audimax campus 02/03 2024
Good vibes only? Wir gehen der „Toxic Positivity“ auf die Spur +++ Stefanie Stahl im Interview +++ Assessment’s Creed? Wie du das Assessement Center überstehst +++ Food time! Komm mit auf eine Reise durch Deutschlands Mensen! +++ Female Leadership! Was tun, damit Frauen an die Spitze kommen +++ Reggae-Sänger Patrice beweist „Mut zur Lücke"
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EMOTIONS<br />
Laut Dr. Main Huong Nguyen sind achtsame Praktiken Teil<br />
vieler Religionen. »Sei es in christlichen Traditionen – zum<br />
Beispiel Kontemplation, Rosenkranzgebet – oder im Sufismus,<br />
einer spirituellen Strömung des Islam. In all diesen<br />
Traditionen üben sich die Menschen darin, innezuhalten.«<br />
Vielleicht mag es daran liegen, dass für viele das Thema Achtsamkeit<br />
mit einer starken Emotionalität verknüpft ist, handelt<br />
es sich immerhin um einen Teil der (religiösen) Identität.<br />
Doch Dr. Nguyen betont, dass Achtsamkeit auch problemlos<br />
ganz ohne Spiritualität funktionieren kann: »Zu diesen<br />
Ansätzen gibt es auch die meisten positiven Forschungsbefunde.<br />
Es gibt säkulare Programme wie zum Beispiel Mindfulness<br />
Based Stress Reduction (MBSR). Es ist ein achtwöchiges<br />
Gruppenprogramm zur Schulung von Achtsamkeit<br />
mit dem Ziel, Stress zu reduzieren. MBSR wurde aufgrund<br />
des Erfolgs auch für andere Bereiche adaptiert, zum<br />
Beispiel in der Behandlung von rezidivierenden depressiven<br />
Störungen (MBCT, Mindfulness Based Cognitive Therapy).<br />
Krankenkassen bezuschussen solche Kurse oft, oder man findet<br />
sie an Universitäten – zum Beispiel im Studium Generale.«<br />
Ein Hoch auf die Wissenschaft<br />
Dass Meditation und Achtsamkeit nicht zwingend mit Spiritualität<br />
und Schwurbelei zusammenhängen muss, belegt<br />
auch die mittlerweile bemerkenswerte Anzahl wissenschaftlicher<br />
Studien. Das von Dr. Nguyen beschriebene<br />
MBSR-Programm wurde bereits Ende der 1970er Jahre das<br />
erste Mal eingesetzt. Die vollkommene Konzentration von<br />
Schmerzpatienten auf das Hier und Jetzt ohne eine Bewertung<br />
ihrer Körperempfindungen, konnte nachweislich den<br />
Schmerz erträglicher machen. Die Psychologin Anja Koch<br />
von der Universität Jena sagt dazu in »Planet Wissen«: »Nehmen<br />
wir Menschen mit chronischen Schmerzen. Die denken<br />
häufig ›Das tut wieder furchtbar weh. Heute bin ich wieder<br />
krank vor Schmerz, ich muss mich unbedingt schonen‹.<br />
Das ist ein Teufelskreis aus negativen Gedanken, Gefühlen<br />
und Verhalten, und der potenziert den Schmerz. Mit MBSR<br />
lernen sie, all das auf den Satz zu reduzieren: ›Ich habe eine<br />
körperliche Empfindung, mehr nicht‹. Das heißt ›akzeptieren‹:<br />
Einfach wahrnehmen, ohne Urteil und ohne emotionale<br />
Verstrickung.« Auch auf den Kreislauf haben achtsame<br />
Atemübungen einen nachweislichen Effekt. Eine Studie der<br />
Uni Coburg hat herausgefunden, dass sich durch konzentrierte<br />
Meditation der Hormonspiegel des Blutes verändert<br />
und Stress reduziert wird.<br />
Mach dich leicht<br />
Die positiven Effekte, die schon wenige achtsame Momente<br />
in unserem Leben haben können, sind geklärt. Doch wie anfangen?<br />
Die Wust an Videos, Kursen, Büchern und Guides<br />
scheint unendlich. Es kommt hier vor allem darauf an, sich<br />
nicht abschrecken zu lassen. »Wichtig ist es in diesem Rahmen<br />
genau zu prüfen, wer welche Angebote macht und welche<br />
Expertise und Übungspraxis die Kursleiter:innen selbst<br />
haben«, empfiehlt Dr. Main-Huong Nguyen. Außerdem<br />
kann es schnell passieren, dass man sich mit dem Anspruch<br />
möglichst viel Achtsamkeit zu praktizieren, wieder neuen<br />
Stress auf den Karren lädt. Wer von einer Yoga-Stunde zur<br />
anderen hastet, sich zwingt in jeden Tag eine Meditationseinheit<br />
zu pressen oder versucht, sämtliche Ratgeber zum<br />
Thema zu lesen, die sich teilweise widersprechen, wird nicht<br />
viel Erfolg haben. Der Mensch neigt zur vollständigen Optimierung,<br />
doch Viel bringt eben nicht immer Viel. Manchmal<br />
braucht es auch nur ganz wenig. Manchmal braucht es einfach<br />
eine kurze Pause um einmal tief durchzuatmen.<br />
Wie wäre es mit jetzt?<br />
Wie geht Achtsamkeit<br />
im Alltag, Frau Nguyen?<br />
»Achtsamkeit lässt sich ganz wunderbar in den Alltag<br />
integrieren. Du kannst zum Beispiel kurze Atemübungen<br />
einbauen. Am Besten koppelst du die Übung mit einem<br />
Hinweisreiz (wir nennen es unsere Achtsamkeitsglocken<br />
im Alltag).<br />
Zum Beispiel, jedes Mal wenn du an einer roten Ampel<br />
oder in einer Schlange an der Kasse stehst, kannst<br />
du drei tiefe, bewusste Atemzüge machen. Spreche<br />
innerlich mit, wie du ein- und ausatmest (Ein – Aus, …).<br />
Folge der ganzen Länge deiner Einatmung und<br />
Ausatmung.<br />
Eine weitere Übung: Lege dein Handy beiseite und<br />
nimm dir Zeit für dein Essen. Achtsames Essen bedeutet,<br />
mit der ganzen Aufmerksamkeit bei deinem Essen zu<br />
bleiben. Kaue dein Essen gründlich durch und<br />
lass dich auf den Geschmack und die Texturen ein.«<br />
Buchempfehlung: Mehr Tipps, wie jeder<br />
mehr Achtsamkeit in seinen Alltag integrieren<br />
kann, stellt Main Huong Nguyen in ihrem Buch<br />
vor. Die Autorin zeigt drei Wege der Achtsamkeit,<br />
die in ein Leben voll Verbundenheit und Sinnhaftigkeit<br />
führen sollen. Mit vielen Übungen und<br />
Meditationen.<br />
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