immobilia 2024/03 - SVIT
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BAU & HAUS<br />
FASSADEN<br />
Decken, Brüstungen und Wände der Erker sind auf der Innenseite mit schallabsorbierenden<br />
Materialien eingepackt. BILDER: JÜRG ZIMMERMANN<br />
hergestellt und anschliessend vom Forschungsinstitut<br />
Empa in Dübendorf auf<br />
ihre Tauglichkeit beim Schallschutz getestet<br />
– gefolgt von Messungen an einem Vorführmodell<br />
direkt an der Fassade vor Ort.<br />
Aufgrund dieser Messungen entschied<br />
man sich für die Variante mit einer asymmetrischen,<br />
nach Osten orientierten<br />
Öffnung, hinter der sich die Balkontüre<br />
befindet. Beim westlich dieser Türe im<br />
Erker liegenden Fassadenbereich installierte<br />
man in der Fassade anstelle eines<br />
Fensters eine Rahmenverbreiterung mit<br />
absorbierender Oberfläche. Die vorfabrizierten<br />
Elemente sind aus Beton und innen<br />
mit schallabsorbierenden Materialien<br />
ausgefüttert. «Mit diesen Erkern konnten<br />
wir die strengen Schalldämmwerte für bewohnte<br />
Räume in der Stadt Zürich erfüllen»,<br />
erklärt Architekt Dietrich Schwarz im<br />
Gespräch.<br />
VOM PILOTPROJEKT ZUM<br />
ALLTAG<br />
Im Juli 2021, rund zwei Jahre nach<br />
der Fertigstellung des Projekts, wurde ein<br />
Schlussbericht zu ihm veröffentlicht, erstellt<br />
durch das auf Qualitätskontrollen<br />
spezialisierte Ingenieurunternehmen Corak<br />
AG, Zürich. Der Bericht hält fest, dass<br />
bei den zahlreichen, hoch gesteckten Zielen<br />
Von der Wohnung her betrachtet erscheint der<br />
Erker als Teil des Innenraums.<br />
zwar einige Abstriche vorgenommen werden<br />
mussten, am Bauprojekt aber interessante,<br />
beispielhafte und nachahmenswerte<br />
technische Lösungen umgesetzt worden<br />
sind. Der Gesamtstromverbrauch liege<br />
bereits unter dem prognostizierten Wert.<br />
Den Wohnflächenzuwachs gegenüber einer<br />
herkömmlichen Fassade beziffert der<br />
Bericht auf ca. 120 Quadratmeter.<br />
Ein Pilotprojekt ist ein Testlauf. Es kommen<br />
Systeme, Produkte und Konstruktionen<br />
zum Einsatz, die noch nicht erprobt<br />
sind und teilweise mit den neu gewonnenen<br />
Erfahrungen weiterentwickelt werden<br />
müssen. Auch die Umsetzung des Pilotprojekts<br />
an der Hohlstrasse lief nicht immer<br />
reibungslos – aber die Liegenschaft «funktioniert»,<br />
es sind keine gravierenden Fehlfunktionen<br />
oder Schäden zu rapportieren.<br />
«Wir haben mit diesem Forschungsprojekt<br />
unsere Ziele erreicht», meint Dietrich<br />
Schwarz, wenn man ihn nach dem Erfolg<br />
dieses Werks fragt. Die Idee des Flächengewinns<br />
durch dünne Dämmschichten war<br />
nach aktuellem Wissensstand bisher allerdings<br />
keine Inspiration für ähnlich gelagerte<br />
oder motivierte Folgeprojekte. «Die<br />
Dämmprodukte mit Aerogel sind hochinteressant»,<br />
sagt aber Urs Kälin von Corak, der<br />
den Schlussbericht mitverfasst hat, «wir<br />
haben zwischenzeitlich eine denkmalgeschützte<br />
ehemalige Klosteranlage, heute<br />
als Museum genutzt, mit Aerogel-Dämmputz<br />
saniert.» Auch Dietrich Schwarz hat<br />
Aerogel bei einem Folgeprojekt eingesetzt,<br />
dem Wohnhaus an der Austrasse in Meilen<br />
ZH, das in Holzbauweise ausgeführt wurde.<br />
Auch hier kam Aerogel als Dämmung in<br />
der Fassade zum Einsatz – es handelt sich<br />
ebenfalls um ein Pilotprojekt, das vom Bundesamt<br />
für Energie begleitet und dokumentiert<br />
wurde. An ihm liess sich beweisen,<br />
dass eine Minergie-A-Gebäudehülle mit<br />
ultraschlanken Wänden (Isolation 10 cm)<br />
und mit Vakuumgläsern (12 mm) erfolgreich<br />
konzipiert und belebt wird.<br />
*MANUEL<br />
PESTALOZZI<br />
Der Autor ist dipl. Arch. ETHZ und<br />
Journalist BR SFJ, er betreibt die<br />
Einzelfirma Bau-Auslese Manuel<br />
Pestalozzi (bau-auslese.ch).<br />
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IMMOBILIA / März <strong>2024</strong>