648 RFA VVG Schlussbericht 13.10.2010 - Seco - admin.ch
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Glossar<br />
Glossar<br />
■ Adverse Selektion (Adverse Selection): Wenn die VU ex ante, d.h. vor Vertragss<strong>ch</strong>luss, ni<strong>ch</strong>t in der<br />
Lage sind, die Risiken zu diskriminieren, müssen sie einen sog. Mis<strong>ch</strong>vertrag (pooling contract) anbieten,<br />
dessen Prämie für ein dur<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>nittli<strong>ch</strong>es Risiko bere<strong>ch</strong>net ist (generelle Prämie). Diese Prämie übersteigt<br />
die Zahlungsbereits<strong>ch</strong>aft der guten Risiken. Diese reagieren auf zwei mögli<strong>ch</strong>e Weisen: Sie verzi<strong>ch</strong>ten auf<br />
eine Fremdversi<strong>ch</strong>erung ihres Risikos oder wandern zu einem anderen VU ab. In beiden Fällen verliert das<br />
VU, das den Mis<strong>ch</strong>vertrag anbietet, die guten Risiken. Dies führt dazu, dass das VU die Prämien na<strong>ch</strong> oben<br />
anpassen muss, wenn es keinen Verlust ma<strong>ch</strong>en will. Eine Prämienerhöhung führt jedo<strong>ch</strong> zu einer weite-<br />
ren Abwanderung der guten Risiken. Diesen Prozess der Ansammlung s<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>ter Risiken nennt man ad-<br />
verse Selektion. Adverse Selektion führt zu einer Reduktion der Menge der versi<strong>ch</strong>erten Risiken und er-<br />
höht die Instabilität des Marktglei<strong>ch</strong>gewi<strong>ch</strong>ts.<br />
■ Asymmetris<strong>ch</strong>e Information (Asymmetric Information): Sowohl die VU als au<strong>ch</strong> die VN sind Infor-<br />
mationsdefiziten ausgesetzt (→ unvollständige Information). Von asymmetris<strong>ch</strong>er Information spri<strong>ch</strong>t<br />
man, wenn die Vertragsparteien in unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>em Ausmass von den Informationsdefiziten betroffen<br />
sind; wenn die Informationen also asymmetris<strong>ch</strong> über die Vertragsparteien verteilt sind. Asymmetris<strong>ch</strong>e<br />
Information kann zu einem Marktversagen führen und einen staatli<strong>ch</strong>en Eingriff in die Vertragsfreiheit<br />
re<strong>ch</strong>tfertigen. Insbesondere ermögli<strong>ch</strong>t asymmetris<strong>ch</strong>e Information opportunistis<strong>ch</strong>es Verhalten der Ver-<br />
tragsparteien (→ ex ante Opportunismus und ex post Opportunismus).<br />
■ Bes<strong>ch</strong>ränkte Rationalität (Bounded Rationality): Aus der experimentellen Wirts<strong>ch</strong>aftsfors<strong>ch</strong>ung ist<br />
bekannt, dass si<strong>ch</strong> Wirts<strong>ch</strong>aftssubjekte in komplexen Ents<strong>ch</strong>eidungssituationen oft ni<strong>ch</strong>t rational im Sinne<br />
der Nutzenmaximierung verhalten. Bes<strong>ch</strong>ränkte Rationalität kann zu einem Marktversagen führen und<br />
staatli<strong>ch</strong>e Eingriffe in die Vertragsfreiheit re<strong>ch</strong>tfertigen. Im Versi<strong>ch</strong>erungsmarkt dürften insbesondere die<br />
folgenden Verhaltensanomalien relevant sein, die aus der experimentellen Wirts<strong>ch</strong>aftsfors<strong>ch</strong>ung bekannt<br />
sind: Framinganomalie (→ Framinganomalie), Selbtübers<strong>ch</strong>ätzungsanomalie (→ Selbstübers<strong>ch</strong>ätzungs-<br />
anomalie), Wahrs<strong>ch</strong>einli<strong>ch</strong>keitsanomalie(→ Wahrs<strong>ch</strong>einli<strong>ch</strong>keitsanomalie) und eine zu hohe Gegenwarts-<br />
präferenz(→ Zu hohe Gegenwartspräferenz).<br />
■ Cheapest Cost Avoider: Diejenige Vertragspartei, die ein Vertragsrisiko unter Aufwendung der ge-<br />
ringsten Kosten vermeiden kann, wird in der ökonomis<strong>ch</strong>en Literatur «Cheapest Cost Avoider» genannt.<br />
Aus wohlfahrtsökonomis<strong>ch</strong>er Si<strong>ch</strong>t sollte ein Vertragsrisiko dem Cheapest Cost Avoider zugeordnet wer-<br />
den.<br />
■ Cheapest Insurer: Es gibt Vertragsrisiken, ni<strong>ch</strong>t ni<strong>ch</strong>t mit einem vertretbaren Aufwand verhindert wer-<br />
den können, so dass es keinen Cheapest Cost Avoider (→ Cheapest Cost Avoider) gibt. In diesem Fall<br />
sollte das Vertragsrisiko derjenigen Vertragspartei zugeordnet werden, wel<strong>ch</strong>e das Risiko zu den günstigs-<br />
ten Konditionen versi<strong>ch</strong>ern kann. Diese Vertragspartei wird «Cheapest Insurer» genannt.<br />
■ Ex ante Opportunismus der VI: Ex ante Opportunismus der VI liegt dann vor, wenn sie die Informati-<br />
onsdefizite der VN (→ unvollständige Information und asymmetris<strong>ch</strong>e Information) vor Vertragss<strong>ch</strong>luss (ex<br />
ante) opportunistis<strong>ch</strong> ausnutzen, indem sie den VN Versi<strong>ch</strong>erungsverträge empfehlen und verkaufen, die<br />
ni<strong>ch</strong>t den Nutzen der VN, sondern ihren eigenen Nutzen (Ertrag) maximieren. Dur<strong>ch</strong> die opportunistis<strong>ch</strong>e<br />
Ausbeutung 1 der Vertrauensbeziehung kommen die VI in den Genuss einer Opportunitätsprämie. Ex ante<br />
Opportunismus führt dazu, dass die Kaufents<strong>ch</strong>eide der VN bezügli<strong>ch</strong> ihren Präferenzen und Bedürfnisse<br />
suboptimal sind. Im s<strong>ch</strong>limmsten Fall führt ex ante Opportunismus der VI zu einem Win-Loose-Vertrag, der<br />
für den VN eine negative Konsumentenrente (→ Konsumentenrente) aufweist.<br />
1 Wir verwenden den Begriff der «Ausbeutung», weil dieser in der ökonomis<strong>ch</strong>en Literatur in Zusammenhang mit opportunistis<strong>ch</strong>em<br />
Verhalten gebräu<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> ist.<br />
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