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In der Jugendsozialarbeit ist aufsuchende<br />

digitale Arbeit ein großer Trend. Da sind<br />

fachlich geschulte Teams gezielt unterwegs,<br />

von Instagram bis Discord. Ist das ein<br />

Modell für die politische Bildung? Raus aus<br />

den Schulen, rein ins Netz?<br />

Absolut. Wir bieten beispielsweise das<br />

Projekt ‚Tatort soziale Netzwerke’ an. Dafür<br />

haben wir mit Carsten Janz einen NDR-<br />

Journalisten gewonnen, der in die Schulen<br />

geht und innerhalb von zwei Jahren 40<br />

Projekttage leitet, und dazu auch wieder als<br />

Doppelstrategie mit Lehrkräftefortbildungen<br />

anbietet. Ein solches Projekt lebt nicht nur<br />

davon, dass jemand einmal kommt, sondern<br />

dass Lehrkräfte kompetent sind, wie sie mit<br />

Konflikten umgehen, wie sie das Thema<br />

aber auch immer wieder an verschiedenen<br />

Unterrichtsgegenständen und auch in verschiedenen<br />

Fächern einbinden.<br />

Sie haben zwei Kinder, sind diese schon<br />

online unterwegs?<br />

Zum Glück nicht. Mein Sohn ist sechs, meine<br />

Tochter acht. Sie haben neulich ein altes<br />

Handy von mir bekommen, mit dem sie über<br />

WLAN Hörspiele hören können. Wir sprechen<br />

mit beiden darüber. Damit sie merken, dass<br />

selbst das ein gewisses Suchtpotenzial hat.<br />

An Schulen gab es anfangs auch eine Zeit mit<br />

striktem Handyverbot. Für Grundschulen<br />

ist das nach wie vor richtig. Aber an weiterführenden<br />

Schulen merke ich, dass sich<br />

das mit dem Alter auch umkehren kann.<br />

Einerseits sind Handys verboten und nur<br />

für Notfälle erlaubt; aber wenn nicht genug<br />

iPads zur Verfügung stehen, dann ist so ein<br />

Smartphone im Klassenraum, andererseits<br />

auch ganz gut. Dahin müssen wir kommen,<br />

nicht nur die Risiken zu sehen, sondern auch<br />

Chancen, und dass wir frühzeitig einen verantwortlichen<br />

Umgang einüben.<br />

Also geht es um das Befähigen und<br />

Trainieren; auch für Ihren Bereich der politischen<br />

Bildung. Wenn wir Handys immer<br />

früher erlauben, muss dann die politische<br />

Bildung auch früher einsetzen?<br />

Ich finde es wichtig, damit früher anzufangen.<br />

Jetzt beginnt politische Bildung in<br />

der achten, neunten Klasse. Warum nicht<br />

schon früher? Vielleicht auch schon ab der<br />

fünften Klasse – zumindest punktuell? Das<br />

ist aber angesichts der Ressourcen völlig<br />

utopisch.<br />

20<strong>24</strong> ist der 300. Geburtstag Immanuel<br />

Kants. Für den politischen Wissenschaftler<br />

sicher ein großes Ereignis. Gehört die Erinnerung<br />

an diesen Denker zwangsläufig zur<br />

politischen Bildung oder sehen Sie ihn eher<br />

im Geschichtsunterricht?<br />

Mir ist wichtig, dass wir Denkerinnen und<br />

Denker der Vergangenheit für unsere heutige<br />

Wahrnehmung von Politik heranziehen. Ganz<br />

besonders Kant. Aber für junge Menschen<br />

ist nicht so entscheidend, ob er nun 17<strong>24</strong><br />

oder 1728 geboren wurde. Wichtig aber ist,<br />

welche Gedanken Kant formuliert hat, zum<br />

Beispiel ‚Habe Mut, dich deines eigenen<br />

Verstandes ohne die Leitung eines anderen<br />

zu bedienen’, also sei mündig und autonom.<br />

Wenn das kein aktuelles Leitbild ist? Und:<br />

‚Menschen haben eine Würde und keinen<br />

Preis’. Überlegen Sie das mal im Zusammenhang<br />

mit aktuellen Fragen der Migrationspolitik.<br />

Da reden wir jetzt über Kontingente,<br />

die wir aufnehmen. Aber weil jeder Mensch<br />

eine Würde hat, die nicht verletzt werden<br />

darf, kann es beim Recht auf Asyl keine<br />

Zahlen und Quoten geben, die man gegen<br />

andere aufrechnet. Das lernen wir auch<br />

heute noch von Kant. Er ist für mich als Vordenker<br />

absolut relevant.<br />

Sie haben jetzt beim Ministerpräsidenten<br />

einen Wunsch frei, welcher wäre das?<br />

Dann würde ich sagen, politische Bildung, so<br />

wie wir sie besprochen haben, verbindlich ab<br />

der fünften Klasse einzuführen. Da müsste<br />

Daniel Günther schon zaubern können. Aber<br />

letztendlich gehört zur politischen Bildung<br />

auch immer ein gewisser Optimismus.<br />

„Schule kann nur gut sein, wenn sie sich<br />

Ute Freund leitet seit sechs Jahren die<br />

Hans-Brüggemann-Schule. Neben ihrem<br />

Unterricht treibt sie vor allem eines um:<br />

die zukunftsweisende Weiterentwicklung<br />

der Hans-Brüggemann-Schule. Wir von<br />

ME2BE haben mit ihr über Projekte, Schulzertifizierungen<br />

und die sich verändernden<br />

Herausforderungen heutiger Lehrkräfte<br />

gesprochen.<br />

stets weiterentwickelt.“<br />

Ein Gespräch mit Ute Freund, Schulleiterin an der<br />

Hans-Brüggemann-Schule<br />

Frau Freund, wie sind Sie an diese Schule<br />

gekommen?<br />

Ich beschritt einen klassischen Weg. So bin<br />

ich siebzehn Jahre lang an einer Gemeinschaftsschule<br />

mit Oberstufe in Pinneberg<br />

tätig gewesen. Danach war ich fünf Jahre<br />

an einer Schule in Neumünster. Und heute<br />

bin ich Schulleiterin der Hans-Brüggemann-<br />

Schule.<br />

Was verbindet Sie mit dem Thema Sport?<br />

Sport ist mein Leben. Ich unterrichte Sport<br />

und Geschichte; beides habe ich in Kiel für<br />

das Lehramt an Gymnasien studiert. Viele<br />

Jahre lang habe ich Handball gespielt, bin<br />

geschwommen und trainiere seit dreißig<br />

Jahren eine Show-Akrobatikgruppe, mit der<br />

ich an Weltmeisterschaften teilnehme. Tätig<br />

bin ich auch im Vorstand des Landessportverbandes<br />

als Beisitzerin für Gleichstellung.<br />

Warum ist Sport an Schulen heutzutage<br />

so wichtig?<br />

Einmal aufgrund des gesundheitlichen<br />

Aspekts, aber auch wegen des Integrationsaspekts.<br />

Allem voran während der Flüchtlingswelle<br />

im Jahr 2<strong>01</strong>5, aber auch heute,<br />

leistet der Sport einen ganz erheblichen Beitrag.<br />

Denn gerade im Sport fällt Integration<br />

besonders leicht. Dazu gehört Bewegung<br />

ebenso wie das soziale Miteinander. Für<br />

mich müsste es die tägliche Sportstunde an<br />

Schulen geben. Es gibt immer mehr Kinder<br />

mit Adipositas – hier könnte eine tägliche<br />

Sportstunde als Ausgleich dienen. Zudem<br />

könnte ein solches Angebot Kinder und<br />

Jugendliche dazu animieren, am organisierten<br />

Sport zu partizipieren.<br />

Welches Schulfach würden Sie sich zusätzlich<br />

wünschen?<br />

Neben der täglichen Sportstunde würde ich<br />

regelmäßige, fächerübergreifende Berufsorientierungsstunden<br />

ab Jahrgangsstufe<br />

fünf begrüßen. Auch mehr Praktika und ein<br />

Netzwerk zu hiesigen Unternehmen würde<br />

ich sinnvoll finden. An unserer Schule haben<br />

wir vor Kurzem ein Ehrenamtsengagement<br />

eingeführt. Das sieht vor, dass alle Schülerinnen<br />

und Schüler einmal pro Halbjahr ein<br />

ehrenamtliches Engagement ausüben. Sei es,<br />

dass sie eine AG besuchen, im Chor singen,<br />

ein Musikinstrument lernen oder dass die<br />

Älteren den Jüngeren mit der Hausaufgabenhilfe<br />

unterstützen. Es wäre wünschenswert,<br />

dass solche Tätigkeiten im Schulalltag fest<br />

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