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KURT 02/2024

KURT Dein Magazin für Gifhorn Ausgabe Februar/März 2024

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Dein Magazin für Gifhorn
Ausgabe Februar/März 2024

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Bürokratie<br />

Bürokratie<br />

Die schönsten<br />

Wartemarken<br />

der Welt<br />

Wenn Humor plötzlich bierernste Bürokratie wird:<br />

Im Alt Gifhorn hängt jetzt ein Wartenummernautomat<br />

„Machste nochma ne Runde auf mein’ Deckel?“ – „Gerne, aber<br />

vorher sind noch der und der und der dran, die haben schon vor Dir<br />

bestellt.“ Regelmäßig überschlagen sich im Alt Gifhorn, der urigen<br />

Eckkneipe am Fuße des Gifhorner Weinbergs, die Thekenrunden.<br />

Jeder kennt jeden und so will ein Gast nach dem anderen gerne der<br />

versammelten Mannschaft einen ausgeben. Beliebte Sitte ist das,<br />

vorzugsweise werktags. Jung und Alt versammeln sich, um die Themen<br />

des Tages zu besprechen und Ideen für die Stadtgesellschaft<br />

von morgen zu schmieden. Und das jetzt organisierter denn je.<br />

Aaron, wir danken Dir – für diese Runde hier. Wir danken<br />

Dir. Gäbst Du noch einen mehr, hamwa Dich noch mal so<br />

gern. Aaron, wir danken Dir – für dieses Bier. Fotos: Michael Uhmeyer<br />

Erst ziehste ‘ne Nummer, dann<br />

trinkste reichlich Bier – und irgendwann<br />

biste dann auch an der<br />

Reihe und darfst einen ausgeben.<br />

Von Bastian Till Nowak<br />

„Du musst ne Nummer ziehen…“<br />

Im Scherz geboren war<br />

dieser Satz vor Jahren. Eine<br />

Kneipe, in der man darum bitten<br />

muss, eine Runde spendieren<br />

zu dürfen, trifft man wohl<br />

selten – und das auch noch,<br />

während man schon mehrere<br />

Biere gereicht bekam, ohne<br />

dass auch nur ein Strich dafür<br />

auf dem eigenen Deckel landete.<br />

Im Alt Gifhorn aber, da<br />

drehen die Uhren eben anders.<br />

Akademiker und Berufsjugendliche,<br />

Freunde und Verwandte,<br />

Vertreter von Exekutive<br />

und Legislative, Gerstensaft-Connoisseure<br />

und<br />

Rum-Cola-Aficionados gleichermaßen<br />

genießen die angeregte<br />

Atmosphäre, in der<br />

man das Zünden inhaltsheißer<br />

Gedankengänge meterweit<br />

erahnen kann. Da liegt was in<br />

der Luft; das Pulsieren der urbanen<br />

Aorta gibt den Takt für<br />

Öffnen und Schließen des Zapfhahns<br />

vor. Schaumkrone um<br />

Schaumkrone gewinnen Seligkeit<br />

und Glück. Unbeschwertes<br />

Abdriften in vermeintlich<br />

schwierigen Zeiten.<br />

Folgerichtig entschloss sich<br />

also die Stammkundschaft,<br />

angeregt von einem bajuwarischen<br />

Experten, ihre Lieblingspinte<br />

nun mit einem ganz<br />

besonderen Einrichtungsge-<br />

genstand aufzuwerten: Ein<br />

Nummernautomat, wie man<br />

ihn sonst nur von schnarchigen<br />

Amtsfluren kennt, hängt dort<br />

jetzt – die Anzeigetafel ruft die<br />

nächste Runde auf. Und kaum<br />

ist man als Gast eine Stunde<br />

oder auch mal anderthalb da<br />

– und zu keiner Zeit durstig –<br />

gewesen, darf man selbst mal<br />

der Gönner sein. Wer beim Anstoßen<br />

den Trinkspruch vorgibt,<br />

ist für einen Moment der<br />

König unter Gleichen. Das Lächeln<br />

ist noch eine Spur froher,<br />

der erste Schluck, nach dem<br />

man sich augenaufschlagend<br />

den Schaum von der Oberlippe<br />

lecken darf, schmeckt noch einen<br />

Hauch besser. Andy Warhol<br />

sprach zwar<br />

von nur 15 Minuten<br />

Ruhm, den<br />

ein jeder Mensch<br />

nur einmal in<br />

seinem Leben hätte. Doch das<br />

ist unweigerlich falsch, der für<br />

seine knallbunten Marilyn-<br />

Monroe-Siebdrucke berühmte<br />

Pop-Art-Künstler kannte eben<br />

das Alt Gifhorn nicht. Dabei<br />

hätte es ihm gefallen.<br />

12.000 Nummern, so weit<br />

reicht die erste Charge der aufrufbaren<br />

Zettelchen. 12.000<br />

Runden in der Stammkneipe<br />

zu je mehreren Gläsern –<br />

meist im oberen einstelligen<br />

oder unteren zweistelligen<br />

Bereich. Es ist bloß eine Frage<br />

der Zeit, bis dieser Nummernkreis<br />

aufgebraucht sein dürfte.<br />

Schmeißt die Druckwerke und<br />

Perforationsmaschinen an, der<br />

Durst am Fuße des Gifhorner<br />

Weinbergs ist nahezu unstillbar.<br />

Der bundesweite Rückgang<br />

von Bierabsatzzahlen, das<br />

schwierige Wirtschaften von<br />

Traditionsbrauereien, es muss<br />

andere Gründe haben.<br />

Alt Gifhorn<br />

Am Weinberg 1, Gifhorn<br />

Di. - Fr. ab 17 Uhr<br />

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