Herbert Brandl B - Zeit Kunstverlag
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sind, wenn die Naturerscheinungen massenmedialer<br />
Reproduktion zum Opfer fallen und gleichsam mundgerecht<br />
als visuelles Convenience Food mit Geschmacksverstärker<br />
auf den Markt gebracht werden.<br />
Bilder, Fotos, Erinnerungen<br />
Auf die Frage von Robert Fleck nach eventuellen Foto-<br />
Vorlagen für die nach der Biennale entstandene neue<br />
Serie der Bergrücken antwortet <strong>Brandl</strong>: »Nein, hier gibt<br />
es keine Fotos dazu, aber Erinnerungen an – Tierfilme.<br />
Es gibt Seekühe. Und diese Seekühe, die leben auf Seegrasweiden.<br />
Das ist unter Wasser wie eine hochalpine<br />
Landschaft mit diesem Gras und den Wellen unter Wasser,<br />
und da weiden diese Kühe darin herum. Ich habe das<br />
Foto vor ein paar Monaten in einem Tierfilm gesehen,<br />
und es ist halt so hängen geblieben.« 10<br />
Im Schaffen des Künstlers amalgamieren Wahrnehmungen,<br />
Erfahrungen und Erinnerungen unterschiedlichster<br />
Art und Herkunft miteinander, wie dies<br />
besonders schön am Beispiel des Wasserfalls gezeigt<br />
werden kann, einem immer wieder begegnenden Motiv in<br />
<strong>Brandl</strong>s Werk. Ein kurzer biographischer Rückblick mag<br />
dies verdeutlichen:<br />
In einem launischen Gespräch mit Wolfgang Kos gibt<br />
<strong>Herbert</strong> <strong>Brandl</strong> Auskunft über seine Anfänge: 1959 in<br />
Graz geboren, ist er »in der Weststeiermark, Richtung<br />
jugoslawische Grenze«, aufgewachsen, »in einem kleinen<br />
Ort, in dem der Bahnhof vier Kilometer vom Ortszentrum<br />
entfernt liegt. Da gab es natürlich nichts außer einer<br />
Straßenlampe am Hauptplatz. Die ersten, die Bilder bei<br />
mir bestellt haben – Rehböcke, Bauernhäuser – waren<br />
steirische Landwirte. Da war ich noch ein Kind, das einzige<br />
im Dorf, das einen Pinsel halten konnte. Die anderen<br />
haben zu klobige Finger gehabt«. 11<br />
1978 beginnt <strong>Brandl</strong> in Wien an der Hochschule für angewandte<br />
Kunst zu studieren, erst bei Professor Tasquil,<br />
dann bei Professor Weibel. Die 80er Jahre sind eine<br />
spannende <strong>Zeit</strong>: Das konservative Wien hat sich zu einem<br />
Kunstzentrum von internationaler Bedeutung gemausert,<br />
Konzeptkunst und Video beherrschen die Szene,<br />
aber es gibt auch – vielleicht notwendige Gegenreaktion<br />
6<br />
<strong>Herbert</strong> <strong>Brandl</strong>s Bilder oszillieren zwischen Gegenstand<br />
und Abstraktion.«<br />
– Ansätze einer Wiederbelebung der wie schon so oft totgesagten<br />
Malerei. Man könne durchaus auch heute noch<br />
– oder wieder – malen, verkündet Weibel, einer der Exponenten<br />
der Medienkunst, nur müsse man sich im Klaren<br />
darüber sein, dass die Malerei heute ein Medium neben<br />
anderen sei. Schmalix, Anzinger, Mosbacher, Kern, Zitko,<br />
Damisch und <strong>Brandl</strong> werden die Exponenten der neuen<br />
Malerei in Österreich. In den 90er Jahren etabliert sich<br />
Graz mit seiner Neuen Galerie unter Wilfried Skreiner<br />
als ein mit der Hauptstadt konkurrierendes Zentrum der<br />
neuen Tendenzen.<br />
<strong>Brandl</strong> malt kleinformatige Landschaftsbilder, weibliche<br />
Akte, Wasserfälle, Blumen. Vorbilder sind Franz Anton<br />
Maulpertsch, Munch, van Gogh, später auch Courbet,<br />
Moreau, Matisse und die jetzt erst langsam entdeckten<br />
Außenseiter, die manches vorwegnahmen, was zu ihren<br />
Lebzeiten in der offiziellen Malerei noch keinen Platz<br />
fand, Hugo, Busch und Strindberg, der als erster in der<br />
Malerei den Spachtel benutzte. Hinzu kommen Tizian,<br />
Renoir und natürlich Tur-<br />
ner und Monet, Gallionsfigur<br />
der jungen Maler wird<br />
der bislang weitgehend<br />
unbekannte Expressionist<br />
Gerstl, auch das malerische Werk Arnold Schönbergs ist<br />
für <strong>Brandl</strong> von Bedeutung.<br />
Bilder, Lernen, Forschen<br />
Abstrakte Schichtungen von Farbmassen entstehen,<br />
objekthafte Bilder, deren Gestaltung sich nicht auf das<br />
traditionelle Viereck-Format beschränkt. Die ersten<br />
zehn, fünfzehn Jahre sind, so erinnert sich <strong>Brandl</strong>, erfüllt<br />
von Selbstzweifeln. Die Akademie ist ihm unheimlich, er<br />
verlässt sie vorzeitig, bezeichnet sich heute, mittlerweile<br />
selbst Hochschullehrer in Düsseldorf, etwas kokettierend<br />
als Autodidakten. Lehren und lernen könne man an der<br />
Akademie ohnehin nichts, davon ist er überzeugt, wohl<br />
aber, und dies ist ihm wichtig, forschen.<br />
Sein Lehrer Peter Weibel, erzählt <strong>Brandl</strong>, »war anfangs<br />
von der damaligen Mode der Malerei begeistert, weil<br />
ihm gefiel, dass da in seiner näheren Umgebung etwas<br />
abging. Dass ich dann wirklich aufs Land ging, um den<br />
Sommer dort zu genießen und das auch noch zu malen,<br />
gefiel ihm schon weniger. Ich wollte mich einfach von der<br />
Verpflichtung absetzen, als Künstler der Buhmann der<br />
Gesellschaft sein zu müssen. Ich war, ermuntert durch