ÖffentlicheUhrenHalleinMGSL202223
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Michael Neureiter<br />
Von den zehn historischen öffentlichen Uhren in Hallein, die zwischen dem<br />
16. und dem Ende des 19. Jahrhunderts eingebaut wurden, sind vier Uhrwerke<br />
erhalten. Nur zwei befinden sich noch in situ, am originalen „Tatort“. Trotzdem<br />
gibt es einige Informationen zur frühen und sehr hohen Uhrendichte in der<br />
Kleinstadt, in ihrer Altstadt und ihrer Umgebung.<br />
Woher kommt ein spätgotisches Turmuhrwerk?<br />
Im Jahr 2014 wurde mir die Gelegenheit gegeben, im Keltenmuseum Hallein<br />
ein Turmuhrwerk zu begutachten, das sehr wahrscheinlich in Hallein in Verwendung<br />
stand. Über den tatsächlichen Standort war nichts bekannt, auch<br />
konnte in der Zwischenzeit dazu nichts in Erfahrung gebracht werden. Leider<br />
war auch nicht bekannt, woher und wann das Werk in das Museum kam. Des<br />
Rätsels Lösung dauerte mehr als acht Jahre.<br />
Die Kostbarkeit stammt aus der Formensprache der Spätgotik und weist viele<br />
Indizien auf, die eine Datierung in das 16. oder spätestens sehr frühe 17. Jahrhundert<br />
nahelegen: Das Gestell hat diagonal stehende Eckpfeiler mit gekröpften<br />
Gestellbekrönungen, auf denen sehr seltene Holzkugeln saßen – nur eine<br />
von vier ist erhalten. Das Gestell ist rundum vernietet. Das Gehwerk hat eine<br />
Spindelhemmung mit stehendem Hakenrad, horizontaler Spindel und fix angesetztem<br />
(fehlendem) Kurzpendel mit einer (errechneten) Länge von 636 mm.<br />
Die Hemmung wurde wohl im 17. Jahrhundert von der ursprünglichen Waaghemmung<br />
mit vertikaler Spindel umgebaut, wie Spuren am Gestell beweisen.<br />
Das Stundenschlagwerk hat eine „schleichende Auslösung“ mit „Herzscheibe“<br />
und „Storchenschnabel“. Die Maße: Das Werk ist an den Füßen 41 cm lang<br />
und 41 cm breit, die Höhe des Gestells beträgt 84,5 cm, die Eckpfeiler sind<br />
104,5 cm hoch.<br />
Der Aufzug von Gehwerk und Stundenschlagwerk erfolgte mit einem einsteckbaren<br />
Trieb und einer einsteckbaren Aufzugskurbel. Für die Suche nach<br />
dem historischen Standort war wichtig, dass die Zeigerleitung mit Minutengeschwindigkeit<br />
nach oben führte: Das zugehörige Zifferblatt bzw. die Zifferblätter<br />
waren also höher situiert als das Uhrwerk, dessen zwei Gewichte unterhalb<br />
platziert waren.<br />
Das bedeutende Werk, leider ohne Inschrift, weist zwei Schutzanstriche auf,<br />
der erste erfolgte mit Bleimennige. Es ist fast komplett, neben dem Windflügel<br />
und einem Trieb fehlen auch die Gewichte. Allerdings sind im Depot des<br />
Keltenmuseums einige Steingewichte gelagert, vielleicht haben zwei davon eine<br />
gemeinsame Vergangenheit mit dem Uhrwerk?