Vinum et Spiritus - Mai 2024

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Wein trifft Spargel
Frischer Spargel verspricht Genuss ohne Reue
Ein Pfund der köstlichen Stangen
enthält gerade mal 65 kcal. Das
gilt für den weißen ebenso wie
für den etwas würzigeren grünen
Spargel. Ist das der Grund, warum
er hier so beliebt ist? Oder liegt es
ganz einfach nur am köstlichen
Geschmack und den vielfältigen
Gerichten? Hervorragend
schmeckt er als Suppe, als Salat
mit süßen Erdbeeren, mit Fisch
oder einfach mit Kartoffeln, Schinken
und cremiger Sauce Hollandaise.
Egal, auf welche Variante die
Wahl fällt, ein guter Schluck Wein
rundet jedes Spargelgericht ab –
nur der richtige muss es sein.
Weiß, grün oder lieber violett?
Jedes Jahr werden etwa 70 000
Tonnen Spargel geerntet. Und
dabei hat es das Stangengemüse
scheinbar besonders eilig: Bei
günstigen Verhältnissen wächst
Spargel bis zu 0,75 Zentimeter pro
Stunde, weshalb er zwei Mal täglich
durchgesehen werden muss.
Während der milde weiße Spargel
geerntet wird, bevor seine Spitzen
das Tageslicht erblicken, wächst
der deutlich würzigere grüne Spargel
über der Erde. Eher unbekannt
ist dahingegen der violette Spargel,
der in seinem Geschmack
an weißen Spargel erinnert und
geerntet wird, wenn seine Spitzen
bereits ein paar Zentimeter aus
der Erde ragen. So entsteht auch
seine violette Färbung.
Der passende Wein zum Spargel
Kellermeister Martin Hafner
empfiehlt zum Spargelgericht
einen Grauen Burgunder, der
charaktervoll ist, aber den feinen
Geschmack des Spargels nicht
überdeckt.
Ist der Wein besonders mild, präsentiert
sich harmonisch weich
und zeichnet sich durch seine
fruchtig-vollmundigen Aromen
und seine elegante Art aus, passt
er besonders gut zu Pasta, Fisch
Foto: stock.adobe.com
und Kalbsbraten, harmoniert aber
auch wunderbar mit Spargel, Gemüse
und Salaten. Woran erkennt
man guten Spargel? Neben der
Qualitätsklasse achten Gastronomen
beim Einkauf vor allem
darauf, dass die Spitzen schön
fest sind und glänzen und es beim
Aneinanderreiben der Stangen
quietscht.
Schinkenbrot statt
Hechtklößchen
Wein und Essen: Genuss kann so einfach sein
Welcher Wein passt zu welchem
Essen? Das Thema ist nicht neu.
Im Gegenteil: Gourmet – und edle
Weinzeitschriften sind voll von
Rezepten und Ratschlägen.
Für meine Bedürfnisse sind
manche dieser Tipps etwas
überspannt und überkandidelt.
Da wird zum Beispiel zu einer
kurzgebratenen Lammbrust in
Tomaten-Basilikum-Soße ein
trockener Müller-Thurgau-Qualitätswein
empfohlen, zu einem
gegrillten Haselhuhnbrüstchen
mit Champignons ein trockener
Kerner und zu Rühreiern mit
süß-saurem Gemüse eine halbtrockene
Scheurebe.
Mag sein, dass Feinschmecker
tatsächlich bei diesen Speise-Wein-Kombinationen
voll
auf ihre Kosten kommen. Ich
achte ebenfalls auf die richtige
Weinauswahl, allerdings etwas
einfacher und unkomplizierter.
Meine Regeln: Weißwein muss
kühl sein, Rotwein warm. Als
Aperitif empfehle ich eine süße
Spät- oder Auslese, zu Vorspeisen
sollte es ein leichter, spritziger
Weißwein sein, möglichst trocken,
zu Schweinefleisch passt eher ein
leichter Wein, zu rotem Fleisch
eher ein Rotwein. Kräftige Rotweine
passen zu Wildgerichten.
Ich mag‘s eher einfach, dem
Kult ums Essen kann ich nicht
viel abgewinnen. Ein ganzer
Wirtschaftszweig widmet sich
diesem Kult, angefangen von den
unzähligen, größtenteils nervigen
Kochsendungen im Fernsehen bis
zu Büchern und Hochglanzmagazinen
mit Rezepten von Sterneköchen,
die kaum ein Mensch
nachkochen kann. Und da gibt
es die Gourmetkritiker, die in den
feinsten Speisen herumstochern
und jeden Bissen ein Dutzend
Mal im Mund umdrehen, um zu
der Erkenntnis zu kommen, dass
das Hechtklößchen an Krustentiersauce
einen Tick mehr Salz
Foto: stock.adobe.com
vertragen könnte.
Dabei kann Genuss doch so
einfach und preiswert sein.
Frisches Brot, gute Butter und
eine Scheibe Schinken, mehr
braucht es nicht, um sich und
seine Geruchs- und Geschmacksnerven
zu verwöhnen. Dazu einen
leichten, frischen, trockenen oder
feinherben Riesling - das ist eine
köstliche Mahlzeit.
Manchmal ist das Wenige mehr
und das Einfache das Bessere.
Winfried Simon