Bericht zur Waffentauglichkeit von Reaktorplutonium - IANUS ...
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1 Diskussionsstand <strong>zur</strong> <strong>Waffentauglichkeit</strong> <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong><br />
im Rückblick<br />
1.1 Internationale Entwicklung ab der Entdeckung des Plutonium<br />
Das für die ersten Experimente verwendete Plutonium-239 war ab 1940 im Zyklotron<br />
<strong>von</strong> Berkeley (USA) erzeugt worden. Erste größere Mengen wurden in einem Reaktor in<br />
Clinton, Tennessee, gewonnen und enthielten erstmals einen nennenswerten Anteil des<br />
spontanspaltenden Isotops Plutonium-240. Untersuchungen an diesem - im damaligen<br />
Sinne - <strong>Reaktorplutonium</strong> zeigten im Juli 1943 eine sehr viel höhere Neutronenstrahlung<br />
gegenüber reinem Plutonium-239. Dies bedeutete einen schweren Rückschlag für das mit<br />
der Entwicklung der ersten Atombomben beschäftige Manhattan-Projekt, denn mit den<br />
bis dorthin entwickelten Zusammenschußtechniken kritischer Konfigurationen war dieses<br />
Plutonium nicht mehr verwendbar [HAWK61]. Für den Bombenbau ausreichende Mengen<br />
an Plutonium waren jedoch nur mittels eines Reaktors zu erzeugen, so daß das Ziel<br />
Plutoniumbombe schlagartig in weite Ferne rückte.<br />
Der vielzitierte ”Los Alamos Primer” [SERB43] vom April 1943, der einen 1961 deklassifizierten<br />
Einführungskurs in das Manhattan-Projekt darstellt, kennt tatsächlich das<br />
Isotop Plutonium-240 und die mit ihm verbundenen Schwierigkeiten noch nicht. Die im<br />
Primer erläuterten Konfigurationen unterkritischer Massen, die bei Zusammenschuß kritische<br />
Massen bilden sollen, waren zwar sehr vielseitig, die Implosionsmethode jedoch<br />
war noch nicht in Erwägung gezogen. Binnen eines Jahres wurde dann die damals neue<br />
Sprenglinsentechnik entwickelt, mit der auch dieses Plutonium für den ersten Test im Juli<br />
1945 geeignet war. Es erbrachte sogar eine Energieausbeute, die die meisten Erwartungen<br />
der am Bau der Bombe beteiligten Wissenschaftler weit übertraf (siehe auch Kapitel<br />
2.1). Solches Plutonium, welches wegen seines Isotopengemisches für Waffenzwecke untauglich<br />
ist, wurde bereits früh als ”denaturiert” bezeichnet. Einer der Entdecker des<br />
Plutoniums, Glenn T. Seaborg, berichtete 1976, er habe bereits 1945, insbesondere in<br />
schriftlichen Stellungnahmen zu Entwürfen des sogenannten Franck-Reports, ausdrücklich<br />
darauf hingewiesen, daß eine solche ”Denaturierung” mit dem Isotop Plutonium-240<br />
alleine nicht möglich sei [WOHL77]. Er sei enttäuscht gewesen, diese Tatsache sowohl im<br />
Franck-Report vom 11. Juni 1945 als auch im Acheson-Lilienthal-Report [ACHE46] vom<br />
16. März 1946 nicht erwähnt gefunden zu haben. (Die beiden angesprochenen <strong>Bericht</strong>e<br />
stellen einen frühen gemeinsamen Versuch <strong>von</strong> Wissenschaftlern, Militärs und Politikern<br />
dar, die Folgen der in der Entwicklung begriffenen Atomtechnik abzuschätzen und in ihrem<br />
Sinne zu beeinflussen.)<br />
Der Acheson-Lilienthal-Report sagte, Plutonium könne denaturiert werden, so daß mit<br />
aller (damals) bekannten Technik der Bau effektiver Atomwaffen unmöglich sei. Eine<br />
technische Entwicklung, die den Bau doch noch ermöglichen würde, würde gewaltiger<br />
wissenschaftlicher und technischer Anstrengungen bedürfen. Reaktoren hingegen sollten<br />
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