ASO! Augsburg Süd-Ost - März 2024
Stadtteilmagazin für Augsburg-Hochzoll, -Herrenbach, -Spickel, -Textilviertel und Friedberg
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12 <strong>ASO</strong>! <strong>März</strong> ‚24<br />
In seinem vierten und letzten Aufsatz zur Geschichte Hochzolls<br />
aus dem Jahr 1973 befasst sich Pfarrer Cramer mit dem Thema<br />
IV. Wie Hochzoll Kirche, Schule<br />
und Pfarramt bekam<br />
Pfarrer Cramer<br />
Als „ein Rieser Dorf vor den Toren <strong>Augsburg</strong>s – aber ein Dorf ohne<br />
Kirche, Schule und Pfarrer“ habe ich im letzten Aufsatz das Hochzoll<br />
von 1850 beschrieben. Kirchlich gesprochen hätte ich sagen<br />
müssen „ohne Kirche, ohne Pfarrhaus, ohne evangelische Schule,<br />
ohne Diakonissenstation, ohne evangelischen Kindergarten…“<br />
Die Hochzoller Protestanten haben lange warten müssen, bis sie<br />
das alles bekamen. Nach meinem Urteile zu lange.<br />
Zuerst bekam Hochzoll seine Schule. 1875 gab sich <strong>Augsburg</strong><br />
eine neue Schulorganisation, die alle auswärtigen Schüler abwies,<br />
also auch die evangelischen Schulkinder Hochzolls, die bis<br />
dahin die Evangelische Schule vor dem Roten Tor besuchten.<br />
Das gleiche geschah in Friedberg zum Schaden der katholischen<br />
Schulkinder Hochzolls. Die Gemeinde mußte sich also eine eigene<br />
Schule schaffen, wobei die Regierung von Schwaben ganz<br />
wesentlich half. Kennzeichnend für den Geist der damaligen<br />
protestantischen Bevölkerungsmehrheit wurde es eine Gemeinschaftsschule.<br />
Durch Aufzeichnungen, die der erste und langjährige Hochzoller<br />
Lehrer Theodor Schwenk hinterlassen hat, sind wir über<br />
die Schulanfänge genau unterrichtet. Ein einstöckiges „Häuschen“<br />
wurde erbaut, heute Friedbergerstrasse 143, rechts gegenüber<br />
unserer Kirche. Darin wurde dann am 1.2.1876 der<br />
regelmässige Schulbetrieb begonnen, mit 57 Kindern in einer<br />
Gruppe. Schon im nächsten Jahre stieg die Schülerzahl auf<br />
78, im dritten auf 87! Im Sommer 1879 wurde auf das „Häuschen“<br />
ein Stockwerk aufgebaut und zum 1.2.1880 ein Hilfslehrer<br />
angestellt. In den folgenden Jahren waren von zwei<br />
Lehrern in zwei Räumen bis zu 130 Kinder zu unterrichten.<br />
Auch ihre Kirche bekam unsere Gemeinde von aussen und „oben“<br />
geschenkt, noch viel mehr als ihre Schule, mußte freilich darauf<br />
auch noch viel länger warten.<br />
Die evangelischen „Kolonisten“ von 1804 und den folgenden<br />
Jahren gingen um Taufen, Trauungen und Beerdigungen zum<br />
Pfarramte ihrer Stadt, dem katholischen Pfarramt Friedberg. Sie<br />
wurden nach Ausweis der Friedberger Kirchenbücher dort auch<br />
„bedient“, ohne vereinnahmt zu werden. Die katholischen Pfarrer<br />
tauften, trauten und beerdigten, vermerkten aber bei jedem Eintrag<br />
sorgfältig „<strong>Augsburg</strong>ischer Konfession“. Übertritte scheinen<br />
kaum vorgekommen zu sein. Oekumenische Haltung gab es also<br />
auch schon in früheren Zeiten.<br />
1841 wurden dann durch königliche Entschließung alle<br />
Protestanten in Friedberg und „Friedbergerau“ in Evangelisch<br />
St. Ulrich eingepfarrt.<br />
In Generationen gewöhnten sie sich daran, in St. Ulrich ihre kirchliche<br />
Heimat zu sehen. Sie besuchten den Gottesdienst in St. Ulrich.<br />
Am Karfreitag Nachmittag kamen sie zum hlg. Abendmahl<br />
dorthin bis von Fürstenfeldbruck in kleinen Gruppen, denen sich<br />
in Althegnenberg, Mering etc. andere anschlossen.<br />
Im Januar 1889 wurden von den Ulricher Pfarrern regelmäßige<br />
evangelische Gottesdienste im oberen Saal der Schule begonnen.<br />
Lehrer Schwenk spielte das Harmonium. Die für Erwachsene<br />
unbequemen Schulbänke fanden aber wenig Anklang.