immobilia 2024/03 - SVIT
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IMMOBILIENRECHT<br />
IMMOBILIARSACHENRECHT<br />
2023 IM SACHEN-<br />
UND BODENRECHT<br />
Prof. Dr. iur. Roland Pfäffli fasst im<br />
vorliegenden Beitrag das Jahr 2023<br />
in Gesetzgebung und Rechtsprechung<br />
auf dem Gebiet des Sachenund<br />
Bodenrechts zusammen.<br />
TEXT — PROF. DR. IUR. ROLAND PFÄFFLI*<br />
Die Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechts im Grundbuch darf nur erfolgen, wenn die Pfandsumme<br />
vom Eigentümer anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist. BILD: 123RF.COM<br />
I. GESETZGEBUNG<br />
A. LEX KOLLER<br />
Das Bundesgesetz über den Erwerb von<br />
Grundstücken durch Personen im Ausland<br />
(BewG) soll geändert werden. Die parlamentarische<br />
Initiative Nr. 16.498 (eingereicht<br />
von Nationalrätin Jacqueline Badran,<br />
SP / Zürich) vom 16. Dezember 2016 verlangt,<br />
dass die strategischen Infrastrukturen<br />
der Energiewirtschaft, namentlich die<br />
Wasserkraftwerke, die Stromnetze sowie<br />
Gasnetze, dem BewG unterstellt werden.<br />
Der Gesetzesentwurf mit Erläuterungen<br />
wurde im Bundesblatt publiziert 1 .<br />
Mit der beabsichtigten Änderung ist vorgesehen,<br />
den Titel des Gesetzes wie folgt<br />
zu ändern: Bundesgesetz über den Erwerb<br />
von Grundstücken und strategischen Infrastrukturen<br />
der Energiewirtschaft durch<br />
Personen im Ausland (EGIAG).<br />
Der Bundesrat beantragt in seiner Stellungnahme<br />
vom 2. Juni 2023, auf die Vorlage<br />
nicht einzutreten 2 . Der Nationalrat ist<br />
am 7. Juni 2023 auf die Vorlage eingetreten<br />
und hat sich für die Gesetzesänderung ausgesprochen.<br />
Die Beratungen im Ständerat<br />
sind noch ausstehend.<br />
B. UNTERGRUND<br />
Der Bundesrat will die rechtlichen<br />
Grundlagen schaffen, damit künftig geologische<br />
Daten für die Planung der Nutzung<br />
des Untergrunds zur Verfügung gestellt<br />
werden können. Es sind deshalb Änderungen<br />
im Bundesgesetz über Geoinformation<br />
(GeoIG; SR 510.62) vorgesehen. Dadurch<br />
sollen alle Dateninhaber verpflichtet werden,<br />
ihre geologischen Daten den Kantonen<br />
und dem Bund zur Verfügung zu stellen,<br />
ohne dabei die Rechte zur wirtschaftlichen<br />
Nutzung ihrer Daten zu verlieren. Die Vorlage<br />
basiert auf der vom Parlament überwiesenen<br />
Motion Nr. 19.4059 vom ehemaligen<br />
Nationalrat Karl Vogler (Die Mitte / Obwalden)<br />
vom 18. September 2019.<br />
Der Bundesrat hat die entsprechende<br />
Botschaft und den Entwurf zur Änderung<br />
des Geoinformationsgesetzes am 23. August<br />
2023 zuhanden des Parlaments verabschiedet<br />
3 .<br />
II. RECHTSPRECHUNG<br />
A. EIGENTUM (GARANTIE)<br />
Das Energiegesetz des Kantons Zürich<br />
wurde wie folgt ergänzt: Bestehende ortsfeste<br />
elektrische Widerstandsheizungen<br />
zur Gebäudebeheizung und bestehende<br />
zentrale Wasserwärmer, die ausschliesslich<br />
direkt beheizt werden, sind bis zum<br />
Jahr 2<strong>03</strong>0 durch Anlagen zu ersetzen, die<br />
den Anforderungen dieses Gesetzes entsprechen.<br />
Zudem wurde eine Busse von bis<br />
zu 20 000 CHF für Widerhandlungen vorgesehen.<br />
Diese Bestimmungen stellen zwar einen<br />
Eingriff in das Eigentumsrecht dar;<br />
sie ver stossen jedoch nicht gegen die in der<br />
Bundesverfassung verankerte Eigentumsgarantie<br />
(Art. 26 Abs. 1 BV). Im konkreten<br />
Fall war die Einschränkung der Eigentumsgarantie<br />
verhältnismässig (Art. 36 Abs. 3<br />
BV). Mit anderen Worten: Der Eingriff wog<br />
nicht besonders schwer, sodass keine Entschädigung<br />
im Sinne einer Enteignung gemäss<br />
Art. 26 Abs. 2 BV zu entrichten ist 4 .<br />
In einem anderen Fall ging es um die Gültigkeit<br />
einer Gemeindeinitiative, welche die<br />
Eigentümer von Mehrfamilienhäusern mit<br />
Sammelgaragen mit mehr als vier Parkplätzen<br />
zu baulichen Massnahmen für das<br />
Laden von Elektroautos verpflichtet. Diese<br />
Initiative ist mit der Eigentumsgarantie<br />
(Art. 26 Abs. 1 BV) vereinbar und verstösst<br />
somit nicht gegen übergeordnetes Recht 5 .<br />
B. STOCKWERKEIGENTUM<br />
(UNVOLLSTÄNDIGE<br />
ERSTELLUNG)<br />
Sofern beim Stockwerkeigentum nicht<br />
alle im Begründungsakt vorgesehenen Einheiten<br />
erstellt werden (beispielsweise wurde<br />
die erste Etappe erstellt – die zweite kann<br />
nicht erstellt werden), so ist wie folgt vorzugehen:<br />
Entweder wird das Stockwerkeigentum<br />
in gewöhnliches Miteigentum<br />
umgewandelt (Art. 69 Abs. 4 GBV) oder die<br />
Stockwerkeigentümer einigen sich (in öffentlich<br />
beurkundeter Vereinbarung) auf<br />
eine Abänderung des Stockwerkeigentums,<br />
sodass die Eintragung mit der Realität in<br />
Einklang gebracht wird 6 .<br />
Eine gerichtliche Löschung der nicht<br />
gebauten Stockwerkeinheiten und damit<br />
verbunden der Ausschluss der Stockwerkeigentümer<br />
dieser Stockwerkeinheiten aus<br />
der Gemeinschaft, ohne dass die Voraussetzungen<br />
von Art. 649d ZGB dafür erfüllt wären,<br />
ist rechtlich ausgeschlossen 7 .<br />
C. STOCKWERKEIGENTUM<br />
(BAULICHE MASSNAHMEN)<br />
Im vorliegenden Fall hat die Stockwerkeigentümergemeinschaft<br />
beschlossen,<br />
einen neuen Hauptzugang mit Lift<br />
auf der Höhe des Erdgeschosses sowie einen<br />
Nebeneingang für Fahrräder im Kellergeschoss<br />
zu erstellen. Dieser Beschluss<br />
wurde von einem Stockwerkeigentümer angefochten.<br />
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IMMOBILIA / März <strong>2024</strong>