Bericht zur Waffentauglichkeit von Reaktorplutonium - IANUS ...
Bericht zur Waffentauglichkeit von Reaktorplutonium - IANUS ...
Bericht zur Waffentauglichkeit von Reaktorplutonium - IANUS ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>IANUS</strong><br />
Interdisziplinäre Arbeitsgruppe<br />
Naturwissenschaft, Technik und Sicherheit<br />
Interdisciplinary Research Group Science, Technology and Security<br />
Arbeitsbericht <strong>IANUS</strong> 1/1989<br />
Egbert Kankeleit<br />
Christian Küppers<br />
Ulrich Imkeller<br />
<strong>Bericht</strong> <strong>zur</strong><br />
<strong>Waffentauglichkeit</strong> <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong><br />
Erweiterter <strong>Bericht</strong>e anläßlich der Anhörung <strong>von</strong> Sachverständigen zum Thema<br />
”Gefahren der Weiterverbreitung <strong>von</strong> Atomwaffen” im Hessischen Landtag am<br />
15.06.1984 *ChristianKüppers, jetzt Öko-Institut Darmstadt<br />
Interdisziplinre Arbeitsgruppe Naturwissenschaft, Technik und Sicherheit<br />
Technische Universität Darmstadt<br />
Hochschulstrae 10, D-64289 Darmstadt, Germany<br />
Fon: 06151-16-4368, -3016, Fax: 06151-16-6039, E-Mail: ianus@hrzpub.tu-darmstadt.de<br />
Internet: www.tu-darmstadt.de/ze/ianus
Abstract<br />
This paper discusses the question of suitability of plutonium separated from commercial<br />
high burnup reactor fuel elements for nuclear bomb production.<br />
With regard to this question in a first chapter a historic overview is presented: -of the<br />
international literature -proposed methods for preventing the use of this plutonium and<br />
-the particular discussion in the BRD.<br />
In a second chapter radiation safety problems in handling reactor plutonium are discussed.<br />
The effect of radiation and heat on chemical high explosives is treated.<br />
The third chapter discusses the criticality and dynamic evolution of critical assemblies<br />
and presents estimations of the probabilistic yieldistribution due to preignition in reactorgrade<br />
plutonium fission bombs.<br />
Conclusion: effective plutonium fission bombs can be build by using reactor plutonium.<br />
Depending on compression velocity there would be a considerable yield even if preignited<br />
under worst conditions. A 4 kg reactor plutonium bomb would have an order of magnitude<br />
lower in yield than that made from weapongrade, but this yield would be obtained with<br />
nearly 100 % probability.<br />
Einführung<br />
Dieser <strong>Bericht</strong> versucht der Frage nachzugehen, ob unter Verwendung <strong>von</strong> ”<strong>Reaktorplutonium</strong>”,<br />
d.h. einem in stromerzeugenden Reaktoren gewonnenen Plutonium, der Bau <strong>von</strong><br />
Atomwaffen realisierbar ist. In den USA haben bereits seit Anfang der siebziger Jahre<br />
Wissenschaftler, die selbst in Atomwaffenprojekten tätig waren, die Befürchtung eines<br />
Mißbrauchs <strong>von</strong> Reaktor-Plutonium zu Waffenzwecken öffentlich geäußert.<br />
In der Bundesrepublik kommt der Frage der Möglichkeit eines Mißbrauchs, auch nach dem<br />
Baustopp der Wiederaufarbeitungsanlage in Wackersdorf, weiterhin Bedeutung zu, da die<br />
Aufarbeitung der Brennelemente und die Abtrennung <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong> immer noch<br />
vorrangiges Ziel der Entsorgungspolitik ist. Mit einem Technologietransfer sind auch horizontale<br />
Proliferationsprobleme verbunden. Die Abgrenzung <strong>von</strong> ziviler und militärischer<br />
Anwendung ist diffus.<br />
Die sogenannte ”Bastlerbombe aus der Garage” ist sicher unrealistisch. Um so mehr wird<br />
nach den Möglichkeiten eines Staates, sei es ein hochentwickeltes Industrieland oder ein<br />
Land der sogenannten Dritten Welt, welches die Kernernergie einsetzt, zu fragen sein.<br />
Ebenso sind die Möglichkeiten einer technisch ausgebildeten Gruppe <strong>von</strong> Terroristen zu<br />
beurteilen.<br />
Diese Fassung ist eine Überarbeitung des <strong>Bericht</strong>es mit dem gleichen Titel vom Mai 1988.<br />
Eine aktualisierte Literaturauswertung wurde nicht vorgenommen. Der Stand der Auswertung<br />
ist Juli 86.<br />
Das 1. Kapitel besteht aus einem geschichtlichen Überblick und beinhaltet:<br />
2
• eine Durchsicht internationaler Literatur auf Äußerungen <strong>zur</strong> <strong>Waffentauglichkeit</strong><br />
<strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong>,<br />
• eine Übersicht vorgeschlagener Methoden, Plutonium künstlich waffenuntauglich zu<br />
machen,<br />
• eine Bewertung der in der Bundesrepublik Deutschland abgelaufenen Diskussion der<br />
<strong>Waffentauglichkeit</strong> <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong>.<br />
Im 2. Kapitel werden spezielle Probleme bei Umgang mit <strong>Reaktorplutonium</strong> für waffentechnische<br />
Zwecke und einige weitere physikalische Aspekte besprochen, unter anderem:<br />
• Schießtechniken um ”unterkritische” Massen zu ”kritischen” zu kompaktieren,<br />
• Entstehung und Aufbau der Plutonium-Isotope in Brennelementen,<br />
• Handhabung <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong> in bezug auf Auswirkung der radioaktiven<br />
Strahlung und damit verbundene Wärmeentwicklung,<br />
• Einflüsse der Strahlung und Wärmeentwicklung auf eine chemische Sprengstoffladung,<br />
• Gründe der Verwendung <strong>von</strong> Waffenplutonium durch die etablierten Kernwaffenstaaten.<br />
Im 3. Kapitel wird das Frühzündungsproblems einer Plutonium-Spaltbombe behandelt.<br />
Damit soll eine Präzisierung der zitierten Angaben <strong>zur</strong> Statistik der Energiefreisetzung<br />
(Yield) erreicht werden.<br />
Selbstverständlich konnten wir in der uns zu dieser Arbeit <strong>zur</strong> Verfügung stehenden<br />
Zeit weder sämtliches existierende Material sichten noch sämtliches gesichtete Material<br />
anführen oder gar bewerten. Eine einseitige Auswahl des <strong>von</strong> uns zitierten Materials haben<br />
wir jedoch nicht vorgenommen.<br />
Vorab sind ein paar im folgenden häufig verwendete Begriffe zu erläutern:<br />
Unter Waffenplutonium wird im allgemeinen ein Plutonium verstanden, welches neben<br />
Plutonium-239 einen Anteil am Isotop Plutonium-240 <strong>von</strong> weniger als 7 % aufweist. In<br />
Kapitel 2.1 und 3 ist näher dargelegt, weshalb Plutonium-240 die Qualität des Plutoniums<br />
für Waffenzwecke beeinflußt.<br />
Unter <strong>Reaktorplutonium</strong> verstehen wir - analog gängiger Definition - ein Plutonium,<br />
das in der Stromproduktion dienenden Leichtwasserreaktoren erzeugt wurde. Bei<br />
deren Betrieb wird aus Gründen der Wirtschaftlichkeit der Brennstoff so lange im Reaktor<br />
bestrahlt, bis sich neben Plutonium-239 die Isotope Plutonium-238, Plutonium-<br />
240, Plutonium-241 und Plutonium-242 in bedeutsamen Mengen aufbauen. Eine typische<br />
Isotopen-Zusammensetzung bei <strong>Reaktorplutonium</strong> wäre z.B.: 1,5 % 238 Pu; 56,5 % 239 Pu;<br />
26,5 % 240 Pu; 11,5 % 241 Pu und 4,1 % 242 Pu [ALKE82].<br />
3
Die Sprengkraft (engl.: yield) einer Atomwaffe wird üblicherweise in Äquivalent des brisanten<br />
Sprengstoffs TNT (Trinitrotoluol) angegeben. Eine Atomwaffe <strong>von</strong> beispielsweise<br />
einer Kilotonne (kt) TNT hat dann die gleiche Sprengkraft wie eine Kilotonne (1000<br />
Tonnen) des Sprengstoffs TNT.<br />
Der Abbrand <strong>von</strong> Brennelementen ist ein Maß der daraus, durch Kernspaltung, erzeugten<br />
Energie. Typische thermische Leistungen <strong>von</strong> Kernkraftwerken (z.B. Biblis A) liegen im<br />
Bereich <strong>von</strong> 3 GW (3 · 10 9 W), das Brennstoffinventar beträgt ca. 100 t Uran. Bei einer<br />
Standzeit der Brennelemente <strong>von</strong> rd. 3 Jahren ergibt sich eine erzeugte Energiemenge <strong>von</strong><br />
(3GW/100t) · 3 · 365d =33GWdprot.Für Waffenplutonium liegt der Abbrand unter 5<br />
GWd/t.<br />
4
Inhaltsverzeichnis<br />
1 Diskussionsstand <strong>zur</strong> <strong>Waffentauglichkeit</strong> <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong> im<br />
Rückblick 6<br />
1.1 Internationale Entwicklung ab der Entdeckung des Plutonium . . . . . . . 6<br />
1.2 Vorschläge <strong>zur</strong> Denaturierung <strong>von</strong> Plutonium seit Mitte der siebziger Jahre 15<br />
1.3 Ansichten bezüglich der <strong>Waffentauglichkeit</strong> <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong> in der<br />
Bundesrepublik Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19<br />
2 Spezielle Probleme bei Umgang mit <strong>Reaktorplutonium</strong> für waffentechnische<br />
Zwecke 29<br />
2.1 Schießtechnik in Plutoniumbomben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29<br />
2.2 Aufbau der Pu-Isotope in Brennelementen und Neutronenhintergrund . . . 30<br />
2.3 Die Neutronenquelle <strong>zur</strong> Einleitung einer Kettenreaktion . . . . . . . . . . 33<br />
2.4 Hantierung <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong> . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34<br />
2.4.1 Dosisbelastung durch radioaktive Strahlung . . . . . . . . . . . . . 34<br />
2.4.2 Wärmeentwicklung durch Radioaktivität . . . . . . . . . . . . . . . 36<br />
2.4.3 Selbstentzündung bei der Plutoniumverarbeitung . . . . . . . . . . 36<br />
2.5 Einflüsse <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong> auf eine Sprengstoffladung . . . . . . . . . 39<br />
2.5.1 Einflüsse radioaktiver Strahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39<br />
2.5.2 Einflüsse der Wärmeleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40<br />
2.6 Wiederauffindbarkeit <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong> durch seine Strahlung . . . . . 42<br />
2.7 Gründe der Kernwaffenstaaten für die Verwendung <strong>von</strong> Waffenplutonium . 43<br />
3 Abschätzungen <strong>zur</strong> Frühzündungswahrscheinlichkeit 46<br />
4 Anhang 60<br />
5
1 Diskussionsstand <strong>zur</strong> <strong>Waffentauglichkeit</strong> <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong><br />
im Rückblick<br />
1.1 Internationale Entwicklung ab der Entdeckung des Plutonium<br />
Das für die ersten Experimente verwendete Plutonium-239 war ab 1940 im Zyklotron<br />
<strong>von</strong> Berkeley (USA) erzeugt worden. Erste größere Mengen wurden in einem Reaktor in<br />
Clinton, Tennessee, gewonnen und enthielten erstmals einen nennenswerten Anteil des<br />
spontanspaltenden Isotops Plutonium-240. Untersuchungen an diesem - im damaligen<br />
Sinne - <strong>Reaktorplutonium</strong> zeigten im Juli 1943 eine sehr viel höhere Neutronenstrahlung<br />
gegenüber reinem Plutonium-239. Dies bedeutete einen schweren Rückschlag für das mit<br />
der Entwicklung der ersten Atombomben beschäftige Manhattan-Projekt, denn mit den<br />
bis dorthin entwickelten Zusammenschußtechniken kritischer Konfigurationen war dieses<br />
Plutonium nicht mehr verwendbar [HAWK61]. Für den Bombenbau ausreichende Mengen<br />
an Plutonium waren jedoch nur mittels eines Reaktors zu erzeugen, so daß das Ziel<br />
Plutoniumbombe schlagartig in weite Ferne rückte.<br />
Der vielzitierte ”Los Alamos Primer” [SERB43] vom April 1943, der einen 1961 deklassifizierten<br />
Einführungskurs in das Manhattan-Projekt darstellt, kennt tatsächlich das<br />
Isotop Plutonium-240 und die mit ihm verbundenen Schwierigkeiten noch nicht. Die im<br />
Primer erläuterten Konfigurationen unterkritischer Massen, die bei Zusammenschuß kritische<br />
Massen bilden sollen, waren zwar sehr vielseitig, die Implosionsmethode jedoch<br />
war noch nicht in Erwägung gezogen. Binnen eines Jahres wurde dann die damals neue<br />
Sprenglinsentechnik entwickelt, mit der auch dieses Plutonium für den ersten Test im Juli<br />
1945 geeignet war. Es erbrachte sogar eine Energieausbeute, die die meisten Erwartungen<br />
der am Bau der Bombe beteiligten Wissenschaftler weit übertraf (siehe auch Kapitel<br />
2.1). Solches Plutonium, welches wegen seines Isotopengemisches für Waffenzwecke untauglich<br />
ist, wurde bereits früh als ”denaturiert” bezeichnet. Einer der Entdecker des<br />
Plutoniums, Glenn T. Seaborg, berichtete 1976, er habe bereits 1945, insbesondere in<br />
schriftlichen Stellungnahmen zu Entwürfen des sogenannten Franck-Reports, ausdrücklich<br />
darauf hingewiesen, daß eine solche ”Denaturierung” mit dem Isotop Plutonium-240<br />
alleine nicht möglich sei [WOHL77]. Er sei enttäuscht gewesen, diese Tatsache sowohl im<br />
Franck-Report vom 11. Juni 1945 als auch im Acheson-Lilienthal-Report [ACHE46] vom<br />
16. März 1946 nicht erwähnt gefunden zu haben. (Die beiden angesprochenen <strong>Bericht</strong>e<br />
stellen einen frühen gemeinsamen Versuch <strong>von</strong> Wissenschaftlern, Militärs und Politikern<br />
dar, die Folgen der in der Entwicklung begriffenen Atomtechnik abzuschätzen und in ihrem<br />
Sinne zu beeinflussen.)<br />
Der Acheson-Lilienthal-Report sagte, Plutonium könne denaturiert werden, so daß mit<br />
aller (damals) bekannten Technik der Bau effektiver Atomwaffen unmöglich sei. Eine<br />
technische Entwicklung, die den Bau doch noch ermöglichen würde, würde gewaltiger<br />
wissenschaftlicher und technischer Anstrengungen bedürfen. Reaktoren hingegen sollten<br />
6
sich mit dem denaturierten Material leicht betreiben lassen. Allerdings schränkte der<br />
Acheson-Lilienthal-Report ein:<br />
”Only a constant reexamination of what is sure to be a rapidly changing<br />
technical situation will give us added confidence that the line between what is<br />
dangerous and what is safe has been correctly drawn; if it will not stay fixed.”<br />
Der Vertreter der Vereinigten Staaten in der United Nations Atomic Energy Commission,<br />
Bernard M. Baruch, unterbreitete den Vereinten Nationen am 14. Juni 1946 den Plan,<br />
sämtliches spaltbare Material einer internationalen Behörde zu übergeben. Der Vorschlag<br />
wurde als ”Baruch-Plan” [BARU46] bekannt und enthielt den einer Pressemitteilung des<br />
Department of State vom 9. April 1946 entnommenen Passus:<br />
”In some cases denaturing will not completely preclude making atomic weapons,<br />
but will reduce their effectiveness by a large factor ... Further technical<br />
information will be required ... before precise estimates of the value of denaturing<br />
can be formulated. Denaturing though valuable in adding to the flexibility<br />
of a system of controls, cannot itself eliminate the dangers of atomic warfare.”<br />
”Denaturing” bedeutete ausdrücklich die Überführung in ein waffenuntaugliches Gemisch<br />
mittels Beimischung eines Isotops gleicher chemischer Eigenschaften. Konkrete Denaturanten<br />
gab Baruch ebensowenig wie der Acheson-Lilienthal-Report an. Die Etablierung<br />
der <strong>von</strong> Baruch vorgeschlagenen ”limited form of a World Government” [WILL74] scheiterte<br />
übrigens daran, daß die USA ihre Atomwaffen erst dann vernichten wollten, wenn<br />
alles sonstige auf der Erde produzierte spaltbare Material der internationalen Behörde<br />
übergeben und eine internationale Kontrolle aufgebaut gewesen wäre.<br />
Später wurde lange Zeit nicht mehr öffentlich auf eine mögliche Verwendung des in Leistungsreaktoren<br />
erzeugten Plutoniums in Atomwaffen hingewiesen. Eine Erklärung der<br />
U.S. Atomic Energy Commission im Jahre 1952, derzufolge entgegen vorheriger Annahmen<br />
<strong>Reaktorplutonium</strong> doch waffentauglich sein sollte, fand angeblich kaum Beachtung<br />
[TAYL73]. Auch als mit dem Shippingport Reactor in den USA im Dezember 1957 der<br />
erste Atomreaktor der Welt in Betrieb genommen wurde, der ausschließlich der Stromerzeugung<br />
dienen sollte, und die sogenannte friedliche Nutzung der Atomenergie immer<br />
weitere Verbreitung fand, gab es kaum Stimmen, die auf eine damit möglicherweise verbundene<br />
weitere Verbreitung <strong>von</strong> Atomwaffen aufmerksam gemacht hätten. Erst zu Beginn<br />
der siebziger Jahre wurde dieses Thema in den USA sozusagen neu entdeckt. In<br />
anderen Ländern - z.B. Frankreich - soll dies etwas früher geschehen sein, jedoch ohne<br />
Aufmerksamkeit zu erregen [LOVI80].<br />
Eine der ersten warnenden Stimmen, J. Carson Mark, wurde und wird häufig zitiert.<br />
Mark, langjähriger Direktor der Abteilung für Theoretische Physik in Los Alamos und<br />
auch am Manhattan-Projekt beteiligt, sagte auf dem zehnten Pugwash Symposium in<br />
Racine, Wisconsin (26.-29. Juni 1970), veröffentlicht 1971 [MARK71]:<br />
7
”I would like to warn people concerned with such problems that the old notion<br />
that reactor-grade plutonium is incapable of producing nuclear explosions - or<br />
that plutonium could easily be rendered harmless by the addition of modest<br />
amounts of plutonium-240, or ’denatured’, as the phrase used to go - that these<br />
notions have been dangerously exaggerated. This observation is, of course,<br />
of no direct practical interest to the United States or the USSR, who have<br />
adequate supplies of weapon-grade plutonium, and have proved designs for<br />
weapons much better than could easily be made with plutonium from power<br />
reactors. To someone having no nuclear weapons at all, or no source of highgrade<br />
materials, however, the prospect of obtaining weapons - even of an<br />
”inferior” or ”primitive” type - could present quite a different aspect.”<br />
Mark berichtete auch, er habe auf der Konferenz mit Jan Prawitz vom National Research<br />
Institute of Defense in Stockholm gesprochen und habe so erfahren, daß ein Kollege <strong>von</strong><br />
Prawitz mit Berechnungen die Verwendbarkeit jeder Art <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong> in Bomben<br />
belegen könne [MARK71; PRAW74].<br />
Anfang der siebziger Jahre begann Theodore B. Taylor, beständig vor einer möglichen<br />
Entwendung <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong> durch Terroristen zu warnen. Er tat dies z.B. auf dem<br />
Symposium on Implementing Nuclear Safeguards an der Universität des Staates Kansas,<br />
25.-27. Oktober 1971, veröffentlicht 1972 [TAYL72]. Taylor war <strong>von</strong> 1946 bis 1956 in Los<br />
Alamos mit der Entwicklung <strong>von</strong> Atomwaffen betraut, war später als Technischer Direktor<br />
des Nuclear Space Propulsion Project und als Senior Research Advisor bei der<br />
General Atomic Division of General Dynamics Corporation tätig, wechselte <strong>zur</strong> Defense<br />
Atomic Support Agency in Washington, verbrachte zwei Jahre in Wien bei der International<br />
Atomic Energy Agency und gründete schließlich 1967 die International Research<br />
and Technology Corporation, die sich überwiegend mit sozialen Auswirkungen technischer<br />
Entwicklungen beschäftigen sollte.<br />
Die Beantwortung der Frage, ob Terroristen mittels <strong>Reaktorplutonium</strong> eine wirksame<br />
Bombe bauen könnten überließ Taylor auf dem oben genannten Symposium noch David<br />
B. Hall [HALL72]; später faßte Taylor diese beiden verwandten Themen in eigenen<br />
Veröffentlichungen zusammen. Hall, Manager des Safeguard Programms am Los Alamos<br />
Scientific Laboratory, beschränkte sich 1971 auf Aussagen zu Explosionen einer Stärke<br />
<strong>von</strong> einigen Tonnen brisanter Sprengstoffe. Erklärtermaßen war er sich jedoch im klaren,<br />
daß auch geringere Energieausbeuten enorme Schäden verursachen können und nicht<br />
akzeptabel sind. Hall [HALL72] führte aus:<br />
”Commercial grade plutonium will have a large fraction of its content as<br />
plutonium-240 with its high spontanous fission rate. This constitutes a large<br />
neutron presence of more than a million neutrons per second and complicates<br />
the design. One can imagine rapid assembly methods that will to some extent<br />
overcome this difficulty and result in an explosive yield. In general, it can be<br />
stated that the high plutonium-240 content will make the explosive performance<br />
quite unpredictable but not impossible. The degree of sophistication<br />
8
equired for a successful device with this material is greater than the types<br />
previously discussed. However, one should not assume that such sophistication<br />
does not exist in the criminal or fanatic world.”<br />
Victor Gilinsky, Physiker bei der Rand Corporation, hatte noch 1971 in einem Beitrag des<br />
Buches ”Civilian Nuclear Power and Internal Security” [WILL71] die Meinung vertreten,<br />
auch bei Verwendung der Implosionstechnik könne <strong>Reaktorplutonium</strong> die Leistungsfähigkeit<br />
einer Atomwaffe stark einschränken. Gilinsky hatte deshalb ziviles Plutonium für im<br />
allgemeinen untauglich in einfachen, zuverlässigen und effektiven Waffen bezeichnet. 1972<br />
jedoch, in einem Nachdruck dieses Aufsatzes in der Zeitschrift Environment [GILI72],<br />
fügte er bereits als ”A Warning Note” in einem abgesetzten Kasten Zitate <strong>von</strong> J. Carson<br />
Mark (vgl. oben) ein. Gilinsky schrieb, Marks warnende Äußerungen fügten dem Problem<br />
eine neue Dimension hinzu. Später gehörte Gilinsky zu den Mitgliedern des Kongresses,<br />
die mit größter Vehemenz auf Proliferationsprobleme hinwiesen.<br />
Beachtung verdient auch das im Jahre 1973 <strong>von</strong> Mason Willrich herausgegebene Buch<br />
”International Safeguards and Nuclear Industry”, welches das Ergebnis einer <strong>von</strong> der<br />
American Society of International Law’s Panal on Nuclear Energy and World Order geleiteten<br />
und <strong>von</strong> der National Science Foundation finanziell unterstützten Studie war.<br />
Willrich selbst war ein mit Abrüstungsfragen beschäftigter Professor für Rechtswissenschaften.<br />
In seinem eigenen Beitrag des Buches [WILL73] schrieb er:<br />
”While the plutonium produced in the cource of normal commercial operation<br />
of most types of power reactors is very difficult to use in an efficient explosive,<br />
it is relatively easy to use in a crude, inefficient explosive device.”<br />
Ebenfalls der bereits vorgestellte Theodore B. Taylor trug mit einem Aufsatz zu diesem<br />
Buch bei [TAYL73]. Er fügte seiner Behandlung der Fragen <strong>zur</strong> Entwendung <strong>von</strong> Plutonium,<br />
sei es durch einen Staat oder durch Terroristen, hier bereits einen auch die Technik<br />
eines möglichen Waffenbaus ansprechenden Teil hinzu. Im wesentlichen beschränkte er<br />
sich jedoch hierin auf die Aussage, sämtliches nötige Wissen sei mittlerweile frei zugänglich,<br />
es müsse nur aus vielen Veröffentlichungen zusammengetragen werden.<br />
Vielbeachtet wurde das 1974 <strong>von</strong> Willrich und Taylor gemeinsam herausgegebene Buch<br />
”Nuclear Theft: Risks and Safeguards” [WILL74]. Noch Jahre später versuchten zahlreiche<br />
Autoren, die Thesen dieses Buches zu widerlegen; auf einige dieser Arbeiten wird<br />
hier später noch einzugehen sein. Willrich und Taylor wollten die Gefahr des Diebstahls<br />
bombenfähigen nuklearen Materials ins öffentliche Bewußtsein rücken, um so die Verantwortlichen<br />
zu Gegenmaßnahmen zu zwingen. Das Buch war ein <strong>von</strong> Willrich und Taylor<br />
erarbeiteter <strong>Bericht</strong> an ein Projekt <strong>zur</strong> Energiepolitik der Ford Foundation. Ursprüngliche<br />
Absicht war es, in das Buch eine Liste frei zugänglicher Literatur, die die nötigen Informationen<br />
zum Bau einfacher nuklearer Sprengkörper bieten sollte, einzufügen. Vertreter der<br />
U.S. Atomic Energy Commission, die einen Entwurf <strong>zur</strong> Durchsicht erhielten, bestätigten,<br />
daß diese Liste keine klassifizierte Literatur enthalte. Verschiedene Lektoren rieten<br />
jedoch <strong>von</strong> der Veröffentlichung einer solchen Liste ab und setzten sich mit ihrer Haltung<br />
9
schließlich durch. Daran ist ersichtlich, wie besorgt Expertenkreise bezüglich einer ”Bastlerbombe”<br />
bereits waren. (Mit der Nennung einer klassifizierten Quelle, wäre diese noch<br />
nicht zugänglich gewesen.) Willrich und Taylor hielten es für möglich, mittels nicht klassifizierter<br />
Literatur einen Informationsstand zu erreichen, der denjenigen vor Zündung der<br />
ersten Plutoniumbombe übersteige. Mögliche Energieausbeuten schätzten die Autoren im<br />
Bereich <strong>von</strong> Kilotonnen TNT (”very likely”) und betonten, daß mit Zündung einer einfachen<br />
Bombe an geeigneter Stelle Terroristen 100 000 und mehr Menschen töten könnten.<br />
Im Jahre 1974 faßte das Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI) Beiträge<br />
einer Review Conference zu Proliferationsproblemen vom Juni 1973 in einem Buch<br />
[SIPR74] zusammen. John C. Hopkins vom Los Alamos Scientific Laboratory meinte<br />
darin, die Erzeugung riesiger Mengen <strong>von</strong> Plutonium in Leistungsreaktoren sei kein solcher<br />
Grund <strong>zur</strong> Sorge, wenn nicht - entgegen früheren Behauptungen - es möglich sein<br />
könne, dieses <strong>Reaktorplutonium</strong> in Nuklearwaffen zu verwenden [HOPK74]. Jan Prawitz<br />
vom Verteidigungsministerium in Stockholm [PRAW74] verwies auf Aussagen der finnischen<br />
Physiker P. Jauho und J. Virtamo, denen zufolge mit <strong>Reaktorplutonium</strong> auch<br />
unter ungünstigsten Umständen eine Explosionsstärke <strong>von</strong> bis zu einer Kilotonne TNT<br />
erreichbar sei. Jorma K. Miettinen, Professor am Institut für Radiochemie der Universität<br />
Helsinki [MIET74] schließlich untersuchte spezielle Verwendungsmöglichkeiten für<br />
<strong>Reaktorplutonium</strong>. In einem 1969 geschriebenen aber erst 1971 veröffentlichten Artikel<br />
der Zeitschrift General Military Review soll, so Miettinen, ein Robert M. Lawrence bereits<br />
die Vorteile <strong>von</strong> Atomwaffen im Bereich <strong>von</strong> Tonnen TNT-Äquivalent betont haben<br />
[LAWR71]. Diese Waffen sollten auch in der Nähe eigener Truppen einsetzbar sein und ein<br />
”günstigeres” Verhältnis <strong>von</strong> Toten und Verletzten gegenüber konventionellen Waffen (3:1<br />
statt 1:3) aufweisen. Weiter argumentierte Miettinen, daß ja mit <strong>Reaktorplutonium</strong> eine<br />
solche relativ niedrige Energieausbeute erreichbar sei, deren genaue Grösse jedoch nicht<br />
sicher vorhergesagt werden könne. Beim Einsatz solcher Waffen müsse aber lediglich darauf<br />
geachtet werden, daß eigene Truppen einen so großen Abstand vom Explosionsort<br />
hätten, wie er beim Erreichen der maximal möglichen Sprengkraft nötig erscheine. Miettinen<br />
erkannte allerdings auch, daß über ausgesprochenes Waffenplutonium verfügende<br />
Staaten den Nachteil der unsicheren Sprengkraft neben der etwas unhandlicheren Gestalt<br />
einer solchen ”Miniwaffe” mit <strong>Reaktorplutonium</strong> nicht in Kauf nähmen.<br />
Anmerkung: In einem Interview am 13. April 1972 soll der frühere amerikanische Verteidigungsminister<br />
Melvin Laird den ersten Hinweis gegeben haben, daß solche ”Miniwaffen”<br />
tatsächlich entwickelt wurden [SIPR74; SIPR76]. Arkin und Mitarbeiter [ARKI84] schätzten,<br />
daß die USA 1984 über 922 ”W48-Sprengkörper” (Sprengkraft unter 100 t TNT) und<br />
260 ”W54-Sprengkörper” (Sprengkraft zwischen 10 und 1000 t TNT) verfügten.<br />
Erst die Zündung einer indischen Atombombe im Mai 1974 jedoch, leitete in den USA<br />
einen Prozeß ein, der innerhalb <strong>von</strong> drei Jahren dazu führte, daß sich nicht mehr nur Einzelpersonen<br />
des U.S. Kongresses neben Wissenschaftlern mit Proliferations-Problemen<br />
auseinandersetzten. Ab Frühjahr 1976 wurde die Proliferation ein Thema des Wahlkampfes<br />
um die Präsidentschaft der Vereinigten Staaten. (Diesen Wandel beschreibt eingehend<br />
Michael J. Brenner der University of Pittsburgh [BREN81]). Der damalige Präsident der<br />
Vereinigten Staaten, Gerald R. Ford, und sein Konkurrent, Jimmy Carter, erklärten Re-<br />
10
aktorplutonium für prinzipiell waffentauglich und befürchteten eine Proliferation durch<br />
weitverbreitete Schließung des zivilen Brennstoffkreislaufs mit Wiederaufarbeitungsanlagen<br />
und Schnellen Brütern. Ford begründete seinen Vorbehalt gegen die kommerzielle<br />
Schließung des Brennstoffkreislaufs in einem Statement vom 28. Oktober 1976 [FORD76]<br />
mit den Worten:<br />
”Unfortunately - and this is the root of the problem - the same plutonium<br />
produced in nuclear plants can, when chemically separated, also be used to<br />
make nuclear explosives.”<br />
So hatte schließlich, nach mehrjährigen Bemühungen, insbesondere <strong>von</strong> Seiten politisch<br />
engagierter Wissenschaftler, die Erkenntnis <strong>von</strong> der <strong>Waffentauglichkeit</strong> des <strong>Reaktorplutonium</strong>s<br />
Eingang in die höchste Politik gefunden - jedenfalls in den USA.<br />
Der am Lawrence Livermore Laboratory Atomwaffen entwickelnde Robert W. Selden soll<br />
im November 1976 einigen Vertretern der Atomwirtschaft verschiedener Länder - auch der<br />
Bundesrepublik Deutschland - und der International Atomic Energy Agency ein Schreiben<br />
zukommen gelassen haben, in dem er auf die direkte Verwendbarkeit jeder Art <strong>von</strong><br />
Plutonium in Nuklearwaffen aufmerksam machte [ALBR84]. Selden hob die Möglichkeit<br />
einer militärisch nützlichen Waffe mit <strong>Reaktorplutonium</strong> hervor, die auch mittels einer<br />
Technologie auf niederem Niveau eine Sprengkraft im Bereich <strong>von</strong> Kilotonnen TNT erreichen<br />
könne. Die erste Plutoniumbombe hätte, so Selden, mindestens die Sprengkraft<br />
einer Kilotonne TNT besessen, wenn sie mit <strong>Reaktorplutonium</strong> gezündet worden wäre<br />
[ALBR84; COCH84; LOVI80].<br />
Am 16. November 1976 brachte die Zeitschrift Nucleonics Week [NUCL76] die Notiz, die<br />
u. a. auch mit der Entwicklung <strong>von</strong> Schnellen Brütern betraute U.S. Energy Research and<br />
Development Administration (ERDA) vertrete die Meinung, eine Bombe, deren Design<br />
speziell <strong>Reaktorplutonium</strong> angepaßt sei, könne eine kräftige Nuklearexplosion bewirken<br />
(”All grades of plutonium must be considered strategically important and dangerous”).<br />
ERDA beauftragte die Science Applications Incorporation, MacLean, Virginia, mit der<br />
quantitativen Abschätzung <strong>von</strong> Proliferationsrisiken verschiedener alternativer Reaktortypen.<br />
Obwohl über den Sinn solcher quantitativer Untersuchungen gestritten werden könnte,<br />
sollen hier zwei der Resultate erwähnt werden: Die Science Applications Inc. schätzte<br />
die Schwierigkeiten bei der eigentlichen Waffenherstellung unter Verwendung <strong>von</strong> praktisch<br />
reinem Plutonium-239 für subnationale und für nationale Gruppen gleich groß ein.<br />
Bei Verwendung anderen spaltbaren Materials sollten die Schwierigkeiten der subnationalen<br />
Gruppen weniger als doppelt so groß sein, als diejenigen der nationalen Gruppen<br />
[SCIE77].<br />
Ein wichtige Rolle in der US-amerikanischen Nonproliferationspolitik spielte ein Report<br />
der Nuclear Energy Policy Group, eine einjährige Studie, finanziell <strong>von</strong> der Ford Foundation<br />
getragen und unter Aufsicht der MITRE Corporation durchgeführt - bekannt unter<br />
dem Namen Ford/MITRE-Report [KEEN77]. Diese Studie wurde am 21. März 1977<br />
veröffentlicht und war auch Grundlage der bekannten Erklärung des damals neugewähl-<br />
11
ten US-Präsidenten Jimmy Carter <strong>zur</strong> amerikanischen Nuklearpolitik vom 7. April 1977<br />
[CART77]. In dieser Erklärung verkündete Carter den einstweiligen Verzicht der USA<br />
auf kommerzielle Entwicklung <strong>von</strong> Brütern und Wiederaufarbeitungsanlagen. Mitautoren<br />
der Studie bedachte Carter mit hohen Regierungsämtern - Joseph S. Nye wurde Leiter<br />
der Nichtverbreitungs-Koordinationsgruppe im State Department, Harold Brown Verteidigungsminister<br />
[PATE77b].<br />
Der Ford/MITRE-Report führte zwar aus, daß die Schwierigkeiten bei Planung und Bau<br />
einer Atomwaffe für Terroristen nicht unterschätzt werden sollten, hielt jedoch andererseits<br />
den Bau einer Bombe mit einer Sprengkraft <strong>von</strong> einigen Hundert Tonnen TNT durch<br />
eine gut organisierte und durch einzelne Fachleute unterstützte Gruppe für machbar. Der<br />
<strong>Bericht</strong> setzte dabei ausdrücklich nicht die Mithilfe tatsächlicher Waffenexperten voraus.<br />
Für eine kleine Gruppe oder gar Einzelpersonen sah der <strong>Bericht</strong> allerdings das Erreichen<br />
einer solchen Sprengkraft als unwahrscheinlich an.<br />
Auch das Office of Technology Assessment (OTA) des U.S. Department of Commerce<br />
legte 1977 eine umfangreiche Proliferations-Studie [OTA77] vor. Dem OTA zufolge wäre<br />
selbst bei einem Design veralteter Technologie eine Sprengkraft <strong>von</strong> bis zu 10 oder 20 kt<br />
TNT mit Waffenplutonium erreichbar (Mit der veralteten Technologie meinte das OTA<br />
diejenige, die den USA 1945 <strong>zur</strong> Verfügung gestanden hatte). Mit <strong>Reaktorplutonium</strong> erwartete<br />
das OTA eine Reduktion der möglichen Sprengkraft um einen Faktor 3 bis 10,<br />
also immer noch eine Sprengkraft im kt-TNT-Bereich. Mit dieser (veralteten) Technologie<br />
sollten - dies wurde besonders hervorgehoben - zuverlässige Waffen <strong>von</strong> militärischem<br />
Wert mit <strong>Reaktorplutonium</strong> möglich sein. Sicherlich könne, so das OTA, ein Design bei<br />
Frühzündung zu einer Sprengkraft nahe Null führen, ein zweckmäßigeres Design dagegen<br />
könne eine Mindestsprengkraft <strong>von</strong> militärischem Nutzen bringen.<br />
Den Aussagen des Office of Technology Assessment fügte Amory B. Lovins auf einem<br />
Hearing der kalifornischen Conservation and Development Commission über Safeguards,<br />
Proliferation und alternative Brennstoffkreisläufe am 17. Juni 1977 [HEAR77] noch Betrachtungen<br />
unter der Voraussetzung höher entwickelter Technologie hinzu. Lovins bezeichnete<br />
es als möglich, mit sehr guter Technologie Unterschiede in Größe und Vorhersagbarkeit<br />
der Sprengkraft <strong>von</strong> Bomben mit <strong>Reaktorplutonium</strong> und Waffenplutonium zu<br />
beseitigen.<br />
Ted Greenwood, Harold A. Feiveson und Theodore B. Taylor gaben 1977 ein Buch des<br />
Council on Foreign Relations heraus [GREE77]. Hierin gaben sie an, Kriminelle und Terroristen<br />
seien in der Lage, mit <strong>Reaktorplutonium</strong> einfache Bomben <strong>von</strong> mindestens 100 t<br />
TNT Sprengkraft zu basteln. Das nötige Wissen sei veröffentlicht und tausende Personen<br />
besäßen bereits die nötigen Kenntnisse.<br />
Doch es gab auch Gegenstimmen. Im August 1977 beendete William E. Nelson seine<br />
Dissertation mit dem Titel ”The Homemade Nuclear Bomb Syndrome” [NELS77] an<br />
der Universität <strong>von</strong> Missouri in Virginia. Diese Dissertation war als unmittelbare Antwort<br />
auf die Thesen <strong>von</strong> Taylor und deren Echo auch bei Behördenvertretern konzipiert. Nelson<br />
12
versuchte in seiner Dissertation nachzuweisen, daß der Bau einer Atomwaffe häufig viel zu<br />
unkompliziert dargestellt würde, was die Atomindustrie sehr verwirrt habe. Es sei nicht<br />
überraschend, so Nelson, wenn demnächst Atomkraftgegner die Argumente aufgriffen.<br />
Laut Nelson sollte Taylor insbesondere die Erschwernis des Atomwaffenbaus durch die Toxizität,<br />
Strahlung und Selbsterhitzung des Plutoniums übersehen haben. Den <strong>von</strong> Taylor<br />
als wichtig zitierten ”Los Alamos Primer” [SERB43] hielt Nelson für wenig nützlich (”not<br />
a handbook on design”), trotzdem habe er diesen erst durch Anfragen bei verschiedenen<br />
Organisationen und schließlich bei Taylor selbst ausfindig machen können. Anmerkung:<br />
Wir selbst erhielten den ”Los Alamos Primer” privat - hier in der Bundesrepublik und<br />
ohne jegliche Beziehungen - über die Hessische Landes- und Hochschulbibliothek binnen<br />
fünf Wochen.<br />
Insgesamt gesehen gelang es Nelson nicht sonderlich überzeugend, Schwierigkeiten eines<br />
Atomwaffenbaus deutlich zu machen. Bei Strahlenschädigungs- und Frühzündungsbetrachtungen<br />
verglich er irreführend reines Plutonium-239 mit <strong>Reaktorplutonium</strong>. Bei<br />
Vergleich ergab sich dann eine über 10 000mal höhere Spontanspaltungsrate - welche<br />
auch den überwiegenden Dosisbeitrag in der Umgebung liefert - des <strong>Reaktorplutonium</strong>s<br />
gegen Plutonium-239. Zulässig ist jedoch nur der Vergleich <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong> mit<br />
solchem ”Waffenplutonium”, welches tatsächlich noch in Waffen verwendet wird. Dieser<br />
Vergleich hätte den Unterschied in Dosisleistung und Neutronenhintergrund auf weit<br />
weniger als einen Faktor 10 schrumpfen lassen (vgl. Kapitel 2.1). Nelson behauptete sogar,<br />
die Strahlung des <strong>Reaktorplutonium</strong>s sei so hoch, daß eine zusätzliche Beimischung<br />
radioaktiver Strahler (”spiking”) <strong>zur</strong> Behinderung des Umgangs überflüssig sein könne.<br />
Auch bei der Behandlung der Wärmeentwicklung <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong> gelang es Nelson<br />
nicht, wirkliche Probleme aufzuzeigen; er selbst befand eine ausreichende aktive Kühlung<br />
für realisierbar. Ebenfalls unter dem Titel ”The Homemade Nuclear Bomb Syndrome” erschien<br />
im Sommer 1977 in der Zeitschrift Nuclear Safety ein Beitrag [MEYE77], der <strong>von</strong><br />
Nelson zusammen mit Walter Meyer, Sudarshan K. Loyalka und Raymond W. Williams<br />
eingesandt worden war. Er verfolgte den gleichen Zweck und gab die gleichen Resultate<br />
an wie die Dissertation <strong>von</strong> Nelson.<br />
Im Sommer 1977 erhielten die warnenden Stimmen Unterstützung, als ein erfolgreicher<br />
Bombentest der USA mit <strong>Reaktorplutonium</strong> bekanntgegeben wurde. Die Zeitschrift<br />
Nuclear Engineering International druckte eine diesbezügliche Notiz ab [NUCL77], die<br />
hier in vollem Umfang wiedergegeben werden soll:<br />
”US exploded bomb made from power reactor plutonium: It was revealed in<br />
a public inquiry held in Britain, and later confirmed by US officials, that<br />
the US has exploded a nuclear device using reactor grade plutonium. Albert<br />
Wohlstetter, Professor of Political Sciences at Chicago University, made his<br />
announcement at the Public Inquiry over the expansion of Britain’s Windscale<br />
reprocessing plant. While it has never been denied that power reactor<br />
generated plutonium could be used to produce a nuclear weapon, there has<br />
always been question about the stability of such a device because of contamination<br />
with certain plutonium isotopes. It also had not been known that one<br />
actually had been produced and detonated.”<br />
13
Vorher schon sollen auch laut Lovins [LOVI79] J. Griffin, ERDA, in einer Presseerklärung<br />
vom 4. August 1977 und Albert Wohlstetter im oben angesprochenen Windscale Inquiry<br />
(14. Juni - 19. Oktober, 24. Oktober - 4. November 1977) auf den Test bezug genommen<br />
haben. Hon. Justice Parker hat in einem Report [PARK78] für das britische Umweltministerium<br />
die auf dem Windscale Inquiry vorgetragenen Argumente zusammengefaßt. Dem<br />
<strong>Bericht</strong> zufolge galt die <strong>Waffentauglichkeit</strong> <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong> als konsensfähig:<br />
”A nuclear bomb can be constructed with the grade of plutonium recovered<br />
by reprocessing.”<br />
Dennoch bestand Uneinigkeit bezüglich der Frage, ob die in Windscale geplante Wiederaufarbeitungsanlage<br />
für LWR-Brennelemente das Proliferationsrisiko erhöhe. Es wurde<br />
argumentiert, Großbritannien sei bereits Kernwaffenstaat und das aus der Magnox-Brennelement-Aufarbeitung<br />
gewonnene Plutonium reiche für die britische Bombenproduktion<br />
aus, so daß die neue Anlage keine britische Proliferation bedeuten könne. Manche Gutachter<br />
befürchteten jedoch einen möglichen Plutonium-Diebstahl oder hielten die Anlage für<br />
eine Ermunterung <strong>von</strong> Nichtkernwaffenstaaten, eigene Wiederaufarbeitungsanlagen zu errichten.<br />
Dem wurde entgegengehalten, durch Auftragsausführung für ausländische Interessenten,<br />
könne deren Betrieb eigener Anlagen gerade vermieden werden; eine Rückführung<br />
des für Nichtkernwaffenstaaten abgetrennten Plutoniums in, <strong>von</strong> Großbritannien gefertigten<br />
und kurz bestrahlten Brennstäben sei möglich.<br />
Auf den <strong>von</strong> den USA durchgeführten Test wurde in der Folgezeit häufig <strong>zur</strong>ückgegriffen,<br />
wenn es galt, den theoretischen Nachweis der <strong>Waffentauglichkeit</strong> <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong><br />
zu untermauern. Dies tat beispielsweise Joseph Rotblat [ROTB79], der 1979 mit <strong>Reaktorplutonium</strong><br />
den kt-TNT-Bereich als unteres Ende einer statistischen Verteilung der<br />
Sprengkraft angab und zum durchgeführten Test meinte: ”(A) high yield was obtained”.<br />
Ähnlich äußerte sich 1980 Bhupendra Jasani, SIPRI, [JASA80]. David Widdicombe,Chairman<br />
des Administrative Law Committee of Justice, London, [WIDD80] ging sogar 1980<br />
schon soweit, festzustellen, die <strong>Waffentauglichkeit</strong> <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong> sei nunmehr allgemein<br />
akzeptiert.<br />
Bevor wir nachweisen, daß dieser Schluß - zumindest was maßgebende Kreise in der Bundesrepublik<br />
Deutschland angeht - leider völlig unzutreffend ist, soll noch ein spezielles<br />
Kapitel über die gezielte Denaturierung <strong>von</strong> Plutonium eingeschoben werden.<br />
14
1.2 Vorschläge <strong>zur</strong> Denaturierung <strong>von</strong> Plutonium seit Mitte der<br />
siebziger Jahre<br />
In eben dem Maße wie sich in den USA ins Bewußtsein drängte, wie wenig denaturierend<br />
das längere Verbleiben <strong>von</strong> Brennelementen in Leistungsreaktoren auf das so erzeugte<br />
Plutonium wirkt, wurden auch immer neue Denaturierungs-Möglichkeiten vorgeschlagen.<br />
Angeregt durch Willrich und Taylor (”Nuclear Theft: Risks and Safeguards”) [WILL74]<br />
untersuchte Bruce A. Hutchins [HUTC75] Möglichkeiten, durch hohe Eigenstrahlung den<br />
Diebstahl <strong>von</strong> Plutonium zu verhindern. Er erwog die Beimischung verschiedener Strahler,<br />
um eine Dosisleistung <strong>von</strong> 5000 Röntgen je Stunde in einem Meter Abstand <strong>von</strong> 5 Kilogramm<br />
Plutonium zu erreichen. Innerhalb <strong>von</strong> 200 bis 300 Tagen - bevor die Strahlung<br />
zu stark abgeklungen sei - sollte das Plutonium in neue Brennelemente rezykliert worden<br />
sein. Ungeklärt blieb jedoch die Frage, wie ein solch extrem stark strahlendes Plutonium<br />
in einer Brennelementfabrik gehandhabt werden soll. Für Beschäftigte in Brennelementfabriken<br />
sind zulässige Höchstdosen gesetzlich festgelegt. Ein Terrorist wird sich dagegen<br />
kaum um diese Grenzwerte kümmern, solange er sich im Bereich <strong>von</strong> statistischen Strahlenschäden<br />
bewegt, also nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit damit rechnen muß,<br />
aufgrund dieser Strahlung irgendwann an Krebs zu erkranken.<br />
In der BRD befaßte sich Gerhard Locke <strong>von</strong> der Fraunhofer-Gesellschaft (Institut für<br />
Naturwissenschaftlich-Technische Trendanalysen, Stohl über Kiel) mit Möglichkeiten der<br />
Denaturierung <strong>von</strong> Plutonium. Locke sagte 1976, daß die Großmächte <strong>Reaktorplutonium</strong><br />
”mit beliebig hohem Neutronen-Hintergrund effektiv <strong>zur</strong> Explosion bringen können”<br />
[LOCK77]. Auf der Reaktortagung 1976 vom 30. März bis 2. April in Düsseldorf stellte er<br />
seine Überlegungen in dem Vortrag ”Möglichkeiten, <strong>Reaktorplutonium</strong> als Nuklearsprengstoff<br />
unbrauchbar zu machen” [LOCK76] vor. Locke empfahl eine sofortige Verschneidung<br />
abgetrennten Plutoniums mit Uran und die Vermeidung unverschnittenen Plutoniums in<br />
metallischer Form. Zur weiteren Erhöhung des Neutronenhintergrundes hielt Locke die<br />
Denaturierung mit Curium-244 oder Beryllium für geeignet. Lockes Vortrag blieb weitgehend<br />
unbeachtet; die Zeitschrift Atomwirtschaft/Atomtechnik erwähnte in ihrem <strong>Bericht</strong><br />
über die Tagung nur kurz [KARW76]:<br />
”Um <strong>Reaktorplutonium</strong> für Bombenzwecke unbrauchbar zu machen, wurde in<br />
einem Vortrag aus der Fraunhofer-Gesellschaft in Kiel vorgeschlagen, das Plutonium<br />
bereits bei der Herstellung mit Uran-238 zu verschneiden, ausschließlich<br />
Verbindungen geringer Dichte zu verwenden und neutronenerzeugende<br />
Elemente beizumischen.”<br />
Am 7. April 1977 verkündete - wie bereits an früherer Stelle erwähnt - der neugewählte<br />
amerikanische Präsident Jimmy Carter den einstweiligen Verzicht der USA auf die kommerzielle<br />
Entwicklung <strong>von</strong> Wiederaufarbeitungsanlagen und Schnellen Brütern [CART77].<br />
Bald darauf wurden vielerorts Anstrengungen unternommen, mit der Entwicklung ”denaturierter<br />
Brennstoffkreisläufe” in den nicht gerade freundlich auf das Moratorium reagierenden<br />
westlichen Industriestaaten und Entwicklungsländern, aber auch Teilen der USamerikanischen<br />
Industrie, Hoffnungen auf ein baldiges Überflüssigwerden des Moratoriums<br />
durch Lösung der Proliferationsprobleme zu wecken.<br />
15
Neue, <strong>von</strong> Alexander DeVolpi des Argonne National Laboratory entwickelte Denaturierungskonzepte<br />
stellte F.C. Olds im Sommer 1977 in der Zeitschrift Power Engineering vor<br />
[OLDS77]. Hohe kritische Massen - 25 bis 30 mal größer als bei reinem Plutonium-239 -<br />
sollten in Verbindung mit einem Zehntel bis einem Hundertstel der möglichen Energieausbeute<br />
gegenüber Plutonium-239 die Attraktivität solchen Plutoniums soweit reduzieren,<br />
daß seine tatsächliche Verwendung in Waffen praktisch ausgeschlossen werden könne. Henry<br />
C. Ott der Ebasco Services Incorporation befand allerdings in einem Leserbrief [OTT77]<br />
die vorgeschlagene Denaturierung für wirtschaftlich nicht vertretbar. Der technische Direktor<br />
der General Atomic Co., Peter Fortescue, stritt - ebenfalls in einem Leserbrief auf<br />
den Artikel <strong>von</strong> Olds hin - die Denaturierbarkeit <strong>von</strong> Plutonium völlig ab [FORT77]; einen<br />
proliferationsresistenten Uran-Thorium-Kreislauf konnte Fortescue sich dagegen vorstellen.<br />
Alexander DeVolpi nahm zu diesen beiden Leserbriefen selbst in der Zeitschrift Power<br />
Engineering Stellung [DEVO77]. Er räumte ein, daß noch viele Fragen <strong>zur</strong> Wirtschaftlichkeit,<br />
<strong>zur</strong> Neutronenbilanz in Reaktoren und <strong>zur</strong> Abfallbehandlung offen seien. Vielen<br />
der offenen Fragen widmete sich DeVolpi daraufhin intensiv. Auf seine Resultate wird<br />
später noch einzugehen sein. Hier soll zunächst noch ein Einblick in die Vielzahl der <strong>von</strong><br />
verschiedenen Seiten angebotenen Denaturierungs-Methoden gegeben werden.<br />
Es gab Vorschläge, Brennstoffkreisläufe zu entwickeln, in denen Plutonium außer in abgebrannten<br />
Brennelementen nur in einem ”Internationalen Energiezentrum”, welches die<br />
Brennelemente gleich bei Ende ihres Einsatzes zu übernehmen hätte, vorliegen sollte<br />
[PIGF78]. Andere Autoren betrachteten neue Aufarbeitungstechnologien. In einem wirtschaftlich<br />
attraktiven Aufarbeitungsprozeß (AIROX-Prozeß) sollten nicht alle Spaltprodukte<br />
abgetrennt werden [ASQU78]. Im ”Coprocessing” sollten Uran und Plutonium bei<br />
der Wiederaufarbeitung nicht separiert vorliegen [BROO78], eventuell unter zusätzlichem<br />
Belassen eines gewissen Anteils an Spaltprodukten im Uran/Plutonium-Gemisch (Civex-<br />
Prozess) [BROO78; NUCL78]. Der Civex-Prozess war jedoch für die Aufarbeitung <strong>von</strong><br />
Schnellbrüter-Brennelementen entwickelt worden, konnte also nicht <strong>zur</strong> Lösung der akuten<br />
Probleme beitragen [JASA80]. Außerdem blieb beim ”Coprocessing” die Trennung<br />
<strong>von</strong> Uran und Plutonium mit relativ einfachen technischen Änderungen möglich, so daß<br />
immer eine scharfe internationale Kontrolle der Anlagen nötig geblieben wäre [BROO80].<br />
Beim sogenannten ”spiking” sollten künstlich stark strahlende Radioisotope dem Plutonium<br />
zugesetzt werden, z.B. Kobalt-60, Zirkon-95, Niob-95, Ruthenium-106, Silber-<br />
110m, Cäsium-134, Cäsium-137, Cer-144, Europium-154; sämtlich Radionuklide, die in<br />
der Kerntechnik in größerer Menge anfallen [FELD79; BROO78; PINE77]. Je nach Stärke<br />
der radioaktiven Strahlung wurde unterschieden zwischen ”spiking for detection”, um das<br />
Entfernen des Brennstoffs <strong>von</strong> einer bestimmten Stelle leichter zu bemerken, ”spiking for<br />
delay”, um entwendeten Brennstoff wiederauffinden zu können und ”spiking for deterrence”,<br />
um die Entwendung des Brennstoffs durch dessen starke Strahlung unmöglich zu<br />
machen [BROO78]. Als zusätzliche Neutronenquellen im Brennstoff wurde z.B. Curium-<br />
244 [LOCK77], Californium-252 [FELD79; NELS77; PINE77] und Beryllium [FELD79;<br />
16
LOCK77] genannt. Manche Autoren erwogen auch den Zusatz <strong>von</strong> Plutonium-Isotopen<br />
mit dem Vorteil chemischer Nichttrennbarkeit. Meist wurde in dieser Hinsicht Plutonium-<br />
238 empfohlen, welches relativ isotopenrein durch Neutronenbestrahlung <strong>von</strong> Neptunium-<br />
237 erzeugt werden kann. Plutonium-238 entwickelt eine hohe Wärmeleistung durch seine<br />
starke Alpha-Aktivität. Teils hielten Autoren aufgrund recht willkürlicher Annahmen<br />
bereits 5 % Plutonium-238 im Plutoniumgemisch für <strong>zur</strong> Denaturierung ausreichend<br />
[HEIS80], andere wollten die <strong>Waffentauglichkeit</strong> eines Gemisches mit 20 % Plutonium-238<br />
[LOVI80] und sogar diejenige einer beliebig hohen Plutonium-238-Konzentration nicht<br />
völlig ausschließen [WALT80] und begnügten sich mit der reduzierten Attraktivität solchen<br />
Plutoniums. Wissenschaftler des Sandia Laboratory konnten keinen zweckmäßigen<br />
Stoff <strong>zur</strong> Denaturierung des Plutoniums ausmachen, sobald sie in ihrer Betrachtung die<br />
weitere Verwendbarkeit des denaturierten Plutoniums in Brennelementfabriken und Reaktoren<br />
zulassen wollten [WILL78].<br />
Währenddessen entwickelte DeVolpi ein umfangreiches Denaturierungskonzept [DE-<br />
VO78], das er auch in einem ausführlichen Buch [DEVO79] und einem längeren Zeitschriftenartikel<br />
[DEVO82], der dem Buch weitgehend entsprach, vorstellte. DeVolpi betonte<br />
die denaturierende Wirkung der Plutoniumisotope Pu-238, Pu-240 und Pu-242 in<br />
ihrer Gesamtheit - losgelöst <strong>von</strong> Einzelbetrachtungen [DEVO78; DEVO81]. Selbst eine<br />
gezielte Beimischung <strong>von</strong> Plutonium-242 bezog er in seine Überlegungen mit ein. Auch<br />
sollte laut DeVolpi Plutonium mit einem Anteil an in Reaktoren spaltbaren Isotopen <strong>von</strong><br />
lediglich 18 % noch wirtschaftlich verwendbar sein. DeVolpis Konzept darf nicht ohne die<br />
Einschränkungen gesehen werden, die er selbst angab:<br />
• Denaturierung war für ihn die Minderung der <strong>Waffentauglichkeit</strong>, entgegen der Definition<br />
anderer Autoren, die unter Denaturierung die völlige Waffenuntauglichkeit<br />
verstanden.<br />
• Als ”denatured-grade plutonium” bezeichnete DeVolpi Plutonium mit einem in Reaktoren<br />
spaltbaren Anteil <strong>von</strong> 20 % und weniger. So könnte laut DeVolpi das Proliferationsrisiko<br />
durch isotopische Denaturierung um einige Größenordnungen reduziert<br />
[DEVO79, Conclusion No. 6] und in Verbindung mit Safeguards auf und unter<br />
das Niveau anderer akzeptierter technologischer Risiken gedrückt werden [DEVO79,<br />
Conclusion No. 26]. Über Sinn und Unsinn <strong>von</strong> ”Risikoabschätzungen” wird gerade<br />
in Zusammenhang mit der Kerntechnik schon lange diskutiert - ohne das eine<br />
Annährung der verschiedenen Standpunkte in Sicht wäre.<br />
Mit diesem Kapitel sollte vor allem eines gezeigt werden: Das in der Bundesrepublik<br />
Deutschland derzeit gehandhabte Plutonium hat mit diesen denaturierten Gemischen<br />
(”denatured-grade plutonium”) nicht das geringste zu tun. Die beschriebene Diskussion<br />
in den USA ging nicht mehr darum, ob <strong>Reaktorplutonium</strong> waffentauglich sei oder nicht,<br />
sondern um Methoden, wie <strong>Reaktorplutonium</strong> durch künstlich zugegebene Stoffe waffenuntauglich<br />
gemacht werden könnte. In der Bundesrepublik Deutschland denkt niemand<br />
daran, eine Plutoniumwirtschaft einzuführen, die mit Plutonium <strong>von</strong> weniger als 20 %<br />
in Reaktoren spaltbaren Isotopen umgeht. In der einzigen Plutonium-Brennelementfabrik<br />
17
der Bundesrepublik, der Firma ALKEM, wäre die Hantierung mit diesem Plutonium bei<br />
Beachtung des gesetzlich vorgeschriebenen Schutzes der Mitarbeiter und der benachbarten<br />
Bevölkerung ausgeschlossen. Dies trifft ebenfalls für die <strong>von</strong> ALKEM neu beantragte<br />
Anlage zu.<br />
18
1.3 Ansichten bezüglich der <strong>Waffentauglichkeit</strong> <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong><br />
in der Bundesrepublik Deutschland<br />
Beispielhafte Äußerungen verschiedener Seiten sollen, beginnend 1975 und bis in die jüngste<br />
Zeit hinein, die Diskussion in der Bundesrepublik Deutschland beleuchten. Eine besondere<br />
Bedeutung kommt hierbei der <strong>Bericht</strong>erstattung in der weitverbreiteten Zeitschrift<br />
Atomwirtschaft/Atomtechnik zu, die mit ihren sowohl technischen als auch politischen<br />
Informationen nicht unerheblich <strong>zur</strong> Meinungsbildung beitragen dürfte. Der Titel dieser<br />
Zeitschrift wird üblicherweise mit ”atw” abgekürzt. Sie ist das offizielle Fachblatt der<br />
Kerntechnischen Gesellschaft e.V.<br />
”Gibt es ein Plutonium-Problem?” fragte der Geschäftsführer der Plutonium-Brennelementfabrik<br />
ALKEM, Wolfgang Stoll, 1975 in der atw [STOL75]. In Sachen <strong>Waffentauglichkeit</strong><br />
des <strong>Reaktorplutonium</strong>s beschränkte er sich darauf, zu verneinen, die Anfertigung<br />
einer Kernwaffe sei einfach. Der Umstand, daß in Atomwaffen spezielles Plutonium mit<br />
einem hohen Anteil an Plutonium-239 verwendet wird, sei, so Stoll, ja nicht zu verstehen,<br />
wenn der Bombenbau mit <strong>Reaktorplutonium</strong> einfach wäre (hier vergaß Stoll Aspekte<br />
der Zuverlässigkeit und Vorhersagbarkeit). Stolls Artikel war übrigens die überarbeitete<br />
Fassung eines Übersichtsvortrags, <strong>von</strong> ihm auf der Reaktortagung 1975 des Deutschen<br />
Atomforums und der Kerntechnischen Gesellschaft vom 8.-11. April 1975 in Nürnberg<br />
gehalten.<br />
Auf der Folgetagung im Jahr 1976 machte Gerhard Locke <strong>von</strong> der Fraunhofer-Gesellschaft<br />
auf die <strong>Waffentauglichkeit</strong> <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong> aufmerksam (vgl. Kap. 1.2.) und zeigte<br />
gleichzeitig Methoden <strong>zur</strong> Denaturierung auf, die jedoch in ihrer Wirksamkeit weit hinter<br />
denen DeVolpis (vgl. ebenda) <strong>zur</strong>ückblieben. Dieser Vortrag wurde zwar kurz in der atw<br />
erwähnt [KARW76], aber später niemals mehr sonderlich beachtet. Es wurde auch auf<br />
keiner der jährlichen Reaktortagungen noch einmal ein vergleichbarer Vortrag angeboten.<br />
Zu keiner Zeit widmete die atw der Proliferation ebensoviel Raum wie 1977, als in den<br />
USA die kommerzielle Brüterentwicklung und Wiederaufarbeitung gestoppt wurde. Wegen<br />
des <strong>von</strong> der deutschen Atomwirtschaft zu dieser Zeit angestrebten Exports solcher<br />
proliferationsträchtigen Technologien, sah sich die Atomwirtschaft in der Defensive. Die<br />
USA erwarteten, daß sich westliche Bündnispartner ihrem Moratorium anschlössen. Bemerkenswert<br />
sind hier allerdings die letzten Sätze der bekannten Erklärung <strong>von</strong> Jimmy<br />
Carter am 7. April 1977 [CART77]. Diese lassen nämlich einige der in der Folge, speziell<br />
auch in der Bundesrepublik, gegen die USA erhobenen Vorwürfe - einige werden im<br />
Verlauf dieses Kapitels noch auftauchen - ungerechtfertigt erscheinen:<br />
”We are not trying to impose our will on those nations like Japan and France<br />
and Britain and Germany which already have reprocessing plants in operation.<br />
They have special need that we don’t have in that their supplies of petroleum<br />
products are not available. But we hope that they will join with us - and I<br />
believe that they will - in trying to have some worldwide understanding of the<br />
extreme threat of the further proliferation of nuclear explosive capability.”<br />
19
Entgegen weitverbreiteter - aus verständlichen Gründen auch <strong>von</strong> der deutschen Atomwirtschaft<br />
propagierter - Meinung, waren für die Einfrierung des kommerziellen US-<br />
Brüter- und Wiederaufarbeitungsprogramms im wesentlichen technische Probleme sowie<br />
<strong>von</strong> der Aufsichtsbehörde (Nuclear Regulatory Commission, NRC) verschärfte Strahlenschutz-<br />
und Betriebsauflagen entscheidend (die Aufsicht war 1975 der nachlässigen und<br />
korrupten Atomic Energy Commission, AEC, entzogen worden) [NWG82]. Tendenzen<br />
der US-Nuklearexport-Politik wurden in der atw wiederholt kritisch bewertet, z.B. <strong>von</strong><br />
C. Patermann der bundesdeutschen Botschaft in Washington [MUELL77; PATE77a; PA-<br />
TE77b].<br />
J. Scharioth untersuchte 1977 in der atw die ”Nuklearkontroverse aus gesellschaftlicher<br />
und psychologischer Sicht” [SCHA77] - ohne die Proliferation auch nur zu erwähnen(!); es<br />
handelte sich um die überarbeitete Fassung eines Übersichtsvortrags der Reaktortagung<br />
1977 in Mannheim. Karl Wirtz berichtete über die ANS-ENS-Konferenz vom 5.-19. November<br />
1976 in Washington [WIRT77] und bezeichnete die Proliferation als ”Thema Nr.<br />
1” dieser Tagung. Dabei schilderte er Situation und Diskussion in den USA - ohne eine<br />
wesentliche Ursache, nämlich das Rücken der <strong>Waffentauglichkeit</strong> <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong><br />
ins öffentliche Bewußtsein, zu nennen.<br />
In der atw fanden sich meist Beiträge, die beim Stichwort ”Nichtverbreitungspolitik”<br />
den Verzicht der Bundesrepublik auf eigene Atomwaffen, die Existenz des Nichtverbreitungsvertrags<br />
und die internationalen Kontrollen durch Euratom und IAEA hervorhoben,<br />
so z.B. Beiträge <strong>von</strong> Hans-Hilger Haunschild, Staatssekretär im Bundesministerium<br />
für Forschung und Technologie [HAUN77] und Bundeswirtschaftsminister Hans Friderichs<br />
[FRID77].Heinrich Mandel, damals Präsident des Deutschen Atomforums, erklärte<br />
[MAND77]:<br />
”Natürlich verstehen wir die Sorge unserer amerikanischen Freunde ... Es dürfte<br />
wohl völliges Einvernehmen zwischen den USA und uns darüber bestehen,<br />
daß alles getan werden muß, um die Proliferation <strong>von</strong> Kernwaffen zu verhindern.<br />
Gerade wir hier in Deutschland haben durch den einseitigen Verzicht auf<br />
die Herstellung und den nationalen Besitz <strong>von</strong> Kernwaffen, durch die Unterwerfung<br />
unter die Euratom-Sicherheitsüberwachung, durch den Nichtverbreitungsvertrag<br />
und durch die Mitwirkung an den Londoner Exportrichtlinien<br />
besonders viel in dieser Richtung getan.”<br />
Der Export <strong>von</strong> nuklearem know-how sei, so Mandel, gerade eine proliferationsmindernde<br />
Maßnahme, denn ”jedes andere Vorgehen muß dazu führen, daß solche Länder sich diskriminiert<br />
fühlen und auf eigene Faust und hinter verschlossenen Türen Entwicklungen<br />
betreiben, die dem Weltfrieden abträglich sein können.”<br />
Lediglich G. Hildenbrand der Kraftwerk Union AG wies einmal darauf hin, ”daß aber<br />
auch Reaktor-Plutonium mit einem Gehalt <strong>von</strong> 20-30 % Pu-240 für die Herstellung <strong>von</strong><br />
Kernsprengkörpern in Frage kommt, deren Wirksamkeit <strong>von</strong> den Einrichtungen <strong>zur</strong> Erzielung<br />
der erforderlichen Zusammenführungsgeschwindigkeiten abhängig ist” [HILD77].<br />
20
Zusammenfassend stellte Hildenbrand allerdings fest, ”daß die Proliferation kerntechnischer<br />
Kenntnisse bereits irreversibel stattgefunden hat, und daß es notwendig ist, anstelle<br />
des vergeblichen Versuchs, den Gang der Dinge <strong>zur</strong>ückzudrehen, wirksame Nichtverbreitungsmaßnahmen<br />
unter Einschluß politischer Überzeugungskraft zu ergreifen.”<br />
Der überwiegende Teil der atw-Beiträge <strong>zur</strong> Weiterverbreitungsproblematik hielt die Proliferation<br />
für ein im wesentlichen politisches und kein technisches Problem. Erwähnt sei<br />
noch ein atw-Artikel des Jahres 1977 vom Leiter des Projekts Schneller Brüter am Kernforschungszentrum<br />
Karlsruhe,Günther Keßler, der in einer ”kritischen Durchsicht” [KESS77]<br />
der mit dem ERDA-Brüterprogramm der USA zusammenhängenden Proliferationsfragen<br />
eine Abbildung mit möglichen Proliferationspfaden zeigte. Die aufgeführten Wege waren<br />
der Diebstahl <strong>von</strong> Kernwaffen, die Anreicherung <strong>von</strong> Uran-235 oder Uran-233, die<br />
chemische Abtrennung <strong>von</strong> Uran-233 und die chemische Abtrennung <strong>von</strong> ”Pu-239 mit<br />
wenig Pu-240”. Als waffenfähigen Kernbrennstoff stellte Keßler ”U-233, U-235, Pu-239”<br />
hin. Auch im Text war durchweg <strong>von</strong> Plutonium-239 die Rede, so daß die <strong>Waffentauglichkeit</strong><br />
<strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong> dieser ”kritischen Durchsicht” nicht zu entnehmen war.<br />
Bereits 1978 war die Diskussion <strong>von</strong> Nichtverbreitungsproblemen in der atw wieder stark<br />
rückläufig; das in den USA am 10. März 1978 in Kraft getretene Exportkontrollgesetz<br />
wurde noch als ”Irrweg <strong>zur</strong> Nichtverbreitung” angegriffen, der ”das Vertrauen in die USA<br />
als zuverlässigen Handelspartner schwer erschüttert” habe [MUEL78].<br />
Eine Folge des Brüter- und Wiederaufarbeitungs-Moratoriums der USA war eine international<br />
durchgeführte Bewertung des Brennstoffkreislaufs (INFCE), mit dem Ziel,<br />
möglichst proliferationssichere Kreisläufe zu entwickeln. Den Wert einer solchen Bewertung<br />
zweifelte die atw 1979 an [LEVI79]:<br />
”Es ist daher äußerst zweifelhaft, ob der Versuch, durch die Wahl <strong>von</strong> Brennstoffzyklen<br />
das Proliferationsrisiko zu beeinflussen, nicht einfach am Kern der<br />
Sache, der ein politischer ist, vorbeigeht.”<br />
Ergebnisse <strong>von</strong> INFCE stellte die atw 1980 und 1981 mehrfach vor [HOSS80; PATE80;<br />
PATE81; POPP80; ROTH80]. Es hieß, ”daß eigentlich nichts dabei (bei INFCE, d. Verf.)<br />
herausgekommen ist, was man nicht schon vorher gewußt hätte”, nämlich ”daß allen<br />
Brennstoffkreisläufen ein gewisses Proliferationspotental innewohnt, dessen Kontrollierbarkeit<br />
jedoch nach Meinung der internationalen Fachleute gesichert erscheint”. Der stellvertretende<br />
Chefredakteur der atw, Rüdiger Hossner, bemerkte [HOSS80]:<br />
”Doch die Sorge wuchs besonders in dem Land, das der Weiterverbreitung der<br />
Kernenergie als erstes den Weg geöffnet hatte, in den USA. Dabei war nicht<br />
überall und immer ganz deutlich, ob diese Sorge nicht auch vom Konkurrenzdenken<br />
mit beeinflußt würde ...”<br />
Vertreter des Bundesministeriums für Forschung und Technologie stellten ”Die wesentlichen<br />
Ergebnisse <strong>von</strong> INFCE” vor [POPP80]: Proliferation sei ”ein politisches und kein<br />
21
technisches Problem”, es gäbe keinen Brennstoffkreislauf, welcher absolut resistent gegen<br />
Mißbrauch sei, Safeguards seien weiterzuentwickeln und ebenfalls die Aspekte Versorgungssicherheit,<br />
Umweltschutz und Wirtschaftlichkeit mit zu betrachten. Und als ganz<br />
besonders wichtiges Ergebnis, daß ”in der Tat die Kernenergie weltweit verfügbar gemacht<br />
werden kann”. Für ”auf dem Hintergrund der Geschichte <strong>von</strong> INFCE sehr bedeutsam”<br />
galt auch die Aussage, ” daß auch große Brüter oder Wiederaufarbeitungsanlagen durchaus<br />
’safeguardable’ sind”.<br />
1981 beschäftigte sich der stellvertretende Generaldirektor der IAEA, H. Grümm, inder<br />
atw mit möglicher Proliferation [GRUE81]: Auch bei ihm kein Wort über Möglichkeiten<br />
des Bombenbaus mit <strong>Reaktorplutonium</strong>. Stattdessen behauptete Grümm, die ”eingebildete<br />
Gefahr der Kernkraftwerke” hätte die Aufmerksamkeit <strong>von</strong> der ”millionenfach größeren<br />
wirklichen Gefahr der Atomwaffen abgelenkt ... In diesem Sinne trägt die Kernkraftwerks-<br />
Hysterie zum Fortbestehen eines unermeßlichen Gefahrenpotentials <strong>von</strong> 40000 bis 50000<br />
Kernsprengkörpern in den Arsenlen der Großmächte bei.” (Diese Quelle war der Abdruck<br />
eines Vortrags, den Grümm anläßlich der Verleihung der Ehrenmitgliedschaft in der Kerntechnischen<br />
Gesellschaft an ihn am 23. Oktober 1980 in Bonn hielt.)<br />
Der Angriff israelischer Flugzeuge auf den Forschungsreaktor Osirak im Irak am 7. Juni<br />
1981 war der atw noch einmal eine Erwähnung des Proliferationsproblems wert [ATW81].<br />
Zitat:<br />
”Bedarf an Spaltstoffen für eine Kernwaffe ... Die kritischen Massen für eine<br />
Kernwaffe in der Form <strong>von</strong> unreflektierten Kugeln aus Metall der jeweils<br />
höchsten Dichte für schnelle Neutronen betragen für U-235 44 kg und für Pu-<br />
239 10 kg. Man muß dabei da<strong>von</strong> ausgehen, daß einerseits die benötigten Mengen<br />
wegen der Verluste und der nicht idealen Bedingungen bei der Zündung<br />
der Waffe größer sind, andererseits aber die notwendigen Mengen mit Reflektoren<br />
und extremen Drücken bei der Zündung etwa halbiert werden können.<br />
Gerade diese letztere Technologie setzt jedoch nukleare Waffentests und eine<br />
in diesem spezifischen Bereich extrem hoch entwickelte Technik voraus, über<br />
deren Verbreitung außerhalb der USA bisher nichts bekannt ist.”<br />
Dem steht entgegen, daß die erste Plutoniumbombe (Trinity-Test) bereits besser funktionierte<br />
als die überwiegende Mehrheit ihrer Erbauer dies angenommen hatte. Außerdem<br />
muß wohl die Technologie des Atomwaffenbaus heute auch außerhalb der USA verbreitet<br />
sein, da es neben den USA mindestens fünf weitere Atomwaffenmächte gibt, welche ebenfalls<br />
Plutonium in ihren Waffen einsetzen.<br />
Soweit <strong>zur</strong> <strong>Bericht</strong>erstattung in der atw. Wir wollen an dieser Stelle noch festhalten:<br />
Es erfolgte keine das Gesamtbild verfälschende Auswahl der Zitate aus der atw. Die atw<br />
berichtete zu keiner Zeit über die Waffenfähigkeits-Diskussion <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong> in<br />
einer an die Zitate in Kapitel 1.1 herannahenden Qualität. Dagegen drängt sich der Eindruck<br />
auf, daß die Waffenfähigkeits-Diskussion in den beruhigenden und verdrängenden<br />
Artikeln der atw bewußt vernachlässigt wurde. Die in der atw veröffentlichten Aufsätze<br />
22
argumentierten meist in Richtung forciertem Einstieg in die Plutoniumwirtschaft.<br />
Eine etwas tiefgründigere Diskussion der <strong>Waffentauglichkeit</strong> <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong> kam<br />
in der Zeitschrift Atomkernenergie-Kerntechnik auf - jedoch erst 1976. Die Diskussion begann<br />
mit einem Aufsatz <strong>zur</strong> Kritikalität <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong> des türkischen Ingenieurs<br />
Sümer Sahin [SAHI76a], der als Dozent in der Schweiz tätig war. Carl M. Fleck, Professor<br />
am Atominstitut der österreichischen Universitäten in Wien, brachte zu Sahin ”some remarks”<br />
in die Zeitschrift ein [FLEC76a], auf die Sahin wiederum einging [SAHI76b] und<br />
Fleck ”final remarks” dazu veröffentlichte [FLEC76b].<br />
Sahin hatte in dieser Debatte auf unterschiedliche Neutronenlebensdauern in <strong>Reaktorplutonium</strong><br />
gegenüber Waffenplutonium verwiesen, wodurch die erreichbare Sprengkraft<br />
beeinflußt werden solle. Fleck dagegen hielt das Problem der Frühzündung und der damit<br />
verbundenen Expansion des Spaltstoffs vor Erreichen der maximalen Überkritikalität, wodurch<br />
ebenfalls die erreichbare Energieausbeute reduziert wird, für bedeutsamer. Leider<br />
redeten Sahin und Fleck wohl immer etwas aneinander vorbei.<br />
Sahin führte schließlich Rechnungen durch, die jedoch nicht in der Atomkernenergie-<br />
Kerntechnik, sondern in den Annals of Nuclear Energy 1978 [SAHI78] veröffentlicht wurden,<br />
und in denen er die Verlängerung der Neutronenlebensdauer im <strong>Reaktorplutonium</strong><br />
quantitativ zu bestimmen versuchte. Sahin war sich der Unsicherheit seiner Rechnungen<br />
bewußt, berücksichtigten sie doch keine dynamischen Einflüße während der Kompaktierungszeit.<br />
Aus seinen Rechnungen zog er den Schluß, daß die Sprengkraft des <strong>Reaktorplutonium</strong>s<br />
nur begrenzt gegenüber Waffenplutonium reduziert sein könne. Als Sahin<br />
seiner vorherigen Diskussion mit Fleck in der Atomkernenergie-Kerntechnik 1979 noch<br />
das quantitative Ergebnis nachschob [SAHI79], fand sich diese letzte Konsequenz, die nur<br />
begrenzte Reduktion der Sprengkraft, allerdings nicht in dieser Zeitschrift. Fleck erwiderte<br />
[FLEC79], sein Vorbehalt bezüglich der Frühzündung sei damit noch nicht ausgeräumt.<br />
Im Jahre 1980 stellte Sahin dann in der Atomkernenergie-Kerntechnik nocheinmal verbesserte<br />
Rechnungen vor [SAHI80a], die zu größeren Neutronenlebensdauern - auch für<br />
reines Plutonium-239 - geführt hatten. Die prozentuale Erhöhung der Neutronenlebensdauer<br />
in <strong>Reaktorplutonium</strong> gegenüber reinem Plutonium-239 stimmte jedoch mit seinen<br />
früheren Rechnungen praktisch überein. Ausführlicher nachzulesen waren die neuen Berechnungen<br />
<strong>von</strong> Sahin in der Zeitschrift Nuclear Technology [SAHI80b], wo er erklärte, mit<br />
einem Anteil <strong>von</strong> 15 % Plutonium-240 könne bei ausgeklügelter Technik eine Sprengkraft<br />
<strong>von</strong> 1 kt TNT erreicht werden, bei 25 % Plutonium-240 bleibe die Sprengkraft praktisch<br />
immer unterhalb des 100-t-TNT-Bereichs. In einem Leserbrief in der Zeitschrift Nature<br />
[SAHI80c] auf einen Artikel <strong>von</strong> Amory B. Lovins [LOVI80] hin, schrieb Sahin allerdings<br />
leicht abgewandelt, bei ausgeklügelter Technik könne eine Sprengkraft <strong>von</strong> 1 kt TNT (bei<br />
15 % Pu-240) beziehungsweise 100 t TNT (bei 25 % Pu-240) nicht überschritten werden.<br />
Als nächstes wollen wir uns den Aussagen eines Vertreters der Kernforschungsanlage<br />
Jülich, Erwin Münch, widmen. Dieser schrieb im März 1976 [MUEN76]:<br />
23
”Die Zusammensetzung des in kommerziellen Kernkraftwerken entstehenden<br />
Plutoniums aus spaltbaren und etwa 40 % nicht spaltbaren Isotopen macht es<br />
unmöglich, aus diesem Material wirksame Kernwaffen zu produzieren, die die<br />
Sprengkraft konventioneller Waffen überschreiten.”<br />
Später versuchte Münch geltend zu machen, daß er seine Aussage implizit nur auf Mißbrauch<br />
durch Terroristen ohne Zugang zu moderner Schießtechnik gemünzt gehabt habe<br />
[EHRE79]. 1979 [MUEN79] hielt Münch den Bau <strong>von</strong> Sprengkörpern im Bereich einiger<br />
kt TNT mit <strong>Reaktorplutonium</strong> durch einen Staat für möglich, sagte jedoch andererseits:<br />
”Die Herstellung einer wirksamen und sicher zu zündenden Atombombe durch<br />
Terroristen aus den im Reaktor anfallenden Spaltstoffgemischen kann ausgeschlossen<br />
werden.”<br />
Eine etwas kürzere Fassung des Aufsatzes <strong>von</strong> Münch [MUEN79], die jedoch in vielen<br />
wesentlichen Punkten wortgleich ist, wurde in einer Broschüre der Kernforschungsanlage<br />
Jülich abgedruckt [BORS78]. In der Auflage dieser Broschüre <strong>von</strong> 1980 [BORS80] ist<br />
sie gegenüber ihrer Auflage <strong>von</strong> 1978 um den Satz ”Für einen Staat könnte jedoch die<br />
Herstellung nuklearer Sprengkörper mit begrenzter Sprengkraft möglich sein” ergänzt.<br />
In einem <strong>von</strong> Münch herausgegebenen Taschenbuch (”Tatsachen über Kernenergie”) in<br />
dessen zweiter Auflage <strong>von</strong> 1980 [MUEN80] beschreibt Münch die Schwierigkeiten bei Verwendung<br />
<strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong> noch identisch mit seiner Abhandlung im Aufsatz <strong>von</strong><br />
1979 [MUEN79]. Ähnlich wie Münch äußerte sich Klaus-Detlef Cloß in Bild der Wissenschaft<br />
im Juli 1979 [CLOS79]. <strong>Reaktorplutonium</strong> müßte Cloß’ Meinung nach mit einer<br />
Geschwindigkeit <strong>von</strong> mindestens 10 km/s komprimiert werden und diesbezügliche Erfahrungen<br />
lägen nur in Kernwaffenstaaten vor. Eine Abbildung des Aufsatzes ist in fetten<br />
Buchstaben mit ”Reaktor-Plutonium eignet sich nicht für Bomben” unterschrieben. Die<br />
Gesellschaft für Reaktorsicherheit (GRS) bezeichnete <strong>Reaktorplutonium</strong> im <strong>Bericht</strong> ”Plutonium”<br />
[MUEL79] vom April 1979 als ”zum Waffenbau verwendbar”, die Herstellung<br />
eines Sprengsatzes sei gegenüber Waffenplutonium ”weit schwieriger ... aber grundsätzlich<br />
möglich.” Die notwendige Implosionsgeschwindigkeit setzten die Autoren der GRS<br />
bei <strong>Reaktorplutonium</strong> mit einigen 10 km/s an, hielten in ”Heimarbeit” nur 100 m/s für<br />
erreichbar. Diese einigen 100 m/s sollten allerdings noch zu einer Sprengkraft <strong>von</strong> 20 t<br />
TNT führen können.<br />
Selbst unter Atomkraftgegenern wurde das Proliferationsproblem des <strong>Reaktorplutonium</strong>s<br />
lange Zeit nicht wahrgenommen. Relativ früh zwar, aber dennoch erst im September<br />
1977, schrieb der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V. (BBU) in seiner<br />
Broschüre ”Plutonium” [BBU77]: ”Es gilt heute als sicher, daß man aus Plutonium, das<br />
in Atomkraftwerken entsteht, Atombomben bauen kann.”( Diese Broschüre basiert auf<br />
[KOLL78] ). Dagegen enthielt beispielsweise das Taschenbuch ”Reaktoren und Raketen<br />
- Atomare Gefahren und Bürgerproteste”, herausgegeben <strong>von</strong> Joachim Grumbach 1980<br />
[GRUM80] und verfaßt <strong>von</strong> Atomkraftkritikern, trotz seines vielversprechenden Titels keinerlei<br />
Hinweis auf eine <strong>Waffentauglichkeit</strong> <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong>. Ganz im Gegenteil: Die<br />
Tauglichkeit des <strong>Reaktorplutonium</strong>s wurde sogar abgestritten.<br />
24
Den frühesten Zeitpunkt, zu dem in der Bundesrepublik <strong>von</strong> einer Diskussion möglicher<br />
<strong>Waffentauglichkeit</strong> des <strong>Reaktorplutonium</strong>s auf breiterer Basis gesprochen werden kann,<br />
stellt wohl das sogenannte ”Gorleben-Hearing” dar. Im Rahmen des Gorleben-Hearings<br />
diskutierten vom 28. März bis 3. April 1979 über sechzig Experten die grundsätzliche<br />
sicherheitstechnische Realisierbarkeit des damals bei Gorleben geplanten ”Nuklearen Entsorgungszentrums”<br />
(Ein überarbeitetes Protokoll gab das Deutsche Atomforum e.V. heraus<br />
[ATOM79]).<br />
Grundlage der Diskussion war der ”Gorleben Report”, ein 2200 Seiten starker <strong>Bericht</strong><br />
<strong>von</strong> 20 international bekannten Wissenschaftlern. Die <strong>Waffentauglichkeit</strong> des <strong>Reaktorplutonium</strong>s<br />
wurde <strong>von</strong> einigen der Wissenschaftler angesprochen. Einen Überblick über das<br />
Hearing und den Report bietet das bei Fischer Alternativ im Juli 1979 erschienene Taschenbuch<br />
”Der Gorleben-Report” [HATZ79].<br />
Im Kapitel ”Sicherung <strong>von</strong> spaltbarem Material” zitierte das Buch Amory B. Lovins -<br />
Bomben mit <strong>Reaktorplutonium</strong> seien herstellbar und nicht wesentlich schwächer oder zuverlässiger<br />
als solche mit Waffenplutonium - und den <strong>Bericht</strong> der ”Gorleben International<br />
Review” (GIR). Laut GIR [BARN79] soll ein nuklearer Sprengkörper der ”Nagasaki”-Art,<br />
aus <strong>Reaktorplutonium</strong> gefertigt, auch bei Frühzündung immer noch die Sprengkraft <strong>von</strong><br />
1 kt TNT haben; mit einer Explosion <strong>von</strong> einigen 100 t TNT Sprengkraft könnten Terroristen<br />
in einem Ballungsgebiet verhehrenden Schaden anrichten, und eine terroristische<br />
Vereinigung wäre wahrscheinlich zum Bau einer solchen Bombe fähig. Die <strong>Waffentauglichkeit</strong><br />
<strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong> war jedoch auf dem Hearing nicht <strong>von</strong> allen Wissenschaftlern<br />
akzeptiert. So meinte beispielsweise ALKEM-Geschäftsführer Wolfgang Stoll in vorgelegten<br />
Papieren, <strong>Reaktorplutonium</strong> sei für Bomben ”höchstungeeignet” [STOL79a], ”in seiner<br />
Wirkung äußerst unberechenbar” und ”nur sehr hohe Vereinigungsgeschwindigkeiten<br />
... unterlaufen die sonst sehr wahrscheinliche Unwirksamkeit einer Nuklearsprengladung<br />
aus Reaktor-Plutonium durch Frühzündung [STOL79b]”. Aussagen amerikanischer Wissenschaftler<br />
zweifelte Stoll an und stellte sie als bloße politische Zweckbehauptungen hin<br />
[STOL79b]:<br />
”Die angeblich technische Einfachheit des Aufbaues <strong>von</strong> Kernsprengladungen<br />
wurde bis 1975 (vor dem Erscheinen des Buches <strong>von</strong> Willrich & Taylor) stets<br />
<strong>von</strong> den Waffenländern bestritten. Die Dementi’s hörten schlagartig auf, als<br />
die neue US-amerikanische Nichtverbreitungspolitik einsetzte. Man benützte<br />
die in der Praxis nicht nachprüfbaren Aussagen, ohne sie jemals offiziell zu<br />
bestätigen, als Argumentation gegen die Abtrennung <strong>von</strong> Plutonium. Dabei<br />
scheint bisher niemand ernstlich über das intelligente Nachzeichnen veröffentlichter<br />
Waffenschnittbilder hinausgekommen zu sein.”<br />
Wichtig in diesem Zusammenhang ist auch folgende Äußerung Stolls [STOL79b]:<br />
”Zur Auslösung einer Kettenreaktion mit schnellen Neutronen ist eine Kugel<br />
aus mindestens 13 kg <strong>Reaktorplutonium</strong>-Metall erforderlich (offizielle Aus-<br />
25
kunft der NRC). Zwar gibt es im militärischen Bereich besondere und bisher<br />
im Detail streng geheimgehaltene Geometrien aus Spezialsprengstoffen, die kugelzentrische<br />
Verdichtungswellen entsprechender Stärke auslösen, daß auch geringere<br />
Spaltstoffmengen noch kritisch gemacht werden können. Damit wurde<br />
auch einmal - wenn auch mit bescheidener Energieausbeute - (Zahlen wurden<br />
nicht veröffentlicht) Leichtwasser-Pu <strong>zur</strong> Detonation gebracht.”<br />
Nach DeVolpi [DEVO79] läßt sich mittels eines Reflektors aus natürlichem Uran die kritische<br />
Masse des typischen Leichwasserplutoniums in der Delta-Phase auf nahezu zehn<br />
und in der - allerdings schwieriger realisierbaren - Alpha-Phase auf etwa sechs Kilogramm<br />
reduzieren. Es ist nicht abzustreiten, daß bei der Fertigung eines Kernsprengsatzes - sei<br />
es durch Terroristen oder durch einen Staat - ein Reflektor eingebaut werden kann. Das<br />
Prinzip der sogenannten ”Sprenglinsen” - wie sie in Implosionswaffen verwendet werden<br />
- hat heute auch im zivilen Bereich Verbreitung gefunden (vgl. Kapitel 2.1).<br />
Im Jahre 1984 wurde im Hessischen Landtag in Wiesbaden ein Hearing veranstaltet,<br />
das die Proliferationsrisiken der Hanauer Brennelementfabriken NUKEM und ALKEM<br />
beleuchten sollte [HESS84]. Auch dort versuchte Stoll, mit den gleichen Argumenten seine<br />
Gegner zu widerlegen. Er leugnete weiterhin die eigentlichen Gründe (siehe hierzu<br />
Kapitel 2.6), warum das <strong>Reaktorplutonium</strong> <strong>von</strong> den Atomwaffenstaaten nicht in ihren<br />
Sprengkörpern eingesetzt wird. Zitat Stoll:<br />
”Ich habe klar gesagt, daß wir keine Waffenexperten sind. Aber natürlich lesen<br />
wir Literatur. Soweit wir aus dieser Literatur entnehmen können, ist das Material<br />
das wir haben, für die militärische Nutzung ungeeignet. Ich schließe das<br />
daraus, daß kein ernst zu nehmender Waffenexperte jemals daran gedacht hat,<br />
es einzusetzen, schon weil die Wirkung nur ganz ungenau vorbestimmt werden<br />
kann. Daran ändert überhaupt nichts, daß in den USA - und das wurde ja<br />
gesagt - unter dem strengsten Siegel der Verschwiegenheit in der Carter-Ära<br />
im März 1977 angeblich einmal - niemand weiß es genau - ein Versuch mit<br />
Leichwassermaterial gelungen sein soll. Niemand kennt die Voraussetzungen<br />
und Ergebnisse. Nur soviel ist sicher, daß dazu eine ganz besonders weit entwickelte<br />
und schwierige Technik notwendig ist ... Die friedliche Nutzung <strong>von</strong><br />
Leichtwasser-Plutonium hat mit der Nuklearwaffe nun wirklich nichts zu tun.”<br />
Ein anderer Referent des Hearings, Professor Karl Kummerer vom Kernforschungszentrum<br />
Karlsruhe, hielt <strong>Reaktorplutonium</strong> immerhin schon für ”im Prinzip waffenfähig”. Er wies<br />
allerdings auf einige Hindernisse hin, die bewirken sollten, daß es ”verdammt schwerfallen<br />
wird”, eine brauchbare Waffe zu bauen. Seltsamerweise hob Kummerer dabei gerade<br />
den im richtigen Moment - auf eine Mikrosekunde genau - erforderlichen Neutronenstoß<br />
<strong>zur</strong> Einleitung der Kettenreaktion hervor. Einerseits ist gerade der Neutronenstoß im<br />
richtigen Augenblick technisch nicht das größte Problem (vgl. Kapitel 2.3), andererseits<br />
können nicht Frühzündung und Neutronenstoß gleichzeitig eine große Schwierigkeit darstellen.<br />
Wenn mit großer Wahrscheinlichkeit ohnehin eine Frühzündung einträte, ist der<br />
zusätzliche gewollte Neutronenstoß schlicht überflüssig.<br />
26
Bereits in seiner schriftlichen Vorlage für die Anhörung (Ausschußvorlage WTA/11/30<br />
und HAA/11/4) vom 30. Mai 1984 hatte Kummerer dem Hessischen Landtag mitgeteilt,<br />
bei NUKEM und ALKEM würden ”keine Atomwaffen oder Vorprodukte hierzu gefertigt”<br />
und es bestünde dort ”keinerlei diesbezügliche Erfahrung”. Das dort verarbeitete Uran<br />
und Plutonium sei ”wegen seiner chemischen Zusammensetzung und wegen seiner Isotopenzusammensetzung<br />
nicht für Atomwaffen geeignet.” Es sollen hier noch Aussagen <strong>von</strong><br />
zwei zum Wiesbadener Hearing geladenen Sachverständigen zitiert werden. Ministerialrat<br />
Hagen vertrat das Bundesministerium für Forschung und Technologie; Zitat:<br />
”Es wurde schon <strong>von</strong> den Firmenvertretern gesagt, daß eine detaillierte Beurteilung<br />
der Qualität des Materials, das dort für die friedliche Verwendung<br />
als Brennstoff in Leistungs- und Forschungsreaktoren gelagert bzw. verarbeitet<br />
wird, nicht möglich ist. Dies gilt in gleicher Weise für die Kenntnisse, die<br />
der Bundesregierung darüber vorliegen. Wir haben als Bundesregierung ganz<br />
bewußt und in Übereinstimmung mit den vertraglich eingegangenen internationalen<br />
Verpflichtungen in unseren Forschungsarbeiten, die wir zum Beispiel<br />
bei der Entwicklung der friedlichen Nutzung der Kernenergie in der Bundesrepublik<br />
durchgeführt haben, darauf verzichtet, die Waffengrädigkeit und die<br />
Qualität hinsichtlich der Waffenherstellung solcher Materialien zu überprüfen<br />
oder gar Arbeiten in der Richtung durchführen zu lassen. Ich bin mir sicher auf<br />
Grund ausführlicher Kenntnis auch der Diskussionen innerhalb der deutschen<br />
Wissenschaftsszene, daß ein derartiges Ansinnen, egal <strong>von</strong> welcher Bundesregierung<br />
und zu welcher Zeit, in den letzten 25 Jahren in aller Deutlichkeit<br />
<strong>zur</strong>ückgewiesen worden wäre und in Zukunft <strong>zur</strong>ückgewiesen würde ... Nur<br />
noch einmal: Was Detailkenntnisse, was insbesondere die gezielte Herstellung<br />
eines effektiven und in seiner Wirksamkeit kalkulierbaren Kernsprengsatzes<br />
angeht, diese Kenntnis haben wir nicht, und wir wollen sie nicht haben.”<br />
Professor Karl Kaiser, Direktor des Forschungsinstituts der Deutschen Gesellschaft für<br />
Auswärtige Politik in Bonn, unterstrich nocheinmal:<br />
”Der Bund ... kann nicht daran interessiert sein, sich die spezifischen Kenntnisse<br />
anzueignen, die nötig sind, um Waffen zu produzieren, weil wir als Land<br />
keine Waffen produzieren wollen.”<br />
Soweit die Aussagen auf dem Hearing. Diesen beiden Aussagen ist folgende Tatsache<br />
entgegenzuhalten: Zwar nicht massiv und mit großem Aufwand, aber seit Ende der sechziger<br />
Jahre beständig, arbeiten Wissenschaftler der Fraunhofer-Gesellschaft, Institut für<br />
Naturwissenschaftlich-Technische Trendanalysen in Stohl bei Kiel, an der theoretischen<br />
Behandlung der Funktionsweise <strong>von</strong> Kernwaffen [LOCK74; LEUT75; LOCK82]. Sie berufen<br />
sich sogar auf einen Auftrag des Bundesministers für Verteidigung (siehe Vorwort<br />
der Arbeiten [LOCK74] und [LEUT75]). Demnach wurde auch die <strong>Waffentauglichkeit</strong><br />
des <strong>Reaktorplutonium</strong>s [LOCK76; LOCK77] bei Arbeiten für das Bundesverteidigungsministerium<br />
gefunden. Das Vorwort einer Arbeit <strong>von</strong> 1982 [LOCK82] zeigt, daß auch in<br />
27
Zukunft diese Forschungen weitergehen sollen, um auch ”Entwicklungen in Richtung auf<br />
eine Miniaturisierung und größere Effizienz der Kernspaltungswaffen” erfassen zu können.<br />
Es ist also festzuhalten: Entgegen den Aussagen <strong>von</strong> Hagen auf dem Wiesbadener Hearing<br />
sind Wissenschaftler der Bundesrepublik seit Ende der sechziger Jahre im Auftrag des<br />
Bundesministers für Verteidigung kontinuierlich mit der Funktionsweise <strong>von</strong> Kernwaffen<br />
befaßt, zwar nicht mit experimentellen Arbeiten, jedoch mit theoretischen Behandlungen<br />
als der ersten Stufe einer tatsächlichen Entwicklung <strong>von</strong> Kernwaffen. Der Bau solcher<br />
Waffen stellt zwar keine notwendige Konsequenz, aber eine Versuchung dar. Wir können<br />
hier auf die Entwicklung in Frankreich verweisen, die <strong>zur</strong> ”Force de Frappe” führte. In<br />
Frankreich lag lange keine höchste Entscheidung der Regierung <strong>zur</strong> Atomwaffenproduktion<br />
vor. Wissenschaftler leisteten dennoch Vorarbeit und die Entscheidung der Regierung<br />
zum Bau und Test der Waffen fiel erst, als einige Wissenschaftler der Lösung schon sehr<br />
nahegerückt waren. Dies ist beispielsweise beim Office of Technology Assessment [OTA77]<br />
in Kürze und ausführlich bei Scheinman [SCHE65] nachzulesen.<br />
Bei vielen der in diesem Kapitel zitierten Äußerungen fällt auf, wie wenig Bedeutung oft<br />
der Frage beigemessen wird, ob ein Staat mit den ihm <strong>zur</strong> Verfügung stehenden Mitteln<br />
aus <strong>Reaktorplutonium</strong> eine brauchbare Bombe bauen könnte. Meist wird nur auf Schwierigkeiten<br />
hingewiesen, die für subnationale Gruppen in ihrer Relevanz abgeschätzt werden<br />
- soweit Randbedingungen überhaupt angegeben sind. Alexander Roßnagel [ROSS83]<br />
machte 1983 darauf aufmerksam, daß bei Terroristen nicht nach deren Möglichkeiten zum<br />
Bau einer modernen Waffe gefragt werden darf, sondern gefragt werden muß, ”welches für<br />
subnationale Gruppen die Mindestvoraussetzungen sind, um einen möglichst einfachen<br />
Atomsprengsatz herzustellen, wenn man ihren Mitgliedern eine entsprechende Motivation<br />
und Gefahrbereitschaft unterstellt.”<br />
Die Elektrizitätswirtschaft selbst blieb in der Bundesrepublik <strong>von</strong> jeglichen Bedenken gegenüber<br />
der Etablierung einer Plutoniumwirtschaft unberührt. Mit Broschüren versuchte<br />
die Informationszentrale der Elektrizitätswirtschaft e.V. z.B. 1975 ”durch Information<br />
Begriffe zu klären, Sorgen zu beseitigen und Verständnis zu wecken” [GRUP75], was sich<br />
dann folgendermaßen liest:<br />
”Für die Verwendung in Kernwaffen ist nur Pu-239 geeignet. Bei den für einen<br />
wirtschaftlichen Reaktorbetrieb erforderlichen langen Einsatzzeiten der Brennelemente<br />
im Reaktor (1 Jahr und länger) entstehen nun solche großen Mengen<br />
der nichtspaltbaren Isotope Pu-240 und Pu-242, daß eine waffentechnische<br />
Verwendung dieses ”<strong>Reaktorplutonium</strong>s” unmöglich ist.”<br />
Offensichtlich haben die Autoren übersehen, daß Plutonium-240 und Plutonium-242 in<br />
Waffen durchaus spaltbar ist; Schwierigkeiten bereiten diese Isotope aus anderen Gründen.<br />
Selbst in einer neueren Auflage dieser Informationsschrift vom August 1984 [GRUP84;<br />
KFK76; KFK81 ] ist der oben zitierte Passus beibehalten worden. Lediglich der zweite<br />
zitierte Satz änderte sich insofern, als aus ”unmöglich” ”ungeeignet” wurde.<br />
28
Wir haben in dieser Arbeit bewußt darauf verzichtet, Protokolle des Deutschen Bundestages<br />
daraufhin durchzusehen, ob dort ein Konsens bezüglich der <strong>Waffentauglichkeit</strong> <strong>von</strong><br />
<strong>Reaktorplutonium</strong> besteht oder bestanden hat. Dies ist einer anderen Arbeit vorbehalten.<br />
Das Ergebnis dieses Kapitels zusammenfassend möchten wir feststellen:<br />
• Eine Diskussion in Forschungsberichten, auf Tagungen oder auch in Fachzeitschriften<br />
unter Wissenschaftlern der Bundesrepublik über eine eventuelle <strong>Waffentauglichkeit</strong><br />
<strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong> fand sehr viel später statt, als dies etwa in den USA der<br />
Fall war.<br />
• In den USA verstrichen einige Jahre, bevor eine solche Diskussion die Regierungsebene<br />
erreicht und dort zu entsprechenden Konsequenzen geführt hatte.<br />
• In der Bundesrepublik scheint dieser letztgenannte Prozeß noch nicht vollzogen zu<br />
sein.<br />
2 Spezielle Probleme bei Umgang mit <strong>Reaktorplutonium</strong><br />
für waffentechnische Zwecke<br />
2.1 Schießtechnik in Plutoniumbomben<br />
Im Manhattan-Projekt wurden zwei Schießtechniken untersucht: Der Zusammenschuß einzeln<br />
unterkritischer Massen zu einer einzigen überkritischen Masse (”Geschützmethode”)<br />
und die ”Implosions-Technik”. Mit der Implosionstechnik sollte es möglich sein, eine Plutoniumkugel<br />
so schnell zu kompaktieren, daß eine Frühzündung durch Neutronen aus der<br />
Spontanspaltung des Plutonium-239 unwahrscheinlich würde.<br />
Bei der Implosion wird eine <strong>von</strong> Sprengstoff umgebene Plutonium-Hohlkugel kompaktiert<br />
und damit eine überkritische Konfiguration erreicht. Die Plutoniumkugel soll während<br />
der Implosion als Kugel kompaktiert werden; sie soll nicht durch ungleichmäßige Stoßwellen<br />
an ihrer Oberfläche <strong>von</strong> der Kugelgestalt abweichen. Wird eine Plutoniumkugel mit<br />
einer Sprengstoffschicht umhüllt und diese Schicht an einigen Stellen gezündet, so wird<br />
jedoch stets die Stoßwelle an bestimmten Punkten der Plutoniumkugel früher eintreffen<br />
als an anderen. Seaborg hatte bereits im März 1943 befürchtet, daß in Reaktoren erzeugtes<br />
Plutonium durch das möglicherweise intensiv spontanspaltende Isotop Plutonium-240<br />
mit der Geschützmethode nicht verwendbar sein könnte [HEWL62]. Mittels der Geschützmethode<br />
galten Kompaktierungsgeschwindigkeiten bis 3000 feet/s (914 m/s) als möglich<br />
[HAWK61]. An der Implosionstechnik war deshalb ab 1943 gearbeitet worden, ohne daß<br />
sie zunächst vielversprechend erschien. Ein erster Implosionstest ohne nuklearen Sprengstoff<br />
erfolgte am 4. Juli 1943 [HAWK61]. Nachdem im Sommer 1944 bekannt geworden<br />
war, daß Seaborg seine Befürchtungen <strong>zur</strong>echt geäußert hatte, wurde die Implosionstechnik<br />
forciert entwickelt, denn nur mit ihr konnte eine Plutoniumbombe noch realisierbar<br />
sein.<br />
Sprengstoffe, die mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten detonieren, wurden deshalb so<br />
29
zusammengesetzt, daß die in einem Punkt an der äußeren Oberfläche der Sprengstoffschicht<br />
erzeugten Stoßwellen die Oberfläche der Plutonium-Hohlkugel an allen Punkten<br />
gleichzeitig erreichten (”Sprenglinsen”) [TSIP83].<br />
Der erste nukleare Test fand am 16. Juli 1945 bei Alamogordo in der Wüste <strong>von</strong> New<br />
Mexico statt. Vor dem Test unterschätzten fast sämtliche beteiligten Wissenschaftler die<br />
erreichbare Sprengkraft [BLUM76; JUNG64].<br />
Die Sprenglinsentechnik ist heute auch im zivilen Bereich weit verbreitet. Meist soll bei<br />
ihrer Anwendung mit einer Punktzündung eine ebene Stoßfront erreicht werden. Eine weitere<br />
Möglichkeit der Schockwellenformung neben der Verwendung mehrerer verschieden<br />
schnell detonierender Sprengstoffe ist der Einbau <strong>von</strong> Hohlräumen oder nichtexplodierenden<br />
Körpern in der Sprengstoffladung [SCHA71]. Die nötigen physikalischen und chemischen<br />
Daten einer Vielzahl brisanter Sprengstoffe sind in einem Handbuch des Lawrence<br />
Livermore Laboratory [DOBR74] zugänglich.<br />
Häufig ist auf die große Zahl an Wissenschaftlern und Technikern des Manhattan-Projekts<br />
verwiesen worden, um so ungeheure Schwierigkeiten des Bombenbaus zu begründen. Es<br />
sollte jedoch nicht vergessen werden, daß dieser Personenkreis an vielen Problemen zu<br />
arbeiten hatte, die heute längst gelöst sind, wie z.B. an der Bestimmung <strong>von</strong> kritischen<br />
Massen oder Reaktionswirkungsquerschnitten usw. mit gemessen an heutigen Stand der<br />
Technik primitiven Methoden. Außerdem standen damals keine leistungsfähigen Rechner<br />
<strong>zur</strong> Verfügung, so daß Theoretiker mit Berechnungen zu kämpfen hatten, die heute mittels<br />
einer Maschine innerhalb kürzester Zeit durchgeführt werden können.<br />
An dieser Stelle wollen wir noch einmal auf ein weitverbreitetes Mißverständnis aufmerksam<br />
machen. Es darf bei Betrachtungen <strong>zur</strong> <strong>Waffentauglichkeit</strong> nicht der Neutronenhintergrund<br />
<strong>von</strong> reinem Plutonium-239 und <strong>Reaktorplutonium</strong> verglichen werden (z.B.<br />
[SEIF84; NELS77]). Der Neutronenhintergrund unseres im Vorspann dieses <strong>Bericht</strong>es definierten<br />
<strong>Reaktorplutonium</strong>s ist in der Tat etwa 17000 mal größer als derjenige <strong>von</strong> reinem<br />
Plutonium-239. Vergleichen wir unser <strong>Reaktorplutonium</strong> jedoch mit dem Waffenplutonium<br />
niederer Qualität (7% 240 Pu), welches dennoch als Waffenplutonium gilt, so ist der<br />
Neutronenhintergrund des <strong>Reaktorplutonium</strong>s nur noch 4,6 mal so hoch.<br />
2.2 Aufbau der Pu-Isotope in Brennelementen und Neutronenhintergrund<br />
Für eine Abschätzung des Frühzündungsproblems relevant ist der Zusammenhang zwischen<br />
dem Abbrand der Brennelemente und dem Neutronenhintergrund. Die Erbrütung<br />
<strong>von</strong> Plutonium-Isotopen aus 238 U, sogenannte Inventarberechnungen, kann mit nichtlinearen<br />
gekoppelten Differentialgleichungen simuliert werden [FISH83,KIRC85]. Abb.1 gibt<br />
einen schematischen Zusammenhang dieses Prozesses wieder. Durch den, <strong>von</strong> der Spaltung<br />
des 235 U aufrechterhaltenen Neutronenfluß wandelt sich das 238 U über mehrere Zwischenschritte<br />
(n-Einfang & β-Zerfall) in 239 Pu um. Durch das Einfangen weitere Neutronen entstehen<br />
die ”höheren” Plutonium-Isotope 240,241,242. Mit der aus der Inventarberechnung<br />
resultierenden Pu-Zusammensetzung und den unten aufgeführten spezifischen Neutronenraten<br />
kann der Neutronenhintergrund als Funktion des Abbrandes bestimmt werden.<br />
30
Isotop Pu-238 Pu-239 Pu-240 Pu-241 Pu-242<br />
Neutronenrate s −1 kg −1 3.4 · 10 6 30 1.6 · 10 6 0 1.7 · 10 6<br />
Abbildung 1: Umwandlung <strong>von</strong> U-238 durch Neutroneneinfang und ”Erbrütung” der Pu-<br />
Isotope 239,240,241,242<br />
Eine grobe Abschätzung der Neutronenrate als Funktion des Abbrandes ist bei [LOCK76]<br />
zu finden,<br />
P ≈ 0, 32 · (1 − e −A/11 ) (1)<br />
wobei P der Anteil <strong>von</strong> 240 Pu und 242 Pu an allen Plutonium-Isotopen und A der Brennstoffabbrand<br />
in GWd/t ist, der mit einer Zeitkonstanten <strong>von</strong> ca. 11 GWd/t einen Maximalwert<br />
<strong>von</strong> ca. 32 % erreicht. Daß die experimentellen Werte [FISH83] erheblich streuen,<br />
sollte nicht außer acht gelassen werden. Die spezifische Neutronenrate für 240 Pu und 242 Pu<br />
ist grob mit 10 6 Neutronen/s/kg abzuschätzen. Für nicht zu kleine Abbrände kann der<br />
Anteil <strong>von</strong> 239 Pu vernachlässigt werden. Die spezifische Neutronenrate N berechnet sich<br />
dann zu:<br />
N ≈ 10 6 · 0, 32(1 − e −A/11 ) Neutronen[s −1 kg −1 ] (2)<br />
31
Um diesen Zusammenhang zu prüfen wurden anhand <strong>von</strong> Rechnungen <strong>von</strong> Kirchner et<br />
al. [KIRC85] eigene Abschätzungen vorgenommen und eine gegenüber (2) verbesserte<br />
Näherungsformel gefunden. Die Inventarberechnungen <strong>von</strong> Kirchner beruhen auf dem<br />
ORIGEN-Code [Oak Ridge Isotope Generation and Depletion Code], erweitert durch ein<br />
Programmpaket SAS2, das u.a. die durch Resonanzen stark zeitabhängigen effektiven<br />
Wirkungsquerschnitte berücksichtigt.<br />
Abb. 2 zeigt die Produktion der Pu-Isotope als Funktion des Abbrandes für UO2 -<br />
Brennelemente in DWR für mittleren Zielabbrand <strong>von</strong> 33 GWd/t bzw. für geplante Hochabbrandelemente<br />
bei 55 GWd/t. Die Anreicherungen betragen 3,2 % bzw. 4 % 235 U, die<br />
mittleren Leistungsdichten 37,5 MW/t bzw. 41,25 MW/t. Beachtenswert ist die Abnahme<br />
des 239 Pu Anteils bei hohen Abbränden, durch die im Vergleich zu 235 U dominierende<br />
Spaltrate, und die erhebliche 238 Pu Produktion.<br />
Abb. 3 zeigt die prozentuale Zusammensetzung der Plutoniums als Funktion des Abbrandes.<br />
In Abb. 4 sind die Neutronenproduktionsraten [WICK67] der Isotope und ihre Summe<br />
dargestellt. Die geradzahligen Isotope, insbesondere 240 Pu, dominieren aufgrund ihrer<br />
spontanen Zerfallsraten. Die Näherung nach Formel (2) überschätzt die Neutronenrate<br />
bei Abbränden unter 33 GWd/t bzw. unterschätzt sie für Abbrände über 33 GWd/t. Die<br />
Angaben zu Frühzündungswahrscheinlichkeiten bleiben bei Abbränden <strong>von</strong> 33 GWd/t<br />
unberührt.<br />
Die Schraffierung deutet den Bereich an, in dem das sogenannte weapon grade Plutonium<br />
erbrütet wird. Die Brennelemente weisen einen Abrand <strong>von</strong> maximal 5 GWd/t auf.<br />
Dies bedeutet eine Verweilzeit der Brennstäbe <strong>von</strong> nur einigen 100 Tagen im Reaktor.<br />
Eine verbesserte Näherung für die Neutronenrate pro kg Pu als Funktion des Abbrandes<br />
A[GWd/t]erhält man mit:<br />
N = a · (1 − e (−A/3.8) )+b ∗ A Neutronen[s −1 kg −1 ] (3)<br />
mit a=56600 bzw. 47000 und b=8320 bzw. 7515 für die beiden Abbrände. Der Neutronenhintergrund<br />
S für eine Masse M berechnet sich zu S = N · M Neutronen/s.<br />
32
Abbildung 2: Aufbau der Pu Isotope in kg pro Tonne Schwermetall als Funktion des<br />
Abbrandes nach [Kir82] für Brennelemente <strong>von</strong> 33 GWd/t und 55 GWd/t.<br />
2.3 Die Neutronenquelle <strong>zur</strong> Einleitung einer Kettenreaktion<br />
Im Zeitpunkt maximaler Überkritikalität - während einiger Millionstel Sekunden - muß<br />
ein Neutron die gewünschte Kettenreaktion im Plutonium einer Kernwaffe einleiten. Bei<br />
der ersten Implosionsbombe wurde eine kugelförmige Kapsel, die Polonium- und Berylliumpulver,<br />
getrennt durch eine Folie, im Innern der Plutonium-Hohlkugel enthielt, im Augenblick<br />
maximaler Überkritikalität zerquetscht. Dabei vermischten sich die beiden Pulver<br />
und die Reaktion 9 Be(α, n) 12 C lieferte einen Neutronenstoß [BARN79]. (Das Polonium-<br />
210 war durch Neutronenbeschuß <strong>von</strong> Wismuth-209 im Clinton Pile gewonnen worden).<br />
Die Quellstärke einer Polonium-210-Beryllium-Quelle liegt bei etwa 2, 5 · 10 6 Neutronen<br />
pro Sekunde und Curie Polonium [JAEG74]; die spezifische Aktivität <strong>von</strong> Polonium-210<br />
beträgt 4600 Curie (1, 7·10 14 Bq) pro Gramm. Mit einem Milligramm Polonium-210 lassen<br />
sich also bereits 1, 2·10 7 Neutronen pro Sekunde generieren, was als Quellstärke im Innern<br />
der Plutoniumkugel ausreichen würde. Die Zündung mittels Polonium-Beryllium-Quelle<br />
33
Abbildung 3: Prozentuale Zusammensetzung des Plutoniums als Funktion des Abbrandes<br />
nach [Kir82]<br />
ist eine relativ primitive Methode. Ein elektronischer Neutronengenerator mit Tritium-<br />
Deuterium-Target kommt ebenfalls als Neutronenquelle in Betracht. Ist bei einer vorgegebenen<br />
Schießtechnik eine Frühzündung durch ein Neutron aus spontaner Spaltung des<br />
Plutoniums oder durch eine (α, n)-Reaktion an Verunreinigungen des Plutoniums äußerst<br />
wahrscheinlich, kann auf die zusätzliche Neutronenquelle ohnehin verzichtet werden.<br />
2.4 Hantierung <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong><br />
2.4.1 Dosisbelastung durch radioaktive Strahlung<br />
10 kg typisches Leichtwasserreaktor-Plutonium (1,5 % 238 Pu; 56,5 % 239 Pu; 26,5 % 240 Pu;<br />
11,5 % 241 Pu; 4,1 % 242 Pu) erzeugen nach Campbell und Gift [CAMP78] in 30,5 cm<br />
34
Abbildung 4: Sekündliche Neutronenrate pro kg Plutonium als Funktion des Abbrandes<br />
entsprechend Abb. 2.<br />
Abstand eine Dosisleistung <strong>von</strong> 1,56 mSv/h (156 mrem/h). Innerhalb eines Jahres nach<br />
Abtrennung des Plutoniums aus abgebrannten Brennelementen steigt die Dosisleistung<br />
auf 1,74 mSv/h (174 mrem/h). Den größten Beitrag liefern dabei die Neutronen der<br />
spontanen Spaltung. Bei Verunreinigungen mit leichten Elementen beziehungsweise bei<br />
Plutoniumdioxid können aber auch die Neutronen aus (α, n)-Reaktionen für die Ortsdosisleistung<br />
entscheidend sein [ARNO58]. Selbst bei einer Konzentration <strong>von</strong> 18,5 % des<br />
sehr α-aktiven Isotops Plutonium-238 betrüge nach Campbell und Gift [CAMP78] die<br />
Gesamtdosisleistung <strong>von</strong> 10 kg Plutoniumdioxid in 30,5 cm Abstand nicht mehr als 8,5<br />
mSv/h (850 mrem/h). Die <strong>von</strong> Campbell und Gift angegebenen Werte enthalten keine<br />
Röntgen- und β-Strahlung und keine γ-Strahlung aus spontaner Spaltung; diese Strahlungen<br />
spielen im betrachteten Abstand keine wesentliche Rolle [ROES58].<br />
Eine 1-kg-Kugel metallischen Waffenplutoniums (93 % 239 Pu; 7 % 240 Pu) weist laut International<br />
Atomic Energy Agency [IAEA74] eine Dosis auf der Oberfläche <strong>von</strong> etwa 18<br />
mSv/h (1800 mrem/h) [Röntgenstrahlung 13 mSv/h; γ-Strahlung 3 mSv/h; Neutronen-<br />
35
strahlung 2 mSv/h] auf.<br />
Für <strong>Reaktorplutonium</strong> (1,5 % 238 Pu; 58,6 % 239 Pu; 23,8 % 240 Pu; 11,0 % 241 Pu; 4,8 %<br />
242 Pu ) wären es 137 mSv/h (13700 mrem/h) unter Vernachlässigung der γ-Strahlung<br />
(Röntgenstrahlung 108 mSv/h; γ-Strahlung 3 mSv/h; Neutronenstrahlung 10 mSv/h),<br />
also das 7,6-fache der Dosisleistung des Waffenplutoniums. Mit zunehmendem Abstand<br />
<strong>von</strong> der Oberfläche schrumpft dieser Unterschied, da die Röntgenstrahlung kurzer Reichweite<br />
überproportional <strong>zur</strong> Erhöhung des Strahlenpegels <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong> relativ<br />
zu Waffenplutonium beiträgt. Für 10-kg-Kugeln ist eine Dosisleistung deutlich unterhalb<br />
des 10-fachen der oben angegebenen Werte zu erwarten, da die Selbstabsorption des<br />
Plutonium-Metalls nicht unberücksichtigt bleiben kann.<br />
Ein akutes Strahlensyndrom wird im allgemeinen erst ab 1 Sv (100 rem ) Ganzkörperbestrahlung<br />
erwartet. Bei niedrigerer Strahlenbelastung ist nicht mit hervorstechenden<br />
klinischen Symptomen zu rechnen und Organschädigungen wären nur im Labor mittels besonderer<br />
Untersuchungsmethoden nachweisbar. Bis zu einer Ganzkörperbestrahlung <strong>von</strong><br />
2 Sv (200 rem) gilt eine Erholung noch als wahrscheinlich [MOEH72]. Somit werden<br />
selbst ohne Abschirmmaßnahmen bei vorsichtigem Umgang mit <strong>Reaktorplutonium</strong> akute<br />
Strahlensyndrome nicht auftreten. Ein darauf folgender Spätschaden muß insbesondere<br />
bei Terroristen nicht als Hinderungsgrund am Umgang mit <strong>Reaktorplutonium</strong> angesehen<br />
werden.<br />
2.4.2 Wärmeentwicklung durch Radioaktivität<br />
Die einzelnen Plutoniumisotope zeigen eine unterschiedliche Wärmeleistung [ALKE82]:<br />
Isotop Pu-238 Pu-239 Pu-240 Pu-241 Pu-242<br />
Wärmeleistung W/kg 560 1,9 6,85 4,23 0,115<br />
Daraus ergeben sich bei in Waffen eingesetztem Plutonium (6% 240 Pu) etwa 2,2 W/kg<br />
gegenüber etwas mehr als 10 W/kg bei <strong>Reaktorplutonium</strong>. Die Wärmeleistung <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong><br />
ist also etwa 5mal größer als diejenige <strong>von</strong> Waffenplutonium. Die Abhängigkeit<br />
der Wärmeproduktion vom Abbrand zeigt Abb. 5. Bei Abbränden über 14 GWd/t<br />
wird die Wärmeleistung hauptsächlich durch 238 Pu bestimmt. Bei einer Pu Menge <strong>von</strong><br />
6.1 kg entspricht die Wärmeleistung für 33 bzw. 55 GWd/t ca. 60 Watt bzw. 120 W,<br />
d.h. üblicher Glühbirnen. Eine Kugel <strong>von</strong> 6 kg <strong>Reaktorplutonium</strong> ohne Sprengstoffmantel<br />
erreicht, bei Naturkonvektion an Luft eine Übertemperatur <strong>von</strong> ca. 100 o C [NELS77].<br />
2.4.3 Selbstentzündung bei der Plutoniumverarbeitung<br />
EinProblemekanneinemögliche Selbstentzündung bei der Verarbeitung <strong>von</strong> Plutonium<br />
durch die damit verbundene Kontamination der Umgebung bereiten. Nach Waltz et al.<br />
[WALT80] entzünden sich Plutonium-Feilspäne ab 175 o C,Drehspäne ab 265 o C und große<br />
Metallstücke ab 300 - 350 o C, selbst wenn dem Plutonium 1 Atom-% Gallium zugesetzt<br />
36
Abbildung 5: Spezifische Wärmeleistung pro kg Pu als Funktion des Abbrandes bei einem<br />
Aufbau des Plutonium-Vektors enstprechend Abb.2.<br />
wurde. Wick [WICK67] gab an, unlegiertes Plutonium (Zylinder <strong>von</strong> 10 mm Durchmesser<br />
und 10 mm Länge, was einer Masse <strong>von</strong> etwa 15 g entspricht) entzünde sich bei 500 -<br />
520 o C in Luft. Bei Folien <strong>von</strong> 0,12 mm Dicke seien in Luft Entzündungstemperaturen<br />
zwischen 266 und 280 o C C, bei Folien <strong>von</strong> 1 mm Dicke zwischen 378 und 408 o C beobachtet<br />
worden.<br />
Durch Kühlung und Inertgas - üblicherweise Argon oder Stickstoff - kann die Selbstentzündung<br />
des Plutoniums verhindert werden. Kühlung und Inertgas sind kein Problem,<br />
solange das Plutonium nicht in einen Kernsprengsatz eingebaut ist. Stout [STOU61] gab<br />
eine Reihe <strong>von</strong> Ratschlägen, die auf in Los Alamos gesammelten Erfahrungen beruhen,<br />
wie die Gefahr eines Plutoniumbrandes minimiert werden kann und welche Möglichkeiten<br />
bestehen, einen Brand zu löschen (siehe auch [IAEA74]). Schwierigkeiten können darüberhinaus<br />
durch eine allmähliche Oxidation des Metalls auftreten. Nach Sackman [SACK61]<br />
oxidiert Plutoniummetall an der Oberfläche zunächst zu PuO (es bildet sich eine schwarze<br />
Schicht), an der Oberfläche dieses PuO weiter zu PuO2 (gelbe Schicht). Eine Oxidation<br />
37
findet aber kaum in trockener Luft statt und es wurden in Los Alamos beste Erfahrungen<br />
bei der Lagerung und Handhabung <strong>von</strong> Plutoniummetall in frei zirkulierender trockener<br />
Luft gemacht [WICK67]; eine bloße Oxidation an der Oberfläche wirkt ohnehin nicht<br />
sonderlich störend. Durch eine Stabilisierung der sogenannten δ -Phase des Plutoniummetalls,<br />
wie sie in Kernwaffen durch Legierung mit wenigen Prozent Gallium erreicht wird<br />
[COCH84], kann die Korrosionsbeständigkeit wesentlich verbessert werden [WICK67]. In<br />
der δ -Phase zeigt Plutoniummetall die größte Bereitschaft, legierende Elemente aufzunehmen,<br />
z.B. bei Zimmertemperatur 8 Atom-% Gallium, bei höheren Temperaturen 12,5<br />
Atom-% [TAUB74]. In Experimenten wurde an einer mit 3,5 Atom-% Gallium legierten<br />
Folie nach 2 1/2 Jahren in Laborluft und an einer mit 6 Atom-% legierten Folie nach 6<br />
Jahren noch keine signifikante Qualitätseinbuße durch Oxidation beobachtet [WICK67].<br />
Die Herstellung <strong>von</strong> Plutonium-Gallium-Legierungen ist in der öffentlich zugänglichen<br />
Literatur ausführlich beschrieben [BLAN62; WICK67].<br />
38
2.5 Einflüsse <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong> auf eine Sprengstoffladung<br />
2.5.1 Einflüsse radioaktiver Strahlung<br />
Für den Einsatz in den ersten Atombomben wurde in Los Alamos vor allem mit dem<br />
Sprengstoff Composition B experimentiert, seltener auch mit Torpex, Pentolit, Baronal<br />
und Baratol [HAWK61]. Bis Mitte der fünfziger Jahre wurde in den USA sowohl<br />
aus Sicherheits- als auch aus Sicherungsgründen der Spaltstoff <strong>von</strong> Kernwaffen getrennt<br />
vom Rest der Waffe aufgehoben [COCH84]. Das Problem eventueller langfristiger Strahlenschäden<br />
am konventionellen Sprengstoff stellte sich auf diese Weise nicht. Dennoch<br />
wurden schon früh Bestrahlungsexperimente brisanter Sprengstoffe durchgeführt, <strong>von</strong> denen<br />
einige mit ihren Ergebnissen in Kürze vorgestellt werden sollen.<br />
1948 wurden in Oak Ridge und Los Alamos 5-g-Proben der Sprengstoffe RDX, Tetryl,<br />
TNT und Composition B mit 8, 6 · 10 6 Röntgen in 10 Tagen bestrahlt, in Aberdeen u.a.<br />
TNT, Pentolit, Composition B, Tetrytol, Tetryl und Bleiazid mit 4, 32·10 4 Röntgen innerhalb<br />
einer Stunde [ROSE55]. In allen Fällen konnten keine wesentlichen Veränderungen<br />
der Sprengstoffe beobachtet werden. Experimente mit einer großen Zahl weiterer Sprengstoffe<br />
und hohen γ-Dosen folgten. Bei einer Probe <strong>von</strong> 5 g TNT fand sich nach einer<br />
Bestrahlung mit etwa 2 · 10 8 Röntgen keine nennenswerte Änderung <strong>von</strong> Schmelzpunkt,<br />
Zündbarkeit oder Sprengkraft. Ähnliche Ergebnisse wurden bei RDX, Tetryl und Bleistyphnat<br />
festgestellt [ROSE55; KAUF58].<br />
Bowden und Singh [BOWD54] setzten Sprengstoffe hochenergetischen Elektronen, langsamen<br />
Neutronen, Spaltprodukten und Röntgenstrahlung aus, wobei im Vordergrund<br />
die Erforschung der Zündbarkeit durch Bestrahlung stand. Nach einer sogenannten ”hot<br />
spot”-Theorie (siehe z.B. [PHUN70]), sollten viele Sprengstoffe dann explodieren, wenn<br />
ein Bereich <strong>von</strong> 0.1 - 10 µm Durchmesser eine Temperatur <strong>von</strong> 400 - 500 o C erreicht. Der<br />
Sprengstoff muß dann <strong>zur</strong> Zündung nicht einheitlich auf seine Zündtemperatur erhitzt<br />
werden. Während der Bestrahlung wurden die Sprengstoffe zusätzlich auf Temperaturen<br />
bis 290 o C aufgeheizt. Bleiazid und Calciumazid konnten bei Bestrahlung mit einigen 10 7<br />
langsamen Neutronen je cm 2 und Sekunde und Temperaturen bis 290 o C nicht <strong>zur</strong> Detonation<br />
gebracht werden [BOWD54; BOWD58]. Groodcock [GROO58] setzte 2-mg-Proben<br />
α-Bleiazid 1-MeV-Röntgenstrahlung und Reaktorstrahlung aus. Die Röntgenstrahlung<br />
führte erst ab 10 4 Röntgen zu Änderungen der Detonationseigenschaften des Sprengstoffs;<br />
die Reaktorstrahlung führte auch bei der höchsten verwendeten Dosis <strong>von</strong> 10 7 Röntgen<br />
zu keinen derartigen Veränderungen.<br />
Mit Neutronen- und γ-Strahlung eines Reaktors bestrahlten Urizar und Mitarbeiter<br />
[URIZ62] 3-g-Proben <strong>von</strong> TNT, Tetryl, NC, RDX, HMX, PETN und vier Mixturen. Bis<br />
5·10 6 Röntgen beobachteten sie nur geringe, bei 2·10 8 Röntgen jedoch teilweise erhebliche<br />
Änderungen der Sprengstoffeigenschaften. Mit Hilfe einer kritischen Anordnung testeten<br />
sie ebenfalls Auswirkungen extrem hoher, jedoch kurzzeitiger Neutronenflüsse auf TNT,<br />
HMX und 3 Mixturen. Eine Bestrahlung mit 5 · 10 3 Röntgen innerhalb <strong>von</strong> 90 µs führte<br />
weder <strong>zur</strong> Explosion noch zu bemerkenswerten Schäden an den Sprengstoffen. Ergebnisse<br />
<strong>von</strong> Bestrahlungsversuchen an organischen Stoffen - u.a. Sprengstoffen - wurden 1963 <strong>von</strong><br />
Bolt und Carrol [BOLT63] in einem Buch zusammengefaßt.<br />
Ein Vergleich mit den in Kapitel 2.4.1. zitierten Oberflächendosisleistungen <strong>von</strong> Reaktor-<br />
39
plutonium zeigt, daß eine Schädigung des Sprengstoffs durch die Strahlung des Plutoniums<br />
auch binnen Jahren nicht zu erwarten ist. (Zu beachten ist die abschirmende Wirkung<br />
eines Uranreflektors.)<br />
2.5.2 Einflüsse der Wärmeleistung<br />
Angaben über die Wärmeleistung <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong> wurden bereits in Kapitel 2.4.2.<br />
gemacht. Hier soll untersucht werden, welche Temperaturen sich dadurch in der Sprengstoffbeladung<br />
einer Kernwaffe einstellen. Dazu müssen Annahmen bezüglich der Plutoniummenge,<br />
der Dicken <strong>von</strong> Reflektor, Sprengstoffschicht und äußerer Hülle, sowie Annahmen<br />
<strong>zur</strong> Wärmeleitfähigkeit der einzelnen Komponenten getroffen werden. Ausgehend<br />
vom Fourierschen Gesetz läßt sich die durch eine Hohlkugelschale fließende Wärmemenge<br />
berechnen [MICH64]. Bei Übertragung auf ein System konzentrischer Hohlkugelschalen<br />
ist dann im stationären Fall die durch die einzelnen Schichten fließende Wärmemenge<br />
gleichzusetzen. Für Massen <strong>von</strong> 10 kg <strong>Reaktorplutonium</strong> fanden wir unter Zugrundelegung<br />
zweier verschiedener Geometrien (siehe auch Abb. 6 Temperaturprofile):<br />
äußerer Radius der Plutoniumkugel 5,6 cm 8cm<br />
äußerer Radius des Uranreflektors 7cm 15 cm<br />
äußerer Radius der Sprengstoffschicht 66 cm 66 cm<br />
äußerer Radius des Gehäuses (hat nur<br />
marginalen Einfluß) 70 cm 70 cm<br />
maximale Temperaturerhöhung des Sprengstoffs<br />
gegen Umgebungstemperatur 280 K 115 K<br />
Dies zeigt, daß auch ohne aktive Kühlung die maximale Temperatur des Sprengstoffs in<br />
unkritischen Bereichen gehalten werden kann. Es ist lediglich erforderlich, beim Design<br />
den Aspekt der Wärmeentwicklung zu berücksichtigen. Als Wärmeleitfähigkeit haben wir<br />
für den Sprengstoff den Wert 0,4 W/mK gewählt, welcher dem brisanten Sprengstoff<br />
HMX entspricht. HMX hat neben einer hohen Detonationsgeschwindigkeit und einer hohen<br />
spezifischen Energie den Vorteil eines relativ hohen Schmelzpunktes (285 - 287 o C)<br />
[DOBR74]. Bei der Wahl der angenommenen Sprengstoffmenge orientierten wir uns an<br />
der Angabe <strong>von</strong> Cochran et al. [COCH84], die Masse des Sprengstoffs im Trinity-Test habe<br />
etwa 5000 lb betragen, was in Einklang mit den veröffentlichten äußeren Abmessungen<br />
der ersten beiden Plutonium-Bomben steht. Für moderne, kompakte Konstruktionen ist<br />
eine wesentlich geringere Temperaturüberhöhung zu erwarten.<br />
Ein weiteres Beispiel zeigt das Zeitverhalten der Erwärmung einer Anordnug aus <strong>Reaktorplutonium</strong>.<br />
Geht man bei einem Abbrand <strong>von</strong> 33 GWd/t <strong>von</strong> einer spezifischen Leistung<br />
<strong>von</strong> 11 Watt/kg Pu aus, so wird sich eine thermisch isolierte Masse der Hiroshima Bombe<br />
<strong>von</strong> 6.1 kg Pu pro Sekunde bei einer spezifischen Wärme <strong>von</strong> 134 J/(kg K) anfänglich etwa<br />
5 Grad pro Minute erwärmen. Diese Kugel <strong>von</strong> 9 cm Durchmesser würde in Luft etwa 300<br />
40
Abbildung 6: Die einzelnen Kurven zeigen das Temperaturprofil zu verschiedenen Zeiten<br />
nach Zusammensetzen der Anordnung (in Minuten)<br />
Grad Übertemperatur mit einer Zeitkonstanten <strong>von</strong> mehreren 10 Stunden erreichen ( ca.<br />
70 h siehe Abb. 6). Bei starker Konvektion kann die Temperatur um Faktoren 2-3 reduziert<br />
werden. Ist diese Kugel <strong>von</strong> einem 0.5 cm U-Mantel, dieser <strong>von</strong> 9 cm Sprengstoff und<br />
dieser <strong>von</strong> einem 0.5 cm starken Stahlmantel umgeben, so erhält man die Temperaturprofile<br />
<strong>von</strong> Abb.6. Diese fiktive Anordnung mit den als ideal angenommenen Wärmekontakten<br />
soll lediglich die Problematik der Verwendung <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong> verdeutlichen.<br />
Es sei darauf hingewiesen, daß die Übertemperaturen bei Hochabbrandelementen etwa<br />
das doppelte gegenüber denen in Abb.6 betragen. Ohne Zwangskühlung würden sich die<br />
Temperaturen dem Schmelzpunkt des relativ temperaturbeständigen Sprengstoffes HMX<br />
näheren. Die schlechte Wärmeleitung des Sprengstoffes bewirkt das Aufheizen der Plutoniumkugel.<br />
Andererseits sind die Zeitkonstanten für den Temperaturaufbau relativ lang<br />
, sodaß eventuell eine Assemblierung einer vorher gekühlten Pu-Kugel denkbar wäre. In<br />
jedem Fall wird allein an dem Temperaturproblem deutlich, daß <strong>Reaktorplutonium</strong> im<br />
militärischen Bereich kaum <strong>von</strong> Interesse sein dürfte, solange Plutonium <strong>von</strong> Reaktorele-<br />
41
menten mit niedrigen Abbrand, also geringem 240 Pu- und 238 Pu-Anteil, <strong>zur</strong> Verfügung<br />
steht und erschwinglich ist.<br />
Der Schmelzpunkt <strong>von</strong> Plutoniummetall beträgt etwa 640 o C [WICK67], wird also in diesen<br />
beispielhaften Anordnungen nicht erreicht.<br />
2.6 Wiederauffindbarkeit <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong> durch seine<br />
Strahlung<br />
Von einer Chance der Entdeckung entwendeten Plutoniums könnte gesprochen werden,<br />
wenn an der Außenwand des Gebäudes, in dem das Plutonium versteckt gehalten wird,<br />
dieses innerhalb einer vernünftigen Meßzeit durch seine Strahlung nachzuweisen wäre.<br />
Für einen solchen Nachweis käme insbesondere die Neutronenstrahlung in Frage. Ein<br />
raumsparender mehrschichtiger Neutronenschild <strong>zur</strong> Abschirmung schneller Neutronen<br />
kann aus vier Schichten aufgebaut werden:<br />
1. Material mittlerer oder großer Kernladungszahl - z.B. Schwermetall - <strong>zur</strong> Reduzierung<br />
der Neutronenenergie mittels unelastischer Streuung.<br />
2. Material kleiner Kernladungszahl - z.B. Polyäthylen, Paraffin, Wasser, Graphit - <strong>zur</strong><br />
Reduzierung der Neutronenenergie mittels elastischer Streuung.<br />
3. Material mit großem Einfangquerschnitt <strong>zur</strong> Absorption der thermalisierten Neutronen<br />
- z.B. Cadmium, borhaltiger Stahl.<br />
4. Material großer Kernladungszahl - z.B. Schwermetall - <strong>zur</strong> Absorption der beim<br />
Neutroneneinfang abgestrahlten γ-Strahlung [SAUT83].<br />
Als Plutoniummasse nehmen wir 7 kg <strong>Reaktorplutonium</strong> an, was eine Ausstrahlung <strong>von</strong><br />
etwa 2 · 10 6 Neutronen je Sekunde bedeutet. Neutronen aus der Spontanspaltung des<br />
Plutonium-240 bzw. Plutonium-242 besitzen eine mittlere Energie <strong>von</strong> 1,7 MeV bzw. 1,8<br />
MeV [SMIT72]. Würde das Plutonium 2 m <strong>von</strong> einer 1,5 m dicken Betonwand entfernt<br />
gelagert, so betrüge die Neutronenflußdichte am Ende dieser Betonschicht schon aus rein<br />
geometrischen Gründen - unter Vernachlässigung der Streuung - noch 1,3 Neutronen je<br />
Sekunde und cm 2 . Im Beton und einer eventuell vorgelagerten Schicht Blei würden die<br />
Neutronen bald thermalisiert. 1,5 m Normalbeton reduzieren den Fluß <strong>von</strong> Spaltneutronen<br />
bereits um mehr als 5 Größenordnungen (Ausscheidequerschnitt laut [SCHM70]). Ist<br />
der verfügbare Raum ungewöhnlich beengt, könnte eine Abschirmung aus Blei, Beton und<br />
Boral oder Cadmium-Blei-Blech gewählt werden. Mit Hilfe eines 13 mm dicken Bleches<br />
aus Blei mit 5 % dispergiertem Cadmium würde der thermische Neutronenfluß auf 1/500<br />
[JAEG60], durch ein 4,45 mm dickes Boral-Blech (30% B4C) auf 1/1000 [PRIC57] und<br />
ein 6,5 mm dickes Boral-Blech (35% B4C) auf 10 −8 [JAEG60] geschwächt. Ein 3,2 mm<br />
dickes Boral-Blech (35 % B4C) schwächt thermischen Neutronenfluß auf 10 −4 [ROCK56].<br />
Bor hat gegenüber anderen Abschirmmaterialien den Vorzug, keine harte γ-Strahlung bei<br />
der Absorption thermischer Neutronen auszusenden; die sekundäre γ-Strahlung liegt unter<br />
einer Energie <strong>von</strong> 500 keV [ROCK56]. Dies zeigt, daß es mit einigermaßen geschickt<br />
42
gewählten Abschirmmaterialien durchaus möglich ist, den Neutronenfluß aus entwendetem<br />
<strong>Reaktorplutonium</strong> an der Außenwand des Verstecks auf in der Praxis nicht mehr<br />
nachweisbare Werte zu reduzieren.<br />
2.7 Gründe der Kernwaffenstaaten für die Verwendung <strong>von</strong><br />
Waffenplutonium<br />
1945 nahmen die USA mit 3 Reaktoren in Hanford eine großangelegte Plutonium-Produktion<br />
auf. 1954 waren in Hanford bereits 6 Reaktoren und in Savannah River 2 Reaktoren in<br />
Betrieb. 1964 liefen schließlich in Savannah River und Hanford insgesamt 14 Reaktoren.<br />
Zu dieser Zeit hatten die USA einen so großen Vorrat an spaltbarem Material für Waffenzwecke<br />
angehäuft, daß ihr damaliger Präsident Lyndon B. Johnson dessen Produktion<br />
einschränken ließ; die USA ergänzten ihr Atomwaffen-Arsenal nicht mehr mit hochangereichertem<br />
Uran und die Plutonium-Produktion wurde drastisch heruntergefahren. Die<br />
Zahl der <strong>zur</strong> Erzeugung <strong>von</strong> Plutonium betriebenen Reaktoren nahm ständig ab; 1984<br />
waren noch 1 Reaktor in Hanford und 3 in Savannah River in Betrieb [HIPP85]. Der<br />
jüngste dieser Reaktoren ist der 1962 in Auftrag gegebene Mehrzweckreaktor Hanford-N,<br />
der neben Plutonium auch elektrische Energie (860 MWe) liefert, und der 1966 den Betrieb<br />
aufnahm [HIPP85; KEMP85].<br />
In den USA wurde im Dezember 1957 mit dem Shippingport Reactor (72 MWe) der erste<br />
Reaktor in Betrieb genommen, der ausschließlich der kommerziellen Stromerzeugung<br />
dienen sollte. Zu dieser Zeit waren 13 Reaktoren in den USA <strong>zur</strong> Plutonium-Erzeugung<br />
eingesetzt; mehr als 14 Reaktoren sind zu diesem Zweck in den USA niemals gleichzeitig in<br />
Betrieb gewesen. Das bedeutet, daß zu der Zeit, als die kommerzielle Nutzung der Atomenergie<br />
begann, das Potential an Reaktoren <strong>zur</strong> Waffenplutonium-Erzeugung in den USA<br />
bereits voll ausgebaut war; der letzte noch neu gebaute Plutonium-Erzeugungs-Reaktor -<br />
Hanford-N war bereits mit <strong>zur</strong> Stromerzeugung bestimmt. Auch als in einem Test die <strong>Waffentauglichkeit</strong><br />
<strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong> nachgewiesen worden war, sprachen noch schwerwiegende<br />
Gründe gegen eine nachträgliche Umstellung des Rüstungsprogramms auf <strong>Reaktorplutonium</strong>:<br />
• Reaktoren <strong>zur</strong> Erzeugung <strong>von</strong> Waffenplutonium liefen bereits in nötiger Anzahl.<br />
• Wiederaufarbeitung und waffentechnische Verwendung <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong> hätten<br />
enorme Umrüstungskosten wenn nicht gar Neubauten der Wiederaufarbeitungsanlagen<br />
und der Waffenlabors erfordert, da die Aufarbeitung höher abgebrannter<br />
Brennelemente schwieriger ist und bei <strong>Reaktorplutonium</strong> zusätzliche Strahlenschutzmaßnahmen<br />
erforderlich gewesen wären. Laut Donald Kerr, Direktor des Los Alamos<br />
National Scientific Laboratory, sollte die Strahlenbelastung des Personals noch<br />
1980 durch weiter erniedrigten Plutonium-240-Gehalt reduziert werden [KERR80].<br />
Die einzige in den USA jemals betriebene kommerzielle Wiederaufarbeitungsanlage,<br />
West Valley, arbeitete lediglich <strong>von</strong> 1966 bis 1972. In dieser Zeit setzte sie etwa 600<br />
t abgebrannter Brennelemente durch, <strong>von</strong> denen 390 t, mit einem Abbrand <strong>von</strong> weniger<br />
als 1000 MWd/tU, aus dem Reaktor Hanford-N entnommen waren [NWG82].<br />
43
• Der Plutoniumpreis fällt bei den Gesamtkosten moderner Raketen und Marschflugkörper<br />
ohnehin nicht ins Gewicht.<br />
• Die modernen Waffendesigns waren speziell für Waffenplutonium entwickelt worden<br />
[MARK71]; Umstellung auf <strong>Reaktorplutonium</strong> hätte die Überarbeitung der Designs<br />
erzwungen.<br />
• Die Zielgenauigkeit der Waffen war immer weiter verbessert worden, um mit minimalem<br />
Einsatz an Raketen und größtmöglicher Wahrscheinlichkeit wichtige Ziele<br />
potentieller Gegner zu zerstören. Eine nicht exakt voraussagbare Sprengkraft wäre<br />
diesen Bemühungen zuwidergelaufen, da eine unsichere Sprengkraft faktisch einer<br />
schlechteren Zielgenauigkeit entspricht und das Problem des sogenannten ”Brudermordes”<br />
bei salvenartigem Beschuß erhöht.<br />
• Die mit <strong>Reaktorplutonium</strong> etwas größeren und schwereren Waffen hätten die angestrebte<br />
Miniaturisierung z.B. in Mehrfachsprengköpfenerheblichgestört.<br />
In Großbritannien wurden bereits die ersten Reaktoren <strong>zur</strong> Erzeugung <strong>von</strong> Waffenplutonium<br />
auch <strong>zur</strong> Stromerzeugung benutzt. Die zunächst rein militärische Wiederaufarbeitungsanlage<br />
in Windscale wurde erst 1964 um einen kommerziellen Bereich erweitert. Die<br />
britischen Gas-Graphit-Reaktoren erbrachten ein für waffentechnische Zwecke besser geeignetes<br />
Plutonium, als es in Leichtwasserreaktoren erzeugt wird, bei gleichzeitig höherer<br />
Bildungsrate.<br />
In Frankreich waren ebenfalls die ersten Reaktoren Gas-Graphit-Reaktoren, die neben<br />
Plutonium für militärische Zwecke Strom produzierten [GSPO83]. Sowjetische Reaktoren<br />
erlauben die Entnahme <strong>von</strong> Brennelementen während des Betriebs. Auf diese Weise kann<br />
bei andauernder Stromerzeugung Waffenplutonium aus kurz bestrahlten Brennelementen<br />
gewonnen werden. Indien trennte sein erstes Plutonium wahrscheinlich aus Brutelementen<br />
eines schwerwasser-moderierten Reaktors ab [NWG82].<br />
Eine Entscheidung für oder wider <strong>Reaktorplutonium</strong> für waffentechnische Zwecke könnte<br />
in anderen Staaten zugunsten des <strong>Reaktorplutonium</strong>s getroffen werden, falls insbesondere<br />
• die Technik des Leichtwasserreaktors etabliert ist,<br />
• eine Anlage <strong>zur</strong> Aufarbeitung <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong> existiert,<br />
• mit der Entwicklung <strong>von</strong> Kernwaffen erst begonnen wird (Einrichtung der Labors,<br />
Entwicklung der Designs),<br />
• zunächst statt modernster Raketen eine große Zahl <strong>von</strong> Atombomben <strong>zur</strong> Verfügung<br />
stehen soll. Bereits durch den Besitz einiger weniger Atombomben ändert sich der<br />
politische Stellenwert eines Staates gewaltig.<br />
Für Terroristen, die sich in den Besitz bereits abgetrennten Plutoniums bringen können,<br />
spielen Fragen der Vorhersagbarkeit, des Gewichts und der Größe ihrer Waffen überhaupt<br />
keine Rolle. Wichtig kann ihnen nur eine ausreichende Mindestsprengkraft und die<br />
44
Transportierbarkeit ihrer Waffe auf einem LKW sein. Diese Ziele sind jedoch mit einiger<br />
Wahrscheinlichkeit mit <strong>Reaktorplutonium</strong> zu erreichen.<br />
45
3 Abschätzungen <strong>zur</strong> Frühzündungswahrscheinlichkeit<br />
In diesem Kapitel soll der Wissensstand im Hinblick auf die Funktionsweise der Spaltbombe<br />
und das Frühzündungsproblems in der öffentlich zugänglichen Literatur zusammengefaßt<br />
werden. Zugleich soll damit eine Präzisierung der oben zitierten Angaben <strong>zur</strong><br />
Statistik der Energiefreisetzung (Yield) erreicht werden. Hierbei soll exemplarisch nur die<br />
Spaltbombe im 20 kT TNT Bereich betrachtet werden. Einmal sind nur für diese Bombe<br />
vom Trinity-Test und <strong>von</strong> Nagasaki her einige technische Angaben zugänglich, zum<br />
anderen dürfte sie als Zünder für Fusionsbomben oder fusionsverstärkte Bomben <strong>von</strong> besonderem<br />
Interesse sein. Es sei auch an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, daß alle<br />
Aussagen lediglich auf theoretischen Abschätzungen beruhen. Experimente im nichtnuklearen<br />
Bereich insbesondere <strong>zur</strong> Implosionstechnik wären in der Bundesrepublik sicher<br />
durchführbar und würden die Güte der Abschätzungen erheblich verbessern. Folgende<br />
technische Angaben zu den genannten Bomben sind öffentlich zugänglich:<br />
• Die Plutoniumbomben vom Trinity-Test und <strong>von</strong> Nagasaki sollen 6.1 kg 239 Pu enthalten<br />
haben [COCH84] .<br />
• Die ”Sprengkraft” (Yield) soll bei beiden etwa 22 kT TNT betragen haben. Die<br />
große Varianz <strong>von</strong> cc. 30 % ist in diesem Zusammenhang unerheblich [COCH84] .<br />
• Oppenheimer soll die Wahrscheinlichkeiten für die Sprengkraft für die Trinity Bombe<br />
folgendermaßen abgeschätzt haben:<br />
Die Wahrscheinlichkeit den vollen Yield zu erreichen kann bei 88 % liegen. Die<br />
Wahrscheinlichkeit einer Frühzündung, also ein Yield unter dem Maximalwert, liegt<br />
dementsprechend bei 12 %. Tritt eine Frühzündung ein, so ist mit 6% Wahrscheinlichkeit<br />
eine Ausbeute unter 5 kT zu erwarten und mit 2% eine Ausbeute unter 1<br />
kT. (in [COCH84] falsch zitiert, da auf die Hiroshima Bombe bezogen.)<br />
• Ferner gibt es den Hinweis [ALBR84], daß die gleiche Anordnung mit <strong>Reaktorplutonium</strong><br />
und heutiger Schießtechnik eine Ausbeute <strong>von</strong> mindestens 1 kT erzielen<br />
würde.<br />
46
Die nun folgende Abschätzung basiert auf den Arbeiten <strong>von</strong> Locke und Leuthäuser<br />
[LEUT75;LOCK74;LOCK82] und dort zitierte Publikationen, auf die im einzelnen nicht<br />
weiter hingewiesen wird. Lediglich die neu hinzugekommenen Auswertungen sind durch<br />
einen Stern (∗) gekennzeichnet. Mit Hilfe dieser Angaben wird es möglich sein, eine grobe<br />
Abschätzung der schon 1945 erzielten, aber unveröffentlichten, Kompaktierungsgeschwindigkeiten<br />
zu erhalten und eine parametrische Beschreibung der recht komplexen Zusammenhänge<br />
zu erreichen.<br />
Wie oben mehrfach betont, ist die Frühzündung durch die Neutronen bedingt, die in erster<br />
Linie <strong>von</strong> den ”schwereren” geradzahligen Pu-Isotopen, 240 und 242 durch Spontanspaltung<br />
und durch α -Zerfall induzierte (α, n) Reaktionen hervorgerufen werden. Eine hier<br />
ausreichende Abschätzung des Neutronenhintergrundes S einer Masse M [kg] als Funktion<br />
des Abbrandes bis max. 33 GWd/t liefert Gl. 3 aus Kapitel 2.2:<br />
S = [56600 · (1 − e −A/3.8 ) + 8320 · A] · M Neutronen/s ∗ (1)<br />
Ferner sei angenommen, daß die Verunreinigungen durch leichte Elemente, wie z.B. Be,<br />
hinreichend gering sind und das Plutonium nicht in oxidischer Form vorliegt, sodaß über<br />
(α, n) Reaktionen kein nennenswerter Beitrag zum Neutronenhintergrund hinzukommt.<br />
Folgende Daten für 239 Pu, gemittelt über den Energiebereich <strong>von</strong> 0.82 bis 2.23 MeV im<br />
Neutronenfluß, werden verwendet :<br />
ν =3.08 Zahl der Neutronen/Spaltung<br />
σf =1.90b Spaltquerschnitt<br />
σa =2.30b Absorptionsquerschnitt<br />
σtr =5.0b Transportquerschnitt<br />
c =(σtr + νσf − σa)/σtr relativer Spaltquerschnitt c=1.72<br />
Σtr = σtrNL/239ρ =3.011M/R 3 reziproke Transportlänge [cm, kg]<br />
v =13.8cm/shake effektive Neutronengeschwindigkeit, shake=10 −8 s<br />
Zunächst soll die Reaktivität einer Pu-Kugel vom Radius R berechnet werden. Es ist<br />
<strong>von</strong> Vorteil, diese durch das Rossi-α auszudrücken. Das Rossi-α ist durch Parameter, wie<br />
Abmessung, Material, Dichte des Spaltstoffes und deren zeitliche Entwicklung bestimmt.<br />
Weiterhin ist α über ∆k = αl mit dem Vermehrungsfaktor ∆k und der Lebensdauer<br />
l verknüpft. Mit Hilfe des extrapolierten Radius einer Spaltkugel Re = cΣtrR +0.7104<br />
erhalten wir:<br />
�<br />
�<br />
cπ<br />
α =<br />
− 1 vΣtr<br />
(2)<br />
Re tan(π/Re)<br />
Kritikalität wird mit α = 0 erreicht. Eine gute Näherung um α ≈ 0, die die Abhängigkeit<br />
<strong>von</strong> den Parametern M/R2 und c und insbesondere das ”kritische” M/R2 verdeutlicht, lautet:<br />
für α = 0<br />
α ≈ [ M 0.5786<br />
− ( √ − 0.2576)] · (15.20 ·<br />
R2 c − 1 √ �<br />
c − 1 − 1.9198) 10/M ∗ (3)<br />
47
�<br />
Abbildung 7: Rossi-α · M/10 <strong>von</strong> Pu-Kugeln als Funktion <strong>von</strong> M/R2 =4.2 · ρR und<br />
Parameter c. Die durchgezogene Kurven entsprechen Gl.2, punktierte Kurven den der<br />
Näherung nach Gl.3. Die kritischen M/R2 Werte für verschiedene Isotope sind als Kreise<br />
angegeben.<br />
Je dichter die Spaltmaterie komprimiert und je weniger ausgedehnt die Spaltstoffkugel ist,<br />
um so größer ist die Reaktivität. In Abb.7 ist α für verschiedene Werte <strong>von</strong> c aufgetragen.<br />
Das System wird kritisch (α=0), wenn der erste Faktor verschwindet. Für 239 Pu (c=1.78)<br />
wird Kritikalität bei der Nullstelle M/R 2 = 2.6(Mρ 2 ) 1/3 = 0.4 kg/cm 2 erreicht. Das<br />
entspricht bei einer Dichte ρ =19.7g/cm 3 einer kritischen Masse <strong>von</strong> 9.4 kg. Für 235 U<br />
(c=1.41) liegt der kritische Wert bei M/R 2 =0.65.<br />
48
In diesem Zusammenhang ist <strong>von</strong> Bedeutung, daß der c-Wert eine Abhängigkeit vom Abbrand<br />
aufweist. Für einen verschwindenden 239 Pu Anteil (d.h. P=1) wurde ein c-Wert <strong>von</strong><br />
1.44 aus einer Abbildung (Fig.a-7 ) aus deVolpi [DEVO79] unter der Annahme konstanten<br />
σtr entnommen. Zur Berechnung der Kritikalität wurde c linear interpoliert. Hierbei ist<br />
PderAnteil<strong>von</strong> 240 Pu und 242 Pu an allen Pu-Isotopen, der mit der Näherung <strong>von</strong> Locke<br />
(Gl.1 aus Kap.2.2) berechnet wurde.<br />
c =1.78(1 − P )+1.44P ∗ (4)<br />
Für eine Hohlkugel mit Innen- und Außenradius, Ri und Ra , ist das Rossi-α nicht mehr<br />
geschlossen angebbar. Das aus Gl.5 iterativ ermittelte Re wird wie vorher <strong>zur</strong> Berechnung<br />
<strong>von</strong> α in Gleichung (2) eingesetzt.<br />
�<br />
πRiΣtr<br />
Re = cΣtrRa +0.7104 − cΣtrRi + arctan<br />
cRe<br />
� cRe<br />
π<br />
∗ (5)<br />
Die Berechnungen der Kritikalität <strong>von</strong> Pu-Kugeln mit 238 U Reflektor sind aufwendiger.<br />
Die wichtigsten Resultate sind in Abb.8 zusammengefaßt. Es wird insbesondere deutlich,<br />
daß durch den U-Reflektor ein sehr viel früheres Einsetzen der Kritikalität erfolgt, daß aber<br />
mit zunehmender Kritikalität der Unterschied nicht mehr stark ins Gewicht fällt. Daraus<br />
ergibt sich eine Reduzierung der kritischen Masse. Die Kurve links im Bild bezieht sich<br />
auf voll 238 U reflektierte Pu-Kugeln. Kritikalität wird bei M/R 2 ≈ 0.3 erreicht, d.h., bei<br />
gleichem ρ wie oben, liegt die kritische Masse bei (0.3/0.4) 3 · 9.4 =4kgPu.Esistzu<br />
beachten, daß bei höheren α-Werten der prozentuale Gewinn durch den Reflektor geringer<br />
wird.<br />
49
Abbildung 8: Rossi-α wie in Abb.7 für Pu-239 Kugel mit U-238-Reflektor, U-235 Kugel<br />
sowie α für Pu-Kugelschalen mit Massen <strong>von</strong> 10, 20 und 30 kg und ρ =19.7g/cm 3<br />
Aus dem Verlauf der Funktionen α(R) für Pu-Kugeln mit und ohne U-238-Reflektor ist zu<br />
schließen, daß der Reflektor sich aus Gründen der Spaltstoffersparnis kaum lohnen würde.<br />
Die kritische Masse wird zwar früher erreicht, aber die maximalen αm-Werte werden nur<br />
geringfügig entsprechend einer Dichtezunahme <strong>von</strong> 2-3 g/cm 3 erhöht. Andererseits wird<br />
die Frühzündung durch die relativ früher einsetzende Kritikalität wahrscheinlicher. Der<br />
”Tamper” könnte aber dennoch eine vorzeitige Verringerung des Abbröckelns der Pu-<br />
Oberfläche durch die reflektierte Stoßwelle bewirken.<br />
Aus Abb.9 ist zu entnehmen, daß der Zeitpunkt der Kritikalität (α =0)für <strong>Reaktorplutonium</strong><br />
erst viel später im Vergleich mit Waffenplutonium erreicht wird. Die Zeitspanne für<br />
das Einsetzen einer Frühzündung ist somit kürzer. Dem entgegen wirkt der höhere Neutronenhintergrund.<br />
Bei einer erreichbaren Dichteüberhöhung <strong>von</strong> 2.3 ist das erzielbare α<br />
um etwa einen Faktor 1.5 kleiner. Für den max. Yield bedeutet dies eine Veringerung um<br />
einen Faktor 5 in Vergleich zu Waffenplutonium (die α 3 -Abhängigkeit wird später noch<br />
gezeigt.)<br />
50
Abbildung 9: Erzielbares α für Waffenplutonium (P=0) und <strong>Reaktorplutonium</strong> (P=0.5)<br />
als Funktion des Außenradius (Strichlinie). Dichteüberhöhung (durchgezogene Linie). P<br />
ist der Anteil <strong>von</strong> Pu-240 und 242.<br />
Die Dynamik der Kompaktierung ist bei diesen Abschätzungen die größte Unbekannte.<br />
Wahrscheinlich kommt man der Realität beim Trinity-Test und der Nagasaki-Bombe am<br />
nächsten, wenn die bekannte Masse <strong>von</strong> 6.1 kg in der Konfiguration einer Hohlkugel mit<br />
ca. 5-10 cm Innenradius und einer Dichte <strong>von</strong> ca. 15.4 g/cm 3 (δ-Phase) angenommen<br />
wird. Abb.10 zeigt den zeitlichen Verlauf der Radien und der Reaktivität einer implodierenden<br />
Kugelschale bei einer Anfangsgeschwindigkeit <strong>von</strong> 2 km/s. Es zeigt sich, daß<br />
bei diesen Kompaktierungsgeschwindigkeiten die Verformungsarbeit vernachlässigt werden<br />
kann. Außerordentlich hohe Geschwindigkeiten treten für den Innenradius auf, ähnlich<br />
wie beim Jet-Phänomen der Hohlladungswaffen. Selbst bei vollem Zusammenschuß der<br />
Hohlkugel wird die Überkritikalität noch nicht erreicht (fractional crit). Es ist daher erforderlich,<br />
daß eine erhebliche Dichteüberhöhung im weiteren Kompressionsvorgang erfolgt.<br />
51
Abbildung 10: Zeitlicher Verlauf der Reaktivität, Innen- und Außenradius sowie Dichteüberhöhung<br />
einer implodierenden Pu-Kugel der Masse 6.1 kg mit Anfangsgeschwindigkeit<br />
Vo=2 km/s und zunächst konstanter Dichte (19.7 g/cm)<br />
Ablauf und Wahrscheinlichkeit einer Frühzündung und erreichbare Energieausbeute<br />
(Yield) lassen sich durch folgende Schritte abschätzen:<br />
• Zündung des konventionellen Sprengsatzes und Beginn der Kompaktierung.<br />
• Die erste Kritikalität, d.h. α ≥ 0, wird <strong>zur</strong> Zeit t=0 erreicht. Die Wahrscheinlichkeit,<br />
daß ein Hintergrundneutron eine Kettenreaktion in Gang setzt, also eine<br />
Frühzündung stattfindet, ist durch<br />
W (t) =1− e (−LS<br />
�t<br />
0<br />
α(t ′ )dt ′ )<br />
gegeben. L ist die mittlere Neutronenlebensdauer, die nur schwach <strong>von</strong> der Struktur<br />
abhängig ist und im folgenden zu 0.4 shake festgelegt wird. Es ist nun zu klären,<br />
welche Sprengkraft ein solches vorzeitig injiziertes Neutron bewirken kann.<br />
52<br />
(6)
• Wird die Kettenreaktion durch ein Neutron angefacht, folgt die spezifische Spaltstoffbelastung<br />
N in [W/kg] der grundlegenden Differenzialgleichung:<br />
dN<br />
= α(t) · N(t) (7)<br />
dt<br />
Hieraus folgt mit der Generationenzahl G:<br />
G(α(t)) =<br />
�t<br />
N(t) =N(0) · e G(t)<br />
0<br />
α(t)dt (8)<br />
• Das erste spaltende Neutron setzt in der Masse M und in der Zeit der Lebensdauer<br />
L die Spaltenergie <strong>von</strong> E=2.9 ·10 −11 J frei, sodaß N(0)=E/(ML) ist. Die spezifische<br />
Energiefreisetzung Q in [J/kg] folgt aus<br />
Q(t) =<br />
�t<br />
0<br />
(9)<br />
N(t)dt (10)<br />
• Nach der Bethe-Tait-Theorie findet bis zu einer Schwellenenergie <strong>von</strong> Q ∗ ≈ 10 6 J/kg<br />
zunächst keine Rückwirkung auf die Kritikalität durch Druckaufbau und Expansion<br />
der Anordnung statt. Die Zahl der Generationen beträgt bis zu diesem Zeitpunkt<br />
G ∗ =ln(Q ∗ /Q(0)) = ln( Q∗<br />
) ≈ 41 (11)<br />
E/M<br />
• Nach überschreiten der Bethe-Tait Energie zum Zeitpunkt t ∗ folgt ein Druckaufbau<br />
und eine Radienvergrößerung entsprechend der Differentialgleichung<br />
¨R =2g(γ − 1)Q/R0<br />
mit den entsprechenden Anfangswerten <strong>zur</strong> Zeit t ∗ .DieGröße γ ist, analog zu<br />
einem idealen Gas, mit dem Adiabatenkoeffizient zu vergleichen. γ beträgt ≈ 1.4.<br />
Der Abfall des Neutronenflußes am Rande der Pu-Kugel wird mit dem Formfaktor<br />
g ≈ 0.7 berücksichtigt.<br />
• Nach zweimaliger Differentiation erhält man mit der Gleichung (7)<br />
(12)<br />
....<br />
R= α(R(t))· ...<br />
R (13)<br />
Diese DGL ist selbst für eine linearisierte Abhängigkeit der Form<br />
und somit<br />
α(R(t)) ≈ αm + α ′ m · (R(t) − Rm) (14)<br />
.... ...<br />
α= α· α (15)<br />
53
nicht analytisch lösbar. Hierbei ist αm und α ′ m<br />
= dα<br />
dR |Rm und Rm in der Nähe<br />
des maximalen α zu wählen. Näherungen sind aber möglich, die mit Runge-Kutta-<br />
Rechnungen bis zum Zeitpunkt maximalen α’s gut übereinstimmen. Große Abweichungen<br />
treten erst nach Abschluß der Energiefreigabe auf. Eine exponentielle<br />
Abhängigkeit der Leistung und Energie besteht über einen langen Zeitraum. Die Radienvergrößerung<br />
und damit der Reaktivitätsabfall erfolgt in wenigen shakes. Das<br />
Näherungsverfahren liefert die Energieausbeute (Yield):<br />
(1 − 3/5g)<br />
Y = QM = −1.13<br />
2g(γ − 1) · α3 mRm α ′ · M (16)<br />
m<br />
Der Faktor 1.13 berücksichtigt eine Korrektur dieses Näherungsverfahrens. Die<br />
Umrechnung <strong>von</strong> J in kt-TNT geschieht durch Multiplikation mit dem Faktor<br />
2.388 · 10−13 . Bezeichnend ist die starke Abhängigkeit <strong>von</strong> der dritten Potenz <strong>von</strong><br />
αm . Folgende plausible Überlegung aus [SEIF84] soll dies verdeutlichen. Die Radienvergrößerung<br />
¨ R in Gl.12 ist der freigesetzten spez. Energie Q proportional. Setzt<br />
man in nullter Näherung Q ≈ Q0eα·t so ist der Radiuszuwachs ∆R dem zweifachen<br />
Zeitintegral <strong>von</strong> Q proportional (∆R ≈ Q/α2 0). Das System wird durch die Ausdehnung<br />
wieder unterkritisch. Nimmt nun ∆R in einer Neutronengeneration α · l<br />
um einen Betrag, der sicher zu α · l proportional ist (∆R ≈ α · l), zu, so bricht die<br />
Kettenreaktion ab und der erzielte Yield ergibt sich zu Y ≈ Q · M ≈ α3 · l · M.<br />
• Der zeitliche Energieablauf lautet in dieser Näherung<br />
Q = Q ∗ + Q · (1 − e (−e(G∗ (t)−Gm) )) (t ≥ t ∗ ) (17)<br />
mit G ∗ (t) =αm(t − t ∗ ) und Gm =ln(Q/Q ∗ ) ≈ 15 , der maximalen Zahl <strong>von</strong> Generationen<br />
nach t ∗ , also 56 Generationen insgesamt. Abb.11 zeigt den Verlauf der<br />
Explosionsdynamik für einige Fälle des zeitlichen Einsatzes der Frühzündung. Das<br />
Bild macht deutlich, daß selbst bei einer Initiierung <strong>zur</strong> Zeit t=0 ein <strong>von</strong> Null verschiedener<br />
Yield erzielt wird. Dies bedeutet die Existenz einer Mindestsprengkraft.<br />
Weiterhin ist das starke Anwachsen des Yieldes gut zu sehen.<br />
• Zur Berechnung der Frühzündungswahrscheinlichkeit nehmen wir einen rampenförmigen<br />
Verlauf <strong>von</strong> α an:<br />
α(t) = αm<br />
· t (0 ≤ t ≤ Tm) (18)<br />
Tm<br />
Nach (16) ist der Yield proportional zu α 3 . Der relative Yield Yr(t ′ ) bezogen auf<br />
den Maximalwert, der <strong>zur</strong> Zeit t ′ ≤ Tm freigesetzt werden kann, ist<br />
Yr(t ′ )=( α(t∗ )<br />
αm<br />
) 3 =( t∗<br />
Das zu diesem Zeitpunkt erreichte α entspricht dem des Bethe-Tait-Zeitpunkts t ∗ ,<br />
wenn man voraussetzt, daß die konventionelle Kompression ab diesem Zeitpunkt<br />
keinen Einfluß mehr hat.<br />
54<br />
Tm<br />
) 3<br />
(19)
Abbildung 11: Zeitlicher Verlauf der Explosionsdynamik bei Einleitung einer Kettenreaktion<br />
zu verschieden Zeitpunkten (x). Selbst bei einer Initiierung <strong>zur</strong> Zeit t=0 wird ein<br />
Yield erzielt.<br />
• Aus Gleichung (8) und der Zahl der oben genannten 41 Generationen erhalten wir<br />
eine Relation zum Zeitpunkt der Neutroneninjektion :<br />
G ∗ =<br />
t∗ �<br />
t<br />
αm<br />
Tm<br />
tdt = αm<br />
(t<br />
2Tm<br />
∗2 − t 2 ) = 41 (20)<br />
• Mit Gleichung (6) und (19) lautet dann die Wahrscheinlichkeit für eine Frühzündung<br />
in Abhängikeit vom relativen Yield Yr<br />
�<br />
0 (0 ≤ Yr ≤ Ykr)<br />
W (Yr) =<br />
(21)<br />
2/3<br />
LS(41−Yr αmTm/2) 1 − e (Ykr ≤ Yr ≤ 1)<br />
Unterhalb einer kritischen relativen Sprengkraft Ykr ist also die Frühzündungswahrscheinlichkeit<br />
gleich Null. Die Größe des Mindestyield läßt sich mit Gl.(16) und (22)<br />
55
abschätzen. Die Wahrscheinlichkeit den vollen Yield zu erhalten, berechnet sich aus<br />
1 − W (Yr =1).<br />
Ykr =(<br />
41<br />
(22)<br />
αmTm/2 )3/2<br />
• Die differentielle Wahrscheinlichkeit gibt an, mit welcher Wahrscheinlichkeit eine<br />
Frühzündung innerhalb eines beobachteten Intervalls <strong>von</strong> Yr stattfindet. Durch Differenzieren<br />
<strong>von</strong> Gl.(21) erhalten wir :<br />
dW (Yr)<br />
dYr<br />
Tm<br />
= LSαm<br />
2<br />
2 −1/3<br />
· Yr · (1 − W (Yr)) (23)<br />
3<br />
Abbildung 12: Oppenheimers Werte (o) lassen sich mit den Parametern Kompaktierungsgeschwindigkeit<br />
Vo ≈ 2000 m/s einem Abbrand A ≈ 0.3 GWd/t und einer Masse <strong>von</strong> 6.1<br />
kg gut beschreiben.<br />
Von besonderem Interesse ist die sehr gute Anpassung des hier beschriebenen Modells der<br />
Frühzündungswahrscheinlichkeit an Oppenheimers Werte. Die in der Einleitung zu diesem<br />
Kapitel zitierten Werte <strong>von</strong> Oppenheimer sind als Kreise in Abb. 12 eingezeichnet.<br />
56
Gut zu sehen ist die Übereinstimmung, daß mit einer Wahrscheinlichkeit <strong>von</strong> 12 % eine<br />
Frühzündung eintreten kann; d.h. die Wahrscheinlichkeit, den vollen gewünschten Yield<br />
zu erlangen, liegt bei 88 % (Balken auf der rechten Seite). Im Abbildung 12 wurde eine<br />
Kompaktierungsgeschwindigkeit <strong>von</strong> Vo=2000 m/s angenommen. Hiernach müßten also<br />
heute Kompaktierungszeiten <strong>von</strong> etwa 2-3 µs oder Kompaktierungsgeschwindigkeiten <strong>von</strong><br />
2-3 km/s erreichbar sein.<br />
Die durchgezogene Kurve stellt die Wahrscheinlichkeit dar, daß oberhalb eines Ykr eine<br />
Frühzündung stattfinden wird (Gl.(21)). Die differentielle Wahrscheinlichkeit (Gl.(23)),<br />
daß bei einem Yr eine Frühzündung stattfinden wird, ist durch das Histogramm dargestellt.<br />
Dem rechten Balken entspricht die verbleibende Wahrscheinlichkeit für den vollen,<br />
erwünschten Yield (YMAX).<br />
Abbildung 13: Frühzündungswahrscheinlichkeit einer Implosionsbombe mit 6 kg Pu bei<br />
kleinem und großem Abbrand und niedriger bzw. hoher Kompaktierungsgeschwindigkeit.<br />
Abb.13 zeigt die Abhänigkeit der Frühzündungswahrscheinlichkeit und des erreichbaren<br />
Yield’s vom Abbrand und der Kompaktierungsgeschwindigkeit. Der Abbrand <strong>von</strong> 0.3<br />
GWd/t entspricht dem ”weapon grade” Plutonium, der Abbrand <strong>von</strong> 50 GWd/t trägt<br />
57
der Absicht Rechnung die Brennelemente in deutschen KKW’s in Zukunft höher abzubrennen.<br />
Der erzielbare Yield für 6 kg <strong>Reaktorplutonium</strong> liegt im Bereich <strong>von</strong> 3-4 kt TNT.<br />
Die Zuverlässigkeit, die Wahrscheinlichkeit den vollen Yield zu erhalten (mit Punkten unterlegter<br />
Balken), steigt mit der Kompaktierungsgeschwindigkeit und liegt bei 2 km/s um<br />
die 30% und bei 4 km/s um die 70%.<br />
Abbildung 14: Frühzündungswahrscheinlichkeit einer Implosionsbombe mit 4 kg bzw. 7<br />
kg Pu bei gleichen Parametern für Abbrand und Kompaktierungsgeschwindigkeiten<br />
In Abb. 13 und 14 ist eine Variation der Plutoniummenge <strong>von</strong> 4 und 7 kg vorgenommen<br />
worden. Die Masse <strong>von</strong> 4 kg berücksichtigt die Vermutung, daß die ”israelische Bombe”<br />
eine ähnliche Größe besitzen soll [SUTI86] und die Tatsache der Verwendung <strong>von</strong> kleinen<br />
Spaltbomben als Zünder der Fusionsbomben. Die Rechnung für 4 kg zeigt interessante<br />
Ergebnisse:<br />
Der Yield liegt deutlich niedriger als bei der 6 kg Bombe ( 4 kt-TNT bei Waffenplutonium<br />
und 0.1-0.15 kt-TNT bei <strong>Reaktorplutonium</strong>). Aber die Zuverlässigkeit steigt für<br />
beide Plutoniumarten auf über 96% (also auch für <strong>Reaktorplutonium</strong> aus hohem Abbrand<br />
und selbst kleiner Kompaktierungsgeschwindigkeit). Der Yield bei <strong>Reaktorplutonium</strong> <strong>von</strong><br />
58
mehr als 100 t TNT dürfte auch für eine terroristische Gruppe nicht mehr uninteressant<br />
sein.<br />
In den hier verwendeten Modellen wurden keine geboosteten Spaltwaffen berücksichtigt.<br />
Das Prinzip der ”fusion boosted fission bomb” ist kein Geheimniss mehr ( [ALBR88] und<br />
[KALI89] ). Es soll hier nur kurz auf die Verwendung <strong>von</strong> Tritium als Booster (Verstärker)<br />
bei Spaltbomben eingegangen werden.<br />
Einige Gramm (2 - 3 g) eines Deuterium-Tritium-Gemisches im Inneren einer Spaltbombe<br />
liefert durch eine Fusionsreaktion Neutronen, die wiederum die Spaltreaktion um einen<br />
Faktor 2 bis 10 verstärken können. Als Konsequenz daraus sind geboostete Waffen kleiner,<br />
leichter und daher bestens geeignet für kleine Trägersysteme, wie Missiles, Torpedos<br />
und Artillerie-Geschosse. Es wird ebenfalls berichtet, daß geboostete Waffen eine größere<br />
Zuverlässigkeit im erreichbaren Yield besitzen. Es soll möglich sein durch eine bestimmte<br />
Menge Tritium die Sprengkraft einer Waffen auf eine gewünschte Größe einzustellen.<br />
Die in diesem Kapitel durchgeführten Abschätzungen zeigen die kritische Abhängigkeit<br />
der Sprengkraft <strong>von</strong> der Kompaktierungszeit. Wie die Abbildungen 13 & 14 deutlich machen,<br />
sind die Aussagen <strong>zur</strong> Wahrscheinlichkeitsverteilung außerordentlich komplex. Für<br />
die Konstruktion einer Spaltbombe aus <strong>Reaktorplutonium</strong> ist die hohe Kompaktierungsgeschwindigkeit<br />
<strong>von</strong> entscheidender Bedeutung. Nach den vorliegenden Daten scheint dieses<br />
kein grundsätzliches Problem zu sein. Von großer Wichtigkeit ist die Existenz einer<br />
Mindestsprengkraft, deren Größe im Bereich einiger kT TNT liegt. Unserer Meinung<br />
nach hebt die Existenz einer Mindestsprengkraft, auch wenn sie nur im kT Bereich liegt,<br />
die oft betonte inherente Proliferations-Sicherheit für <strong>Reaktorplutonium</strong> auf. Unberührt<br />
bleibt die Frage nach der technischen Realisierung präzis gefertigter Kugelschalen, einer<br />
hohen sphärischen Symmetrie der Sprenglinsen, die auch beim Implosionsvorgang erhalten<br />
bleiben muß, der präzisen Neutroneninjektion, die sicher nicht über Po-Be-Quellen<br />
im Inneren der Pu-Kugel erfolgen kann, das Problem der Kühlung des sich erwärmenden<br />
Plutoniums und vieles mehr, worauf im Hauptteil eingegangen wurde.<br />
Wenn auch die ’Güte’ einer Spaltanordnung <strong>von</strong> sehr vielen Parametern abhängig ist,<br />
so gibt es nach dieser Arbeit keinen Grund anzunehmen, daß eine technisch versierte<br />
Gruppe nicht imstande sein sollte, eine hochbrisante Waffe anzufertigen.<br />
59
4 Anhang<br />
Literatur<br />
[ACHE46] A Report on the International Control of Atomic Energy, U.S. Department of<br />
State, Publ. 2498, 16 March 1946<br />
[ALBR84] Albright D., Can Civilian Plutonium be Used in Nuclear Explosives?, A Review<br />
on Statements by Nuclear Weapons Experts, 24 August 1984, Draft<br />
[ALBR88] Albright D, Taylor T.B.; A Little Tritium goes a Long Way. Bulletin of Atomic<br />
Scientists, Jan/Feb 1988, p39<br />
[ALKE82] ALKEM GmbH, Sicherheitsbericht Gesamtanlage, ALKEM-SB-3/82, Hanau<br />
1982<br />
[ARKI84] Arkin W.M., Cochran T.B., Hoenig M.M., Resource Paper on the U.S. Nuclear<br />
Arsenal, Bulletin of the Atomic Scientists, Aug/Sept 1984, p. 1s-15s<br />
[ARNO58] Arnold E.D., Radiation Limitations on Recycle of Power Reactor Fuels, Proc.<br />
2nd United Nations Int. Conf. on the Peaceful Uses of Atomic Energy (1958), Vol. 13<br />
p. 237-250<br />
[ASQU78] Asquith J.G., Grantham L.F., A Low-Decontamination Approach to a<br />
Proliferation-Resistant Fuel Cycle, Nuclear Technology Vol. 41(1978) p. 137-148<br />
[ATOM79] Deutsches Atomforum e.V., Rede - Gegenrede, Symposium der Niedersächsischen<br />
Landesregierung <strong>zur</strong> grundsätzlichen sicherheitstechnischen Realisierbarkeit eines<br />
integrierten nuklearen Entsorgungszentrums, 28.-31. März, 2.-3. April 1979, Bonn 1979<br />
[ATW81] Hätte Osirak den Weg zu einer irakischen Atombombe verkürzt?, Atomwirtschaft/Atomtechnik<br />
Aug./Sept. 1981, S. 462-464<br />
[BARN79] Barnaby F., Jones G., Sieghart P., <strong>Bericht</strong> der Gorleben International Review,<br />
Hannover, Februar 1979<br />
[BARU46] U.S. Department of State, The International Control of Atomic Energy, Publ.<br />
2661 (1946), US and UN Report Series No. 5<br />
[BBU77] Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V., Plutonium - über die Beratungspraktiken<br />
der offiziellen Strahlenschutzkommission, September 1977<br />
[BLAN62] Blank H., Brossmann G., Kemmerich M., Zwei- und Mehrstoffsysteme mit<br />
Plutonium, Literaturübersicht, Phasendiagramme und Daten, Teil I, Pu-Ag bis Pu-Sn,<br />
Kernforschungszentrum Karlsruhe, KfK 105, Juni 1962<br />
[BLUM76] Blumberg S.A., Owens G., Energy and Conflict: The Life and Times of Edward<br />
Teller, G.P. Putnam’s Sons, New York 1976<br />
60
[BOLT63] Bolt R.O., Carrol J.G., Radiation Effects on Organic Materials, Academic<br />
Press, New York 1963<br />
[BORS78] Borsch P., Münch E. (Hrsg.), Kernfragen, Programmgruppe Kernenergie und<br />
Umwelt, Kernforschungsanlage Jülich 1978<br />
[BORS80] orsch P., Münch E. (Hrsg.), Kernfragen, Programmgruppe Kernenergie und<br />
Umwelt, Kernforschungsanlage Jülich 1980<br />
[BOWD54] Bowden F.P., Singh K., Irradiation of Explosives with High-Speed Particles<br />
and the Influence of Crystal Size on Explosion, Proceedings of the Royal Society, Vol.<br />
A227(1954) p. 22-37<br />
[BOWD58] Bowden F.P., The Initiation of Explosion by Neutrons, α-Particles and Fission<br />
Products, Proceedings of the Royal Society, Vol. A246(1958) p. 216-219<br />
[BREN80] Brenner M.J., Nuclear Power and Non-Proliferation - The Remaking of U.S.<br />
Policy, Cambridge University Press, Cambridge 1981<br />
[BROO78] Brooksbank R.E., Bigelow J.E., Campbell D.O., Kitts G., Lindauer R.B., Fuel<br />
Cycles Using Adulterated Plutonium, in Reality and Illusion of Plutonium Free Economy,<br />
Proc. of the ASME-Symposium, Albuquerque, NM, 16-17 March 1978, CONF-<br />
780330-2<br />
[CAMP78] Campbell D.O., Gift E.H., Proliferation-Resistant Nuclear Fuel Cycles,<br />
ORNL/TM-6392, June 1978<br />
[CART77] Presidential Documents - Jimmy Carter, 1977, Vol. 13 No. 15, 18 April 1977<br />
[CLOS79] Cloß K.D., Von der Schwierigkeit heimlich eine Atombombe zu bauen, Bild der<br />
Wissenschaft, Juli 1979, S. 68-75<br />
[COCH84] Cochran T.B., Arkin W.M., Hoenig M.M., Nuclear Weapons Data Book, Volume<br />
I, Ballinger Publishing Company, Cambridge 1984<br />
[DEVO77] DeVolpi A., All Channels of Proliferation Must be Considered, Power Engineering<br />
Nov. 1977 p. 32,36<br />
[DEVO78] DeVolpi A., Investigation of Isotopically Denatured Plutonium, ANS Winter<br />
Meeting, Washington, 12-16 Nov 1978, Transactions of the American Nuclear Society,<br />
Vol. 30(1978) p. 298-299<br />
[DEVO79] DeVolpi A., Proliferation Plutonium and Policy, Pergamon Press, New York<br />
1979<br />
[DEVO81] DeVolpi A., Explosive Reaction, Nature Vol. 289(1981) p. 115<br />
[DEV082] DeVolpi A., Denaturing Fissile Materials, Progress in Nuclear Energy Vol.<br />
10(1982) No. 2, p. 161-220<br />
61
[DOBR74] Dobratz B.M. (Comp. and Ed.), Properties of Chemical Explosives and Explosive<br />
Simulants, UCRL-51319(Rev. 1), 31 July 1974<br />
[EHRE79] Ehrenstein D. <strong>von</strong>, Behandlung einiger Probleme des Konzepts und der<br />
grundsätzlichen sicherheitstechnischen Realisierbarkeit des beantragten Nuklearen Entsorgungszentrums<br />
bei Gorleben, Gutachterliche Stellungnahme im Auftrage des Niedersächsischen<br />
Sozialministers, Universität Bremen, Informationen zu Energie und Umwelt<br />
Teil C Nr. 4 (1979)<br />
[FELD79] Feld B.T., Can Plutonium be Made Weapon-Proof?, in SIPRI, Nuclear Energy<br />
and Nuclear Weapons Proliferation, Taylor & Francis, London 1979, p. 113-119<br />
[FISC83] Fischer U., Wiese H.W., Verbesserte konsistente Berechnung des nuklearen Inventars<br />
abgebrannter DWR-Brennstoffe auf der Basis <strong>von</strong> Zell-Abbrand-Verfahren mit<br />
KORIGEN, Kernforschungszentrum Karlsruhe,KfK-3014, Jan.1983<br />
[FLEC76a] Fleck C.M., Some Remarks to Sahin’s Paper, Atomkernenergie-Kerntechnik<br />
Vol. 28(1976) S. 288<br />
[FLEC76b] Fleck C.M., Final Remarks to Sahin’s Paper and the Respective Preceding<br />
Representation, Atomkernenergie-Kerntechnik Vol. 28(1976) S. 298<br />
[FLEC79] Fleck C.M., Fleck’s Answer to the Above Addendum, Atomkernenergie-<br />
Kerntechnik Vol. 33(1979) S. 223<br />
[FORD76] Public Papers of the President, 1976, Document 987, p.2763-2787<br />
[FORT77] Fortescue P., U-Th Cycle Amenable to Denaturing, Power Engineering, Nov<br />
1977, p. 28,32<br />
[FRID77] Friderichs H., Aus gesamtstaatlicher Verantwortung gegen Nullwachstum und<br />
Kernenergieverzicht, Atomwirtschaft/Atomtechnik Mai 1977 S. 263-267<br />
[GILI72] Gilinsky V., Bombs and Electricity, Environment Vol. 14 No. 7(1972) p. 11-17<br />
[GREE77] Greenwood T., Feiveson H.A., Taylor T.B., Nuclear Proliferation, McGraw<br />
Hill Book Company, New York 1977<br />
[GROO58] Groodcock J.M., The Effect of High Energy X-Rays and Pile Radiation on<br />
the Thermal Decomposition and Thermal Explosion of α-Lead Azide, Proceedings of<br />
the Royal Society Vol. A246(1958) p.225-232<br />
[GRUE81] Grümm H., Safeguards 85, Atomwirtschaft/Atomtechnik März 1981 S. 207-<br />
210<br />
[GRUM80] Grumbach J. (Hrsg.), Reaktoren und Raketen, Pahl-Rugenstein, Köln 1980<br />
[GRUP75] Grupe H., Koelzer W., Fragen und Antworten <strong>zur</strong> Kernenergie, Informationszentrale<br />
der Elektrizitätswirtschaft e.V., Bonn 1975<br />
62
[GRUP84] Grupe H., Koelzer W., Fragen und Antworten <strong>zur</strong> Kernenergie, Informationszentrale<br />
der Elektrizitätswirtschaft e.V., Köln 1984<br />
[GSPO83] Gsponer A., The French Military Nuclear Fuel Cycle, Independent Scientific<br />
Research Institute, Geneva, ISRI-82-03, 3rd Version, Dec. 1983<br />
[HALL72] Hall D.B., The Adaptability of Fissile Materials to Nuclear Explosives, in:<br />
Leachman R.B., Althoff P.(Eds.), Preventing Nuclear Theft: Guidelines for Industry<br />
and Government, Praeger Publishers, New York 1972, p. 275-283<br />
[HATZ79] Hatzfeld H. Graf, Hirsch H., Kollert R. (Hrsg.), Der Gorleben-Report, Fischer-<br />
Alternativ 4031, Frankfurt 1979<br />
[HAUN77] Haunschild H.-H., Technologietransfer im Bereich der Kernenergie, Atomwirtschaft/Atomtechnik<br />
Febr. 1977 S. 66-68<br />
[HAWK61] Hawkins D., Manhattan District History, Project Y, The Los Alamos Project,<br />
Vol. I, Inception until August 1945, Los Alamos Scientific Labs., LAMS-2532 (Vol. 1),<br />
1961<br />
[HEAR77] State of California, State Energy Resources Conservation and Development<br />
Commission, Sacramento, Hearings on Nuclear Safeguards, Proliferation, and Alternate<br />
Fuel Cycles, June 17, 1977, NP-22652<br />
[HEIS80] Heising-Goodman C.D., An Evaluation of the Plutonium Denaturing Concept<br />
as an Effective Safeguards Method, Nuclear Technology Vol. 50(1980) p. 242-251<br />
[HESS84] Hessischer Landtag, 11. Wahlperiode, 6. Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft<br />
und Technik, 6. Sitzung des Hauptausschusses, 15. Juni 1984, WTA/11/6, HAA/11/6<br />
[HEWL62] Hewlett R.G., Anderson O.E., A History of the United States Atomic Energy<br />
Commission, Volume I, The New World 1939/1946, The Pensylvania State University<br />
Press, University Park, Pensylvania 1962<br />
[HILD77] Hildenbrand G., Kernenergie, Nukleartransporte und Nichtverbreitung <strong>von</strong><br />
Kernwaffen, Atomwirtschaft/Atomtechnik, Juli/Aug. 1977, S. 374-380<br />
[HIPP85] Hippel F. <strong>von</strong>, Albright D.H., Levi B.G., Produktionsverbot <strong>von</strong> Spaltstoffen<br />
für Kernwaffen, Spektrum der Wissenschaft, Nov. 1985, S. 48-56<br />
[HOPK74] Hopkins J.C., Nuclear Weapons Technology, in: SIPRI, Nuclear Proliferation<br />
Problems, Almqvist & Wiksell, Stockhol 1974, p. 113-118<br />
[HOSS80] Hossner R., Neue Ansätze nach INFCE - Kooperation ohne Proliferation ist<br />
möglich, Atomwirtschaft/Atomtechnik, April 1980 S. 181<br />
[HUTC75] Hutchins B.A., Denatured Plutonium: A Study of Deterrent Action, EPRI 310<br />
FR, July 1975, PB-245831<br />
63
[IAEA74] International Atomic Energy Agency, Safe Handling of Plutonium, Safety Series<br />
No. 39, Wien 1974<br />
[JAEG60] Jaeger T., Grundzüge der Strahlenschutztechnik, Springer-Verlag, Berlin 1960<br />
[JAEG74] Jaeger R.G., Hübner W., Dosimetrie und Strahlenschutz, 2. Auflage, Georg<br />
Thieme Verlag, Stuttgart 1974<br />
[JASA80] Jasani B., Plutonium and Proliferation Problems, in: Sweet C. (Ed.), The Fast<br />
Breeder Reactor, The McMillan Press Ltd., London 1980, p. 177-189<br />
[JUNG64] Jungk R., Heller als Tausend Sonnen, Rowohlt, Reinbek 1964<br />
[KALI89] Kalinowski, M.B.; Verwendbarkeit und Produktion <strong>von</strong> Tritium für Kernwaffenprogramme,<br />
wird veroffentlicht bei HSFK Frankfurt 1989<br />
[KARW76] Karwat H., Steinbock L., Kalkoffen F., Modemann G.,Strickmann G.,<br />
Winske P., DAtF-KTG-Reaktortagung 1976 in Düsseldorf, Atomwirtschaft / Atomtechnik,<br />
Aug. 1976, S.427-434<br />
[KAUF58] Kaufman J.V.R., The Effect of Nuclear Radiation on Explosives, Proceedings<br />
of the Royal Society Vol. A246(1958) p. 219-224<br />
[KEMP85] Kempken M., Verzeichnis der Kernkraftwerke der Welt, Atomwirtschaft/Atomtechnik,<br />
Nov. 1985, S. 580-587<br />
[KEEN77] Keeny S.M. Jr. (Chairman), Nuclear Power Issues and Choices, Report of the<br />
Nuclear Energy Policy Study Group, Ford Foundation/MITRE Corporation, Ballinger<br />
Publishing Company, Cambridge 1977<br />
[KERR80] Kerr D., National Strategic-Material Production Requirements and the Advanced<br />
Production Facility - A Plan for Strategic Nuclear Materials Production in the<br />
1990’s, Hearings on H.R.6621, Department of Energy Authorization Legislation (National<br />
Security Programmes) for Fiscal Year 1981, U.S. Governement Printing Office,<br />
Washington 1980<br />
[KESS77] Keßler G., Diskussion des ERDA-Brüterprogramms in den USA, Atomwirtschaft/Atomtechnik,<br />
Dez. 1977, S. 643-648<br />
[KFK76] Kernforschungszentrum Karlsruhe, Liste der wissenschaftlichen Veröffentlichungen<br />
des Kernforschungszentrums Karlsruhe aus dem Jahre 1975, KfK-2325, April 1976<br />
[KFK81] Kernforschungszentrum Karlsruhe, Liste der wissenschaftlichen Veröffentlichungen<br />
des Kernforschungszentrums Karlsruhe aus dem Jahre 1980, KfK-3125, April 1981<br />
[KIRC85] Kirchner G., Schäfer R., Veränderungen des Inventars adioaktiver Stoffe in<br />
Reaktorbrennstoff aus Uran beim Übergang zu höheren Abbränden und Bestimmung<br />
wichtiger Auswirkungen, Öko-Institut e.V., Werkstattreihe Nr. 15, April 1985<br />
64
[KOLL78] Kollert Roland, Plutonium als Umweltproblem, Diplomarbeit Universität Bremen,<br />
Information zu Energie und Umwelt Teil A Nr.3 März 1978<br />
[LAWR71] Lawrence R.M., General Military Review, Jan. 1971 p. 46-63, Febr. 1971 p.<br />
237-263<br />
[LEUT75] Leuthäuser K.D., Möglichkeiten und Grenzen der Implosion und Kompression<br />
<strong>von</strong> Kernspaltungsmaterial, Fraunhofer-Gesellschaft, Institut<br />
für Naturwissenschaftlich-Technische Trendanalysen, INT-<strong>Bericht</strong> Nr. 72, Stohl Jan.<br />
1975<br />
[LEVE77] Levenson M., Zifferero M., The Public Issues of Fuel Reprocessing and Radioactive<br />
Waste Disposal, Nuclear News Vol. 20 No. 2(1977) p. 45-48<br />
[LEVI79] Levi H.W., Zur kerntechnischen Entwicklung in der BRD, Atomwirtschaft/Atomtechnik,<br />
Jan. 1979, S. 19-22<br />
[LOCK74] Locke G., Leuthäuser K.D., Die Wirkungsweise <strong>von</strong> Kernwaffen, Fraunhofer-<br />
Gesellschaft, Institut für Naturwissenschaftlich-Technische Trendanalysen, INT-<strong>Bericht</strong><br />
Nr. 71, Stohl Dez. 1974<br />
[LOCK76] Locke G., Möglichkeiten, <strong>Reaktorplutonium</strong> als Nuklearsprengstoff unbrauchbar<br />
zu machen, Tagungsbericht Reaktortagung 1976, Düsseldorf 30.3.-2.4.1976, S. 439-<br />
442<br />
[LOCK77] Locke G., Möglichkeiten des Mißbrauchs <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong> als Nuklearsprengstoff<br />
und ihre Verhinderung, umgearbeitete Fassung des Vortrags auf der Reaktortagung<br />
1976, 27. Jan. 1977<br />
[LOCK82] Locke G., Aufbau und Funktionsweise <strong>von</strong> Kernspaltungswaffen, Fraunhofer-<br />
Gesellschaft, Institut für Naturwissenschaftlich-Technische Trendanalysen, INT-<strong>Bericht</strong><br />
Nr. 25, Stohl 1982<br />
[LOVI79] Lovins A.B., Kernwaffen und Plutonium aus Leistungsreaktoren, Anlage 1 in<br />
Kap. 4 des <strong>Bericht</strong>s der Gorleben International Review, Hannover, Febr. 1979<br />
[LOVI80] Lovins A.B., Nuclear Weapons and Power-Reactor Plutonium, Nature Vol.<br />
283(1980) p. 817-823, Erratum Vol. 284(1980) p. 190<br />
[MAND77] Mandel H., Entsorgung und Nonproliferation, Atomwirtschaft/Atomtechnik,<br />
Mai 1977, S. 269<br />
[MARK71] Mark J.C., Nuclear Weapons Technology, in: Feld B.T., Greenwood T., Ratjens<br />
G.W., Weinberg S.(Eds.), Impact of New Technologies on the Arms Race, Pugwash<br />
Monograph, MIT Press, Cambridge 1971, p. 133-139<br />
[MEYE77] Meyer W., Loyalka S.K., Nelson W.E., Williams R.W., The Homemade Nuclear<br />
Bomb Syndrome, Nuclear Safety Vol. 18(1977) p. 427-438<br />
65
[MICH64] Michejew M.A., Grundlagen der Wärmeübertragung, VEB Verlag Technik, 3.<br />
Auflage, Berlin 1964<br />
[MIET74] Miettinen J.K., Nuclear Miniweapons and Low-Yield Nuclear Weapons Which<br />
Use Reactor-Grade Plutonium: Their Effect on the Durability of the NPT, in: SIPRI,<br />
Nuclear Proliferation Problems, Almqvist & Wiksell, Stockholm 1974, p. 119-126<br />
[MOEH72] Möhrle G., Erste Hilfe bei Strahlenunfällen, A.W. Gentner-Verlag, Stuttgart<br />
1972<br />
[MUEL77] Müller W.D., Das neue amerikanische Verwirrspiel,<br />
Atomwirtschaft/Atomtechnik, Mai 1977, S. 261<br />
[MUEL78] Müller W.D., Irrweg <strong>zur</strong> Nichtverbreitung, Atomwirtschaft/Atomtechnik, Mai<br />
1978, S. 209<br />
[MUEL79] Müller-Christiansen K., Wollesen M., Plutonium, Gesellschaft für Reaktorsicherheit,<br />
GRS-S-27 (April 1979)<br />
[MUEN76] Münch E., Der Bürger im Staat, Jahrgang 26 Heft 1 S. 38, Hrsg. Landeszentrale<br />
für politische Bildung, Baden-Württemberg, Stuttgart, März 1976<br />
[MUEN79] Münch E., Die Sicherung kerntechnischer Anlagen und spaltbarer Materialien,<br />
Atomkernenergie-Kerntechnik Vol. 33(1977), S. 229-234<br />
[MUEN80] MünchE.(Hrsg.),Tatsachenüber Kernenergie, 2. Auflage, Essen 1980<br />
[NELS77] Nelson W.E., The Homemade Nuclear Bomb Syndrome, Thesis, University of<br />
Missouri, Columbia, Aug. 1977<br />
[NUCL76] ERDA Says Reaktor Grade Plutonium Can Make Powerful Reliable Bombs,<br />
Nucleonics Week Vol. 17(1976) No. 47 p. 3<br />
[NUCL77] US Exploded Bomb Made From Power Reactor Plutonium, Nuclear Engineering<br />
International Vol. 22(Oct. 1977) p. 4<br />
[NUCL78] Civex: Solution to Breeder/Diversion Dilema, Nuclear News Vol. 21 No.<br />
5(1978) p. 32<br />
[NWG82] Naturwissenschaftlergruppe NG 350-Marburg/Gruppe Ökologie Hannover, <strong>Bericht</strong><br />
Wiederaufarbeitung Teil 1, Marburg, Mai 1982<br />
[OLDS77] Olds F.C., Tail End of the Fuel Cycle: Coping With the Carter Edict, Power<br />
Engineering, Aug. 1977, p. 38-46<br />
[OTA77] Office of Technology Assessment, US Department of Commerce, Washington<br />
D.C., Nuclear Proliferation and Safeguards, Main Report, PB-275843, OTA-E-48, June<br />
1977<br />
[OTT77] Ott C., Denaturing Raises Power Cost, Power Engineering, Nov. 1977 p. 24,28<br />
66
[PARK78] The Windscale Inquiry, Report by the Hon. Mr. Justice Parker, Presented<br />
to the Secretary of State for the Environment on 26 January 1978, Her Majesty’s<br />
Stationery Office, London 1978<br />
[PATE77a] Patermann C., Grundsätze und Tendenzen des Nuklearexports aus den USA,<br />
Atomwirtschaft/Atomtechnik, Febr. 1977, S. 68-72<br />
[PATE77b] Patermann C., Die<br />
neue amerikanische Nuklearpolitik, Atomwirtschaft/Atomtechnik, Juli/Aug. 1977, S.<br />
382-385<br />
[PATE80] Patermann C., Stein G., Die Behandlung der Proliferation und ihrer Gegenmaßnahmen<br />
in INFCE, Atomwirtschaft/Atomtechnik, Aug./Sept. 1980, S. 449-455<br />
[PATE81] Patermann C., Stein G., Die wesentlichen Ergebnisse <strong>von</strong> INFCE im Hinblick<br />
auf die Entwicklungsl nder, Atomwirtschaft/Atomtechnik, Febr. 1981, S. 89-94<br />
[PHUN70] Phung P.V., Initiation of Explosives by High-Energy Electrons, The Journal<br />
of Chemical Physics Vol. 53(1970) p. 2906-2913<br />
[PIGF78] Pigford T.H., Yang C.S., Maeda M., Denatured Fuel Cycles for International<br />
Safeguards, Nuclear Technology Vol. 41(1978) p. 46-59<br />
[PINE78] Pines D. (Ed.), Report to the American Physical Society (APS) by the Study<br />
Group on Nuclear Fuel Cycles and Waste Management, Review of Modern Physics Vol.<br />
50 No. 1(1978) Part II, p. S1-S185<br />
[POPP80] Popp M., Patermann C., Wagner H.F., Die wesentlichen Ergebnisse <strong>von</strong> INF-<br />
CE, Atomwirtschaft/Atomtechnik, April 1980, S. 183-189<br />
[PRAW74] Prawitz J., Arguments for Extended NPT Safeguards, in: SIPRI, Nuclear<br />
Proliferation Problems, Almqvist & Wiksell, Stockholm 1974, p. 158-167<br />
[PRIC57] Price B.T., Horton C.C., Spinney K.T., Radiation Shielding, Pergamon Press,<br />
London 1957<br />
[ROCK56] Rockwell III T., Reactor Shielding Design Manual, TID-7004, March 1956<br />
[ROES58] Roesch W.C., Surface Dose from Plutonium, Proc. 2nd United Nations Int.<br />
Conf. on the Peaceful Uses of Atomic Energy (1958), Vol. 23 p. 339-345<br />
[ROSE55] Rosenwasser H., Effects of Gamma Radiation on Explosives, ORNL-1720, Dec.<br />
1955<br />
[ROSS83] Roßnagel A., Bedroht die Kernenergie unsere Freiheit?, C.H. Beck, M nchen<br />
1983<br />
[ROTB79] Rotblat J., Nuclear Energy and Nuclear Weapon Proliferation, in: SIPRI,<br />
Nuclear Energy and Nuclear Weapons Proliferation, Taylor & Francis, London 1979, p.<br />
373-435<br />
67
[ROTH80] Roth-Seefrid H., Filß P., Uranverbrauch thermischer Reaktorsysteme - Erhebungen<br />
und Befunde der INFCE-WG8, Atomwirtschaft/Atomtechnik, M rz 1980, S.<br />
143-147<br />
[SACK61] Sackman J.F., The Admospheric Oxidation of Pu-Metal, in Grison E., Lord<br />
W.B.H., Fowler R.D.(Eds.), Plutonium 1960, Proc. of the 2 nd International Conference<br />
on Plutonium Metallurgy, Grenoble, 19 - 22 April 1960, Cleaver-Hume Press Ltd.,<br />
London 1961, p. 222-236<br />
[SAHI76a] Sahin S., The Pu-240 Content of Commercial Produced Plutonium and the<br />
Criticality of Fast Assemblies, Atomkernenergie-Kerntechnik Vol. 27(1976), S. 288<br />
[SAHI76b] Sahin S., Answer to Fleck’s Remarks to Sahin’s Paper, Atomkernenergie-<br />
Kerntechnik Vol. 27(1976) S. 297-298<br />
[SAHI78] Sahin S., The Effect of Pu-240 on Neutron Lifetime in Nuclear Explosives,<br />
Annals of Nuclear Energy Vol. 5(1978) p. 55-58<br />
[SAHI79] Sahin S., Addendum to ”Answer to Fleck’s Remarks to Sahin’s Paper”,<br />
Atomkernenergie-Kerntechnik Vol. 33(1979), S. 223<br />
[SAHI80a] Sahin S., Yalcin S., Adjoint Weighted Neutron Lifetime in Nuclear Explosives,<br />
Atomkernenergie-Kerntechnik Vol. 36(1980) p. 141-142<br />
[SAHI80b] Sahin S., Ligou J., THe Effect of Spontanous Fission of Pu-240 on the Energy<br />
Release in a Nuclear Explosive, Nuclear Technology Vol. 50(1980) p. 88-94<br />
[SAHI80c] Sahin S., Correspondence to Nature, Nature Vol. 287(1980) p. 578<br />
[SAUT83] Sauter E., Grundlagen des Strahlenschutzes, Thiemig-Taschenbücher Band<br />
95/96, 2. Auflage, München 1983<br />
[SCHA71] Schall R., Detonation Physics, in: Caldirola P., Knoepfel H. (Eds.), Physics of<br />
High Energy Density, Proc. of the International School of Physics Enrico Fermi, Course<br />
XLVIII, Varenna on Lake Como, 14 - 26 July 1969, Academic Press, New York 1971,<br />
p. 230-244<br />
[SCHA77] Scharioth J., Nuklearkontroverse aus gesellschaftlicher und psychologischer<br />
Sicht, Atomwirtschaft/Atomtechnik, Juni 1977, S. 338-343<br />
[SCHE65] Scheinman L., Atomic Energy in France under the Fourth Republic, Princeton<br />
University Press, Princeton 1965<br />
[SCHM70] Schmidt F.A.R., Attenuation Properties of Concrete for Shielding of Neutrons<br />
of Energy Less than 15 MeV, ORNL-RSIC-26, August 1970<br />
[SCIE77] Science Applications Inc., A Preliminary Methodology for Evaluating the Proliferation<br />
Resistance of Alternative Nuclear Power Systems, SAI-78-596-WA, McLean,<br />
Virginia, 15 June 1977, Draft<br />
68
[SEIF84] Seifritz W., Nukleare Sprengkörper - Bedrohung oder Energieversorgung für die<br />
Menschheit?, Thiemig, München 1984<br />
[SERB43] Serber R., The Los Alamos Primer, LA-1, April 1943<br />
[SIPR74] Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI), Nuclear Proliferation<br />
Problems, Almqvist & Wiksell, Stockholm 1974<br />
[SIPR76] Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI), Rüstung und<br />
Abrüstung im Atomzeitalter, Rowohlt, Reinbek 1976<br />
[SMIT72] Smith A.B., Fission Neutron Spectra: Perspective and Suggestion, in: Prompt<br />
Fission Neutron Spectra, International Atomic Energy Agency, Panal Proceeding Series,<br />
STI/PUB/329, Wien 1972, p. 3-18<br />
[STOL79a] Deutsches Atomforum e.V., Rede-Gegenrede, Schriftliche Darlegungen der<br />
Gegenkritiker, Teil 1, Band 6, Papier <strong>von</strong> W. Stoll vom 2. April 1979<br />
[STOL79b] Deutsches Atomforum e.V., Rede-Gegenrede, Schriftliche Darlegungen der<br />
Gegenkritiker, Teil 1, Band 6, Papier <strong>von</strong> W. Stoll vom 12. März 1979<br />
[STOU61] Stout A.L., Safety Considerations in Plutonium Metallurgy Technology, in Grison<br />
E., Lord W.B.H., Fowler R.D.(Eds.), Plutonium 1960, Proc. of the 2 nd International<br />
Conference on Plutonium Metallurgy, Grenoble, 19 - 22 April 1960, Cleaver-Hume Press<br />
Ltd., London 1961, p. 245-256<br />
[SUTI86] The Sunday Times, Revealed: the secrets of israel’s nuclear arsenal, 05.10.1986,<br />
[TAUB74] Taube M., Plutonium - A General Survey, Verlag Chemie, Weinheim 1974<br />
[TAYL72] Taylor T.B., The need for a Systems Approach to Preventing Theft of Special<br />
Nuclear Materials, in: Leachman R.B., Althoff P. (Eds.), Preventing Nuclear Theft:<br />
Guidelines for Industry and Government, Praeger Publishers, New York 1972, p. 219-<br />
227<br />
[TAYL73] Taylor T.B., Diversion by Non-Governmental Organizations, in: Willrich M.<br />
(Ed.), International Safeguards and Nuclear Industry, The John Hopkins University<br />
Press, Baltimore 1973, p. 176-198<br />
[TSIP83] Tsipis K., Arsenal - Understanding Weapons in the Nuclear Age, Simon &<br />
Schuster, New York 1983<br />
[URIZ62] Urizar M.J., Loughran E.D., Smith L.C., The Effects of Nuclear Radiation on<br />
Organic Explosives, Explosivstoffe Nr. 3(1962), S. 55-64<br />
[WALT80] Waltz W.R., Godfrey W.L., Williams A.K., Fuel Cycle Utilizing Pu-238 as a<br />
”Heat Spike” for Proliferation Resistance, Nuclear Technology Vol. 51(1980) p. 203-216<br />
[WICK67] Wick O.J., Plutonium Handbook - A Guide to the Technology, 8ordon and<br />
Breach Science Publishers, New York 1967<br />
69
[WIDD80] iddicombe D., Nuclear Power and Civil Liberties, in: Sweet C. (Ed.), The Fast<br />
Breeder Reactor, The McMillan Press Ltd., London 1980, p. 191-198<br />
[WILL71] Willrich M. (Ed.), Civilian Nuclear Power and Internal Security, Praeger Publishers,<br />
New York 1971<br />
[WILL73] Willrich M., Worldwide Nuclear Industry, in: Willrich M. (Ed.), International<br />
Safeguards and Nuclear Industry, The John Hopkins University Press, Baltimore 1973,<br />
p. 45-69<br />
[WILL74] Willrich M., Taylor T.B., Nuclear Theft: Risks and Safeguards, Ballinger, Cambridge<br />
1974<br />
[WILL78] Williams D.C., Rosenstock B., A Review of Nuclear Fuel Cycle Alternatives<br />
Including Certain Features Pertaining to Weapon Proliferation, SAND-77-1727, Jan.<br />
1978<br />
[WIRT77] Wirtz K., Kernenergiepolitik dominiert weltweit, Atomwirtschaft / Atomtechnik,<br />
Febr. 1977, S. 72-73<br />
[WOHL77] Wohlstetter A., Brown T.A., Jones G., McGarvey D., Rowen H., Taylor V.,<br />
Wohlstetter R., The Military Potential of Nuclear Energy: Moving Towards Life in a<br />
Nuclear Armed Crowd?, Minerva Vol. 15(1977) p. 387-538<br />
70