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6 BIEL BIENNE 6. FEBRUAR <strong>2024</strong><br />
GASTKOLUMNE L’INVITÉ<br />
BIEL BIENNE 6 FÉVRIER <strong>2024</strong><br />
*Alain<br />
Pichard über<br />
die Bieler<br />
Legende<br />
Edi Benz,<br />
politischer<br />
Freigeist und<br />
Mit-Gründer<br />
der OGB,<br />
sowie<br />
seinen Sohn<br />
Raphael,<br />
der mit einer<br />
überparteilichen<br />
Allianz<br />
die verkrustete<br />
Bieler<br />
Politszene<br />
aufmischen<br />
will.<br />
Wie der Vater<br />
so der Sohn<br />
Vor gut 12 Jahren<br />
kontaktierte mich<br />
ein gewisser Edi<br />
Benz, weil er mit<br />
einigen Entwicklungen in der<br />
Kulturszene, vor allem bei den<br />
sogenannten Burgkonzerten<br />
nicht mehr einverstanden war.<br />
Es war die Zeit, da ich als Stadtrat<br />
mitten in die 2. Sanierung<br />
der OGB (Orchestergesellschaft<br />
Biel) involviert war und über<br />
die kostenintensive Transformation<br />
in das TOBS-Gebilde<br />
mitentscheiden musste. Als<br />
Opernliebhaber und Leiter des<br />
von mir gegründeten Jungen<br />
Theaters Biel, eines Lehrlingsund<br />
Migrantentheaters, fanden<br />
wir uns sofort. Edi Benz war<br />
sicher keine einfache Persönlichkeit.<br />
Aber er war ein Gestalter.<br />
In den Siebzigerjahren<br />
gründeten Mario Cortesi und<br />
Frank A. Meyer die Freien Bieler<br />
Bürger (F<strong>BB</strong>), um die verkrustete<br />
und kleptokratische Bieler Politlandschaft<br />
umzupflügen. Edi<br />
Benz war einer der ersten Mitstreiter.<br />
Und im Sommer 1969<br />
gründete er mit Jost Meier die<br />
oben erwähnte OGB, die sich zu<br />
einer wahren Erfolgsgeschichte<br />
entwickelte. 2010 musste das<br />
Orchester allerdings bereits zum<br />
zweiten Mal saniert werden und<br />
sollte mit dem Theater fusionieren.<br />
Es galt, eine Abstimmung<br />
zu gewinnen. Zusammen setzten<br />
wir uns mit Erfolg für das<br />
neuformierte TOBS ein.<br />
Musik kennt keine Grenzen,<br />
aber sie hatte in<br />
diesem Fall ein gemeinsames<br />
Ende: Geld und Freundschaft.<br />
Als der Gemeinderat 2015 bekanntgeben<br />
musste, dass die<br />
Stadt ein jährliches strukturelles<br />
Defizit von 25 Millionen<br />
und gegen 700 Millionen Franken<br />
Schulden aufwies, schlug<br />
er die berühmte NHS (Nachhaltige<br />
Haushaltssanierung)<br />
vor. Ein Bestandteil war eine<br />
zehnprozentige Kürzung quer<br />
durch die Subventionsempfänger,<br />
also auch beim TOBS.<br />
Die Kulturszene lief Sturm und<br />
ich stand vor einem Dilemma:<br />
weiterhin eine Kulturausgabe<br />
auf Schuldenbasis tätigen, daneben<br />
das Reinigungspersonal<br />
entlassen und Biel in die Schuldenfalle<br />
treiben? Ich entschied<br />
mich für Biel und die NHS. Das<br />
war das Ende unserer späten<br />
Freundschaft. Konsequent,<br />
wie er war, brach er den Kontakt<br />
zu mir ab. Kurz vor seinem<br />
Tod schrieb er mir noch: «Alain,<br />
was ist passiert? Wir kämpften<br />
zusammen für das TOBS.»<br />
Ich antwortete ihm in einem<br />
langen Brief.<br />
Das Leben beschert<br />
einem ab und zu die<br />
überraschendsten Fügungen.<br />
So kontaktierte mich vor einiger<br />
Zeit Raphael Benz, der<br />
Sohn von Edi. Wie sein Vater<br />
vor 50 Jahren machte er sich<br />
Sorgen um sein Biel, und wie<br />
die damaligen Exponenten der<br />
F<strong>BB</strong> sprach er von der Notwendigkeit,<br />
über die Parteigrenzen<br />
hinweg eine Allianz<br />
der Zukunft zu schmieden.<br />
Wie sein Vater ist er ein Gestalter.<br />
Das Bieler Tagblatt<br />
schrieb über ihn: «So organisierte<br />
er bereits ganze Musikoder<br />
Lichtfestivals, Partys<br />
in der Coupole, Eisbahn im<br />
Winter, LabCity im Sommer,<br />
Bäume auf dem Bahnhofplatz<br />
oder Rahmenprogramm zum<br />
FFFH.» Und wie sein Vater hat<br />
er den Mut, sich zu exponieren,<br />
unbequeme Wahrheiten<br />
anzusprechen. Natürlich ist<br />
er nicht sein Vater. Er ist viel<br />
unter Menschen und an den<br />
unterschiedlichsten Orten<br />
anzutreffen: am Eishockeymatch,<br />
im klassischen Konzert,<br />
im Chessu, in einer Bar,<br />
an einem Firmenevent. Mit<br />
der Zeit baute er sich ein grosses<br />
Netzwerk auf. Vergangene<br />
Woche kam er aus der Deckung<br />
und sprach davon, eine neue<br />
Bewegung zu gründen, welche<br />
über die Parteigrenzen hinweg,<br />
mitarbeiten soll, Biel<br />
wieder zu einer tragfähigen<br />
Zukunft zu verhelfen.<br />
Ich kann aus eigener Erfahrung<br />
nachvollziehen, was ihn<br />
nun erwartet. Eine schäumende<br />
Reaktion eines Teils der Kulturschaffenden,<br />
die üblichen Diffamierungen<br />
als Rechtspopulist,<br />
ängstliche Mahnungen auf Einhaltung<br />
der Brandmauer, Verachtung,<br />
usw. Man darf nicht<br />
ungestraft die Sonntagspredigten<br />
der etablierten Parteien und<br />
Subventionsempfänger mit der<br />
Realität konfrontieren.<br />
Aber der Mann hat Mut<br />
und geht seinen Weg.<br />
Und unsere Stadt hat solche<br />
Kämpfer nötig, heute mehr<br />
denn je. Es ist wichtig, all diese<br />
Mauern, die uns eine ausser<br />
Rand und Band geratene Finanzpolitik<br />
in die Gegend<br />
stellt, gar nicht erst entstehen<br />
zu lassen, als hinterher<br />
an ihnen zu weinen. Es braucht<br />
weitere Raphael Benz’s, denn<br />
Mut ist in dieser Anpassungsgesellschaft<br />
eine Tugend von<br />
grosser Sprengkraft geworden.<br />
Nachtrag: Das strukturelle<br />
Defizit beträgt mittlerweile<br />
30 Millionen Franken,<br />
die Schuldenlast 850 Millionen<br />
Franken und das Eigenkapital<br />
ist aufgebraucht. Jetzt<br />
müssen sogar die laufenden<br />
Rechnungen mit Schulden<br />
beglichen werden. n<br />
*Alain<br />
Pichard à<br />
propos de<br />
la légende<br />
biennoise<br />
Edi Benz,<br />
esprit<br />
libre en<br />
politique et<br />
cofondateur<br />
de la SOB,<br />
ainsi que<br />
de son fils<br />
Raphael,<br />
qui veut<br />
bousculer<br />
la scène<br />
politique<br />
biennoise<br />
sclérosée<br />
avec une<br />
alliance<br />
interpartis.<br />
PHOTO: Z.V.G. (M. LANGER, MAINZ)<br />
Il contacté parce<br />
y a une douzaine<br />
d’années, un certain<br />
Edi Benz m’a<br />
*Alain Pichard war bis 2016<br />
Bieler Stadtrat der Grünliberalen<br />
Partei (GLP), 2022 ist er in den<br />
Grossen Rat gewählt worden.<br />
Er ist abwechslungsweise mit<br />
Roland Itten monatlich als<br />
Biel Bienne-Gastautor tätig.<br />
Pichard ist schweizweit bekannt<br />
für seine kritischen Meinungen zu<br />
Schul- und Gesellschaftsfragen.<br />
Seine Meinung muss sich nicht mit<br />
der Meinung der Redaktion decken.<br />
*Alain Pichard a été conseiller de<br />
Ville des Vert'libéraux (PVL) jusqu'en<br />
2016 et a été élu député au Grand<br />
Conseil en 2022. Il est, en alternance<br />
avec Roland Itten, chroniqueur mensuel<br />
de Biel Bienne. Il est connu en<br />
Suisse pour ses opinions critiques sur<br />
les questions scolaires et de société.<br />
Ses propos ne représentent pas<br />
forcément l’avis de la rédaction.<br />
Tel père,<br />
tel fils<br />
qu’il n’était plus d’accord avec<br />
certaines évolutions de la scène<br />
culturelle, notamment en ce<br />
qui concerne les «Concerts<br />
du Bourg». C’était l’époque<br />
où j’étais impliqué, en tant<br />
que conseiller de Ville, dans<br />
le deuxième assainissement de<br />
la SOB (Société d’orchestre de<br />
Bienne), et je devais participer<br />
aux décisions concernant sa<br />
transformation coûteuse en<br />
l’entité TOBS. En tant que passionnés<br />
d’opéra et directeurs<br />
du Jeune Théâtre de Bienne<br />
que j’avais fondé, un théâtre<br />
d’apprentis et de migrants,<br />
nous nous sommes tout de<br />
suite entendus. Edi Benz n’était<br />
certainement pas une personnalité<br />
facile. Mais c’était un<br />
créateur. Dans les années 70,<br />
il a fondé avec Mario Cortesi<br />
et Frank A. Meyer l’Entente<br />
biennoise, afin de retourner<br />
le paysage politique biennois<br />
sclérosé et kleptocratique. Et<br />
en été 1969, il a fondé avec<br />
Jost Meier la SOB susmentionnée,<br />
qui est devenue une véritable<br />
success story. En 2010,<br />
l’orchestre a toutefois dû être<br />
assaini pour la deuxième fois<br />
et devait fusionner avec le<br />
théâtre. Il s’agissait de gagner<br />
une votation. Ensemble, nous<br />
avons défendu avec succès le<br />
nouveau TOBS.<br />
La musique ne connaît<br />
pas de frontières, mais<br />
dans ce cas, elle a eu une fin<br />
commune: l’argent et l’amitié.<br />
Lorsque le Conseil municipal<br />
a dû annoncer en 2015 que<br />
la Ville présentait un déficit<br />
structurel annuel de 25 millions<br />
et une dette de près de<br />
700 millions de francs, il a proposé<br />
le fameux assainissement<br />
durable des finances (NHS).<br />
L’un de ses éléments était une<br />
réduction de 10% pour tous<br />
les bénéficiaires de subventions,<br />
donc également pour le<br />
TOBS. Les milieux culturels se<br />
sont déchaînés et je me suis<br />
retrouvé face à un dilemme:<br />
continuer à dépenser pour<br />
la culture sur la base de la<br />
dette, licencier le personnel<br />
d’entretien et plonger Bienne<br />
dans le piège de la dette? J’ai<br />
opté pour Bienne et le NHS.<br />
Ce fut la fin de notre amitié<br />
tardive. Conséquent comme il<br />
l’était, il a coupé tout contact<br />
avec moi. Peu avant sa mort,<br />
il m’a encore écrit: «Alain,<br />
que s’est-il passé? Nous nous<br />
sommes battus ensemble pour<br />
le TOBS.» Je lui ai répondu<br />
dans une longue lettre.<br />
La vie nous réserve de<br />
temps en temps les<br />
coups de pouce les plus surprenants.<br />
Ainsi, il y a quelque<br />
temps, Raphael Benz, le fils<br />
d’Edi, m’a contacté. Comme<br />
son père dans les années 70, il<br />
s’inquiétait pour sa Bienne et,<br />
comme les représentants des<br />
citoyens de l’Entente biennoise<br />
de l’époque, il parlait de la nécessité<br />
de forger une alliance<br />
pour l’avenir, au-delà des<br />
frontières partisanes. Comme<br />
son père, il est un créateur. Le<br />
Bieler Tagblatt a écrit sur lui:<br />
«C’est ainsi qu’il a déjà organisé<br />
des festivals de musique<br />
ou de lumière entiers, des parties<br />
d’échecs, une patinoire<br />
en hiver, LabCity en été, des<br />
arbres sur la place de la gare,<br />
un programme-cadre pour le<br />
FFFH.» Et comme son père, il a<br />
le courage de s’exposer, d’aborder<br />
des vérités qui dérangent.<br />
Bien sûr, il n’est pas son père.<br />
On le voit beaucoup parmi les<br />
gens et dans les endroits les plus<br />
divers. Au match de hockey, au<br />
concert classique, à la Coupole,<br />
dans un bar, à un événement<br />
d’entreprise. Au fil du temps, il<br />
s’est constitué un vaste réseau. La<br />
semaine dernière, il est sorti de sa<br />
réserve pour parler de la création<br />
d’un nouveau mouvement, qui<br />
dépasserait les frontières partisanes<br />
et contribuerait à redonner<br />
à Bienne un avenir viable.<br />
Je peux comprendre par<br />
ma propre expérience ce qui<br />
l’attend maintenant. Une<br />
réaction épidermique d’une<br />
partie des acteurs culturels,<br />
les diffamations habituelles<br />
le taxant de populiste de droite,<br />
les rappels anxieux à respecter<br />
le mur coupe-feu, le mépris,<br />
etc. On ne peut pas impunément<br />
confronter les sermons<br />
du dimanche des partis établis<br />
et des bénéficiaires de subventions<br />
à la réalité.<br />
Mais l’homme a du<br />
courage et suit son<br />
chemin. Et notre ville a<br />
besoin de tels combattants,<br />
aujourd’hui plus que jamais.<br />
Il est important de ne pas laisser<br />
se dresser tous ces murs<br />
qu’une politique financière<br />
hors de contrôle nous met en<br />
travers de la route, plutôt que<br />
de pleurer sur eux après coup.<br />
Il faut plus de Raphael Benz,<br />
car le courage est devenu une<br />
vertu très explosive dans cette<br />
société qui s’adapte.<br />
Addendum: Le déficit<br />
structurel s’élève désormais à<br />
30 millions de francs, la charge<br />
de la dette à 850 millions de<br />
francs et les fonds propres sont<br />
épuisés. Désormais, même les<br />
factures courantes doivent être<br />
réglées par des dettes. n<br />
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