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titelthema<br />
R Stun<strong>de</strong>n und die „Musiklehrer“ nur auf Hintergrund jungen Menschen zurufen<br />
4.000 Stun<strong>de</strong>n. Nirgends stieß Ericsson und zur Tagesordnung übergehen. Aber<br />
auf Naturtalente, die mühelos auf das für Malcolm Gladwell, <strong>de</strong>n Autor <strong>de</strong>s am<br />
Spitzenniveau vorgedrungen wären. 15. Januar auf Deutsch erschienenen<br />
Der amerikanische Neurologe Daniel Buchs „Überflieger“, <strong>de</strong>m diese Beispiele<br />
Levitin von <strong>de</strong>r McGill-University in entnommen sind, ist die 10.000-Stun<strong>de</strong>n<br />
Montreal bestätigt das Forschungsergeb- Regel mehr. Er bittet seine Leser, einnis:<br />
Egal, ob es sich um Komponisten, mal intensiver über folgen<strong>de</strong> Rechnung<br />
Basketballer, Romanautoren, Schlitt- nachzu<strong>de</strong>nken: Man muss von Montag<br />
schuhläufer o<strong>de</strong>r Schachspieler han<strong>de</strong>lt, bis Freitag täglich vier Stun<strong>de</strong>n trainie-<br />
immer wie<strong>de</strong>r dauert es 10.000 Übungsren, um in etwa zehn Jahren (!) auf die<br />
stun<strong>de</strong>n bis zum Weltklasseformat. „Es erfor<strong>de</strong>rliche Anzahl von 10.000 Übungs-<br />
scheint so, als benötige das Gehirn so stun<strong>de</strong>n zu kommen. Diese gewaltige<br />
lange, um all das zu assimilieren, was Anstrengung schafft kein Kind und auch<br />
nötig ist, um eine Tätigkeit wirklich zu kein Erwachsener, wenn sie auf sich al-<br />
beherrschen“, vermutet <strong>de</strong>r Neurologe. leingestellt sind. Die Gesellschaft Staat<br />
Das Gegenbeispiel „Mozart“ lässt er muss Möglichkeiten schaffen, dass Ta-<br />
nicht gelten. Mozarts Vater habe lange lente sich entfalten können. Es bedarf<br />
Zeit die Stücke seines Sohnes verbessert. <strong>de</strong>r richtigen „Umgebung“ – entwe<strong>de</strong>r<br />
<strong>Als</strong> Kind habe Mozart außer<strong>de</strong>m über- reicher Eltern o<strong>de</strong>r eines (staatlichen)<br />
wiegend Neuarrangements bekannter För<strong>de</strong>rprogramms, das <strong>de</strong>n Begabten<br />
Werke verfasst. <strong>Als</strong> erstes Meisterwerk, einen Trainer und die täglichen Trai-<br />
das allein auf Mozart zurückgeht, gilt in ningsmöglichkeiten wie Eislaufbahn<br />
Kennerkreisen das Klavierkonzert Nr. 9 o<strong>de</strong>r Computerzentrum zur Verfügung<br />
(KV 271), das Mozart im Alter von 21 stellt. Der Durchbruch zur Spitze hängt<br />
Jahren schrieb. Zu diesem Zeitpunkt eben nicht nur vom Fleiß ab. Es geht um<br />
hatte er schon mehr als zehn Jahre lang die Möglichkeiten, sich durch Üben zu<br />
das Komponieren geübt, betont Levitin. vervollkommnen, die viele von Haus aus<br />
nicht haben. Wie es auch ohne Staat,<br />
Ohne Fleiß kein Preis<br />
aber nur mit „Zufällen“ geht, zeigt Gladwell<br />
am Beispiel <strong>de</strong>r Microsoft-Grün<strong>de</strong>rs<br />
Auch die Beatles übten hart. Ihr Mana- Bill Gates. „Wie viel mehr Ausnahmeunger<br />
schickte sie 1960 nach Hamburg zu ternehmer hätten wir, wenn die Gesell-<br />
einem Nachtclubbesitzer namens Bruno schaft begabte Menschen gezielter för-<br />
Koschmi<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r eine Rock´n´Roll-Band <strong>de</strong>rn wür<strong>de</strong>?“, fragt <strong>de</strong>r Autor mahnend.<br />
für seine Striptease-Shows suchte. Die <strong>Als</strong> Bill Gates zwischen 13 und 17 Jahren<br />
Beatles mussten oft neun Stun<strong>de</strong>n am alt war, spielten sich in seinem Leben ein<br />
Stück spielen. Dadurch erarbeiteten sie paar glückliche Zufälle ab, die seinem<br />
sich viele unterschiedliche Musikstile Erfolg gewaltig auf die Sprünge halfen.<br />
und die Perfektion, die später ihren Bill Gates entwickelt sich zum jungen<br />
Durchbruch beschleunigte – wenn nicht Mathegenie. Er war <strong>de</strong>r Sohn eines rei-<br />
gar erst ermöglichte. „Ohne Fleiß gibt es chen Anwalts (Chance 1). Seine Eltern<br />
keinen Preis“, könnte man vor diesem schickten ihn auf eine progressive Privat-<br />
04.<br />
Nicht einfach viel arbeiten.<br />
Wichtig ist die fachliche und<br />
persönliche Entwicklung.<br />
20 wirtschaft + weiterbildung 02_2009<br />
05.<br />
Frühe För<strong>de</strong>rung durch<br />
Programme, Coaches o<strong>de</strong>r<br />
Mentoren hilft entschei<strong>de</strong>nd ...<br />
schule (Chance 2). Die Mütter <strong>de</strong>r dortigen<br />
Schüler veranstalteten regelmäßig<br />
eine Spen<strong>de</strong>nsammlung für die Schule.<br />
Im Jahr 1968 kauften die Mütter von <strong>de</strong>n<br />
Sponsorengel<strong>de</strong>rn einen Computer für<br />
die Schule (Chance 3). Bill verbrachte<br />
seine gesamte Freizeit im Computerraum.<br />
Über einen Schulfreund bekam<br />
Gates daraufhin Kontakt zu einem Unternehmen,<br />
für das er mit an<strong>de</strong>ren Schülern<br />
zusammen am Wochenen<strong>de</strong> Software testete.<br />
Das Unternehmen hatte nichts dagegen,<br />
dass die Schüler die Rechner für<br />
ihre eigenen Zwecke nutzten (Chance<br />
4). Bill wohnte in <strong>de</strong>r Nähe einer Universität,<br />
die ihm die Erlaubnis erteilte,<br />
zwischen drei und sechs Uhr morgens<br />
an ihren Rechnern zu arbeiten (Chance<br />
5). Ein Angebot, das er trotz <strong>de</strong>r ungewöhnlichen<br />
Uhrzeit gerne nutzte. Außer<strong>de</strong>m<br />
wur<strong>de</strong> Bill von seiner Schule im<br />
Rahmen einer Projektarbeit für mehrere<br />
Monate freigestellt, um bei einem Unternehmen<br />
ein Buchhaltungsprogramm zu<br />
entwickeln (Chance 6). Was haben all<br />
die Chancen gemeinsam? Sie erlaubten<br />
es Bill zu lernen. „<strong>Als</strong> er sich mit 20 Jahren<br />
selbstständig machte, hatte er praktisch<br />
sieben Jahre lang ununterbrochen<br />
programmiert. Er hatte mehr als 10.000<br />
Stun<strong>de</strong>n Praxis“, rechnet Gladwell vor.<br />
Fazit: Erfolg wird bislang immer nur <strong>de</strong>m<br />
Talent einzelner Menschen zugeschrieben.<br />
Gladwell macht klar, dass eine<br />
enor me Trainingsleistung dazukommen<br />
muss. Und dass Erfolg auch eine Menge<br />
mit Unterstützung durch an<strong>de</strong>re (Familie,<br />
Lehrer, Staat) und <strong>de</strong>m Zufall zu<br />
tun hat. „Wir schauen oft nur auf einen<br />
Baum, ich <strong>de</strong>nke, wir sollten auf <strong>de</strong>n<br />
Wald schauen, wenn wir erklären wollen,<br />
warum ein Baum beson<strong>de</strong>rs schön R<br />
06.<br />
... ebenso wie rechtzeitiges<br />
kollegiales Networking mit<br />
Gleichgesinnten.