in der klassischen Tradition öffnet sich<br />
die Bildfläche nicht wie ein Fenster in einen imaginären<br />
Raum, vielmehr geht es dem Künstler, so schreibt Robert<br />
Fleck im Einführungstext des Biennale-Katalogs, »um<br />
einen ganz besonderen Raumbegriff, der viel mit pul-<br />
<strong>Herbert</strong> <strong>Brandl</strong><br />
sierenden Kräften zu tun hat. Beim längeren Hinsehen<br />
auf die Bilder von <strong>Herbert</strong> <strong>Brandl</strong> tritt dieser Raum, dessen<br />
Elemente in schwacher Amplitude, fast unmerklich,<br />
nach vorne und hinten zu streben scheinen, deutlich hervor.<br />
Die leichte, schier unerschöpfliche Raumbewegung<br />
bei einer minimalen, aber deutlich wirkenden Raumillusion<br />
ist das Erkennungsmerkmal des Werks von <strong>Herbert</strong><br />
<strong>Brandl</strong> seit den Anfängen. In den Bildern für Venedig ist<br />
diese Gesamtvorstellung besonders weit getrieben. Der<br />
unaufhörlich atmende, zugleich aber flache Raum ist keinem<br />
optischen Effekt zuzuordnen, sondern empirisch, im<br />
Geflecht der malerischen Gesten in die Leinwand hineingearbeitet.<br />
Er ergibt sich von Bild zu Bild in unterschiedlicher<br />
Präzision, wobei die Bilder für Venedig dies in einer<br />
Häufig entspricht der Vehemenz der Vielfarbigkeit<br />
eine nahezu konstruktive Tektonik. «<br />
besonderen Breite, mit ebenso vielen formalen Ansätzen<br />
wie bearbeiteten Leinwänden, vor Augen führen.« 4<br />
Es gibt in der Venedig-Serie Bilder von gewagter Farbigkeit<br />
– etwa ein großes, ebenfalls in waagerechten Zonen<br />
aufgebautes, an einen Sonnenuntergang erinnerndes<br />
Bild, dessen Farbskala von Violett über Schwarzbraun,<br />
Gelb und Orange zu Rot und Grau führt, und solche von<br />
fast monochromem Charakter, die auf nuancierte Abstufungen<br />
unterschiedlicher Grün-, Grau oder Blau-Töne<br />
gestimmt sind, mit Beimischungen allenfalls einiger<br />
weniger differenzierender Begleittöne, immer aber mit<br />
feinen Übergängen, die sich mitunter in einem kraftvollen<br />
Crescendo zu vehementen Helldunkelkontrasten entwickeln.<br />
Häufig entspricht der Vehemenz der Vielfarbigkeit<br />
gleichsam als Kontrapost eine nahezu konstruktive Tektonik<br />
des Bildaufbaus, während die farblich einheitlicher<br />
gefassten Arbeiten stärker von der bildimmanenten<br />
Bewegung bestimmt werden.<br />
Bilder, Körper, Gestik<br />
Allen Arbeiten jedoch ist eine Dynamik des Duktus<br />
gemeinsam, die weniger als expressive Gestik auf die<br />
Subjektivität ihres Autors zurückverweist als vielmehr<br />
dessen körperliches Agieren im Rahmen eines in jedem<br />
Fall noch ohne Hilfsmittel zu bewältigenden Formates<br />
als objektiven Prozess der Bildwerdung vor Augen führt<br />
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