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2024-1-3-oebm-der-osterreichische-baustoffmarkt - CO² ZERO

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HANDEL INTERVIEW<br />

betrifft. Aber auch kleine und mittelgroße<br />

Bauträger haben zu sehr günstigen<br />

Konditionen Geld ausgeborgt und stehen<br />

jetzt vor <strong>der</strong> Situation, dass sie we<strong>der</strong><br />

ihre Bauprojekte verkaufen noch<br />

ihre „variablen“ und somit explodierenden<br />

Zinsen bedienen können. Das ist<br />

ein teuflischer Kreislauf, <strong>der</strong> viele Kleinunternehmen<br />

in den Ruin treibt. Nicht<br />

umsonst hat <strong>der</strong> KSV im Jänner über<br />

eine Steigerung von Insolvenzen von 25<br />

% zum Vorjahr (Q4) im Bau- und Baunebengewerbe<br />

berichtet.<br />

Wie geht es Sochor?<br />

Die letzten Jahre waren sehr positiv<br />

und nun werden die Ergebnisse deutlich<br />

bescheidener. Bedauerlicher Weise,<br />

aber <strong>der</strong> Situation geschuldet, haben wir<br />

an einigen Schrauben gedreht. Wir bei<br />

Sochor – und damit meine ich unsere<br />

Unternehmensgruppe – haben ein gutes<br />

und solides Fundament und wir werden<br />

auch bei solchen Entwicklungen keinen<br />

Schiffbruch erleiden. Unsere zwei Standbeine<br />

sind zum einen <strong>der</strong> Baustoff- und<br />

Fliesenfachhandel und unsere Baumärkte,<br />

die getrennt voneinan<strong>der</strong> agieren.<br />

Beide leisten – je nach wirtschaftlicher<br />

Entwicklung unterschiedlich – ihren<br />

Beitrag zum Gesamterfolg.<br />

Vergleicht man nun Fachhandel und<br />

Märkte, wie sieht hier die Entwicklung<br />

aus?<br />

Die Märkte haben natürlich viel besser<br />

performt. Es gab auch hier ein leichtes<br />

Minus, aber nicht in <strong>der</strong> Dimension<br />

des Fachhandels. Das ist ja eben einer<br />

unserer Vorteile. Wir können die Entwicklung<br />

hier völlig getrennt sehen und<br />

beide Bereiche eigenständig bewerten.<br />

Was in diesem Jahr passiert, kann niemand<br />

sagen, aber wie sieht die Situation<br />

bei Ihren Kunden aus?<br />

Kleine und mittelständische Unternehmen<br />

können bezüglich <strong>der</strong>en Auftragslage<br />

in den meisten Fällen Angaben<br />

über drei bis sechs Monate geben.<br />

Konkrete Aussichten über den Zeitraum<br />

eines Jahres hinaus gibt es hier kaum.<br />

Bei <strong>der</strong> aktuellen Auslastung gibt es sehr<br />

unterschiedliche Rückmeldungen. Das<br />

kommt auf das jeweilige Segment an.<br />

Unternehmen die eng mit Hausverwaltungen<br />

bis hin zu Genossenschaften und<br />

Wiener Wohnen zusammenarbeiten,<br />

profitieren von Sanierungsaufträgen.<br />

Diese Arbeiten im Bestand sind von <strong>der</strong><br />

KIM-Verordnung nicht betroffen und<br />

gerade in Wien gibt es mehr als 700.000<br />

Bestandswohnungen. Betrachtet man<br />

aber den Neubau, dann sieht das natürlich<br />

an<strong>der</strong>s aus. Wobei auch hier gibt es<br />

Gewerke, die durchaus ausgelastet sind,<br />

wie zum Beispiel <strong>der</strong> Innenausbau o<strong>der</strong><br />

auch jene Unternehmen, die sich auf<br />

Fassaden spezialisiert haben. Nach wie<br />

vor hohe Energiekosten und Investitionen<br />

in alternative Heizformen führen<br />

auch zum Tausch von Fenster und Optimierung<br />

<strong>der</strong> Gebäudehülle.<br />

Wien ist an<strong>der</strong>s! Hier haben wir eher<br />

große Wohnbauprojekte und kaum<br />

Einfamilienhausbau. Ist die Situation<br />

hier nicht besser?<br />

Das muss man relativieren, denn auch<br />

bei den großen Wohnbauprojekten<br />

schwächelt es. Kommen von den Bauindustrien<br />

Jubelmeldungen, so kann sich<br />

das nicht auf den Wohnbau beziehen,<br />

wohl eher auf Tief- und Infrastrukturbau.<br />

Das funktioniert sicherlich gut,<br />

aber davon hat <strong>der</strong> Baustoffhandel und<br />

auch <strong>der</strong> Einzelhandel (Möbel, DIY, …)<br />

nichts. Das ist genauso wie bei <strong>der</strong> thermischen<br />

Sanierung, das große Volumen<br />

geht in alternative Energien und ist somit<br />

ein Thema, welches den Elektriker<br />

und den Installateur betrifft und nur in<br />

bescheidenem Ausmaß unsere Kunden.<br />

Wie sehen Sie nun die Umsatzentwicklung<br />

für Ihr Unternehmen in <strong>2024</strong>?<br />

Das Preisniveau in <strong>der</strong> Beschaffung<br />

hat sich weitegehend normalisiert, nach<br />

dem es aber – und da sind wir kein Einzelschicksal<br />

– beim Absatz krankt, werden<br />

die fallenden Mengen noch von<br />

sich torpedierenden Preisen im enger<br />

werdenden Markt begleitet. Fazit: weiterer<br />

Umsatzrückgang und mit heutigem<br />

Kenntnisstand kein Ende in Sicht.<br />

Jahresplanungen wurden vor einigen<br />

Jahren noch mit einem „guten Gefühl“<br />

abgegeben und die Maßnahmen danach<br />

ausgerichtet, aktuell ist das eigentlich ein<br />

Ding <strong>der</strong> Unmöglichkeit und wir hanteln<br />

uns in deutlich kürzeren Zeiträumen<br />

weiter. Hier geht es uns wie unseren<br />

Kunden und <strong>der</strong> produzierenden<br />

Industrie.<br />

Ist die Talsohle erreicht?<br />

Ich denke nicht, wobei, so genau kann<br />

man das auch nicht sagen. Es tut sich<br />

politisch einiges. Hier kommt es nun darauf<br />

an, wie schnell notwenige Gesetzte<br />

verabschiedet werden und Projekte umgesetzt<br />

werden können. Aber wie schon<br />

erwähnt, ich denke, diese Unsicherheiten<br />

werden noch ein paar Monate<br />

dauern und uns bis mindestens Mitte<br />

nächsten Jahres begleiten.<br />

Wie agiert man unter solchen Rahmenbedingungen<br />

in einem Unternehmen?<br />

Wir müssen uns anpassen und beim<br />

„Fahren auf Sicht!!!“ öfters reagieren/<br />

korrigieren als uns lieb ist. Unser Unternehmen<br />

ist dahingehend auszurichten,<br />

dass es auch in schwierigeren Zeiten<br />

gut dasteht. Das Wichtigste hierbei ist<br />

es die Mitarbeiter:innen miteinzubeziehen,<br />

denn sie tragen die Stimmung nach<br />

außen. Das gesamte Team muss positiv<br />

bleiben, jammern hilft niemanden. Auch<br />

wenn wir täglich immer stärker damit<br />

konfrontiert sind in einem turbulenten,<br />

teilweise irrationalen Umfeld, Aufträge<br />

zu bekommen. Ein weiteres Thema ist<br />

die Flut an Insolvenzen, die auf uns zukommt.<br />

Diese betrifft vor allem das ausführende<br />

Gewerbe. Wir selbst bemerken<br />

eine gewisse Trägheit bei den Zahlungseingängen<br />

bis hin zu kompletten Ausfällen,<br />

untermauert durch Verän<strong>der</strong>ungsmeldungen<br />

<strong>der</strong> Versicherungen.<br />

Können die neueren politischen Entscheidungen<br />

und Beschlüsse diese negative<br />

Entwicklung Ihrer Meinung<br />

nach ein wenig abfe<strong>der</strong>n?<br />

Wie schon zuvor angesprochen geht<br />

es in die richtige Richtung wenngleich<br />

<strong>der</strong> „Schwerlasttanker Bauwirtschaft“<br />

erst einmal wie<strong>der</strong> in Schwung kommen<br />

muss.<br />

Ich freue mich schon auf das nächste<br />

Interview in ein paar Jahren (o<strong>der</strong> Monaten)!<br />

3 . <strong>2024</strong> |<br />

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