DER BIEBRICHER, Nr. 387, Februar 2024
Stadtteilmagazin für Wiesbaden-Biebrich
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MATTHÄUS MERIAN<br />
„Unterm Krummstab ist‘s gut leben“ –<br />
Biebrich und Mosbach im Mittelalter<br />
Die erste schriftliche Erwähnung<br />
Biebrich als „villa biburg“ konnte<br />
unter dem Monat Juli des Jahres<br />
874 in den Fuldaer Jahrbüchern<br />
gefunden werden. Über 100<br />
Jahre sollten vergehen,<br />
ehe wir erneut auf ein<br />
schriftliches Zeugnis<br />
stoßen.<br />
Gastbeitrag<br />
von Rolf<br />
Faber<br />
Es handelt sich um eine<br />
Schenkungsurkunde vom<br />
29. Dezember 991, die sich heute<br />
im Hessischen Hauptstaatsarchiv<br />
befindet. Nach dieser Urkunde<br />
schenkte König Otto III.,<br />
ein Enkel Kaiser Ottos des Großen,<br />
auf Bitten seiner Großmutter,<br />
der Kaiserin Adelheid, dem<br />
Benediktinerkloster Selz im Elsass<br />
die Landgüter Biebrich und<br />
Mosbach („predium Biburc et<br />
Moskebach“) mit erheblichem<br />
Besitz, großen Waldgebieten sowie<br />
zwei Inseln im Rhein. Dabei<br />
handelt es sich auch um die erste<br />
urkundliche Erwähnung von<br />
Mosbach. Mit der Übernahme<br />
der beiden Landgüter durch<br />
die Benediktinermönche<br />
aus Selz begann eine<br />
sich mehrere Jahrhunderte<br />
andauernde Entwicklung<br />
für Biebrich<br />
und Mosbach, die neben<br />
Kloster Selz von weiteren<br />
Klöstern geprägt war.<br />
Zunächst bestimmten weit<br />
über 200 Jahre die Mönche aus<br />
Selz das Schicksal der Einwohner.<br />
Ende des 13. Jahrhunderts<br />
traten die Zisterziensermönche<br />
aus Kloster Eberbach im Rheingau<br />
in die Geschichte Biebrichs<br />
ein. Neben dem erwähnten Hof<br />
in Biebrich und dem in Mosbach<br />
konnten sie noch den Armenruhhof<br />
erwerben. Auf dem<br />
Schicksal dieser drei geistlichen<br />
Güter beruhte die ortsgeographische<br />
Entwicklung Biebrichs<br />
und Mosbachs im Mittelalter bis<br />
zur Reformation.<br />
Neben Kloster Eberbach, das<br />
als Patronatsherr zusätzlich<br />
die erstmals im Jahre 1085 erwähnte<br />
Kirche in Mosbach übernommen<br />
hatte und dafür den<br />
Zehnten „von allem, was der<br />
wind bewehet und der regen besprehet“<br />
beanspruchte, spielte<br />
Kloster Klarenthal bei Wiesbaden<br />
eine wichtige Rolle in Biebrich.<br />
König Adolf, der einzige<br />
deutsche König aus dem Hause<br />
Nassau, gründete 1298 das Klarissenkloster<br />
und stattete es mit<br />
den drei Höfen aus Biebrich und<br />
Mosbach aus, die er von Kloster<br />
Eberbach erworben hatte.<br />
So wurde das Geschick<br />
Biebrichs<br />
und seiner Bewohner<br />
im Mittelalter<br />
im Wesentlichen<br />
durch die Klöster<br />
bestimmt. Für die<br />
Bevölkerung bedeutete<br />
dies ein<br />
mehr oder weniger<br />
angenehmes<br />
„Leben unter dem<br />
Krummstab“.<br />
Bemerkenswer t<br />
König Otto III. schenkte<br />
im Jahr 991 die Landgüter<br />
Biebrich und Mosbach dem<br />
Benediktinerkloster Selz im<br />
Elsass.<br />
ist, dass seit der urkundlichen<br />
Erwähnung von 991 die beiden<br />
Orte „Biburc“ und „Moskebach“<br />
von da an stets zusammen<br />
genannt werden und sich<br />
nicht im Laufe der Zeit zu zwei<br />
selbstständigen Gemeinwesen<br />
entwickelt haben, sondern<br />
trotz der örtlichen Entfernung<br />
jahrhundertelang – gewissermaßen<br />
bis heute - eine gemeinsame<br />
Geschichte erlebten. Ganz<br />
deutlich ist das an der mittelalterlichen<br />
Gemeindeverwaltung<br />
erkennbar, in der Biebricher und<br />
Mosbacher gemeinsam vor der<br />
Mosbacher Kirche Gerichtstage<br />
abhielten und dabei ihre örtlichen<br />
Angelegenheiten regelten.<br />
(rfa)<br />
UNI BRAUNSCHWEIG<br />
So, wie in dieser Dorfansicht von Matthäus Merian,<br />
könnte Mosbach im 16. Jahrhundert ausgesehen haben.<br />
10 <strong>DER</strong> <strong>BIEBRICHER</strong> / FEBRUAR <strong>2024</strong>