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„Ich möchte jungen Menschen vermitteln,<br />

dass sie etwas bewirken können“<br />

Ein Gespräch mit der Englisch- und Geschichtslehrerin<br />

Imke Freymuth<br />

Imke Freymuth hat eine Mission – neben<br />

Wissen in den Fächern Englisch und<br />

Geschichte hat sie sich vor allem einem<br />

verschrieben, dem Engagement. So verantwortet<br />

die seit 2<strong>01</strong>6 an der Hans-Brüggemann-Schule<br />

tätige Lehrerin neben ihrer<br />

Lehrtätigkeit die Imker-AG, ist Verbindungslehrerin<br />

in der Schülervertretung und unterstützt<br />

zusammen mit ihrem ausgebildeten<br />

Schulhund Carlsson das Klassenklima,<br />

wann immer es nötig ist. Wir von ME2BE<br />

haben mit ihr über die Vorzüge der Gemeinschaftsschule,<br />

den Wert selbstwirksamen<br />

Unterrichts und die Bedeutung von AGs<br />

gesprochen.<br />

Frau Freymuth, welcher Weg hat Sie an die<br />

Hans-Brüggemann-Schule geführt?<br />

Ich bin direkt nach meinem Studium hier<br />

durchgestartet, war aber zunächst bis zum<br />

Referendariat als Förderschullehrerin tätig.<br />

Dabei habe ich begeistert festgestellt, auf<br />

welche Weise hier pädagogisch gearbeitet<br />

wird. Vom Förderschulabschluss bis zum<br />

Abitur stehen den Schülerinnen und Schülern<br />

alle Abschlüsse offen. Jeder und jede wird<br />

individuell im Hinblick auf den anvisierten<br />

Abschluss begleitet, was ich sehr schätze,<br />

was aber auch viel Arbeit bedeutet. So<br />

betreuen wir meistens mit einem Team aus<br />

zwei Lehrkräften eine Klasse und schaffen<br />

es so, das Lernmaterial geeignet zu differenzieren.<br />

Was bedeutet es, junge Menschen in einer<br />

Klasse auf unterschiedlichem Niveau zu<br />

unterrichten?<br />

Glücklicherweise geht unser Personalschlüssel<br />

gut auf. Denn wir haben an<br />

unserer Schule neben Förderschülern auch<br />

Special-Needs-Schüler, wie beispielsweise<br />

Schüler mit Autismus. Unser differenzierter<br />

Unterricht erfordert auf der einen Seite<br />

klare Regeln, auf der anderen das stetige<br />

individuelle Besprechen und Anpassen sowie<br />

einen genauen Blick für die Kinder. Im Englischunterricht<br />

ist es zum Beispiel so, dass wir<br />

nach Sternchenniveau differenzieren. Dort<br />

werden den Schülerinnen und Schülern je<br />

nach Sprachniveau ein bis drei Sterne zugeordnet<br />

und sie erhalten dementsprechende<br />

Aufgaben. Es gibt aber auch Aufgaben, die<br />

die ganze Klasse gemeinsam löst.<br />

Was ist das Geheimnis Ihres Unterrichts?<br />

Ich versuche, die Lebensrealität meiner<br />

Schülerinnen und Schüler zu kennen und die<br />

digitalen Tools und Apps zu nutzen, die sie<br />

nutzen. Das Fach Englisch bietet viel Gestaltungsfreiraum,<br />

doch die Schülerinnen und<br />

TEXT Sophie Blady, Kristina Krijom | FOTO Caren Detje<br />

Schüler in Geschichte bei Laune zu halten,<br />

stellt eine größere Herausforderung dar.<br />

Aktuell haben wir bei einem Briefmarathon<br />

von Amnesty International mitgemacht, bei<br />

dem man Briefe für die Menschenrechte<br />

schreibt. Diese gehen mit Appellen an die<br />

Botschaften und als Postkarten an die inhaftierten<br />

Menschen in Gefängnissen verschiedener<br />

Länder, die sich selbst für Einhaltung<br />

von Menschenrechten eingesetzt haben. Die<br />

Aufgabe hilft dabei, Wissen einzuordnen und<br />

ein Thema wie Menschenrechte greifbar zu<br />

machen, denn die Schülerinnen und Schüler<br />

fragen sich immer, warum sie lernen, was sie<br />

gerade lernen. Ich möchte jungen Menschen<br />

vermitteln, dass sie etwas bewirken können.<br />

An der HBS verantworten Sie mehrere Projekte<br />

und AGs. Welche sind das und wieso?<br />

Zunächst verantworte ich das Projekt Schulhund.<br />

Meinen sechsjährigen Labrador habe<br />

ich ein Jahr zum Schulhund ausgebildet. So<br />

mussten wir beide eine Prüfung ablegen, ich<br />

in Potsdam und Carlsson in der Hundeschule.<br />

Seitdem ist er fester Bestandteil des Kollegiums.<br />

In der Lehrergalerie hängt er noch vor<br />

der Schulleitung an erster Stelle. Carlsson ist<br />

im Stande, mir feinfühlig zu zeigen, wenn mit<br />

einem Schüler oder einer Schülerin etwas<br />

nicht stimmt. Als Hundeführerin habe ich<br />

gelernt, seine Hinweise zu deuten. Ich konnte<br />

ihn auch schon bei Elterngesprächen einsetzten.<br />

Der Hund ist in solchen Momenten<br />

wie eine verbindende Brücke. Neben seinem<br />

Vermögen, die Stimmung zu spiegeln, ist er<br />

ein echter Motivator. Er bewegt die Klasse<br />

dazu, leise und rücksichtsvoll zu sein und<br />

kann sogar Tricks; beispielsweise würfeln und<br />

die Schulglocke drücken.<br />

Was ist Ihre Rolle innerhalb<br />

der Schülervertretung?<br />

Für die SV bin ich zusammen<br />

mit einer Kollegin Verbindungslehrerin<br />

und damit<br />

Bindeglied zwischen den<br />

aktuell zwölf Schülerinnen und Schülern<br />

und der Schulleitung. Die jungen Menschen,<br />

die meist ab der siebten oder achten Klasse<br />

teilnehmen, sind äußerst engagiert, und es<br />

gibt sogar eine Warteliste für die Aufnahme<br />

in die SV. Einmal die Woche treffen wir uns<br />

und besprechen die anstehenden Projekte.<br />

Das können Themen rund um Gleichstellung,<br />

Inklusion oder Diversity sein, konkrete<br />

Themen wie die Bereitstellung von Periodenprodukten,<br />

aber auch anstehende Events wie<br />

Fasching oder Nikolaus. Unser Schulmotto<br />

lautet: ‚Wir sind bunt‘ und das ist das, was<br />

wir leben.<br />

Wie muss man sich die Imker-AG vorstellen?<br />

Das Projekt Imkerei leite ich mit einer<br />

Kollegin, da ich mich zuhause um meine<br />

eigenen Bienen kümmere. Aktuell nehmen<br />

etwa sieben Schülerinnen und Schüler an<br />

dem Projekt teil und lernen binnen zwei<br />

Schulstunden wöchentlich alles Wissenswerte<br />

über Bienen und das Imkern. Die zwei<br />

Bienenvölker beherbergende Bienenstöcke<br />

stehen nahe der Mensa und verlangen<br />

jede Menge körperliche Arbeit. Man muss<br />

auch dafür gemacht sein, in Schutzkleidung<br />

inmitten von Bienen zu stehen. In den<br />

kalten Monaten vermitteln wir vor allem<br />

Fachwissen über die Anatomie der Biene,<br />

die Hierarchie im Stock, das Bienenjahr und<br />

die Blühphasen. Gerade haben wir aus dem<br />

Schulbienenwachs Kerzen gegossen, die wir<br />

verkaufen, und einmal im Jahr machen wir<br />

eigenen Schulhonig, wobei wir den Bienen<br />

einen Teil lassen. So lernen die Kinder<br />

nebenbei, Produkte unter unserem eigenen<br />

Logo zu vermarkten. Wenn das Schleudern<br />

des Honigs ansteht und die Schülerinnen<br />

und Schüler die ersten Gläser in den Händen<br />

halten, sind sie besonders stolz.<br />

Was hat so eine AG mit Berufsorientierung<br />

zu tun?<br />

AGs wie diese leisten einen wertvollen<br />

Beitrag dazu, Kindern beizubringen, Verantwortung<br />

für andere zu übernehmen und<br />

selbständig ebenso wie im Team zu arbeiten.<br />

Auch über seine Grenzen hinauszuwachsen<br />

und einer selbstwirksamen Tätigkeit nachzukommen,<br />

sind prägende Erfahrungen. Hinzu<br />

kommt der Umweltaspekt, der heutzutage<br />

einen besonderen Stellenwert bei den<br />

jungen Menschen einnimmt. Berufsorientierung<br />

muss nicht dezidiert auf einen Beruf<br />

hinauslaufen, sondern umfasst das Erlernen<br />

wertvoller Skills. Es gab auch schon Schüler,<br />

die gezielt anatomisches Wissen rund um<br />

die Biene erlernen wollten, weil sie mit dem<br />

Gedanken spielen, Biologie zu studieren.<br />

Viele ehemalige AG-Mitglieder kommen<br />

gerne einmal im Jahr zurück, wenn es ans<br />

Schleudern des Honigs geht, so sehr hat sie<br />

die Arbeit in der AG geprägt.<br />

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