Kurzeitung_04-24
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Editorial<br />
Vor dem hundertsten Geburtstag von Dr. med. Angelika Zwick<br />
„Bei den existenziellen Entscheidungen der Kurortgeschichte im Mittelpunkt“<br />
Liebe Leserin, lieber Leser!<br />
Die Bad Füssing Pionierin und beliebte Ärztin<br />
Dr. med. Angelika Zwick hätte am 30. März<br />
ihren 99. Geburtstag feiern können. Anlass in<br />
Verbundenheit und Wertschätzung an ihrem<br />
Grab auf dem kleinen Friedhof in Safferstetten<br />
im Schatten der Kirche Sankt Andreas über so<br />
vieles, das mit ihrem Namen verbunden ist,<br />
nachzudenken. Besonders im Jahr der Jubiläumsfeierlichkeiten<br />
60 Jahre Johannesbad.<br />
In diesen 60 Jahren erlebten die Bürgerinnen<br />
und Bürger von Bad Füssing gelegentlich ein<br />
Wechselbad der Gefühle. Angst, die Existenz<br />
zu verlieren, war viele Jahre Realität im noch<br />
jungen Kurort. Es waren die entscheidenden<br />
Entwicklungsabschnitte des Kurortes Bad<br />
Füssing. Als ganz besonderer Kenner der Zeitgeschichte<br />
informierte der unvergessene Bürgermeister<br />
Franz Gnan im Interview mit der<br />
<strong>Kurzeitung</strong> aus Anlass des 85. Geburtstages<br />
von Dr. med. Angelika Zwick über die Situation<br />
in den fünfziger und sechziger Jahren, über<br />
Entwicklungen, die von Jubilarin Dr. Angelika<br />
Zwick maßgeblich mitgeprägt wurden. Beeindruckend,<br />
wie nachhaltig und mit welcher<br />
Überzeugungsarbeit die damals Verantwortung<br />
Tragenden, die Dres. Zwick bedrängt haben,<br />
ihr gesamtes Vermögen in die Erbohrung<br />
einer dritten Therme zu investieren. Das war<br />
besonders für Dr. Angelika Zwick, die junge<br />
Ärztin eine ganz weitreichende, alle Ressourcen<br />
beanspruchende Entscheidung. Auf die<br />
Frage, mit welchen ganz persönlichen Glückwünschen<br />
werden Sie Frau Dr. Zwick zum 85.<br />
Geburtstag gratulieren, sagte Bürgermeister<br />
Gnan unter anderem: „Zuerst wünsche ich ihr<br />
natürlich Gesundheit. Diese braucht sie, um<br />
nach ihren großen Verdiensten den verdienten<br />
Lebensabend entsprechend gestalten zu<br />
können. Ich kenne Frau Dr. Zwick seit Januar<br />
1961. Damals habe ich meine Arbeit beim<br />
Zweckverband Bad Füssing begonnen. Ich<br />
habe die angesehene Ärztin in ihrem Sanatorium<br />
,Tannenhof‘ besucht und die Situation<br />
besprochen. Man muss sich die damalige Zeit<br />
vorstellen. Es gab nur die eine Thermal-Quelle<br />
aus dem Jahr 1938. An dieser Therme hing<br />
das ,Wohl und Wehe‘ von Füssing. Bis auf<br />
ganz wenige Ausnahmen waren Straßen und<br />
Gehwege nicht ausgebaut. Kanalisation und<br />
Wasserversorgung waren noch nicht fertiggestellt.<br />
Es war kein Baum gepflanzt, es gab kein<br />
Kurhaus, keinen Kurpark, kurzum, es fehlte<br />
mit Ausnahme des Badebeckens der Therme I<br />
mit einem Pilz in der Mitte an allem was einen<br />
Kurort ausmacht. All diese Umstände haben<br />
verständlicherweise den Tannenhof der Dres.<br />
Zwick beeinträchtigt. Ich denke an die Staubentwicklung<br />
durch die nicht asphaltierten<br />
Straßen oder die Wassertümpel ringsum mit<br />
dem unüberhörbaren Froschgequake. Diese<br />
Situation, das Fehlen jeglicher Infrastruktur<br />
bestimmte meine ersten Kontakte mit den<br />
Dres. Zwick“. In den Ausgaben der <strong>Kurzeitung</strong><br />
20<strong>24</strong> vor und nach den Jubiläumsfeierlichkeiten<br />
„60 Jahre Johannesbad“ wird nicht nur<br />
dieses Interview eine Fortsetzung finden, auch<br />
das <strong>Kurzeitung</strong>-Archiv wird mit noch vielem<br />
Unbekannten geöffnet. Einige Bücher könnten<br />
über 60 Jahre Johannesbad und die Kurortentwicklung<br />
in dieser Zeit geschrieben werden.<br />
Johannesbad Gründerin Dr. med. Angelika<br />
Zwick, der auch in dieser Ausgabe der <strong>Kurzeitung</strong><br />
ein geschichtlicher Abschnitt gewidmet<br />
wird, steht bei den existenziellen Weichenstellungen<br />
im Mittelpunkt. Bürgermeister Gnan<br />
beschreibt den weiteren Meinungsaustausch:<br />
„Ich habe nach der ersten Kontaktaufnahme<br />
weitere Gespräche mit Frau Dr. Zwick geführt.<br />
Wir haben Überlegungen über die sinnvolle<br />
Kurortentwicklung angestellt. Was war damals<br />
zu tun, um den Kurort voranzubringen,<br />
die Existenzen abzusichern? Wir waren uns<br />
darin einig, dass nicht irgendwann, sondern<br />
rasch etwas geschehen muss. 1963 löste die<br />
Schließung der Therme I lähmendes Entsetzen<br />
im Kurort aus. Keiner wusste, was die Zukunft<br />
bringen würde. Es war sicher schicksalhaft,<br />
dass es Frau Dr. Zwick war, die der Forderung<br />
des damaligen Regierungspräsidenten Johann<br />
Riederer eine dritte Bohrung niederzubringen<br />
Verständnis entgegenbrachte“. Um es zusammenzufassen:<br />
„Das Ärzteehepaar Dres. Zwick<br />
hatte sich in dieser ausweglosen Situation des<br />
Kurortes entschieden, eine neue Therme in<br />
Privatinitiative zu erbohren. Sie mussten ihr<br />
gesamtes Vermögen aufs Spiel setzen.“ Aber<br />
es ging, wie Bürgermeister Gnan feststellte,<br />
ein Aufatmen durch den Ort als die Dres. Zwick<br />
den Entschluss fassten, diese entscheidende<br />
Bohrung zu riskieren. Am 22. August 1964<br />
konnte dann Pfarrer Eduard Ertl seinen berühmten<br />
Spruch sagen: „Habemus auqam“,<br />
wir haben Wasser. Die Johannes-Quelle konnte<br />
wie erhofft zur Aufwärtsentwicklung des Kurortes<br />
beitragen. Es sollte dann aber noch bis November<br />
1986, also rund 22 zusätzliche Jahre<br />
dauern, bis endgültige Rechtssicherheit in der<br />
Thermalwasserversorgung von Bad Füssing<br />
hergestellt wurde. Die vielen damit verbundenen<br />
Fragen, die Ereignisse in diesen Jahren<br />
werden den Chronisten „<strong>Kurzeitung</strong>“ an dieser<br />
Stelle weiter beschäftigen. Ein abschließendes<br />
Zitat von Bürgermeister Franz Gnan: „Die Existenzgrundlage<br />
von Bad Füssing war immer mit<br />
dem heilenden Thermal-Mineralwasser verbunden.<br />
Diesen Wert und dieses Gewicht immer<br />
verdeutlicht zu haben, ist eines der ganz<br />
besonderen Verdienste unserer Jubilarin Dr.<br />
med. Angelika Zwick. Dafür gebührt ihr unser<br />
herzlicher Dank“.<br />
Ihr<br />
Rudolf G. Maier<br />
Rudolf G. Maier<br />
Chefredakteur<br />
Ich wünsche Ihnen mit diesem kurzen Blick in<br />
die Kurortgeschichte und herzlichen Grüßen<br />
einen erfolgreichen Kur- und Erholungsaufenthalt<br />
bei uns in Bad Füssing.<br />
April 20<strong>24</strong><br />
UR<br />
KURZeitung<br />
03