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Inspiration Nr 01 - 2024

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Partnercheck Bächli Bergsport<br />

die Schweiz, wo sie dank Mund-zu-Mund-Propaganda reissenden<br />

Absatz fanden. Ein anderes Produkt ging den umgekehrten<br />

Weg: Bächli Bergsport verkaufte damals nicht nur Ausrüstung,<br />

sondern produzierte auch selbst welche. Dazu zählten etwa die<br />

Bächli-Schlaghaken und die Bächli-Seilbremse, hergestellt<br />

von der Glarner Giesserei Schraner Oberurnen nach den Vorgaben<br />

von Heinz Bächli. Und während Sohn Felix als Bub den<br />

Ölfilm von den frisch gelieferten Seilbremsen wischte, importierte<br />

sie kein geringerer als Patagonia-Gründer Yvon Chouinard<br />

in Batches von 200 Stück in die USA. «Wir waren nicht der<br />

erste Kunde von Patagonia, sondern Patagonia der erste Kunde<br />

von uns», erinnert sich Walter Locher. Verschickt wurden die<br />

stählernen Preziosen in Plastikbidons.<br />

Wer vom heutigen Angebot (und Niveau) mehrlagiger<br />

Wetterschutzjacken verwöhnt ist, der mag sich die Augen<br />

reiben, was vor knapp einem halben Jahrhundert der letzte<br />

Schrei war. In den 1980er-Jahren liessen Margrit und Heinz<br />

Bächli beim Fabrikanten Trunz aus dem bündnerischen Trun<br />

Berghosen aus «Bündner Tuch» herstellen, einem Mischgewebe<br />

aus Baumwolle, Polyester und Lycra, für das man heute<br />

ein Heidengeld hinlegen muss. Für die Passform sorgte<br />

wieder der Chef persönlich: Die Pranken von Heinz mussten<br />

samt Landeskarte in der seitlichen Hosentasche Platz haben.<br />

Erst 1983 ging mit der «Lighting» vom britischen Hersteller<br />

Berghaus die erste Dreilagen-Jacke mit Gore-Tex-Membran<br />

über den Ladentisch.<br />

Vorbei waren damit die Gründerzeiten, als die Hauptaufgabe<br />

die Beschaffung von Produkten war, der Absatz mangels<br />

Alternativen aber fast von alleine lief. Nun galt es zusehends,<br />

aus dem Guten das Beste herauszufiltern, frühzeitig Trends<br />

und Emporkömmlinge zu erkennen und nicht zuletzt auch auf<br />

der Verkaufsfläche Überzeugungsarbeit zu leisten. Weil das<br />

gelang, war Bächli in einigen Fällen der Zeit voraus: Merinoshirts<br />

waren längere Zeit exklusiv bei Bächli zu haben, ebenso<br />

die für ihre gute Passform gerühmten Jacken der Firma<br />

Arc’teryx oder die erste Rahmenbindung von Fritschi. Möglich<br />

machten das auch die jahrelang gewachsenen Beziehungen<br />

zu den Lieferanten.<br />

Lehrzeit im «Billig-Bächli»<br />

1985, also gerade einmal elf Jahre nach der Firmengründung,<br />

zeigte sich, dass der Schweizer Markt neben der damaligen<br />

Nummer eins, Eiselin Sport, auch Bächli eine Expansion<br />

durch Filialisierung erlaubte: Das erste Bächli-Bergsport<br />

Outlet in Zürich-Schwamendingen eröffnete. Die Trennung<br />

von Hauptgeschäft und Outlet, in dem ausschliesslich Restposten<br />

und preisreduzierte Artikel verkauft wurden und von<br />

den Kunden bald liebevoll «Billig-Bächli» getauft wurde, war<br />

eine Sensation. Im Outlet begann auch die Firmenkarriere von<br />

Felix Bächli, der 1989 als Teilzeitverkäufer einstieg und noch<br />

heute das Rattern des Nadeldruckers im Ohr hat: «20 Sekunden<br />

hat er für eine Rechnung gebraucht!», weiss Felix noch.<br />

Fünf Jahre später wechselte er in Vollzeit nach Oerlikon: Der<br />

erste «ganze» Arbeitstag bestand darin, den verwaisten Arbeitsplatz<br />

durch einen Einkauf bei IKEA betriebsfähig zu machen.<br />

Von Grund auf setzte er in den Folgejahren sämtliche<br />

Abläufe auf den Prüfstand, um sie in stundenlangen Strategiediskussionen<br />

mit Vater Heinz Bächli zu diskutieren.<br />

In dieser Zeit, also den 1990er- und 2000er-Jahren, professionalisierte<br />

sich die gesamte Bergsport- und Outdoorbranche<br />

enorm. Prozesse wurden definiert, Abteilungen spezialisiert<br />

oder gar begründet. Bei Bächli Bergsport wurden Logistik, Ein-<br />

‹1›<br />

‹1› Der Lauf der Dinge: Das<br />

Antlitz des Bächli-Katalogs<br />

hat sich mit den Jahren<br />

stetig gewandelt. Immer im<br />

Fokus jedoch: beste Produkte<br />

für den Bergsport.<br />

‹2› Eigenes Eisen: In der<br />

Pionierphase hat Bächli nicht<br />

nur mit Bergsportartikeln<br />

gehandelt, sondern auch<br />

produzieren lassen: etwa die<br />

Bächli-Schlaghaken und<br />

die Bächli-Seilbremse, die<br />

Yvon Chouinard (Patagonia)<br />

umgehend nach USA<br />

importierte.<br />

Fotos: Bächli Archiv<br />

kauf und Verkauf ausgebaut. Eine Marketingabteilung gab es zu<br />

Beginn nicht, trotzdem schickte man den Kunden schon früh<br />

zwei Mal pro Jahr einen Katalog nach Hause, weiss Lukas Imhof<br />

noch. Sein erster Job bei Bächli war damals die Digitalisierung<br />

aller Kundenadressen. Fast alle aktuellen Bergsportartikel wurden<br />

im Katalog beschrieben und abgedruckt, und in dem Mass,<br />

wie er Jahr für Jahr an Umfang zunahm, wurde sichtbar, wie<br />

auch die Firma wuchs. Bald schon war das Zentrallager in Oerlikon<br />

zu klein und zügelte mitsamt der Verwaltung nach Schwerzenbach.<br />

In den Warenlift passten zwar zwei Paletten, erinnert<br />

sich Bruno Schuhmacher, der heutige Leiter der Logistik, aber<br />

weil alle Artikel auf vier Stockwerken gelagert wurden, war die<br />

Kommissionierung für den Versand und die Filialen eine «Herkulesarbeit»,<br />

merkt Margot Hilland schmunzelnd an. Auch sie<br />

arbeitet heute noch in der Logistik.<br />

Infolge einer unerwarteten Vakanz im Kundendienst<br />

übernahm Susanna Bächli zum Jahrtausendwechsel notfallmässig<br />

die anspruchsvolle Stelle des Kundendienstleiters und<br />

stärkte damit den Servicegedanken im Familienunternehmen<br />

weiter. Mit dem zweijährigen Sohn auf dem Schoss fehlten der<br />

heutigen Verwaltungsrats-Vizepräsidentin allerdings die zeitlichen<br />

Ressourcen, die komplexen Abläufe in die weiter um<br />

sich greifende Computerisierung zu integrieren. Diese Aufgabe<br />

übernahm in der Folge Bruno Hayoz, perfektionierte sie in<br />

anspruchsvoller und mühseliger Arbeit, gab sie schliesslich<br />

auch weiter, um sich in der neu geschaffenen Einkaufsabteilung<br />

der Schuhbeschaffung zu widmen.<br />

Die zweiten 25 Jahre Bächli Bergsport, samt<br />

dem Aufbau von 13 Filialen in der ganzen Schweiz,<br />

schildert Teil zwei der Firmengeschichte in<br />

<strong>Inspiration</strong> 3/<strong>2024</strong>.<br />

‹2›<br />

«Bächli Bergsport<br />

verkaufte damals nicht nur<br />

Ausrüstung, sondern<br />

produzierte auch selbst<br />

welche. Dazu zählten<br />

etwa die Bächli-Schlaghaken<br />

und die Bächli-<br />

Seilbremse.»<br />

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