immobilia 2024/03 - SVIT
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BAU & HAUS<br />
FASSADEN<br />
DÜNNE HAUT UND<br />
OHRENKLAPPEN<br />
In Zürich wurde ein Wohnhaus realisiert,<br />
das dank einer schlanken Hochleistungswärmedämmung<br />
einen<br />
Gewinn an Innenraumfläche gewährt.<br />
Die Strassenfassade wurde ausserdem<br />
mit für das Projekt ent wickelten<br />
Schallschutz-Erkern ausgestattet.<br />
TEXT — MANUEL PESTALOZZI*<br />
Der Neubau ergänzt einen Blockrand an der stark befahrenen Hohlstrasse. BILD: JÜRG ZIMMERMANN<br />
ENERGIEEFFIZIENTER<br />
PROTOTYP<br />
Das «dünnhäutige» Pilotprojekt entstand<br />
von 2015 bis 2019. Es ergänzte mit<br />
einem sechsgeschossigen Längstrakt eine<br />
Blockrandbebauung aus den 1930er-Jahren.<br />
Diese steht an der stark befahrenen<br />
Hohlstrasse in Zürichs Stadtkreis 4. Das<br />
Projekt umfasste auch die Sanierung und<br />
Umnutzung eines Gebäudes im Hof. Insgesamt<br />
entstanden 70 Eineinhalb- bis<br />
Dreieinhalbzimmerwohnungen für Kurzzeitwohnen,<br />
ein Café und Gewerbeflächen<br />
im Erdgeschoss.<br />
Die Idee, aus dem Vorhaben ein Pilotprojekt<br />
zu machen, stammt vom Architekten<br />
Dietrich Schwarz aus Zürich. Seit der<br />
Gründung seines Büros vor fast 30 Jahren<br />
entwirft er Gebäude-Prototypen, an denen<br />
neue energieeffiziente Systeme zum Einsatz<br />
kommen, wobei der Fassade besondere<br />
Aufmerksamkeit geschenkt wird. So konzipierte<br />
Schwarz schon in den 1990er-Jahren<br />
Nullenergie-Solarhäuser und erfand lichtdurchlässige<br />
Fassaden-Isolierglaseinheiten,<br />
die heute als patentierte Produkte auf<br />
dem Markt erhältlich sind. Beim Projekt<br />
an der Hohlstrasse konnte Schwarz eine<br />
private Bauherrschaft davon überzeugen,<br />
sich auf das Abenteuer eines Pilotprojektes<br />
einzulassen. Die Förderungsinstanzen<br />
bei Bund und Kanton waren vom Konzept<br />
ebenfalls beeindruckt: Es flossen Finanzmittel<br />
vom Bundesamt für Energie und vom<br />
Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft<br />
des Kantons Zürich.<br />
FASSADEN<br />
Begrünte Fassaden gewinnen zunehmend<br />
an Bedeutung im modernen<br />
Bauwesen, da sie sich positiv auf<br />
das Stadtklima, die Luftqualität, den<br />
Schall, die Biodiversität und auf den<br />
Hitzeschutz von Gebäuden auswirken.<br />
Deshalb geht das Forscherteam<br />
des Kompetenzzentrums Gebäudehülle<br />
und Ingenieurbau an der Hochschule<br />
Luzern (siehe auch Artikel<br />
auf Seite 42) unter anderem der Frage<br />
nach, welche Kräfte an begrünten<br />
Fassaden wirken. Dazu wurde eigens<br />
ein Prüfstand errichtet, bei welchem<br />
insbesondere die Wuchskräfte durch<br />
das Pflanzenwachstum gemessen<br />
werden. Ergänzend dazu wurden die<br />
resultierenden Windkräfte von fünf<br />
Kletterpflanzen mittels Windkanalversuchen<br />
in einem turbulenten Windkanal<br />
ermittelt. Um den Bauherren<br />
die Vorteile von Fassadenbegrünungen<br />
aufzeigen zu können und den<br />
Mehrwert zu untermauern, stehen<br />
weitere Forschungsthemen wie die<br />
Ermittlung der Verschattungswirkung<br />
sowie deren Kühllasten auf die<br />
Fassade mit verschiedensten Kletterpflanzenarten<br />
im Fokus der Forschungsarbeit.<br />
Durch die Ermittlung<br />
dieser bauphysikalischen Eigenschaften<br />
der unterschiedlichen Pflanzenarten<br />
an der Fassade können die<br />
Vorteile auf das Gebäudeklima und<br />
die Verringerung des Energiebedarfs<br />
aufgezeigt werden.<br />
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IMMOBILIA / März <strong>2024</strong>