KURT 02/2024
KURT Dein Magazin für Gifhorn Ausgabe Februar/März 2024
KURT
Dein Magazin für Gifhorn
Ausgabe Februar/März 2024
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Verantwortung<br />
Verantwortung<br />
» interessiert aber folgendes:<br />
Wie gehen Sie mit dem Thema<br />
um? Arbeiten Sie das auf? Und<br />
was machen Sie heute mit den<br />
Kindern? An wen können sich<br />
Kinder in Ihren Einrichtungen<br />
wenden, wenn Gefahr droht?“<br />
Nachdem ich ihm von unseren<br />
Schutzkonzepten berichtet<br />
hatte, bedankte er sich für<br />
das Telefonat und meinte nur:<br />
„Ich finde, Sie machen gute Arbeit“<br />
– und legte auf.<br />
Dieser Fall ist dann gar<br />
nicht mehr untersucht worden<br />
und spielt daher auch in der<br />
ForuM-Studie keine Rolle. Fälle<br />
wie diese muss es noch viele<br />
mehr geben.<br />
MEISTERBETRIEB<br />
TRADITION<br />
Lass uns über das Stolpersteine-<br />
Projekt sprechen. Diese Stolpersteine<br />
werden für die Opfer von<br />
NS-Gewalt verlegt, um ihrer zu<br />
gedenken – auch in Gifhorn und<br />
auf dem Gelände der Diakonie<br />
in Kästorf. Wie ist es zu der Zusammenarbeit<br />
mit dem Künstler<br />
Gunter Demnig gekommen?<br />
Die Verlegung von Stolpersteinen<br />
muss immer die jeweilige<br />
Stadtverwaltung genehmigen.<br />
Dr. Klaus Meister, damals<br />
noch Kulturamtsleiter, sprach<br />
mich an und fragte: „Ich habe<br />
Ihr Buch über die Zwangssterilisationen<br />
gelesen. Wären die<br />
Stolpersteine nicht auch etwas<br />
für die Diakonie Kästorf?“ Wir<br />
haben sofort zugesagt.<br />
Daraufhin hat Klaus Meister<br />
eine Arbeitsgruppe gebildet,<br />
die bis heute aktiv ist:<br />
Der Gifhorner Historiker Prof.<br />
QUALITÄT<br />
Manfred Grieger war von Anfang<br />
an dabei, Annette Redeker,<br />
die sich sehr um die historische<br />
Aufarbeitung in Gifhorn<br />
verdient gemacht hat, außerdem<br />
jemand aus dem Stadtrat,<br />
anfangs Willy Knerr, jetzt ist<br />
es Dustin Rösemann. Nicht zu<br />
vergessen Heike Klaus-Nelles<br />
aus dem Stadtarchiv und Martin<br />
Wrasmann vom Bündnis<br />
Bunt statt Braun. Inzwischen<br />
beteiligt sich auch die Landkreisverwaltung.<br />
Wir von der<br />
Diakonie sind ohne Pause dabei,<br />
weil wir mehr als 70 Betroffene<br />
haben, jeder Einzelne<br />
soll mit einem Stolperstein bedacht<br />
werden.<br />
Wann steht denn die nächste<br />
Stolperstein-Verlegung an?<br />
WAS WIR BIETEN:<br />
STEILDÄCHER • FLACHDÄCHER<br />
FASSADE • SPENGLERARBEITEN<br />
DACHFENSTER EIN- & AUSBAU<br />
ENERGETISCHE SANIERUNG<br />
REPARATUR & WARTUNGSARBEITEN<br />
Julius Sprengel • 38518 Gifhorn, Rotstraße 5<br />
Tel: 0160. 2553292 • Email: dachdeckerei.js@gmx.de<br />
www.sprengel-dach.de<br />
Im Februar 2<strong>02</strong>5, der genaue<br />
Tag steht noch nicht fest. Nach<br />
zwei Jahren Pause wird sich<br />
die Stadt Gifhorn wieder mit<br />
eigenen Stolpersteinen beteiligen.<br />
Und Gunter Demnig<br />
konnte ich von der Idee begeistern,<br />
im Zuge der nächsten<br />
Verlegung einen Vortrag<br />
im Mehrgenerationenhaus im<br />
Georgshof zu halten.<br />
Was unterscheidet das Stolperstein-Projekt<br />
von Deinen anderen<br />
Arbeiten? Wie gehst Du bei der<br />
Recherche vor?<br />
Unser Vorstand findet das Projekt<br />
sehr wichtig und gibt mir<br />
Rückendeckung für die Recherchen.<br />
Das ist nötig, denn<br />
Einzelschicksale genau zu recherchieren<br />
dauert seine Zeit.<br />
Wir schauen zuerst in unserem<br />
Archiv, ob es eine Klientenakte<br />
gibt, was schon einige<br />
Male zutraf. Von da aus<br />
nehmen wir die Spur auf und<br />
fragen in anderen Archiven<br />
und Behörden nach. Melderegistereinträge<br />
sind wichtig<br />
oder Unterlagen aus dem Bundesarchiv,<br />
weil etwa ehemalige<br />
Heimkinder nach ihrer Entlassung<br />
zur Wehrmacht eingezogen<br />
wurden.<br />
Was passiert, wenn sich<br />
Lücken auftun? Das sehen<br />
wir ja häufig in den Biographien<br />
der Bewohner der<br />
Arbeiterkolonie.<br />
Genau. Aber diese Lücken<br />
verraten uns auch<br />
Viktoria Kin (links) und<br />
Fenja Passekel, zwei Jugendliche<br />
der Diakonie<br />
Kästorf, verlegen selbst einen<br />
Stolperstein.<br />
Foto: Torge Bleicher<br />
Dr. Jens Rannenberg vom Diakonievorstand, Künstler Gunter Demnig<br />
und Dr. Steffen Meyer bei einer Stolperstein-Verlegung.<br />
Foto: Mel Rangel<br />
etwas darüber, wie diese Menschen<br />
gelebt haben. Sie haben<br />
auch nach der Zeit in der Kolonie<br />
oft auf der Straße gelebt,<br />
haben versucht irgendwo sesshaft<br />
zu werden, einen Beruf zu<br />
ergreifen. Dann hat das nicht<br />
geklappt, weil etwa Beziehungen<br />
in die Brüche gingen. Sie<br />
sind dann weitergezogen und<br />
haben oft keine Akteneinträge<br />
hinterlassen. Manche kamen<br />
im gesetzten Alter zurück in<br />
die Diakonie, was wir dann<br />
auch so schreiben.<br />
Wir müssen auch über zwei Täter<br />
sprechen. Immer wieder taucht ja<br />
in den Biogrammen der Opfer der<br />
Name des Psychiaters Dr. Walter<br />
Gerson auf. Neben den nationalsozialistischen<br />
Erbgesundheitsgerichten<br />
war vor allem er für<br />
das Schicksal offenbar hunderter<br />
Menschen verantwortlich, indem<br />
er ihnen leichtfertig „angeborenen<br />
Schwachsinn“ oder ähnliches<br />
attestierte und die Zwangssterilisation<br />
empfahl.<br />
Walter Gerson leitete ein<br />
Provinzialerziehungsheim<br />
in Göttingen. Das<br />
war eines der wenigen<br />
staatlichen Erziehungsheime<br />
in unserer<br />
Region – es galt oft als<br />
letzte Station. Die meisten<br />
Einrichtungen waren<br />
ja in kirchlicher Trägerschaft<br />
und wenn man dort »<br />
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