07.02.2024 Aufrufe

hinnerk Heft 333

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

14 stadtgespräch<br />

DISKRIMINIERUNG<br />

FOTO: STEFAMERPIK/FREEPIK.COM<br />

Wer darf spenden?<br />

Blutspenderegeln im Wandel<br />

Blutspenden sind nicht nur<br />

in Deutschland von enormer<br />

Bedeutung, da sie Leben retten<br />

können. Trotz des medizinischen<br />

Fortschritts und umfassender Aufklärung<br />

über HIV und AIDS herrscht bei<br />

der Blutspende nach wie vor das Problem<br />

der Diskriminierung gegenüber schwulen<br />

Männern und Trans*menschen.<br />

Deshalb verpflichtete die Regierung die<br />

Bundesärztekammer (BÄK) und das Paul-<br />

Ehrlich-Institut (PEI) zu einer Neuerung<br />

der Blutspenderegelung, die keine<br />

Ausschlüsse aufgrund der sexuellen Orientierung<br />

oder geschlechtlichen Identität<br />

mehr zulässt. Nun schlägt die Deutsche<br />

Aidshilfe im Hinblick auf die neuen Regeln<br />

Alarm und kritisiert, dass diese ihr Ziel<br />

verfehlt hätten, die Diskriminierung zu<br />

beenden.<br />

Der größte Kritikpunkt der Aidshilfe<br />

betrifft die Einführung einer Vier-<br />

Monats-Frist für Menschen, die<br />

Analverkehr mit neuen Partnern hatten.<br />

Diese Frist sei weder nachvollziehbar<br />

noch wissenschaftlich begründet. Im<br />

Gegensatz dazu kann ein HIV-Labortest<br />

bereits nach sechs Wochen eine Infektion<br />

ausschließen. Warum also diese lange<br />

Wartezeit? Eine klare Antwort bleibt die<br />

Bundesärztekammer schuldig.<br />

Unter den neuen Regeln erfahren Menschen<br />

zudem Stigmatisierung aufgrund<br />

ihrer bevorzugten sexuellen Praktiken.<br />

Das ist problematisch, da Analverkehr<br />

an sich, insbesondere bei Ergreifung von<br />

Schutzmaßnahmen wie Kondomen und<br />

der HIV-Prophylaxe PrEP, kein Risiko<br />

darstellt. Ebenso werden heterosexuelle<br />

Menschen, die Sex mit mehr als zwei<br />

Partner*innen in vier Monaten hatten<br />

oder Analverkehr mit nur einer Person,<br />

unabhängig von ihrem tatsächlichen HIV-<br />

Infektionsrisiko ausgeschlossen.<br />

Auch die Regelung, Menschen, die<br />

Geschlechtsverkehr mit HIV-positiven<br />

Personen hatten, auszuschließen, ist<br />

nicht mehr zeitgemäß. Unter einer<br />

wirksamen HIV-Therapie gibt es bei<br />

Geschlechtsverkehr kein Übertragungsrisiko,<br />

wie von der Weltgesundheitsorganisation<br />

(WHO) bestätigt wurde.<br />

Ebenso sollte Sexarbeit oder die Inanspruchnahme<br />

sexueller Dienstleistungen<br />

nicht als Diskriminierungsfaktor gelten.<br />

Unter Sexarbeiter*innen kommt HIV<br />

nicht häufiger vor als in der Gesamtbevölkerung.<br />

Die Bezahlung für sexuelle<br />

Aktivitäten hat keinen Einfluss auf das<br />

Risiko einer HIV-Infektion.<br />

Die Deutsche Aidshilfe betont, dass ein<br />

Missverständnis vorliegt, nämlich die<br />

Annahme, dass Monogamie eine sichere<br />

Schutzmaßnahme darstellt. Auch innerhalb<br />

langfristiger Beziehungen zwischen<br />

Nicht-Infizierten bestehen Risiken, wenn<br />

nicht beide Partner*innen ehrlich sind<br />

und regelmäßig auf sexuell übertragbare<br />

Infektionen getestet werden. Die einzige<br />

verlässliche Angabe über den Schutz<br />

vor STIs kann nur durch Erfragen des<br />

individuellen Verhaltens der beteiligten<br />

Personen erfolgen.<br />

Die Deutsche Aidshilfe fordert schon<br />

lange einen neuen Ansatz, der die Diskriminierung<br />

bei der Blutspende beendet.<br />

Die aktuellen Regelungen zeigen ihrer<br />

Auffassung nach allerdings, dass alleiniges<br />

Handeln der BÄK und dem PEI nicht<br />

ausreicht, und es an der Zeit ist, einen<br />

öffentlichen Diskurs mit Transparenz<br />

zu führen. Ziel sei es, eine Lösung zu<br />

erarbeiten, welche die Gesundheit und<br />

Sicherheit aller fördert und gleichzeitig<br />

Diskriminierung im Rahmen der Blutspende<br />

beendet. *mk

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!