11.03.2024 Aufrufe

immobilia 2024/03 - SVIT

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

langfristigen demografischen Trends derzeit deutlich,<br />

was zu einer etwas paradoxen Situation führt:<br />

hohe Nachfrage, keine Anzeichen für Angebotsausweitung.<br />

Was die Allokation in den Immobiliensektor<br />

betrifft, bin ich aber sehr zuversichtlich.<br />

Dieser bildet für langfristig orientierte Anlegerinnen<br />

einen Sockel mit stabilen Erträgen.<br />

Ist es vor diesem wirtschaftlichen Hintergrund<br />

illusorisch zu glauben, die Politik<br />

könne mit einem Massnahmenkatalog den<br />

Wohnungsbau ankurbeln?<br />

Es ist die Summe verschiedener Faktoren. Wer an<br />

guter Lage mit vernünftigen Erfolgsaussichten und<br />

einer korrekten Entschädigung Immobilien realisieren<br />

kann, wird immer eine Finanzierung finden.<br />

Voraussetzung ist, dass die Fundamentaldaten<br />

stimmen. Wenn je nach Studie jährlich zwischen<br />

15 000 und 20 000 Wohnungen fehlen, stelle ich<br />

aber fest, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen<br />

tatsächlich nicht optimal sind und die Raumplanung<br />

teilweise versagt. Namentlich die erste<br />

Revision des Raumplanungsgesetzes wird nicht<br />

schnell und konsequent genug umgesetzt. Viele<br />

Eingriffe sind gut gemeint, führen aber in der Tendenz<br />

zu längeren Verfahren und einer Verteuerung<br />

des Bauens. Das zahlen am Schluss die Mieter.<br />

Stichwort Mieter: Sie messen die Mieterzufriedenheit<br />

regelmässig. Mit welchen<br />

Erkenntnissen?<br />

Es ist für uns wichtig zu erfahren, ob unser Angebot<br />

den Bedürfnissen von Mieterinnen und Mietern<br />

entspricht. Darum gehen wir in den Umfragen<br />

sehr ins Detail, beispielsweise mit Fragen zur Ausstattung,<br />

zu Mobilität, Ökologie, Aussenräumen<br />

und zur Kommunikation. Das sind für uns auch<br />

Anhaltspunkte für Investitionsentscheide. Veränderungen<br />

geben uns Hinweise, worauf wir verstärkt<br />

achten müssen. Auch die Dienstleistungsqualität<br />

der Bewirtschaftung wird abgefragt. Mit den<br />

jüngsten Ergebnissen konnten wir uns erstmals an<br />

einem Benchmark messen. Ergebnis ist, dass wir in<br />

wichtigen Aspekten über den Benchmarks liegen.<br />

Das ist für unsere Mitarbeitenden eine zusätzliche<br />

Motivation.<br />

Nachhaltigkeit ist derzeit in aller Munde und<br />

wird auch von Ihnen besonders herausgestrichen.<br />

Wie verstehen Sie Nachhaltigkeit?<br />

Alles, was heute im weitesten Sinn unter Nachhaltigkeit<br />

fällt, ist bei uns seit jeher Thema. Darum<br />

fühlen wir uns im ESG-Modell mit seinen<br />

drei Dimensionen Umwelt, Soziales und Governance<br />

zu Hause und haben sie für unsere Tätigkeit<br />

mit der Ökonomie als vierte Dimension für die gesamte<br />

Pensimo-Gruppe zu einem ganzheitlichen<br />

Ansatz fusioniert. Die Erkenntnis, dass keine der<br />

Dimensionen langfristig ohne die anderen funktioniert,<br />

leitet uns bei allen Handlungen. Das gilt es<br />

vor allem gegenüber all jenen zu betonen, die behaupten,<br />

Investoren wären nur an der kurzfristigen<br />

Rendite interessiert. Es braucht eine ständige<br />

Güterabwägung und Gewichtung, alle vier Dimensionen<br />

müssen einen positiven Wertschöpfungsbeitrag<br />

leisten.<br />

Warum haben Sie sich für ESG als Modell<br />

entschieden?<br />

Weil sich dieses Konzept in der Branche national<br />

und international mehr und mehr durchsetzt und<br />

Portfolios so vergleichbar macht. Für einen Investor<br />

mit einer Multi-Asset-Allocation ist dies entscheidend.<br />

Wir sind nach wie vor zurückhaltend<br />

gegenüber Labels, bekennen uns aber zu einer klaren<br />

Ausrichtung auf mess- und beschreibbare ESG-<br />

Kriterien in unseren Portfolios.<br />

Sie blicken auf eine langjährige Führungstätigkeit<br />

im Bereich der Immobilieninvestitionen<br />

zurück. Wie haben sich Umfeld,<br />

Anforderungen und die Tätigkeiten verändert?<br />

Wir stehen am Ende eines Superzyklus. Das hat<br />

einen grossen Einfluss auf die Wahrnehmung der<br />

jüngeren Menschen in unserer Branche. Bis 2022<br />

hatten wir 20 Jahre lang mit kurzen Unterbrüchen<br />

in gewissen Segmenten praktisch nur positive<br />

Wert entwicklungen. Das war wirklich eine ganz<br />

aussergewöhnliche Konstellation. Wir kamen gegen<br />

Ende der 1990er-Jahre aus einer tiefen Immobilienkrise.<br />

Immobilien waren als Anlageklasse<br />

verpönt. Die Branche galt als eher langweilig.<br />

… und auch weitgehend intransparent.<br />

Ja, das ist so. Der Druck nahm aber in jeder Beziehung<br />

zu – Einführung der Raumplanung, schwankende<br />

Energiepreise, verschärfte Rechnungslegung<br />

und der Zusammenbruch vieler Investoren und<br />

auch Banken trugen dazu bei, dass der Bau- und Immobiliensektor<br />

ab den 2000er-Jahren eine enorme<br />

Professionalisierung erlebte. Die Ökonomie und<br />

strenge Governance-Vorschriften hielten Einzug.<br />

Das verlangte neue Fachkräfte. So wurden neue<br />

Ausbildungsformate wie die Masterstudiengänge<br />

geschaffen. Etwa ab den 2010er-Jahren kamen<br />

wiederum «neue» Themen dazu: soziale, ökologische,<br />

prozessuale Aspekte – beispielsweise in der<br />

Erkenntnis, dass grosse Bauprojekte ohne partizipative<br />

Prozesse nicht mehr realisierbar sind.<br />

Gleichzeitig hat auch die Regulierung stark<br />

zugenommen.<br />

Das gilt für die Anlagestiftungen ganz besonders.<br />

Die Verordnung über die Anlagestiftungen trat<br />

erst 2011 in Kraft – im Vergleich zu Fonds relativ<br />

spät. Ich bin überzeugt, dass die Immobilienwirtschaft<br />

immer die nötigen Lehren aus Krisen<br />

und Verwerfungen gezogen hat. In der Branche ist<br />

das Bewusstsein für Verantwortung, Qualität und<br />

Langfristigkeit weit entwickelt.<br />

WIR SCHAUEN<br />

AM IMMOBI-<br />

LIENMARKT<br />

ZURÜCK AUF<br />

EINEN SUPER-<br />

ZYKLUS.<br />

*IVO CATHOMEN<br />

Dr. oec. HSG, ist<br />

Verleger der<br />

Zeitschrift Immobilia.<br />

IMMOBILIA / März <strong>2024</strong> 9

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!