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Bericht zur Waffentauglichkeit von Reaktorplutonium - IANUS ...

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<strong>IANUS</strong><br />

Interdisziplinäre Arbeitsgruppe<br />

Naturwissenschaft, Technik und Sicherheit<br />

Interdisciplinary Research Group Science, Technology and Security<br />

Arbeitsbericht <strong>IANUS</strong> 1/1989<br />

Egbert Kankeleit<br />

Christian Küppers<br />

Ulrich Imkeller<br />

<strong>Bericht</strong> <strong>zur</strong><br />

<strong>Waffentauglichkeit</strong> <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong><br />

Erweiterter <strong>Bericht</strong>e anläßlich der Anhörung <strong>von</strong> Sachverständigen zum Thema<br />

”Gefahren der Weiterverbreitung <strong>von</strong> Atomwaffen” im Hessischen Landtag am<br />

15.06.1984 *ChristianKüppers, jetzt Öko-Institut Darmstadt<br />

Interdisziplinre Arbeitsgruppe Naturwissenschaft, Technik und Sicherheit<br />

Technische Universität Darmstadt<br />

Hochschulstrae 10, D-64289 Darmstadt, Germany<br />

Fon: 06151-16-4368, -3016, Fax: 06151-16-6039, E-Mail: ianus@hrzpub.tu-darmstadt.de<br />

Internet: www.tu-darmstadt.de/ze/ianus


Abstract<br />

This paper discusses the question of suitability of plutonium separated from commercial<br />

high burnup reactor fuel elements for nuclear bomb production.<br />

With regard to this question in a first chapter a historic overview is presented: -of the<br />

international literature -proposed methods for preventing the use of this plutonium and<br />

-the particular discussion in the BRD.<br />

In a second chapter radiation safety problems in handling reactor plutonium are discussed.<br />

The effect of radiation and heat on chemical high explosives is treated.<br />

The third chapter discusses the criticality and dynamic evolution of critical assemblies<br />

and presents estimations of the probabilistic yieldistribution due to preignition in reactorgrade<br />

plutonium fission bombs.<br />

Conclusion: effective plutonium fission bombs can be build by using reactor plutonium.<br />

Depending on compression velocity there would be a considerable yield even if preignited<br />

under worst conditions. A 4 kg reactor plutonium bomb would have an order of magnitude<br />

lower in yield than that made from weapongrade, but this yield would be obtained with<br />

nearly 100 % probability.<br />

Einführung<br />

Dieser <strong>Bericht</strong> versucht der Frage nachzugehen, ob unter Verwendung <strong>von</strong> ”<strong>Reaktorplutonium</strong>”,<br />

d.h. einem in stromerzeugenden Reaktoren gewonnenen Plutonium, der Bau <strong>von</strong><br />

Atomwaffen realisierbar ist. In den USA haben bereits seit Anfang der siebziger Jahre<br />

Wissenschaftler, die selbst in Atomwaffenprojekten tätig waren, die Befürchtung eines<br />

Mißbrauchs <strong>von</strong> Reaktor-Plutonium zu Waffenzwecken öffentlich geäußert.<br />

In der Bundesrepublik kommt der Frage der Möglichkeit eines Mißbrauchs, auch nach dem<br />

Baustopp der Wiederaufarbeitungsanlage in Wackersdorf, weiterhin Bedeutung zu, da die<br />

Aufarbeitung der Brennelemente und die Abtrennung <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong> immer noch<br />

vorrangiges Ziel der Entsorgungspolitik ist. Mit einem Technologietransfer sind auch horizontale<br />

Proliferationsprobleme verbunden. Die Abgrenzung <strong>von</strong> ziviler und militärischer<br />

Anwendung ist diffus.<br />

Die sogenannte ”Bastlerbombe aus der Garage” ist sicher unrealistisch. Um so mehr wird<br />

nach den Möglichkeiten eines Staates, sei es ein hochentwickeltes Industrieland oder ein<br />

Land der sogenannten Dritten Welt, welches die Kernernergie einsetzt, zu fragen sein.<br />

Ebenso sind die Möglichkeiten einer technisch ausgebildeten Gruppe <strong>von</strong> Terroristen zu<br />

beurteilen.<br />

Diese Fassung ist eine Überarbeitung des <strong>Bericht</strong>es mit dem gleichen Titel vom Mai 1988.<br />

Eine aktualisierte Literaturauswertung wurde nicht vorgenommen. Der Stand der Auswertung<br />

ist Juli 86.<br />

Das 1. Kapitel besteht aus einem geschichtlichen Überblick und beinhaltet:<br />

2


• eine Durchsicht internationaler Literatur auf Äußerungen <strong>zur</strong> <strong>Waffentauglichkeit</strong><br />

<strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong>,<br />

• eine Übersicht vorgeschlagener Methoden, Plutonium künstlich waffenuntauglich zu<br />

machen,<br />

• eine Bewertung der in der Bundesrepublik Deutschland abgelaufenen Diskussion der<br />

<strong>Waffentauglichkeit</strong> <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong>.<br />

Im 2. Kapitel werden spezielle Probleme bei Umgang mit <strong>Reaktorplutonium</strong> für waffentechnische<br />

Zwecke und einige weitere physikalische Aspekte besprochen, unter anderem:<br />

• Schießtechniken um ”unterkritische” Massen zu ”kritischen” zu kompaktieren,<br />

• Entstehung und Aufbau der Plutonium-Isotope in Brennelementen,<br />

• Handhabung <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong> in bezug auf Auswirkung der radioaktiven<br />

Strahlung und damit verbundene Wärmeentwicklung,<br />

• Einflüsse der Strahlung und Wärmeentwicklung auf eine chemische Sprengstoffladung,<br />

• Gründe der Verwendung <strong>von</strong> Waffenplutonium durch die etablierten Kernwaffenstaaten.<br />

Im 3. Kapitel wird das Frühzündungsproblems einer Plutonium-Spaltbombe behandelt.<br />

Damit soll eine Präzisierung der zitierten Angaben <strong>zur</strong> Statistik der Energiefreisetzung<br />

(Yield) erreicht werden.<br />

Selbstverständlich konnten wir in der uns zu dieser Arbeit <strong>zur</strong> Verfügung stehenden<br />

Zeit weder sämtliches existierende Material sichten noch sämtliches gesichtete Material<br />

anführen oder gar bewerten. Eine einseitige Auswahl des <strong>von</strong> uns zitierten Materials haben<br />

wir jedoch nicht vorgenommen.<br />

Vorab sind ein paar im folgenden häufig verwendete Begriffe zu erläutern:<br />

Unter Waffenplutonium wird im allgemeinen ein Plutonium verstanden, welches neben<br />

Plutonium-239 einen Anteil am Isotop Plutonium-240 <strong>von</strong> weniger als 7 % aufweist. In<br />

Kapitel 2.1 und 3 ist näher dargelegt, weshalb Plutonium-240 die Qualität des Plutoniums<br />

für Waffenzwecke beeinflußt.<br />

Unter <strong>Reaktorplutonium</strong> verstehen wir - analog gängiger Definition - ein Plutonium,<br />

das in der Stromproduktion dienenden Leichtwasserreaktoren erzeugt wurde. Bei<br />

deren Betrieb wird aus Gründen der Wirtschaftlichkeit der Brennstoff so lange im Reaktor<br />

bestrahlt, bis sich neben Plutonium-239 die Isotope Plutonium-238, Plutonium-<br />

240, Plutonium-241 und Plutonium-242 in bedeutsamen Mengen aufbauen. Eine typische<br />

Isotopen-Zusammensetzung bei <strong>Reaktorplutonium</strong> wäre z.B.: 1,5 % 238 Pu; 56,5 % 239 Pu;<br />

26,5 % 240 Pu; 11,5 % 241 Pu und 4,1 % 242 Pu [ALKE82].<br />

3


Die Sprengkraft (engl.: yield) einer Atomwaffe wird üblicherweise in Äquivalent des brisanten<br />

Sprengstoffs TNT (Trinitrotoluol) angegeben. Eine Atomwaffe <strong>von</strong> beispielsweise<br />

einer Kilotonne (kt) TNT hat dann die gleiche Sprengkraft wie eine Kilotonne (1000<br />

Tonnen) des Sprengstoffs TNT.<br />

Der Abbrand <strong>von</strong> Brennelementen ist ein Maß der daraus, durch Kernspaltung, erzeugten<br />

Energie. Typische thermische Leistungen <strong>von</strong> Kernkraftwerken (z.B. Biblis A) liegen im<br />

Bereich <strong>von</strong> 3 GW (3 · 10 9 W), das Brennstoffinventar beträgt ca. 100 t Uran. Bei einer<br />

Standzeit der Brennelemente <strong>von</strong> rd. 3 Jahren ergibt sich eine erzeugte Energiemenge <strong>von</strong><br />

(3GW/100t) · 3 · 365d =33GWdprot.Für Waffenplutonium liegt der Abbrand unter 5<br />

GWd/t.<br />

4


Inhaltsverzeichnis<br />

1 Diskussionsstand <strong>zur</strong> <strong>Waffentauglichkeit</strong> <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong> im<br />

Rückblick 6<br />

1.1 Internationale Entwicklung ab der Entdeckung des Plutonium . . . . . . . 6<br />

1.2 Vorschläge <strong>zur</strong> Denaturierung <strong>von</strong> Plutonium seit Mitte der siebziger Jahre 15<br />

1.3 Ansichten bezüglich der <strong>Waffentauglichkeit</strong> <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong> in der<br />

Bundesrepublik Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19<br />

2 Spezielle Probleme bei Umgang mit <strong>Reaktorplutonium</strong> für waffentechnische<br />

Zwecke 29<br />

2.1 Schießtechnik in Plutoniumbomben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29<br />

2.2 Aufbau der Pu-Isotope in Brennelementen und Neutronenhintergrund . . . 30<br />

2.3 Die Neutronenquelle <strong>zur</strong> Einleitung einer Kettenreaktion . . . . . . . . . . 33<br />

2.4 Hantierung <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong> . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34<br />

2.4.1 Dosisbelastung durch radioaktive Strahlung . . . . . . . . . . . . . 34<br />

2.4.2 Wärmeentwicklung durch Radioaktivität . . . . . . . . . . . . . . . 36<br />

2.4.3 Selbstentzündung bei der Plutoniumverarbeitung . . . . . . . . . . 36<br />

2.5 Einflüsse <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong> auf eine Sprengstoffladung . . . . . . . . . 39<br />

2.5.1 Einflüsse radioaktiver Strahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39<br />

2.5.2 Einflüsse der Wärmeleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40<br />

2.6 Wiederauffindbarkeit <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong> durch seine Strahlung . . . . . 42<br />

2.7 Gründe der Kernwaffenstaaten für die Verwendung <strong>von</strong> Waffenplutonium . 43<br />

3 Abschätzungen <strong>zur</strong> Frühzündungswahrscheinlichkeit 46<br />

4 Anhang 60<br />

5


1 Diskussionsstand <strong>zur</strong> <strong>Waffentauglichkeit</strong> <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong><br />

im Rückblick<br />

1.1 Internationale Entwicklung ab der Entdeckung des Plutonium<br />

Das für die ersten Experimente verwendete Plutonium-239 war ab 1940 im Zyklotron<br />

<strong>von</strong> Berkeley (USA) erzeugt worden. Erste größere Mengen wurden in einem Reaktor in<br />

Clinton, Tennessee, gewonnen und enthielten erstmals einen nennenswerten Anteil des<br />

spontanspaltenden Isotops Plutonium-240. Untersuchungen an diesem - im damaligen<br />

Sinne - <strong>Reaktorplutonium</strong> zeigten im Juli 1943 eine sehr viel höhere Neutronenstrahlung<br />

gegenüber reinem Plutonium-239. Dies bedeutete einen schweren Rückschlag für das mit<br />

der Entwicklung der ersten Atombomben beschäftige Manhattan-Projekt, denn mit den<br />

bis dorthin entwickelten Zusammenschußtechniken kritischer Konfigurationen war dieses<br />

Plutonium nicht mehr verwendbar [HAWK61]. Für den Bombenbau ausreichende Mengen<br />

an Plutonium waren jedoch nur mittels eines Reaktors zu erzeugen, so daß das Ziel<br />

Plutoniumbombe schlagartig in weite Ferne rückte.<br />

Der vielzitierte ”Los Alamos Primer” [SERB43] vom April 1943, der einen 1961 deklassifizierten<br />

Einführungskurs in das Manhattan-Projekt darstellt, kennt tatsächlich das<br />

Isotop Plutonium-240 und die mit ihm verbundenen Schwierigkeiten noch nicht. Die im<br />

Primer erläuterten Konfigurationen unterkritischer Massen, die bei Zusammenschuß kritische<br />

Massen bilden sollen, waren zwar sehr vielseitig, die Implosionsmethode jedoch<br />

war noch nicht in Erwägung gezogen. Binnen eines Jahres wurde dann die damals neue<br />

Sprenglinsentechnik entwickelt, mit der auch dieses Plutonium für den ersten Test im Juli<br />

1945 geeignet war. Es erbrachte sogar eine Energieausbeute, die die meisten Erwartungen<br />

der am Bau der Bombe beteiligten Wissenschaftler weit übertraf (siehe auch Kapitel<br />

2.1). Solches Plutonium, welches wegen seines Isotopengemisches für Waffenzwecke untauglich<br />

ist, wurde bereits früh als ”denaturiert” bezeichnet. Einer der Entdecker des<br />

Plutoniums, Glenn T. Seaborg, berichtete 1976, er habe bereits 1945, insbesondere in<br />

schriftlichen Stellungnahmen zu Entwürfen des sogenannten Franck-Reports, ausdrücklich<br />

darauf hingewiesen, daß eine solche ”Denaturierung” mit dem Isotop Plutonium-240<br />

alleine nicht möglich sei [WOHL77]. Er sei enttäuscht gewesen, diese Tatsache sowohl im<br />

Franck-Report vom 11. Juni 1945 als auch im Acheson-Lilienthal-Report [ACHE46] vom<br />

16. März 1946 nicht erwähnt gefunden zu haben. (Die beiden angesprochenen <strong>Bericht</strong>e<br />

stellen einen frühen gemeinsamen Versuch <strong>von</strong> Wissenschaftlern, Militärs und Politikern<br />

dar, die Folgen der in der Entwicklung begriffenen Atomtechnik abzuschätzen und in ihrem<br />

Sinne zu beeinflussen.)<br />

Der Acheson-Lilienthal-Report sagte, Plutonium könne denaturiert werden, so daß mit<br />

aller (damals) bekannten Technik der Bau effektiver Atomwaffen unmöglich sei. Eine<br />

technische Entwicklung, die den Bau doch noch ermöglichen würde, würde gewaltiger<br />

wissenschaftlicher und technischer Anstrengungen bedürfen. Reaktoren hingegen sollten<br />

6


sich mit dem denaturierten Material leicht betreiben lassen. Allerdings schränkte der<br />

Acheson-Lilienthal-Report ein:<br />

”Only a constant reexamination of what is sure to be a rapidly changing<br />

technical situation will give us added confidence that the line between what is<br />

dangerous and what is safe has been correctly drawn; if it will not stay fixed.”<br />

Der Vertreter der Vereinigten Staaten in der United Nations Atomic Energy Commission,<br />

Bernard M. Baruch, unterbreitete den Vereinten Nationen am 14. Juni 1946 den Plan,<br />

sämtliches spaltbare Material einer internationalen Behörde zu übergeben. Der Vorschlag<br />

wurde als ”Baruch-Plan” [BARU46] bekannt und enthielt den einer Pressemitteilung des<br />

Department of State vom 9. April 1946 entnommenen Passus:<br />

”In some cases denaturing will not completely preclude making atomic weapons,<br />

but will reduce their effectiveness by a large factor ... Further technical<br />

information will be required ... before precise estimates of the value of denaturing<br />

can be formulated. Denaturing though valuable in adding to the flexibility<br />

of a system of controls, cannot itself eliminate the dangers of atomic warfare.”<br />

”Denaturing” bedeutete ausdrücklich die Überführung in ein waffenuntaugliches Gemisch<br />

mittels Beimischung eines Isotops gleicher chemischer Eigenschaften. Konkrete Denaturanten<br />

gab Baruch ebensowenig wie der Acheson-Lilienthal-Report an. Die Etablierung<br />

der <strong>von</strong> Baruch vorgeschlagenen ”limited form of a World Government” [WILL74] scheiterte<br />

übrigens daran, daß die USA ihre Atomwaffen erst dann vernichten wollten, wenn<br />

alles sonstige auf der Erde produzierte spaltbare Material der internationalen Behörde<br />

übergeben und eine internationale Kontrolle aufgebaut gewesen wäre.<br />

Später wurde lange Zeit nicht mehr öffentlich auf eine mögliche Verwendung des in Leistungsreaktoren<br />

erzeugten Plutoniums in Atomwaffen hingewiesen. Eine Erklärung der<br />

U.S. Atomic Energy Commission im Jahre 1952, derzufolge entgegen vorheriger Annahmen<br />

<strong>Reaktorplutonium</strong> doch waffentauglich sein sollte, fand angeblich kaum Beachtung<br />

[TAYL73]. Auch als mit dem Shippingport Reactor in den USA im Dezember 1957 der<br />

erste Atomreaktor der Welt in Betrieb genommen wurde, der ausschließlich der Stromerzeugung<br />

dienen sollte, und die sogenannte friedliche Nutzung der Atomenergie immer<br />

weitere Verbreitung fand, gab es kaum Stimmen, die auf eine damit möglicherweise verbundene<br />

weitere Verbreitung <strong>von</strong> Atomwaffen aufmerksam gemacht hätten. Erst zu Beginn<br />

der siebziger Jahre wurde dieses Thema in den USA sozusagen neu entdeckt. In<br />

anderen Ländern - z.B. Frankreich - soll dies etwas früher geschehen sein, jedoch ohne<br />

Aufmerksamkeit zu erregen [LOVI80].<br />

Eine der ersten warnenden Stimmen, J. Carson Mark, wurde und wird häufig zitiert.<br />

Mark, langjähriger Direktor der Abteilung für Theoretische Physik in Los Alamos und<br />

auch am Manhattan-Projekt beteiligt, sagte auf dem zehnten Pugwash Symposium in<br />

Racine, Wisconsin (26.-29. Juni 1970), veröffentlicht 1971 [MARK71]:<br />

7


”I would like to warn people concerned with such problems that the old notion<br />

that reactor-grade plutonium is incapable of producing nuclear explosions - or<br />

that plutonium could easily be rendered harmless by the addition of modest<br />

amounts of plutonium-240, or ’denatured’, as the phrase used to go - that these<br />

notions have been dangerously exaggerated. This observation is, of course,<br />

of no direct practical interest to the United States or the USSR, who have<br />

adequate supplies of weapon-grade plutonium, and have proved designs for<br />

weapons much better than could easily be made with plutonium from power<br />

reactors. To someone having no nuclear weapons at all, or no source of highgrade<br />

materials, however, the prospect of obtaining weapons - even of an<br />

”inferior” or ”primitive” type - could present quite a different aspect.”<br />

Mark berichtete auch, er habe auf der Konferenz mit Jan Prawitz vom National Research<br />

Institute of Defense in Stockholm gesprochen und habe so erfahren, daß ein Kollege <strong>von</strong><br />

Prawitz mit Berechnungen die Verwendbarkeit jeder Art <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong> in Bomben<br />

belegen könne [MARK71; PRAW74].<br />

Anfang der siebziger Jahre begann Theodore B. Taylor, beständig vor einer möglichen<br />

Entwendung <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong> durch Terroristen zu warnen. Er tat dies z.B. auf dem<br />

Symposium on Implementing Nuclear Safeguards an der Universität des Staates Kansas,<br />

25.-27. Oktober 1971, veröffentlicht 1972 [TAYL72]. Taylor war <strong>von</strong> 1946 bis 1956 in Los<br />

Alamos mit der Entwicklung <strong>von</strong> Atomwaffen betraut, war später als Technischer Direktor<br />

des Nuclear Space Propulsion Project und als Senior Research Advisor bei der<br />

General Atomic Division of General Dynamics Corporation tätig, wechselte <strong>zur</strong> Defense<br />

Atomic Support Agency in Washington, verbrachte zwei Jahre in Wien bei der International<br />

Atomic Energy Agency und gründete schließlich 1967 die International Research<br />

and Technology Corporation, die sich überwiegend mit sozialen Auswirkungen technischer<br />

Entwicklungen beschäftigen sollte.<br />

Die Beantwortung der Frage, ob Terroristen mittels <strong>Reaktorplutonium</strong> eine wirksame<br />

Bombe bauen könnten überließ Taylor auf dem oben genannten Symposium noch David<br />

B. Hall [HALL72]; später faßte Taylor diese beiden verwandten Themen in eigenen<br />

Veröffentlichungen zusammen. Hall, Manager des Safeguard Programms am Los Alamos<br />

Scientific Laboratory, beschränkte sich 1971 auf Aussagen zu Explosionen einer Stärke<br />

<strong>von</strong> einigen Tonnen brisanter Sprengstoffe. Erklärtermaßen war er sich jedoch im klaren,<br />

daß auch geringere Energieausbeuten enorme Schäden verursachen können und nicht<br />

akzeptabel sind. Hall [HALL72] führte aus:<br />

”Commercial grade plutonium will have a large fraction of its content as<br />

plutonium-240 with its high spontanous fission rate. This constitutes a large<br />

neutron presence of more than a million neutrons per second and complicates<br />

the design. One can imagine rapid assembly methods that will to some extent<br />

overcome this difficulty and result in an explosive yield. In general, it can be<br />

stated that the high plutonium-240 content will make the explosive performance<br />

quite unpredictable but not impossible. The degree of sophistication<br />

8


equired for a successful device with this material is greater than the types<br />

previously discussed. However, one should not assume that such sophistication<br />

does not exist in the criminal or fanatic world.”<br />

Victor Gilinsky, Physiker bei der Rand Corporation, hatte noch 1971 in einem Beitrag des<br />

Buches ”Civilian Nuclear Power and Internal Security” [WILL71] die Meinung vertreten,<br />

auch bei Verwendung der Implosionstechnik könne <strong>Reaktorplutonium</strong> die Leistungsfähigkeit<br />

einer Atomwaffe stark einschränken. Gilinsky hatte deshalb ziviles Plutonium für im<br />

allgemeinen untauglich in einfachen, zuverlässigen und effektiven Waffen bezeichnet. 1972<br />

jedoch, in einem Nachdruck dieses Aufsatzes in der Zeitschrift Environment [GILI72],<br />

fügte er bereits als ”A Warning Note” in einem abgesetzten Kasten Zitate <strong>von</strong> J. Carson<br />

Mark (vgl. oben) ein. Gilinsky schrieb, Marks warnende Äußerungen fügten dem Problem<br />

eine neue Dimension hinzu. Später gehörte Gilinsky zu den Mitgliedern des Kongresses,<br />

die mit größter Vehemenz auf Proliferationsprobleme hinwiesen.<br />

Beachtung verdient auch das im Jahre 1973 <strong>von</strong> Mason Willrich herausgegebene Buch<br />

”International Safeguards and Nuclear Industry”, welches das Ergebnis einer <strong>von</strong> der<br />

American Society of International Law’s Panal on Nuclear Energy and World Order geleiteten<br />

und <strong>von</strong> der National Science Foundation finanziell unterstützten Studie war.<br />

Willrich selbst war ein mit Abrüstungsfragen beschäftigter Professor für Rechtswissenschaften.<br />

In seinem eigenen Beitrag des Buches [WILL73] schrieb er:<br />

”While the plutonium produced in the cource of normal commercial operation<br />

of most types of power reactors is very difficult to use in an efficient explosive,<br />

it is relatively easy to use in a crude, inefficient explosive device.”<br />

Ebenfalls der bereits vorgestellte Theodore B. Taylor trug mit einem Aufsatz zu diesem<br />

Buch bei [TAYL73]. Er fügte seiner Behandlung der Fragen <strong>zur</strong> Entwendung <strong>von</strong> Plutonium,<br />

sei es durch einen Staat oder durch Terroristen, hier bereits einen auch die Technik<br />

eines möglichen Waffenbaus ansprechenden Teil hinzu. Im wesentlichen beschränkte er<br />

sich jedoch hierin auf die Aussage, sämtliches nötige Wissen sei mittlerweile frei zugänglich,<br />

es müsse nur aus vielen Veröffentlichungen zusammengetragen werden.<br />

Vielbeachtet wurde das 1974 <strong>von</strong> Willrich und Taylor gemeinsam herausgegebene Buch<br />

”Nuclear Theft: Risks and Safeguards” [WILL74]. Noch Jahre später versuchten zahlreiche<br />

Autoren, die Thesen dieses Buches zu widerlegen; auf einige dieser Arbeiten wird<br />

hier später noch einzugehen sein. Willrich und Taylor wollten die Gefahr des Diebstahls<br />

bombenfähigen nuklearen Materials ins öffentliche Bewußtsein rücken, um so die Verantwortlichen<br />

zu Gegenmaßnahmen zu zwingen. Das Buch war ein <strong>von</strong> Willrich und Taylor<br />

erarbeiteter <strong>Bericht</strong> an ein Projekt <strong>zur</strong> Energiepolitik der Ford Foundation. Ursprüngliche<br />

Absicht war es, in das Buch eine Liste frei zugänglicher Literatur, die die nötigen Informationen<br />

zum Bau einfacher nuklearer Sprengkörper bieten sollte, einzufügen. Vertreter der<br />

U.S. Atomic Energy Commission, die einen Entwurf <strong>zur</strong> Durchsicht erhielten, bestätigten,<br />

daß diese Liste keine klassifizierte Literatur enthalte. Verschiedene Lektoren rieten<br />

jedoch <strong>von</strong> der Veröffentlichung einer solchen Liste ab und setzten sich mit ihrer Haltung<br />

9


schließlich durch. Daran ist ersichtlich, wie besorgt Expertenkreise bezüglich einer ”Bastlerbombe”<br />

bereits waren. (Mit der Nennung einer klassifizierten Quelle, wäre diese noch<br />

nicht zugänglich gewesen.) Willrich und Taylor hielten es für möglich, mittels nicht klassifizierter<br />

Literatur einen Informationsstand zu erreichen, der denjenigen vor Zündung der<br />

ersten Plutoniumbombe übersteige. Mögliche Energieausbeuten schätzten die Autoren im<br />

Bereich <strong>von</strong> Kilotonnen TNT (”very likely”) und betonten, daß mit Zündung einer einfachen<br />

Bombe an geeigneter Stelle Terroristen 100 000 und mehr Menschen töten könnten.<br />

Im Jahre 1974 faßte das Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI) Beiträge<br />

einer Review Conference zu Proliferationsproblemen vom Juni 1973 in einem Buch<br />

[SIPR74] zusammen. John C. Hopkins vom Los Alamos Scientific Laboratory meinte<br />

darin, die Erzeugung riesiger Mengen <strong>von</strong> Plutonium in Leistungsreaktoren sei kein solcher<br />

Grund <strong>zur</strong> Sorge, wenn nicht - entgegen früheren Behauptungen - es möglich sein<br />

könne, dieses <strong>Reaktorplutonium</strong> in Nuklearwaffen zu verwenden [HOPK74]. Jan Prawitz<br />

vom Verteidigungsministerium in Stockholm [PRAW74] verwies auf Aussagen der finnischen<br />

Physiker P. Jauho und J. Virtamo, denen zufolge mit <strong>Reaktorplutonium</strong> auch<br />

unter ungünstigsten Umständen eine Explosionsstärke <strong>von</strong> bis zu einer Kilotonne TNT<br />

erreichbar sei. Jorma K. Miettinen, Professor am Institut für Radiochemie der Universität<br />

Helsinki [MIET74] schließlich untersuchte spezielle Verwendungsmöglichkeiten für<br />

<strong>Reaktorplutonium</strong>. In einem 1969 geschriebenen aber erst 1971 veröffentlichten Artikel<br />

der Zeitschrift General Military Review soll, so Miettinen, ein Robert M. Lawrence bereits<br />

die Vorteile <strong>von</strong> Atomwaffen im Bereich <strong>von</strong> Tonnen TNT-Äquivalent betont haben<br />

[LAWR71]. Diese Waffen sollten auch in der Nähe eigener Truppen einsetzbar sein und ein<br />

”günstigeres” Verhältnis <strong>von</strong> Toten und Verletzten gegenüber konventionellen Waffen (3:1<br />

statt 1:3) aufweisen. Weiter argumentierte Miettinen, daß ja mit <strong>Reaktorplutonium</strong> eine<br />

solche relativ niedrige Energieausbeute erreichbar sei, deren genaue Grösse jedoch nicht<br />

sicher vorhergesagt werden könne. Beim Einsatz solcher Waffen müsse aber lediglich darauf<br />

geachtet werden, daß eigene Truppen einen so großen Abstand vom Explosionsort<br />

hätten, wie er beim Erreichen der maximal möglichen Sprengkraft nötig erscheine. Miettinen<br />

erkannte allerdings auch, daß über ausgesprochenes Waffenplutonium verfügende<br />

Staaten den Nachteil der unsicheren Sprengkraft neben der etwas unhandlicheren Gestalt<br />

einer solchen ”Miniwaffe” mit <strong>Reaktorplutonium</strong> nicht in Kauf nähmen.<br />

Anmerkung: In einem Interview am 13. April 1972 soll der frühere amerikanische Verteidigungsminister<br />

Melvin Laird den ersten Hinweis gegeben haben, daß solche ”Miniwaffen”<br />

tatsächlich entwickelt wurden [SIPR74; SIPR76]. Arkin und Mitarbeiter [ARKI84] schätzten,<br />

daß die USA 1984 über 922 ”W48-Sprengkörper” (Sprengkraft unter 100 t TNT) und<br />

260 ”W54-Sprengkörper” (Sprengkraft zwischen 10 und 1000 t TNT) verfügten.<br />

Erst die Zündung einer indischen Atombombe im Mai 1974 jedoch, leitete in den USA<br />

einen Prozeß ein, der innerhalb <strong>von</strong> drei Jahren dazu führte, daß sich nicht mehr nur Einzelpersonen<br />

des U.S. Kongresses neben Wissenschaftlern mit Proliferations-Problemen<br />

auseinandersetzten. Ab Frühjahr 1976 wurde die Proliferation ein Thema des Wahlkampfes<br />

um die Präsidentschaft der Vereinigten Staaten. (Diesen Wandel beschreibt eingehend<br />

Michael J. Brenner der University of Pittsburgh [BREN81]). Der damalige Präsident der<br />

Vereinigten Staaten, Gerald R. Ford, und sein Konkurrent, Jimmy Carter, erklärten Re-<br />

10


aktorplutonium für prinzipiell waffentauglich und befürchteten eine Proliferation durch<br />

weitverbreitete Schließung des zivilen Brennstoffkreislaufs mit Wiederaufarbeitungsanlagen<br />

und Schnellen Brütern. Ford begründete seinen Vorbehalt gegen die kommerzielle<br />

Schließung des Brennstoffkreislaufs in einem Statement vom 28. Oktober 1976 [FORD76]<br />

mit den Worten:<br />

”Unfortunately - and this is the root of the problem - the same plutonium<br />

produced in nuclear plants can, when chemically separated, also be used to<br />

make nuclear explosives.”<br />

So hatte schließlich, nach mehrjährigen Bemühungen, insbesondere <strong>von</strong> Seiten politisch<br />

engagierter Wissenschaftler, die Erkenntnis <strong>von</strong> der <strong>Waffentauglichkeit</strong> des <strong>Reaktorplutonium</strong>s<br />

Eingang in die höchste Politik gefunden - jedenfalls in den USA.<br />

Der am Lawrence Livermore Laboratory Atomwaffen entwickelnde Robert W. Selden soll<br />

im November 1976 einigen Vertretern der Atomwirtschaft verschiedener Länder - auch der<br />

Bundesrepublik Deutschland - und der International Atomic Energy Agency ein Schreiben<br />

zukommen gelassen haben, in dem er auf die direkte Verwendbarkeit jeder Art <strong>von</strong><br />

Plutonium in Nuklearwaffen aufmerksam machte [ALBR84]. Selden hob die Möglichkeit<br />

einer militärisch nützlichen Waffe mit <strong>Reaktorplutonium</strong> hervor, die auch mittels einer<br />

Technologie auf niederem Niveau eine Sprengkraft im Bereich <strong>von</strong> Kilotonnen TNT erreichen<br />

könne. Die erste Plutoniumbombe hätte, so Selden, mindestens die Sprengkraft<br />

einer Kilotonne TNT besessen, wenn sie mit <strong>Reaktorplutonium</strong> gezündet worden wäre<br />

[ALBR84; COCH84; LOVI80].<br />

Am 16. November 1976 brachte die Zeitschrift Nucleonics Week [NUCL76] die Notiz, die<br />

u. a. auch mit der Entwicklung <strong>von</strong> Schnellen Brütern betraute U.S. Energy Research and<br />

Development Administration (ERDA) vertrete die Meinung, eine Bombe, deren Design<br />

speziell <strong>Reaktorplutonium</strong> angepaßt sei, könne eine kräftige Nuklearexplosion bewirken<br />

(”All grades of plutonium must be considered strategically important and dangerous”).<br />

ERDA beauftragte die Science Applications Incorporation, MacLean, Virginia, mit der<br />

quantitativen Abschätzung <strong>von</strong> Proliferationsrisiken verschiedener alternativer Reaktortypen.<br />

Obwohl über den Sinn solcher quantitativer Untersuchungen gestritten werden könnte,<br />

sollen hier zwei der Resultate erwähnt werden: Die Science Applications Inc. schätzte<br />

die Schwierigkeiten bei der eigentlichen Waffenherstellung unter Verwendung <strong>von</strong> praktisch<br />

reinem Plutonium-239 für subnationale und für nationale Gruppen gleich groß ein.<br />

Bei Verwendung anderen spaltbaren Materials sollten die Schwierigkeiten der subnationalen<br />

Gruppen weniger als doppelt so groß sein, als diejenigen der nationalen Gruppen<br />

[SCIE77].<br />

Ein wichtige Rolle in der US-amerikanischen Nonproliferationspolitik spielte ein Report<br />

der Nuclear Energy Policy Group, eine einjährige Studie, finanziell <strong>von</strong> der Ford Foundation<br />

getragen und unter Aufsicht der MITRE Corporation durchgeführt - bekannt unter<br />

dem Namen Ford/MITRE-Report [KEEN77]. Diese Studie wurde am 21. März 1977<br />

veröffentlicht und war auch Grundlage der bekannten Erklärung des damals neugewähl-<br />

11


ten US-Präsidenten Jimmy Carter <strong>zur</strong> amerikanischen Nuklearpolitik vom 7. April 1977<br />

[CART77]. In dieser Erklärung verkündete Carter den einstweiligen Verzicht der USA<br />

auf kommerzielle Entwicklung <strong>von</strong> Brütern und Wiederaufarbeitungsanlagen. Mitautoren<br />

der Studie bedachte Carter mit hohen Regierungsämtern - Joseph S. Nye wurde Leiter<br />

der Nichtverbreitungs-Koordinationsgruppe im State Department, Harold Brown Verteidigungsminister<br />

[PATE77b].<br />

Der Ford/MITRE-Report führte zwar aus, daß die Schwierigkeiten bei Planung und Bau<br />

einer Atomwaffe für Terroristen nicht unterschätzt werden sollten, hielt jedoch andererseits<br />

den Bau einer Bombe mit einer Sprengkraft <strong>von</strong> einigen Hundert Tonnen TNT durch<br />

eine gut organisierte und durch einzelne Fachleute unterstützte Gruppe für machbar. Der<br />

<strong>Bericht</strong> setzte dabei ausdrücklich nicht die Mithilfe tatsächlicher Waffenexperten voraus.<br />

Für eine kleine Gruppe oder gar Einzelpersonen sah der <strong>Bericht</strong> allerdings das Erreichen<br />

einer solchen Sprengkraft als unwahrscheinlich an.<br />

Auch das Office of Technology Assessment (OTA) des U.S. Department of Commerce<br />

legte 1977 eine umfangreiche Proliferations-Studie [OTA77] vor. Dem OTA zufolge wäre<br />

selbst bei einem Design veralteter Technologie eine Sprengkraft <strong>von</strong> bis zu 10 oder 20 kt<br />

TNT mit Waffenplutonium erreichbar (Mit der veralteten Technologie meinte das OTA<br />

diejenige, die den USA 1945 <strong>zur</strong> Verfügung gestanden hatte). Mit <strong>Reaktorplutonium</strong> erwartete<br />

das OTA eine Reduktion der möglichen Sprengkraft um einen Faktor 3 bis 10,<br />

also immer noch eine Sprengkraft im kt-TNT-Bereich. Mit dieser (veralteten) Technologie<br />

sollten - dies wurde besonders hervorgehoben - zuverlässige Waffen <strong>von</strong> militärischem<br />

Wert mit <strong>Reaktorplutonium</strong> möglich sein. Sicherlich könne, so das OTA, ein Design bei<br />

Frühzündung zu einer Sprengkraft nahe Null führen, ein zweckmäßigeres Design dagegen<br />

könne eine Mindestsprengkraft <strong>von</strong> militärischem Nutzen bringen.<br />

Den Aussagen des Office of Technology Assessment fügte Amory B. Lovins auf einem<br />

Hearing der kalifornischen Conservation and Development Commission über Safeguards,<br />

Proliferation und alternative Brennstoffkreisläufe am 17. Juni 1977 [HEAR77] noch Betrachtungen<br />

unter der Voraussetzung höher entwickelter Technologie hinzu. Lovins bezeichnete<br />

es als möglich, mit sehr guter Technologie Unterschiede in Größe und Vorhersagbarkeit<br />

der Sprengkraft <strong>von</strong> Bomben mit <strong>Reaktorplutonium</strong> und Waffenplutonium zu<br />

beseitigen.<br />

Ted Greenwood, Harold A. Feiveson und Theodore B. Taylor gaben 1977 ein Buch des<br />

Council on Foreign Relations heraus [GREE77]. Hierin gaben sie an, Kriminelle und Terroristen<br />

seien in der Lage, mit <strong>Reaktorplutonium</strong> einfache Bomben <strong>von</strong> mindestens 100 t<br />

TNT Sprengkraft zu basteln. Das nötige Wissen sei veröffentlicht und tausende Personen<br />

besäßen bereits die nötigen Kenntnisse.<br />

Doch es gab auch Gegenstimmen. Im August 1977 beendete William E. Nelson seine<br />

Dissertation mit dem Titel ”The Homemade Nuclear Bomb Syndrome” [NELS77] an<br />

der Universität <strong>von</strong> Missouri in Virginia. Diese Dissertation war als unmittelbare Antwort<br />

auf die Thesen <strong>von</strong> Taylor und deren Echo auch bei Behördenvertretern konzipiert. Nelson<br />

12


versuchte in seiner Dissertation nachzuweisen, daß der Bau einer Atomwaffe häufig viel zu<br />

unkompliziert dargestellt würde, was die Atomindustrie sehr verwirrt habe. Es sei nicht<br />

überraschend, so Nelson, wenn demnächst Atomkraftgegner die Argumente aufgriffen.<br />

Laut Nelson sollte Taylor insbesondere die Erschwernis des Atomwaffenbaus durch die Toxizität,<br />

Strahlung und Selbsterhitzung des Plutoniums übersehen haben. Den <strong>von</strong> Taylor<br />

als wichtig zitierten ”Los Alamos Primer” [SERB43] hielt Nelson für wenig nützlich (”not<br />

a handbook on design”), trotzdem habe er diesen erst durch Anfragen bei verschiedenen<br />

Organisationen und schließlich bei Taylor selbst ausfindig machen können. Anmerkung:<br />

Wir selbst erhielten den ”Los Alamos Primer” privat - hier in der Bundesrepublik und<br />

ohne jegliche Beziehungen - über die Hessische Landes- und Hochschulbibliothek binnen<br />

fünf Wochen.<br />

Insgesamt gesehen gelang es Nelson nicht sonderlich überzeugend, Schwierigkeiten eines<br />

Atomwaffenbaus deutlich zu machen. Bei Strahlenschädigungs- und Frühzündungsbetrachtungen<br />

verglich er irreführend reines Plutonium-239 mit <strong>Reaktorplutonium</strong>. Bei<br />

Vergleich ergab sich dann eine über 10 000mal höhere Spontanspaltungsrate - welche<br />

auch den überwiegenden Dosisbeitrag in der Umgebung liefert - des <strong>Reaktorplutonium</strong>s<br />

gegen Plutonium-239. Zulässig ist jedoch nur der Vergleich <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong> mit<br />

solchem ”Waffenplutonium”, welches tatsächlich noch in Waffen verwendet wird. Dieser<br />

Vergleich hätte den Unterschied in Dosisleistung und Neutronenhintergrund auf weit<br />

weniger als einen Faktor 10 schrumpfen lassen (vgl. Kapitel 2.1). Nelson behauptete sogar,<br />

die Strahlung des <strong>Reaktorplutonium</strong>s sei so hoch, daß eine zusätzliche Beimischung<br />

radioaktiver Strahler (”spiking”) <strong>zur</strong> Behinderung des Umgangs überflüssig sein könne.<br />

Auch bei der Behandlung der Wärmeentwicklung <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong> gelang es Nelson<br />

nicht, wirkliche Probleme aufzuzeigen; er selbst befand eine ausreichende aktive Kühlung<br />

für realisierbar. Ebenfalls unter dem Titel ”The Homemade Nuclear Bomb Syndrome” erschien<br />

im Sommer 1977 in der Zeitschrift Nuclear Safety ein Beitrag [MEYE77], der <strong>von</strong><br />

Nelson zusammen mit Walter Meyer, Sudarshan K. Loyalka und Raymond W. Williams<br />

eingesandt worden war. Er verfolgte den gleichen Zweck und gab die gleichen Resultate<br />

an wie die Dissertation <strong>von</strong> Nelson.<br />

Im Sommer 1977 erhielten die warnenden Stimmen Unterstützung, als ein erfolgreicher<br />

Bombentest der USA mit <strong>Reaktorplutonium</strong> bekanntgegeben wurde. Die Zeitschrift<br />

Nuclear Engineering International druckte eine diesbezügliche Notiz ab [NUCL77], die<br />

hier in vollem Umfang wiedergegeben werden soll:<br />

”US exploded bomb made from power reactor plutonium: It was revealed in<br />

a public inquiry held in Britain, and later confirmed by US officials, that<br />

the US has exploded a nuclear device using reactor grade plutonium. Albert<br />

Wohlstetter, Professor of Political Sciences at Chicago University, made his<br />

announcement at the Public Inquiry over the expansion of Britain’s Windscale<br />

reprocessing plant. While it has never been denied that power reactor<br />

generated plutonium could be used to produce a nuclear weapon, there has<br />

always been question about the stability of such a device because of contamination<br />

with certain plutonium isotopes. It also had not been known that one<br />

actually had been produced and detonated.”<br />

13


Vorher schon sollen auch laut Lovins [LOVI79] J. Griffin, ERDA, in einer Presseerklärung<br />

vom 4. August 1977 und Albert Wohlstetter im oben angesprochenen Windscale Inquiry<br />

(14. Juni - 19. Oktober, 24. Oktober - 4. November 1977) auf den Test bezug genommen<br />

haben. Hon. Justice Parker hat in einem Report [PARK78] für das britische Umweltministerium<br />

die auf dem Windscale Inquiry vorgetragenen Argumente zusammengefaßt. Dem<br />

<strong>Bericht</strong> zufolge galt die <strong>Waffentauglichkeit</strong> <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong> als konsensfähig:<br />

”A nuclear bomb can be constructed with the grade of plutonium recovered<br />

by reprocessing.”<br />

Dennoch bestand Uneinigkeit bezüglich der Frage, ob die in Windscale geplante Wiederaufarbeitungsanlage<br />

für LWR-Brennelemente das Proliferationsrisiko erhöhe. Es wurde<br />

argumentiert, Großbritannien sei bereits Kernwaffenstaat und das aus der Magnox-Brennelement-Aufarbeitung<br />

gewonnene Plutonium reiche für die britische Bombenproduktion<br />

aus, so daß die neue Anlage keine britische Proliferation bedeuten könne. Manche Gutachter<br />

befürchteten jedoch einen möglichen Plutonium-Diebstahl oder hielten die Anlage für<br />

eine Ermunterung <strong>von</strong> Nichtkernwaffenstaaten, eigene Wiederaufarbeitungsanlagen zu errichten.<br />

Dem wurde entgegengehalten, durch Auftragsausführung für ausländische Interessenten,<br />

könne deren Betrieb eigener Anlagen gerade vermieden werden; eine Rückführung<br />

des für Nichtkernwaffenstaaten abgetrennten Plutoniums in, <strong>von</strong> Großbritannien gefertigten<br />

und kurz bestrahlten Brennstäben sei möglich.<br />

Auf den <strong>von</strong> den USA durchgeführten Test wurde in der Folgezeit häufig <strong>zur</strong>ückgegriffen,<br />

wenn es galt, den theoretischen Nachweis der <strong>Waffentauglichkeit</strong> <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong><br />

zu untermauern. Dies tat beispielsweise Joseph Rotblat [ROTB79], der 1979 mit <strong>Reaktorplutonium</strong><br />

den kt-TNT-Bereich als unteres Ende einer statistischen Verteilung der<br />

Sprengkraft angab und zum durchgeführten Test meinte: ”(A) high yield was obtained”.<br />

Ähnlich äußerte sich 1980 Bhupendra Jasani, SIPRI, [JASA80]. David Widdicombe,Chairman<br />

des Administrative Law Committee of Justice, London, [WIDD80] ging sogar 1980<br />

schon soweit, festzustellen, die <strong>Waffentauglichkeit</strong> <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong> sei nunmehr allgemein<br />

akzeptiert.<br />

Bevor wir nachweisen, daß dieser Schluß - zumindest was maßgebende Kreise in der Bundesrepublik<br />

Deutschland angeht - leider völlig unzutreffend ist, soll noch ein spezielles<br />

Kapitel über die gezielte Denaturierung <strong>von</strong> Plutonium eingeschoben werden.<br />

14


1.2 Vorschläge <strong>zur</strong> Denaturierung <strong>von</strong> Plutonium seit Mitte der<br />

siebziger Jahre<br />

In eben dem Maße wie sich in den USA ins Bewußtsein drängte, wie wenig denaturierend<br />

das längere Verbleiben <strong>von</strong> Brennelementen in Leistungsreaktoren auf das so erzeugte<br />

Plutonium wirkt, wurden auch immer neue Denaturierungs-Möglichkeiten vorgeschlagen.<br />

Angeregt durch Willrich und Taylor (”Nuclear Theft: Risks and Safeguards”) [WILL74]<br />

untersuchte Bruce A. Hutchins [HUTC75] Möglichkeiten, durch hohe Eigenstrahlung den<br />

Diebstahl <strong>von</strong> Plutonium zu verhindern. Er erwog die Beimischung verschiedener Strahler,<br />

um eine Dosisleistung <strong>von</strong> 5000 Röntgen je Stunde in einem Meter Abstand <strong>von</strong> 5 Kilogramm<br />

Plutonium zu erreichen. Innerhalb <strong>von</strong> 200 bis 300 Tagen - bevor die Strahlung<br />

zu stark abgeklungen sei - sollte das Plutonium in neue Brennelemente rezykliert worden<br />

sein. Ungeklärt blieb jedoch die Frage, wie ein solch extrem stark strahlendes Plutonium<br />

in einer Brennelementfabrik gehandhabt werden soll. Für Beschäftigte in Brennelementfabriken<br />

sind zulässige Höchstdosen gesetzlich festgelegt. Ein Terrorist wird sich dagegen<br />

kaum um diese Grenzwerte kümmern, solange er sich im Bereich <strong>von</strong> statistischen Strahlenschäden<br />

bewegt, also nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit damit rechnen muß,<br />

aufgrund dieser Strahlung irgendwann an Krebs zu erkranken.<br />

In der BRD befaßte sich Gerhard Locke <strong>von</strong> der Fraunhofer-Gesellschaft (Institut für<br />

Naturwissenschaftlich-Technische Trendanalysen, Stohl über Kiel) mit Möglichkeiten der<br />

Denaturierung <strong>von</strong> Plutonium. Locke sagte 1976, daß die Großmächte <strong>Reaktorplutonium</strong><br />

”mit beliebig hohem Neutronen-Hintergrund effektiv <strong>zur</strong> Explosion bringen können”<br />

[LOCK77]. Auf der Reaktortagung 1976 vom 30. März bis 2. April in Düsseldorf stellte er<br />

seine Überlegungen in dem Vortrag ”Möglichkeiten, <strong>Reaktorplutonium</strong> als Nuklearsprengstoff<br />

unbrauchbar zu machen” [LOCK76] vor. Locke empfahl eine sofortige Verschneidung<br />

abgetrennten Plutoniums mit Uran und die Vermeidung unverschnittenen Plutoniums in<br />

metallischer Form. Zur weiteren Erhöhung des Neutronenhintergrundes hielt Locke die<br />

Denaturierung mit Curium-244 oder Beryllium für geeignet. Lockes Vortrag blieb weitgehend<br />

unbeachtet; die Zeitschrift Atomwirtschaft/Atomtechnik erwähnte in ihrem <strong>Bericht</strong><br />

über die Tagung nur kurz [KARW76]:<br />

”Um <strong>Reaktorplutonium</strong> für Bombenzwecke unbrauchbar zu machen, wurde in<br />

einem Vortrag aus der Fraunhofer-Gesellschaft in Kiel vorgeschlagen, das Plutonium<br />

bereits bei der Herstellung mit Uran-238 zu verschneiden, ausschließlich<br />

Verbindungen geringer Dichte zu verwenden und neutronenerzeugende<br />

Elemente beizumischen.”<br />

Am 7. April 1977 verkündete - wie bereits an früherer Stelle erwähnt - der neugewählte<br />

amerikanische Präsident Jimmy Carter den einstweiligen Verzicht der USA auf die kommerzielle<br />

Entwicklung <strong>von</strong> Wiederaufarbeitungsanlagen und Schnellen Brütern [CART77].<br />

Bald darauf wurden vielerorts Anstrengungen unternommen, mit der Entwicklung ”denaturierter<br />

Brennstoffkreisläufe” in den nicht gerade freundlich auf das Moratorium reagierenden<br />

westlichen Industriestaaten und Entwicklungsländern, aber auch Teilen der USamerikanischen<br />

Industrie, Hoffnungen auf ein baldiges Überflüssigwerden des Moratoriums<br />

durch Lösung der Proliferationsprobleme zu wecken.<br />

15


Neue, <strong>von</strong> Alexander DeVolpi des Argonne National Laboratory entwickelte Denaturierungskonzepte<br />

stellte F.C. Olds im Sommer 1977 in der Zeitschrift Power Engineering vor<br />

[OLDS77]. Hohe kritische Massen - 25 bis 30 mal größer als bei reinem Plutonium-239 -<br />

sollten in Verbindung mit einem Zehntel bis einem Hundertstel der möglichen Energieausbeute<br />

gegenüber Plutonium-239 die Attraktivität solchen Plutoniums soweit reduzieren,<br />

daß seine tatsächliche Verwendung in Waffen praktisch ausgeschlossen werden könne. Henry<br />

C. Ott der Ebasco Services Incorporation befand allerdings in einem Leserbrief [OTT77]<br />

die vorgeschlagene Denaturierung für wirtschaftlich nicht vertretbar. Der technische Direktor<br />

der General Atomic Co., Peter Fortescue, stritt - ebenfalls in einem Leserbrief auf<br />

den Artikel <strong>von</strong> Olds hin - die Denaturierbarkeit <strong>von</strong> Plutonium völlig ab [FORT77]; einen<br />

proliferationsresistenten Uran-Thorium-Kreislauf konnte Fortescue sich dagegen vorstellen.<br />

Alexander DeVolpi nahm zu diesen beiden Leserbriefen selbst in der Zeitschrift Power<br />

Engineering Stellung [DEVO77]. Er räumte ein, daß noch viele Fragen <strong>zur</strong> Wirtschaftlichkeit,<br />

<strong>zur</strong> Neutronenbilanz in Reaktoren und <strong>zur</strong> Abfallbehandlung offen seien. Vielen<br />

der offenen Fragen widmete sich DeVolpi daraufhin intensiv. Auf seine Resultate wird<br />

später noch einzugehen sein. Hier soll zunächst noch ein Einblick in die Vielzahl der <strong>von</strong><br />

verschiedenen Seiten angebotenen Denaturierungs-Methoden gegeben werden.<br />

Es gab Vorschläge, Brennstoffkreisläufe zu entwickeln, in denen Plutonium außer in abgebrannten<br />

Brennelementen nur in einem ”Internationalen Energiezentrum”, welches die<br />

Brennelemente gleich bei Ende ihres Einsatzes zu übernehmen hätte, vorliegen sollte<br />

[PIGF78]. Andere Autoren betrachteten neue Aufarbeitungstechnologien. In einem wirtschaftlich<br />

attraktiven Aufarbeitungsprozeß (AIROX-Prozeß) sollten nicht alle Spaltprodukte<br />

abgetrennt werden [ASQU78]. Im ”Coprocessing” sollten Uran und Plutonium bei<br />

der Wiederaufarbeitung nicht separiert vorliegen [BROO78], eventuell unter zusätzlichem<br />

Belassen eines gewissen Anteils an Spaltprodukten im Uran/Plutonium-Gemisch (Civex-<br />

Prozess) [BROO78; NUCL78]. Der Civex-Prozess war jedoch für die Aufarbeitung <strong>von</strong><br />

Schnellbrüter-Brennelementen entwickelt worden, konnte also nicht <strong>zur</strong> Lösung der akuten<br />

Probleme beitragen [JASA80]. Außerdem blieb beim ”Coprocessing” die Trennung<br />

<strong>von</strong> Uran und Plutonium mit relativ einfachen technischen Änderungen möglich, so daß<br />

immer eine scharfe internationale Kontrolle der Anlagen nötig geblieben wäre [BROO80].<br />

Beim sogenannten ”spiking” sollten künstlich stark strahlende Radioisotope dem Plutonium<br />

zugesetzt werden, z.B. Kobalt-60, Zirkon-95, Niob-95, Ruthenium-106, Silber-<br />

110m, Cäsium-134, Cäsium-137, Cer-144, Europium-154; sämtlich Radionuklide, die in<br />

der Kerntechnik in größerer Menge anfallen [FELD79; BROO78; PINE77]. Je nach Stärke<br />

der radioaktiven Strahlung wurde unterschieden zwischen ”spiking for detection”, um das<br />

Entfernen des Brennstoffs <strong>von</strong> einer bestimmten Stelle leichter zu bemerken, ”spiking for<br />

delay”, um entwendeten Brennstoff wiederauffinden zu können und ”spiking for deterrence”,<br />

um die Entwendung des Brennstoffs durch dessen starke Strahlung unmöglich zu<br />

machen [BROO78]. Als zusätzliche Neutronenquellen im Brennstoff wurde z.B. Curium-<br />

244 [LOCK77], Californium-252 [FELD79; NELS77; PINE77] und Beryllium [FELD79;<br />

16


LOCK77] genannt. Manche Autoren erwogen auch den Zusatz <strong>von</strong> Plutonium-Isotopen<br />

mit dem Vorteil chemischer Nichttrennbarkeit. Meist wurde in dieser Hinsicht Plutonium-<br />

238 empfohlen, welches relativ isotopenrein durch Neutronenbestrahlung <strong>von</strong> Neptunium-<br />

237 erzeugt werden kann. Plutonium-238 entwickelt eine hohe Wärmeleistung durch seine<br />

starke Alpha-Aktivität. Teils hielten Autoren aufgrund recht willkürlicher Annahmen<br />

bereits 5 % Plutonium-238 im Plutoniumgemisch für <strong>zur</strong> Denaturierung ausreichend<br />

[HEIS80], andere wollten die <strong>Waffentauglichkeit</strong> eines Gemisches mit 20 % Plutonium-238<br />

[LOVI80] und sogar diejenige einer beliebig hohen Plutonium-238-Konzentration nicht<br />

völlig ausschließen [WALT80] und begnügten sich mit der reduzierten Attraktivität solchen<br />

Plutoniums. Wissenschaftler des Sandia Laboratory konnten keinen zweckmäßigen<br />

Stoff <strong>zur</strong> Denaturierung des Plutoniums ausmachen, sobald sie in ihrer Betrachtung die<br />

weitere Verwendbarkeit des denaturierten Plutoniums in Brennelementfabriken und Reaktoren<br />

zulassen wollten [WILL78].<br />

Währenddessen entwickelte DeVolpi ein umfangreiches Denaturierungskonzept [DE-<br />

VO78], das er auch in einem ausführlichen Buch [DEVO79] und einem längeren Zeitschriftenartikel<br />

[DEVO82], der dem Buch weitgehend entsprach, vorstellte. DeVolpi betonte<br />

die denaturierende Wirkung der Plutoniumisotope Pu-238, Pu-240 und Pu-242 in<br />

ihrer Gesamtheit - losgelöst <strong>von</strong> Einzelbetrachtungen [DEVO78; DEVO81]. Selbst eine<br />

gezielte Beimischung <strong>von</strong> Plutonium-242 bezog er in seine Überlegungen mit ein. Auch<br />

sollte laut DeVolpi Plutonium mit einem Anteil an in Reaktoren spaltbaren Isotopen <strong>von</strong><br />

lediglich 18 % noch wirtschaftlich verwendbar sein. DeVolpis Konzept darf nicht ohne die<br />

Einschränkungen gesehen werden, die er selbst angab:<br />

• Denaturierung war für ihn die Minderung der <strong>Waffentauglichkeit</strong>, entgegen der Definition<br />

anderer Autoren, die unter Denaturierung die völlige Waffenuntauglichkeit<br />

verstanden.<br />

• Als ”denatured-grade plutonium” bezeichnete DeVolpi Plutonium mit einem in Reaktoren<br />

spaltbaren Anteil <strong>von</strong> 20 % und weniger. So könnte laut DeVolpi das Proliferationsrisiko<br />

durch isotopische Denaturierung um einige Größenordnungen reduziert<br />

[DEVO79, Conclusion No. 6] und in Verbindung mit Safeguards auf und unter<br />

das Niveau anderer akzeptierter technologischer Risiken gedrückt werden [DEVO79,<br />

Conclusion No. 26]. Über Sinn und Unsinn <strong>von</strong> ”Risikoabschätzungen” wird gerade<br />

in Zusammenhang mit der Kerntechnik schon lange diskutiert - ohne das eine<br />

Annährung der verschiedenen Standpunkte in Sicht wäre.<br />

Mit diesem Kapitel sollte vor allem eines gezeigt werden: Das in der Bundesrepublik<br />

Deutschland derzeit gehandhabte Plutonium hat mit diesen denaturierten Gemischen<br />

(”denatured-grade plutonium”) nicht das geringste zu tun. Die beschriebene Diskussion<br />

in den USA ging nicht mehr darum, ob <strong>Reaktorplutonium</strong> waffentauglich sei oder nicht,<br />

sondern um Methoden, wie <strong>Reaktorplutonium</strong> durch künstlich zugegebene Stoffe waffenuntauglich<br />

gemacht werden könnte. In der Bundesrepublik Deutschland denkt niemand<br />

daran, eine Plutoniumwirtschaft einzuführen, die mit Plutonium <strong>von</strong> weniger als 20 %<br />

in Reaktoren spaltbaren Isotopen umgeht. In der einzigen Plutonium-Brennelementfabrik<br />

17


der Bundesrepublik, der Firma ALKEM, wäre die Hantierung mit diesem Plutonium bei<br />

Beachtung des gesetzlich vorgeschriebenen Schutzes der Mitarbeiter und der benachbarten<br />

Bevölkerung ausgeschlossen. Dies trifft ebenfalls für die <strong>von</strong> ALKEM neu beantragte<br />

Anlage zu.<br />

18


1.3 Ansichten bezüglich der <strong>Waffentauglichkeit</strong> <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong><br />

in der Bundesrepublik Deutschland<br />

Beispielhafte Äußerungen verschiedener Seiten sollen, beginnend 1975 und bis in die jüngste<br />

Zeit hinein, die Diskussion in der Bundesrepublik Deutschland beleuchten. Eine besondere<br />

Bedeutung kommt hierbei der <strong>Bericht</strong>erstattung in der weitverbreiteten Zeitschrift<br />

Atomwirtschaft/Atomtechnik zu, die mit ihren sowohl technischen als auch politischen<br />

Informationen nicht unerheblich <strong>zur</strong> Meinungsbildung beitragen dürfte. Der Titel dieser<br />

Zeitschrift wird üblicherweise mit ”atw” abgekürzt. Sie ist das offizielle Fachblatt der<br />

Kerntechnischen Gesellschaft e.V.<br />

”Gibt es ein Plutonium-Problem?” fragte der Geschäftsführer der Plutonium-Brennelementfabrik<br />

ALKEM, Wolfgang Stoll, 1975 in der atw [STOL75]. In Sachen <strong>Waffentauglichkeit</strong><br />

des <strong>Reaktorplutonium</strong>s beschränkte er sich darauf, zu verneinen, die Anfertigung<br />

einer Kernwaffe sei einfach. Der Umstand, daß in Atomwaffen spezielles Plutonium mit<br />

einem hohen Anteil an Plutonium-239 verwendet wird, sei, so Stoll, ja nicht zu verstehen,<br />

wenn der Bombenbau mit <strong>Reaktorplutonium</strong> einfach wäre (hier vergaß Stoll Aspekte<br />

der Zuverlässigkeit und Vorhersagbarkeit). Stolls Artikel war übrigens die überarbeitete<br />

Fassung eines Übersichtsvortrags, <strong>von</strong> ihm auf der Reaktortagung 1975 des Deutschen<br />

Atomforums und der Kerntechnischen Gesellschaft vom 8.-11. April 1975 in Nürnberg<br />

gehalten.<br />

Auf der Folgetagung im Jahr 1976 machte Gerhard Locke <strong>von</strong> der Fraunhofer-Gesellschaft<br />

auf die <strong>Waffentauglichkeit</strong> <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong> aufmerksam (vgl. Kap. 1.2.) und zeigte<br />

gleichzeitig Methoden <strong>zur</strong> Denaturierung auf, die jedoch in ihrer Wirksamkeit weit hinter<br />

denen DeVolpis (vgl. ebenda) <strong>zur</strong>ückblieben. Dieser Vortrag wurde zwar kurz in der atw<br />

erwähnt [KARW76], aber später niemals mehr sonderlich beachtet. Es wurde auch auf<br />

keiner der jährlichen Reaktortagungen noch einmal ein vergleichbarer Vortrag angeboten.<br />

Zu keiner Zeit widmete die atw der Proliferation ebensoviel Raum wie 1977, als in den<br />

USA die kommerzielle Brüterentwicklung und Wiederaufarbeitung gestoppt wurde. Wegen<br />

des <strong>von</strong> der deutschen Atomwirtschaft zu dieser Zeit angestrebten Exports solcher<br />

proliferationsträchtigen Technologien, sah sich die Atomwirtschaft in der Defensive. Die<br />

USA erwarteten, daß sich westliche Bündnispartner ihrem Moratorium anschlössen. Bemerkenswert<br />

sind hier allerdings die letzten Sätze der bekannten Erklärung <strong>von</strong> Jimmy<br />

Carter am 7. April 1977 [CART77]. Diese lassen nämlich einige der in der Folge, speziell<br />

auch in der Bundesrepublik, gegen die USA erhobenen Vorwürfe - einige werden im<br />

Verlauf dieses Kapitels noch auftauchen - ungerechtfertigt erscheinen:<br />

”We are not trying to impose our will on those nations like Japan and France<br />

and Britain and Germany which already have reprocessing plants in operation.<br />

They have special need that we don’t have in that their supplies of petroleum<br />

products are not available. But we hope that they will join with us - and I<br />

believe that they will - in trying to have some worldwide understanding of the<br />

extreme threat of the further proliferation of nuclear explosive capability.”<br />

19


Entgegen weitverbreiteter - aus verständlichen Gründen auch <strong>von</strong> der deutschen Atomwirtschaft<br />

propagierter - Meinung, waren für die Einfrierung des kommerziellen US-<br />

Brüter- und Wiederaufarbeitungsprogramms im wesentlichen technische Probleme sowie<br />

<strong>von</strong> der Aufsichtsbehörde (Nuclear Regulatory Commission, NRC) verschärfte Strahlenschutz-<br />

und Betriebsauflagen entscheidend (die Aufsicht war 1975 der nachlässigen und<br />

korrupten Atomic Energy Commission, AEC, entzogen worden) [NWG82]. Tendenzen<br />

der US-Nuklearexport-Politik wurden in der atw wiederholt kritisch bewertet, z.B. <strong>von</strong><br />

C. Patermann der bundesdeutschen Botschaft in Washington [MUELL77; PATE77a; PA-<br />

TE77b].<br />

J. Scharioth untersuchte 1977 in der atw die ”Nuklearkontroverse aus gesellschaftlicher<br />

und psychologischer Sicht” [SCHA77] - ohne die Proliferation auch nur zu erwähnen(!); es<br />

handelte sich um die überarbeitete Fassung eines Übersichtsvortrags der Reaktortagung<br />

1977 in Mannheim. Karl Wirtz berichtete über die ANS-ENS-Konferenz vom 5.-19. November<br />

1976 in Washington [WIRT77] und bezeichnete die Proliferation als ”Thema Nr.<br />

1” dieser Tagung. Dabei schilderte er Situation und Diskussion in den USA - ohne eine<br />

wesentliche Ursache, nämlich das Rücken der <strong>Waffentauglichkeit</strong> <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong><br />

ins öffentliche Bewußtsein, zu nennen.<br />

In der atw fanden sich meist Beiträge, die beim Stichwort ”Nichtverbreitungspolitik”<br />

den Verzicht der Bundesrepublik auf eigene Atomwaffen, die Existenz des Nichtverbreitungsvertrags<br />

und die internationalen Kontrollen durch Euratom und IAEA hervorhoben,<br />

so z.B. Beiträge <strong>von</strong> Hans-Hilger Haunschild, Staatssekretär im Bundesministerium<br />

für Forschung und Technologie [HAUN77] und Bundeswirtschaftsminister Hans Friderichs<br />

[FRID77].Heinrich Mandel, damals Präsident des Deutschen Atomforums, erklärte<br />

[MAND77]:<br />

”Natürlich verstehen wir die Sorge unserer amerikanischen Freunde ... Es dürfte<br />

wohl völliges Einvernehmen zwischen den USA und uns darüber bestehen,<br />

daß alles getan werden muß, um die Proliferation <strong>von</strong> Kernwaffen zu verhindern.<br />

Gerade wir hier in Deutschland haben durch den einseitigen Verzicht auf<br />

die Herstellung und den nationalen Besitz <strong>von</strong> Kernwaffen, durch die Unterwerfung<br />

unter die Euratom-Sicherheitsüberwachung, durch den Nichtverbreitungsvertrag<br />

und durch die Mitwirkung an den Londoner Exportrichtlinien<br />

besonders viel in dieser Richtung getan.”<br />

Der Export <strong>von</strong> nuklearem know-how sei, so Mandel, gerade eine proliferationsmindernde<br />

Maßnahme, denn ”jedes andere Vorgehen muß dazu führen, daß solche Länder sich diskriminiert<br />

fühlen und auf eigene Faust und hinter verschlossenen Türen Entwicklungen<br />

betreiben, die dem Weltfrieden abträglich sein können.”<br />

Lediglich G. Hildenbrand der Kraftwerk Union AG wies einmal darauf hin, ”daß aber<br />

auch Reaktor-Plutonium mit einem Gehalt <strong>von</strong> 20-30 % Pu-240 für die Herstellung <strong>von</strong><br />

Kernsprengkörpern in Frage kommt, deren Wirksamkeit <strong>von</strong> den Einrichtungen <strong>zur</strong> Erzielung<br />

der erforderlichen Zusammenführungsgeschwindigkeiten abhängig ist” [HILD77].<br />

20


Zusammenfassend stellte Hildenbrand allerdings fest, ”daß die Proliferation kerntechnischer<br />

Kenntnisse bereits irreversibel stattgefunden hat, und daß es notwendig ist, anstelle<br />

des vergeblichen Versuchs, den Gang der Dinge <strong>zur</strong>ückzudrehen, wirksame Nichtverbreitungsmaßnahmen<br />

unter Einschluß politischer Überzeugungskraft zu ergreifen.”<br />

Der überwiegende Teil der atw-Beiträge <strong>zur</strong> Weiterverbreitungsproblematik hielt die Proliferation<br />

für ein im wesentlichen politisches und kein technisches Problem. Erwähnt sei<br />

noch ein atw-Artikel des Jahres 1977 vom Leiter des Projekts Schneller Brüter am Kernforschungszentrum<br />

Karlsruhe,Günther Keßler, der in einer ”kritischen Durchsicht” [KESS77]<br />

der mit dem ERDA-Brüterprogramm der USA zusammenhängenden Proliferationsfragen<br />

eine Abbildung mit möglichen Proliferationspfaden zeigte. Die aufgeführten Wege waren<br />

der Diebstahl <strong>von</strong> Kernwaffen, die Anreicherung <strong>von</strong> Uran-235 oder Uran-233, die<br />

chemische Abtrennung <strong>von</strong> Uran-233 und die chemische Abtrennung <strong>von</strong> ”Pu-239 mit<br />

wenig Pu-240”. Als waffenfähigen Kernbrennstoff stellte Keßler ”U-233, U-235, Pu-239”<br />

hin. Auch im Text war durchweg <strong>von</strong> Plutonium-239 die Rede, so daß die <strong>Waffentauglichkeit</strong><br />

<strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong> dieser ”kritischen Durchsicht” nicht zu entnehmen war.<br />

Bereits 1978 war die Diskussion <strong>von</strong> Nichtverbreitungsproblemen in der atw wieder stark<br />

rückläufig; das in den USA am 10. März 1978 in Kraft getretene Exportkontrollgesetz<br />

wurde noch als ”Irrweg <strong>zur</strong> Nichtverbreitung” angegriffen, der ”das Vertrauen in die USA<br />

als zuverlässigen Handelspartner schwer erschüttert” habe [MUEL78].<br />

Eine Folge des Brüter- und Wiederaufarbeitungs-Moratoriums der USA war eine international<br />

durchgeführte Bewertung des Brennstoffkreislaufs (INFCE), mit dem Ziel,<br />

möglichst proliferationssichere Kreisläufe zu entwickeln. Den Wert einer solchen Bewertung<br />

zweifelte die atw 1979 an [LEVI79]:<br />

”Es ist daher äußerst zweifelhaft, ob der Versuch, durch die Wahl <strong>von</strong> Brennstoffzyklen<br />

das Proliferationsrisiko zu beeinflussen, nicht einfach am Kern der<br />

Sache, der ein politischer ist, vorbeigeht.”<br />

Ergebnisse <strong>von</strong> INFCE stellte die atw 1980 und 1981 mehrfach vor [HOSS80; PATE80;<br />

PATE81; POPP80; ROTH80]. Es hieß, ”daß eigentlich nichts dabei (bei INFCE, d. Verf.)<br />

herausgekommen ist, was man nicht schon vorher gewußt hätte”, nämlich ”daß allen<br />

Brennstoffkreisläufen ein gewisses Proliferationspotental innewohnt, dessen Kontrollierbarkeit<br />

jedoch nach Meinung der internationalen Fachleute gesichert erscheint”. Der stellvertretende<br />

Chefredakteur der atw, Rüdiger Hossner, bemerkte [HOSS80]:<br />

”Doch die Sorge wuchs besonders in dem Land, das der Weiterverbreitung der<br />

Kernenergie als erstes den Weg geöffnet hatte, in den USA. Dabei war nicht<br />

überall und immer ganz deutlich, ob diese Sorge nicht auch vom Konkurrenzdenken<br />

mit beeinflußt würde ...”<br />

Vertreter des Bundesministeriums für Forschung und Technologie stellten ”Die wesentlichen<br />

Ergebnisse <strong>von</strong> INFCE” vor [POPP80]: Proliferation sei ”ein politisches und kein<br />

21


technisches Problem”, es gäbe keinen Brennstoffkreislauf, welcher absolut resistent gegen<br />

Mißbrauch sei, Safeguards seien weiterzuentwickeln und ebenfalls die Aspekte Versorgungssicherheit,<br />

Umweltschutz und Wirtschaftlichkeit mit zu betrachten. Und als ganz<br />

besonders wichtiges Ergebnis, daß ”in der Tat die Kernenergie weltweit verfügbar gemacht<br />

werden kann”. Für ”auf dem Hintergrund der Geschichte <strong>von</strong> INFCE sehr bedeutsam”<br />

galt auch die Aussage, ” daß auch große Brüter oder Wiederaufarbeitungsanlagen durchaus<br />

’safeguardable’ sind”.<br />

1981 beschäftigte sich der stellvertretende Generaldirektor der IAEA, H. Grümm, inder<br />

atw mit möglicher Proliferation [GRUE81]: Auch bei ihm kein Wort über Möglichkeiten<br />

des Bombenbaus mit <strong>Reaktorplutonium</strong>. Stattdessen behauptete Grümm, die ”eingebildete<br />

Gefahr der Kernkraftwerke” hätte die Aufmerksamkeit <strong>von</strong> der ”millionenfach größeren<br />

wirklichen Gefahr der Atomwaffen abgelenkt ... In diesem Sinne trägt die Kernkraftwerks-<br />

Hysterie zum Fortbestehen eines unermeßlichen Gefahrenpotentials <strong>von</strong> 40000 bis 50000<br />

Kernsprengkörpern in den Arsenlen der Großmächte bei.” (Diese Quelle war der Abdruck<br />

eines Vortrags, den Grümm anläßlich der Verleihung der Ehrenmitgliedschaft in der Kerntechnischen<br />

Gesellschaft an ihn am 23. Oktober 1980 in Bonn hielt.)<br />

Der Angriff israelischer Flugzeuge auf den Forschungsreaktor Osirak im Irak am 7. Juni<br />

1981 war der atw noch einmal eine Erwähnung des Proliferationsproblems wert [ATW81].<br />

Zitat:<br />

”Bedarf an Spaltstoffen für eine Kernwaffe ... Die kritischen Massen für eine<br />

Kernwaffe in der Form <strong>von</strong> unreflektierten Kugeln aus Metall der jeweils<br />

höchsten Dichte für schnelle Neutronen betragen für U-235 44 kg und für Pu-<br />

239 10 kg. Man muß dabei da<strong>von</strong> ausgehen, daß einerseits die benötigten Mengen<br />

wegen der Verluste und der nicht idealen Bedingungen bei der Zündung<br />

der Waffe größer sind, andererseits aber die notwendigen Mengen mit Reflektoren<br />

und extremen Drücken bei der Zündung etwa halbiert werden können.<br />

Gerade diese letztere Technologie setzt jedoch nukleare Waffentests und eine<br />

in diesem spezifischen Bereich extrem hoch entwickelte Technik voraus, über<br />

deren Verbreitung außerhalb der USA bisher nichts bekannt ist.”<br />

Dem steht entgegen, daß die erste Plutoniumbombe (Trinity-Test) bereits besser funktionierte<br />

als die überwiegende Mehrheit ihrer Erbauer dies angenommen hatte. Außerdem<br />

muß wohl die Technologie des Atomwaffenbaus heute auch außerhalb der USA verbreitet<br />

sein, da es neben den USA mindestens fünf weitere Atomwaffenmächte gibt, welche ebenfalls<br />

Plutonium in ihren Waffen einsetzen.<br />

Soweit <strong>zur</strong> <strong>Bericht</strong>erstattung in der atw. Wir wollen an dieser Stelle noch festhalten:<br />

Es erfolgte keine das Gesamtbild verfälschende Auswahl der Zitate aus der atw. Die atw<br />

berichtete zu keiner Zeit über die Waffenfähigkeits-Diskussion <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong> in<br />

einer an die Zitate in Kapitel 1.1 herannahenden Qualität. Dagegen drängt sich der Eindruck<br />

auf, daß die Waffenfähigkeits-Diskussion in den beruhigenden und verdrängenden<br />

Artikeln der atw bewußt vernachlässigt wurde. Die in der atw veröffentlichten Aufsätze<br />

22


argumentierten meist in Richtung forciertem Einstieg in die Plutoniumwirtschaft.<br />

Eine etwas tiefgründigere Diskussion der <strong>Waffentauglichkeit</strong> <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong> kam<br />

in der Zeitschrift Atomkernenergie-Kerntechnik auf - jedoch erst 1976. Die Diskussion begann<br />

mit einem Aufsatz <strong>zur</strong> Kritikalität <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong> des türkischen Ingenieurs<br />

Sümer Sahin [SAHI76a], der als Dozent in der Schweiz tätig war. Carl M. Fleck, Professor<br />

am Atominstitut der österreichischen Universitäten in Wien, brachte zu Sahin ”some remarks”<br />

in die Zeitschrift ein [FLEC76a], auf die Sahin wiederum einging [SAHI76b] und<br />

Fleck ”final remarks” dazu veröffentlichte [FLEC76b].<br />

Sahin hatte in dieser Debatte auf unterschiedliche Neutronenlebensdauern in <strong>Reaktorplutonium</strong><br />

gegenüber Waffenplutonium verwiesen, wodurch die erreichbare Sprengkraft<br />

beeinflußt werden solle. Fleck dagegen hielt das Problem der Frühzündung und der damit<br />

verbundenen Expansion des Spaltstoffs vor Erreichen der maximalen Überkritikalität, wodurch<br />

ebenfalls die erreichbare Energieausbeute reduziert wird, für bedeutsamer. Leider<br />

redeten Sahin und Fleck wohl immer etwas aneinander vorbei.<br />

Sahin führte schließlich Rechnungen durch, die jedoch nicht in der Atomkernenergie-<br />

Kerntechnik, sondern in den Annals of Nuclear Energy 1978 [SAHI78] veröffentlicht wurden,<br />

und in denen er die Verlängerung der Neutronenlebensdauer im <strong>Reaktorplutonium</strong><br />

quantitativ zu bestimmen versuchte. Sahin war sich der Unsicherheit seiner Rechnungen<br />

bewußt, berücksichtigten sie doch keine dynamischen Einflüße während der Kompaktierungszeit.<br />

Aus seinen Rechnungen zog er den Schluß, daß die Sprengkraft des <strong>Reaktorplutonium</strong>s<br />

nur begrenzt gegenüber Waffenplutonium reduziert sein könne. Als Sahin<br />

seiner vorherigen Diskussion mit Fleck in der Atomkernenergie-Kerntechnik 1979 noch<br />

das quantitative Ergebnis nachschob [SAHI79], fand sich diese letzte Konsequenz, die nur<br />

begrenzte Reduktion der Sprengkraft, allerdings nicht in dieser Zeitschrift. Fleck erwiderte<br />

[FLEC79], sein Vorbehalt bezüglich der Frühzündung sei damit noch nicht ausgeräumt.<br />

Im Jahre 1980 stellte Sahin dann in der Atomkernenergie-Kerntechnik nocheinmal verbesserte<br />

Rechnungen vor [SAHI80a], die zu größeren Neutronenlebensdauern - auch für<br />

reines Plutonium-239 - geführt hatten. Die prozentuale Erhöhung der Neutronenlebensdauer<br />

in <strong>Reaktorplutonium</strong> gegenüber reinem Plutonium-239 stimmte jedoch mit seinen<br />

früheren Rechnungen praktisch überein. Ausführlicher nachzulesen waren die neuen Berechnungen<br />

<strong>von</strong> Sahin in der Zeitschrift Nuclear Technology [SAHI80b], wo er erklärte, mit<br />

einem Anteil <strong>von</strong> 15 % Plutonium-240 könne bei ausgeklügelter Technik eine Sprengkraft<br />

<strong>von</strong> 1 kt TNT erreicht werden, bei 25 % Plutonium-240 bleibe die Sprengkraft praktisch<br />

immer unterhalb des 100-t-TNT-Bereichs. In einem Leserbrief in der Zeitschrift Nature<br />

[SAHI80c] auf einen Artikel <strong>von</strong> Amory B. Lovins [LOVI80] hin, schrieb Sahin allerdings<br />

leicht abgewandelt, bei ausgeklügelter Technik könne eine Sprengkraft <strong>von</strong> 1 kt TNT (bei<br />

15 % Pu-240) beziehungsweise 100 t TNT (bei 25 % Pu-240) nicht überschritten werden.<br />

Als nächstes wollen wir uns den Aussagen eines Vertreters der Kernforschungsanlage<br />

Jülich, Erwin Münch, widmen. Dieser schrieb im März 1976 [MUEN76]:<br />

23


”Die Zusammensetzung des in kommerziellen Kernkraftwerken entstehenden<br />

Plutoniums aus spaltbaren und etwa 40 % nicht spaltbaren Isotopen macht es<br />

unmöglich, aus diesem Material wirksame Kernwaffen zu produzieren, die die<br />

Sprengkraft konventioneller Waffen überschreiten.”<br />

Später versuchte Münch geltend zu machen, daß er seine Aussage implizit nur auf Mißbrauch<br />

durch Terroristen ohne Zugang zu moderner Schießtechnik gemünzt gehabt habe<br />

[EHRE79]. 1979 [MUEN79] hielt Münch den Bau <strong>von</strong> Sprengkörpern im Bereich einiger<br />

kt TNT mit <strong>Reaktorplutonium</strong> durch einen Staat für möglich, sagte jedoch andererseits:<br />

”Die Herstellung einer wirksamen und sicher zu zündenden Atombombe durch<br />

Terroristen aus den im Reaktor anfallenden Spaltstoffgemischen kann ausgeschlossen<br />

werden.”<br />

Eine etwas kürzere Fassung des Aufsatzes <strong>von</strong> Münch [MUEN79], die jedoch in vielen<br />

wesentlichen Punkten wortgleich ist, wurde in einer Broschüre der Kernforschungsanlage<br />

Jülich abgedruckt [BORS78]. In der Auflage dieser Broschüre <strong>von</strong> 1980 [BORS80] ist<br />

sie gegenüber ihrer Auflage <strong>von</strong> 1978 um den Satz ”Für einen Staat könnte jedoch die<br />

Herstellung nuklearer Sprengkörper mit begrenzter Sprengkraft möglich sein” ergänzt.<br />

In einem <strong>von</strong> Münch herausgegebenen Taschenbuch (”Tatsachen über Kernenergie”) in<br />

dessen zweiter Auflage <strong>von</strong> 1980 [MUEN80] beschreibt Münch die Schwierigkeiten bei Verwendung<br />

<strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong> noch identisch mit seiner Abhandlung im Aufsatz <strong>von</strong><br />

1979 [MUEN79]. Ähnlich wie Münch äußerte sich Klaus-Detlef Cloß in Bild der Wissenschaft<br />

im Juli 1979 [CLOS79]. <strong>Reaktorplutonium</strong> müßte Cloß’ Meinung nach mit einer<br />

Geschwindigkeit <strong>von</strong> mindestens 10 km/s komprimiert werden und diesbezügliche Erfahrungen<br />

lägen nur in Kernwaffenstaaten vor. Eine Abbildung des Aufsatzes ist in fetten<br />

Buchstaben mit ”Reaktor-Plutonium eignet sich nicht für Bomben” unterschrieben. Die<br />

Gesellschaft für Reaktorsicherheit (GRS) bezeichnete <strong>Reaktorplutonium</strong> im <strong>Bericht</strong> ”Plutonium”<br />

[MUEL79] vom April 1979 als ”zum Waffenbau verwendbar”, die Herstellung<br />

eines Sprengsatzes sei gegenüber Waffenplutonium ”weit schwieriger ... aber grundsätzlich<br />

möglich.” Die notwendige Implosionsgeschwindigkeit setzten die Autoren der GRS<br />

bei <strong>Reaktorplutonium</strong> mit einigen 10 km/s an, hielten in ”Heimarbeit” nur 100 m/s für<br />

erreichbar. Diese einigen 100 m/s sollten allerdings noch zu einer Sprengkraft <strong>von</strong> 20 t<br />

TNT führen können.<br />

Selbst unter Atomkraftgegenern wurde das Proliferationsproblem des <strong>Reaktorplutonium</strong>s<br />

lange Zeit nicht wahrgenommen. Relativ früh zwar, aber dennoch erst im September<br />

1977, schrieb der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V. (BBU) in seiner<br />

Broschüre ”Plutonium” [BBU77]: ”Es gilt heute als sicher, daß man aus Plutonium, das<br />

in Atomkraftwerken entsteht, Atombomben bauen kann.”( Diese Broschüre basiert auf<br />

[KOLL78] ). Dagegen enthielt beispielsweise das Taschenbuch ”Reaktoren und Raketen<br />

- Atomare Gefahren und Bürgerproteste”, herausgegeben <strong>von</strong> Joachim Grumbach 1980<br />

[GRUM80] und verfaßt <strong>von</strong> Atomkraftkritikern, trotz seines vielversprechenden Titels keinerlei<br />

Hinweis auf eine <strong>Waffentauglichkeit</strong> <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong>. Ganz im Gegenteil: Die<br />

Tauglichkeit des <strong>Reaktorplutonium</strong>s wurde sogar abgestritten.<br />

24


Den frühesten Zeitpunkt, zu dem in der Bundesrepublik <strong>von</strong> einer Diskussion möglicher<br />

<strong>Waffentauglichkeit</strong> des <strong>Reaktorplutonium</strong>s auf breiterer Basis gesprochen werden kann,<br />

stellt wohl das sogenannte ”Gorleben-Hearing” dar. Im Rahmen des Gorleben-Hearings<br />

diskutierten vom 28. März bis 3. April 1979 über sechzig Experten die grundsätzliche<br />

sicherheitstechnische Realisierbarkeit des damals bei Gorleben geplanten ”Nuklearen Entsorgungszentrums”<br />

(Ein überarbeitetes Protokoll gab das Deutsche Atomforum e.V. heraus<br />

[ATOM79]).<br />

Grundlage der Diskussion war der ”Gorleben Report”, ein 2200 Seiten starker <strong>Bericht</strong><br />

<strong>von</strong> 20 international bekannten Wissenschaftlern. Die <strong>Waffentauglichkeit</strong> des <strong>Reaktorplutonium</strong>s<br />

wurde <strong>von</strong> einigen der Wissenschaftler angesprochen. Einen Überblick über das<br />

Hearing und den Report bietet das bei Fischer Alternativ im Juli 1979 erschienene Taschenbuch<br />

”Der Gorleben-Report” [HATZ79].<br />

Im Kapitel ”Sicherung <strong>von</strong> spaltbarem Material” zitierte das Buch Amory B. Lovins -<br />

Bomben mit <strong>Reaktorplutonium</strong> seien herstellbar und nicht wesentlich schwächer oder zuverlässiger<br />

als solche mit Waffenplutonium - und den <strong>Bericht</strong> der ”Gorleben International<br />

Review” (GIR). Laut GIR [BARN79] soll ein nuklearer Sprengkörper der ”Nagasaki”-Art,<br />

aus <strong>Reaktorplutonium</strong> gefertigt, auch bei Frühzündung immer noch die Sprengkraft <strong>von</strong><br />

1 kt TNT haben; mit einer Explosion <strong>von</strong> einigen 100 t TNT Sprengkraft könnten Terroristen<br />

in einem Ballungsgebiet verhehrenden Schaden anrichten, und eine terroristische<br />

Vereinigung wäre wahrscheinlich zum Bau einer solchen Bombe fähig. Die <strong>Waffentauglichkeit</strong><br />

<strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong> war jedoch auf dem Hearing nicht <strong>von</strong> allen Wissenschaftlern<br />

akzeptiert. So meinte beispielsweise ALKEM-Geschäftsführer Wolfgang Stoll in vorgelegten<br />

Papieren, <strong>Reaktorplutonium</strong> sei für Bomben ”höchstungeeignet” [STOL79a], ”in seiner<br />

Wirkung äußerst unberechenbar” und ”nur sehr hohe Vereinigungsgeschwindigkeiten<br />

... unterlaufen die sonst sehr wahrscheinliche Unwirksamkeit einer Nuklearsprengladung<br />

aus Reaktor-Plutonium durch Frühzündung [STOL79b]”. Aussagen amerikanischer Wissenschaftler<br />

zweifelte Stoll an und stellte sie als bloße politische Zweckbehauptungen hin<br />

[STOL79b]:<br />

”Die angeblich technische Einfachheit des Aufbaues <strong>von</strong> Kernsprengladungen<br />

wurde bis 1975 (vor dem Erscheinen des Buches <strong>von</strong> Willrich & Taylor) stets<br />

<strong>von</strong> den Waffenländern bestritten. Die Dementi’s hörten schlagartig auf, als<br />

die neue US-amerikanische Nichtverbreitungspolitik einsetzte. Man benützte<br />

die in der Praxis nicht nachprüfbaren Aussagen, ohne sie jemals offiziell zu<br />

bestätigen, als Argumentation gegen die Abtrennung <strong>von</strong> Plutonium. Dabei<br />

scheint bisher niemand ernstlich über das intelligente Nachzeichnen veröffentlichter<br />

Waffenschnittbilder hinausgekommen zu sein.”<br />

Wichtig in diesem Zusammenhang ist auch folgende Äußerung Stolls [STOL79b]:<br />

”Zur Auslösung einer Kettenreaktion mit schnellen Neutronen ist eine Kugel<br />

aus mindestens 13 kg <strong>Reaktorplutonium</strong>-Metall erforderlich (offizielle Aus-<br />

25


kunft der NRC). Zwar gibt es im militärischen Bereich besondere und bisher<br />

im Detail streng geheimgehaltene Geometrien aus Spezialsprengstoffen, die kugelzentrische<br />

Verdichtungswellen entsprechender Stärke auslösen, daß auch geringere<br />

Spaltstoffmengen noch kritisch gemacht werden können. Damit wurde<br />

auch einmal - wenn auch mit bescheidener Energieausbeute - (Zahlen wurden<br />

nicht veröffentlicht) Leichtwasser-Pu <strong>zur</strong> Detonation gebracht.”<br />

Nach DeVolpi [DEVO79] läßt sich mittels eines Reflektors aus natürlichem Uran die kritische<br />

Masse des typischen Leichwasserplutoniums in der Delta-Phase auf nahezu zehn<br />

und in der - allerdings schwieriger realisierbaren - Alpha-Phase auf etwa sechs Kilogramm<br />

reduzieren. Es ist nicht abzustreiten, daß bei der Fertigung eines Kernsprengsatzes - sei<br />

es durch Terroristen oder durch einen Staat - ein Reflektor eingebaut werden kann. Das<br />

Prinzip der sogenannten ”Sprenglinsen” - wie sie in Implosionswaffen verwendet werden<br />

- hat heute auch im zivilen Bereich Verbreitung gefunden (vgl. Kapitel 2.1).<br />

Im Jahre 1984 wurde im Hessischen Landtag in Wiesbaden ein Hearing veranstaltet,<br />

das die Proliferationsrisiken der Hanauer Brennelementfabriken NUKEM und ALKEM<br />

beleuchten sollte [HESS84]. Auch dort versuchte Stoll, mit den gleichen Argumenten seine<br />

Gegner zu widerlegen. Er leugnete weiterhin die eigentlichen Gründe (siehe hierzu<br />

Kapitel 2.6), warum das <strong>Reaktorplutonium</strong> <strong>von</strong> den Atomwaffenstaaten nicht in ihren<br />

Sprengkörpern eingesetzt wird. Zitat Stoll:<br />

”Ich habe klar gesagt, daß wir keine Waffenexperten sind. Aber natürlich lesen<br />

wir Literatur. Soweit wir aus dieser Literatur entnehmen können, ist das Material<br />

das wir haben, für die militärische Nutzung ungeeignet. Ich schließe das<br />

daraus, daß kein ernst zu nehmender Waffenexperte jemals daran gedacht hat,<br />

es einzusetzen, schon weil die Wirkung nur ganz ungenau vorbestimmt werden<br />

kann. Daran ändert überhaupt nichts, daß in den USA - und das wurde ja<br />

gesagt - unter dem strengsten Siegel der Verschwiegenheit in der Carter-Ära<br />

im März 1977 angeblich einmal - niemand weiß es genau - ein Versuch mit<br />

Leichwassermaterial gelungen sein soll. Niemand kennt die Voraussetzungen<br />

und Ergebnisse. Nur soviel ist sicher, daß dazu eine ganz besonders weit entwickelte<br />

und schwierige Technik notwendig ist ... Die friedliche Nutzung <strong>von</strong><br />

Leichtwasser-Plutonium hat mit der Nuklearwaffe nun wirklich nichts zu tun.”<br />

Ein anderer Referent des Hearings, Professor Karl Kummerer vom Kernforschungszentrum<br />

Karlsruhe, hielt <strong>Reaktorplutonium</strong> immerhin schon für ”im Prinzip waffenfähig”. Er wies<br />

allerdings auf einige Hindernisse hin, die bewirken sollten, daß es ”verdammt schwerfallen<br />

wird”, eine brauchbare Waffe zu bauen. Seltsamerweise hob Kummerer dabei gerade<br />

den im richtigen Moment - auf eine Mikrosekunde genau - erforderlichen Neutronenstoß<br />

<strong>zur</strong> Einleitung der Kettenreaktion hervor. Einerseits ist gerade der Neutronenstoß im<br />

richtigen Augenblick technisch nicht das größte Problem (vgl. Kapitel 2.3), andererseits<br />

können nicht Frühzündung und Neutronenstoß gleichzeitig eine große Schwierigkeit darstellen.<br />

Wenn mit großer Wahrscheinlichkeit ohnehin eine Frühzündung einträte, ist der<br />

zusätzliche gewollte Neutronenstoß schlicht überflüssig.<br />

26


Bereits in seiner schriftlichen Vorlage für die Anhörung (Ausschußvorlage WTA/11/30<br />

und HAA/11/4) vom 30. Mai 1984 hatte Kummerer dem Hessischen Landtag mitgeteilt,<br />

bei NUKEM und ALKEM würden ”keine Atomwaffen oder Vorprodukte hierzu gefertigt”<br />

und es bestünde dort ”keinerlei diesbezügliche Erfahrung”. Das dort verarbeitete Uran<br />

und Plutonium sei ”wegen seiner chemischen Zusammensetzung und wegen seiner Isotopenzusammensetzung<br />

nicht für Atomwaffen geeignet.” Es sollen hier noch Aussagen <strong>von</strong><br />

zwei zum Wiesbadener Hearing geladenen Sachverständigen zitiert werden. Ministerialrat<br />

Hagen vertrat das Bundesministerium für Forschung und Technologie; Zitat:<br />

”Es wurde schon <strong>von</strong> den Firmenvertretern gesagt, daß eine detaillierte Beurteilung<br />

der Qualität des Materials, das dort für die friedliche Verwendung<br />

als Brennstoff in Leistungs- und Forschungsreaktoren gelagert bzw. verarbeitet<br />

wird, nicht möglich ist. Dies gilt in gleicher Weise für die Kenntnisse, die<br />

der Bundesregierung darüber vorliegen. Wir haben als Bundesregierung ganz<br />

bewußt und in Übereinstimmung mit den vertraglich eingegangenen internationalen<br />

Verpflichtungen in unseren Forschungsarbeiten, die wir zum Beispiel<br />

bei der Entwicklung der friedlichen Nutzung der Kernenergie in der Bundesrepublik<br />

durchgeführt haben, darauf verzichtet, die Waffengrädigkeit und die<br />

Qualität hinsichtlich der Waffenherstellung solcher Materialien zu überprüfen<br />

oder gar Arbeiten in der Richtung durchführen zu lassen. Ich bin mir sicher auf<br />

Grund ausführlicher Kenntnis auch der Diskussionen innerhalb der deutschen<br />

Wissenschaftsszene, daß ein derartiges Ansinnen, egal <strong>von</strong> welcher Bundesregierung<br />

und zu welcher Zeit, in den letzten 25 Jahren in aller Deutlichkeit<br />

<strong>zur</strong>ückgewiesen worden wäre und in Zukunft <strong>zur</strong>ückgewiesen würde ... Nur<br />

noch einmal: Was Detailkenntnisse, was insbesondere die gezielte Herstellung<br />

eines effektiven und in seiner Wirksamkeit kalkulierbaren Kernsprengsatzes<br />

angeht, diese Kenntnis haben wir nicht, und wir wollen sie nicht haben.”<br />

Professor Karl Kaiser, Direktor des Forschungsinstituts der Deutschen Gesellschaft für<br />

Auswärtige Politik in Bonn, unterstrich nocheinmal:<br />

”Der Bund ... kann nicht daran interessiert sein, sich die spezifischen Kenntnisse<br />

anzueignen, die nötig sind, um Waffen zu produzieren, weil wir als Land<br />

keine Waffen produzieren wollen.”<br />

Soweit die Aussagen auf dem Hearing. Diesen beiden Aussagen ist folgende Tatsache<br />

entgegenzuhalten: Zwar nicht massiv und mit großem Aufwand, aber seit Ende der sechziger<br />

Jahre beständig, arbeiten Wissenschaftler der Fraunhofer-Gesellschaft, Institut für<br />

Naturwissenschaftlich-Technische Trendanalysen in Stohl bei Kiel, an der theoretischen<br />

Behandlung der Funktionsweise <strong>von</strong> Kernwaffen [LOCK74; LEUT75; LOCK82]. Sie berufen<br />

sich sogar auf einen Auftrag des Bundesministers für Verteidigung (siehe Vorwort<br />

der Arbeiten [LOCK74] und [LEUT75]). Demnach wurde auch die <strong>Waffentauglichkeit</strong><br />

des <strong>Reaktorplutonium</strong>s [LOCK76; LOCK77] bei Arbeiten für das Bundesverteidigungsministerium<br />

gefunden. Das Vorwort einer Arbeit <strong>von</strong> 1982 [LOCK82] zeigt, daß auch in<br />

27


Zukunft diese Forschungen weitergehen sollen, um auch ”Entwicklungen in Richtung auf<br />

eine Miniaturisierung und größere Effizienz der Kernspaltungswaffen” erfassen zu können.<br />

Es ist also festzuhalten: Entgegen den Aussagen <strong>von</strong> Hagen auf dem Wiesbadener Hearing<br />

sind Wissenschaftler der Bundesrepublik seit Ende der sechziger Jahre im Auftrag des<br />

Bundesministers für Verteidigung kontinuierlich mit der Funktionsweise <strong>von</strong> Kernwaffen<br />

befaßt, zwar nicht mit experimentellen Arbeiten, jedoch mit theoretischen Behandlungen<br />

als der ersten Stufe einer tatsächlichen Entwicklung <strong>von</strong> Kernwaffen. Der Bau solcher<br />

Waffen stellt zwar keine notwendige Konsequenz, aber eine Versuchung dar. Wir können<br />

hier auf die Entwicklung in Frankreich verweisen, die <strong>zur</strong> ”Force de Frappe” führte. In<br />

Frankreich lag lange keine höchste Entscheidung der Regierung <strong>zur</strong> Atomwaffenproduktion<br />

vor. Wissenschaftler leisteten dennoch Vorarbeit und die Entscheidung der Regierung<br />

zum Bau und Test der Waffen fiel erst, als einige Wissenschaftler der Lösung schon sehr<br />

nahegerückt waren. Dies ist beispielsweise beim Office of Technology Assessment [OTA77]<br />

in Kürze und ausführlich bei Scheinman [SCHE65] nachzulesen.<br />

Bei vielen der in diesem Kapitel zitierten Äußerungen fällt auf, wie wenig Bedeutung oft<br />

der Frage beigemessen wird, ob ein Staat mit den ihm <strong>zur</strong> Verfügung stehenden Mitteln<br />

aus <strong>Reaktorplutonium</strong> eine brauchbare Bombe bauen könnte. Meist wird nur auf Schwierigkeiten<br />

hingewiesen, die für subnationale Gruppen in ihrer Relevanz abgeschätzt werden<br />

- soweit Randbedingungen überhaupt angegeben sind. Alexander Roßnagel [ROSS83]<br />

machte 1983 darauf aufmerksam, daß bei Terroristen nicht nach deren Möglichkeiten zum<br />

Bau einer modernen Waffe gefragt werden darf, sondern gefragt werden muß, ”welches für<br />

subnationale Gruppen die Mindestvoraussetzungen sind, um einen möglichst einfachen<br />

Atomsprengsatz herzustellen, wenn man ihren Mitgliedern eine entsprechende Motivation<br />

und Gefahrbereitschaft unterstellt.”<br />

Die Elektrizitätswirtschaft selbst blieb in der Bundesrepublik <strong>von</strong> jeglichen Bedenken gegenüber<br />

der Etablierung einer Plutoniumwirtschaft unberührt. Mit Broschüren versuchte<br />

die Informationszentrale der Elektrizitätswirtschaft e.V. z.B. 1975 ”durch Information<br />

Begriffe zu klären, Sorgen zu beseitigen und Verständnis zu wecken” [GRUP75], was sich<br />

dann folgendermaßen liest:<br />

”Für die Verwendung in Kernwaffen ist nur Pu-239 geeignet. Bei den für einen<br />

wirtschaftlichen Reaktorbetrieb erforderlichen langen Einsatzzeiten der Brennelemente<br />

im Reaktor (1 Jahr und länger) entstehen nun solche großen Mengen<br />

der nichtspaltbaren Isotope Pu-240 und Pu-242, daß eine waffentechnische<br />

Verwendung dieses ”<strong>Reaktorplutonium</strong>s” unmöglich ist.”<br />

Offensichtlich haben die Autoren übersehen, daß Plutonium-240 und Plutonium-242 in<br />

Waffen durchaus spaltbar ist; Schwierigkeiten bereiten diese Isotope aus anderen Gründen.<br />

Selbst in einer neueren Auflage dieser Informationsschrift vom August 1984 [GRUP84;<br />

KFK76; KFK81 ] ist der oben zitierte Passus beibehalten worden. Lediglich der zweite<br />

zitierte Satz änderte sich insofern, als aus ”unmöglich” ”ungeeignet” wurde.<br />

28


Wir haben in dieser Arbeit bewußt darauf verzichtet, Protokolle des Deutschen Bundestages<br />

daraufhin durchzusehen, ob dort ein Konsens bezüglich der <strong>Waffentauglichkeit</strong> <strong>von</strong><br />

<strong>Reaktorplutonium</strong> besteht oder bestanden hat. Dies ist einer anderen Arbeit vorbehalten.<br />

Das Ergebnis dieses Kapitels zusammenfassend möchten wir feststellen:<br />

• Eine Diskussion in Forschungsberichten, auf Tagungen oder auch in Fachzeitschriften<br />

unter Wissenschaftlern der Bundesrepublik über eine eventuelle <strong>Waffentauglichkeit</strong><br />

<strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong> fand sehr viel später statt, als dies etwa in den USA der<br />

Fall war.<br />

• In den USA verstrichen einige Jahre, bevor eine solche Diskussion die Regierungsebene<br />

erreicht und dort zu entsprechenden Konsequenzen geführt hatte.<br />

• In der Bundesrepublik scheint dieser letztgenannte Prozeß noch nicht vollzogen zu<br />

sein.<br />

2 Spezielle Probleme bei Umgang mit <strong>Reaktorplutonium</strong><br />

für waffentechnische Zwecke<br />

2.1 Schießtechnik in Plutoniumbomben<br />

Im Manhattan-Projekt wurden zwei Schießtechniken untersucht: Der Zusammenschuß einzeln<br />

unterkritischer Massen zu einer einzigen überkritischen Masse (”Geschützmethode”)<br />

und die ”Implosions-Technik”. Mit der Implosionstechnik sollte es möglich sein, eine Plutoniumkugel<br />

so schnell zu kompaktieren, daß eine Frühzündung durch Neutronen aus der<br />

Spontanspaltung des Plutonium-239 unwahrscheinlich würde.<br />

Bei der Implosion wird eine <strong>von</strong> Sprengstoff umgebene Plutonium-Hohlkugel kompaktiert<br />

und damit eine überkritische Konfiguration erreicht. Die Plutoniumkugel soll während<br />

der Implosion als Kugel kompaktiert werden; sie soll nicht durch ungleichmäßige Stoßwellen<br />

an ihrer Oberfläche <strong>von</strong> der Kugelgestalt abweichen. Wird eine Plutoniumkugel mit<br />

einer Sprengstoffschicht umhüllt und diese Schicht an einigen Stellen gezündet, so wird<br />

jedoch stets die Stoßwelle an bestimmten Punkten der Plutoniumkugel früher eintreffen<br />

als an anderen. Seaborg hatte bereits im März 1943 befürchtet, daß in Reaktoren erzeugtes<br />

Plutonium durch das möglicherweise intensiv spontanspaltende Isotop Plutonium-240<br />

mit der Geschützmethode nicht verwendbar sein könnte [HEWL62]. Mittels der Geschützmethode<br />

galten Kompaktierungsgeschwindigkeiten bis 3000 feet/s (914 m/s) als möglich<br />

[HAWK61]. An der Implosionstechnik war deshalb ab 1943 gearbeitet worden, ohne daß<br />

sie zunächst vielversprechend erschien. Ein erster Implosionstest ohne nuklearen Sprengstoff<br />

erfolgte am 4. Juli 1943 [HAWK61]. Nachdem im Sommer 1944 bekannt geworden<br />

war, daß Seaborg seine Befürchtungen <strong>zur</strong>echt geäußert hatte, wurde die Implosionstechnik<br />

forciert entwickelt, denn nur mit ihr konnte eine Plutoniumbombe noch realisierbar<br />

sein.<br />

Sprengstoffe, die mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten detonieren, wurden deshalb so<br />

29


zusammengesetzt, daß die in einem Punkt an der äußeren Oberfläche der Sprengstoffschicht<br />

erzeugten Stoßwellen die Oberfläche der Plutonium-Hohlkugel an allen Punkten<br />

gleichzeitig erreichten (”Sprenglinsen”) [TSIP83].<br />

Der erste nukleare Test fand am 16. Juli 1945 bei Alamogordo in der Wüste <strong>von</strong> New<br />

Mexico statt. Vor dem Test unterschätzten fast sämtliche beteiligten Wissenschaftler die<br />

erreichbare Sprengkraft [BLUM76; JUNG64].<br />

Die Sprenglinsentechnik ist heute auch im zivilen Bereich weit verbreitet. Meist soll bei<br />

ihrer Anwendung mit einer Punktzündung eine ebene Stoßfront erreicht werden. Eine weitere<br />

Möglichkeit der Schockwellenformung neben der Verwendung mehrerer verschieden<br />

schnell detonierender Sprengstoffe ist der Einbau <strong>von</strong> Hohlräumen oder nichtexplodierenden<br />

Körpern in der Sprengstoffladung [SCHA71]. Die nötigen physikalischen und chemischen<br />

Daten einer Vielzahl brisanter Sprengstoffe sind in einem Handbuch des Lawrence<br />

Livermore Laboratory [DOBR74] zugänglich.<br />

Häufig ist auf die große Zahl an Wissenschaftlern und Technikern des Manhattan-Projekts<br />

verwiesen worden, um so ungeheure Schwierigkeiten des Bombenbaus zu begründen. Es<br />

sollte jedoch nicht vergessen werden, daß dieser Personenkreis an vielen Problemen zu<br />

arbeiten hatte, die heute längst gelöst sind, wie z.B. an der Bestimmung <strong>von</strong> kritischen<br />

Massen oder Reaktionswirkungsquerschnitten usw. mit gemessen an heutigen Stand der<br />

Technik primitiven Methoden. Außerdem standen damals keine leistungsfähigen Rechner<br />

<strong>zur</strong> Verfügung, so daß Theoretiker mit Berechnungen zu kämpfen hatten, die heute mittels<br />

einer Maschine innerhalb kürzester Zeit durchgeführt werden können.<br />

An dieser Stelle wollen wir noch einmal auf ein weitverbreitetes Mißverständnis aufmerksam<br />

machen. Es darf bei Betrachtungen <strong>zur</strong> <strong>Waffentauglichkeit</strong> nicht der Neutronenhintergrund<br />

<strong>von</strong> reinem Plutonium-239 und <strong>Reaktorplutonium</strong> verglichen werden (z.B.<br />

[SEIF84; NELS77]). Der Neutronenhintergrund unseres im Vorspann dieses <strong>Bericht</strong>es definierten<br />

<strong>Reaktorplutonium</strong>s ist in der Tat etwa 17000 mal größer als derjenige <strong>von</strong> reinem<br />

Plutonium-239. Vergleichen wir unser <strong>Reaktorplutonium</strong> jedoch mit dem Waffenplutonium<br />

niederer Qualität (7% 240 Pu), welches dennoch als Waffenplutonium gilt, so ist der<br />

Neutronenhintergrund des <strong>Reaktorplutonium</strong>s nur noch 4,6 mal so hoch.<br />

2.2 Aufbau der Pu-Isotope in Brennelementen und Neutronenhintergrund<br />

Für eine Abschätzung des Frühzündungsproblems relevant ist der Zusammenhang zwischen<br />

dem Abbrand der Brennelemente und dem Neutronenhintergrund. Die Erbrütung<br />

<strong>von</strong> Plutonium-Isotopen aus 238 U, sogenannte Inventarberechnungen, kann mit nichtlinearen<br />

gekoppelten Differentialgleichungen simuliert werden [FISH83,KIRC85]. Abb.1 gibt<br />

einen schematischen Zusammenhang dieses Prozesses wieder. Durch den, <strong>von</strong> der Spaltung<br />

des 235 U aufrechterhaltenen Neutronenfluß wandelt sich das 238 U über mehrere Zwischenschritte<br />

(n-Einfang & β-Zerfall) in 239 Pu um. Durch das Einfangen weitere Neutronen entstehen<br />

die ”höheren” Plutonium-Isotope 240,241,242. Mit der aus der Inventarberechnung<br />

resultierenden Pu-Zusammensetzung und den unten aufgeführten spezifischen Neutronenraten<br />

kann der Neutronenhintergrund als Funktion des Abbrandes bestimmt werden.<br />

30


Isotop Pu-238 Pu-239 Pu-240 Pu-241 Pu-242<br />

Neutronenrate s −1 kg −1 3.4 · 10 6 30 1.6 · 10 6 0 1.7 · 10 6<br />

Abbildung 1: Umwandlung <strong>von</strong> U-238 durch Neutroneneinfang und ”Erbrütung” der Pu-<br />

Isotope 239,240,241,242<br />

Eine grobe Abschätzung der Neutronenrate als Funktion des Abbrandes ist bei [LOCK76]<br />

zu finden,<br />

P ≈ 0, 32 · (1 − e −A/11 ) (1)<br />

wobei P der Anteil <strong>von</strong> 240 Pu und 242 Pu an allen Plutonium-Isotopen und A der Brennstoffabbrand<br />

in GWd/t ist, der mit einer Zeitkonstanten <strong>von</strong> ca. 11 GWd/t einen Maximalwert<br />

<strong>von</strong> ca. 32 % erreicht. Daß die experimentellen Werte [FISH83] erheblich streuen,<br />

sollte nicht außer acht gelassen werden. Die spezifische Neutronenrate für 240 Pu und 242 Pu<br />

ist grob mit 10 6 Neutronen/s/kg abzuschätzen. Für nicht zu kleine Abbrände kann der<br />

Anteil <strong>von</strong> 239 Pu vernachlässigt werden. Die spezifische Neutronenrate N berechnet sich<br />

dann zu:<br />

N ≈ 10 6 · 0, 32(1 − e −A/11 ) Neutronen[s −1 kg −1 ] (2)<br />

31


Um diesen Zusammenhang zu prüfen wurden anhand <strong>von</strong> Rechnungen <strong>von</strong> Kirchner et<br />

al. [KIRC85] eigene Abschätzungen vorgenommen und eine gegenüber (2) verbesserte<br />

Näherungsformel gefunden. Die Inventarberechnungen <strong>von</strong> Kirchner beruhen auf dem<br />

ORIGEN-Code [Oak Ridge Isotope Generation and Depletion Code], erweitert durch ein<br />

Programmpaket SAS2, das u.a. die durch Resonanzen stark zeitabhängigen effektiven<br />

Wirkungsquerschnitte berücksichtigt.<br />

Abb. 2 zeigt die Produktion der Pu-Isotope als Funktion des Abbrandes für UO2 -<br />

Brennelemente in DWR für mittleren Zielabbrand <strong>von</strong> 33 GWd/t bzw. für geplante Hochabbrandelemente<br />

bei 55 GWd/t. Die Anreicherungen betragen 3,2 % bzw. 4 % 235 U, die<br />

mittleren Leistungsdichten 37,5 MW/t bzw. 41,25 MW/t. Beachtenswert ist die Abnahme<br />

des 239 Pu Anteils bei hohen Abbränden, durch die im Vergleich zu 235 U dominierende<br />

Spaltrate, und die erhebliche 238 Pu Produktion.<br />

Abb. 3 zeigt die prozentuale Zusammensetzung der Plutoniums als Funktion des Abbrandes.<br />

In Abb. 4 sind die Neutronenproduktionsraten [WICK67] der Isotope und ihre Summe<br />

dargestellt. Die geradzahligen Isotope, insbesondere 240 Pu, dominieren aufgrund ihrer<br />

spontanen Zerfallsraten. Die Näherung nach Formel (2) überschätzt die Neutronenrate<br />

bei Abbränden unter 33 GWd/t bzw. unterschätzt sie für Abbrände über 33 GWd/t. Die<br />

Angaben zu Frühzündungswahrscheinlichkeiten bleiben bei Abbränden <strong>von</strong> 33 GWd/t<br />

unberührt.<br />

Die Schraffierung deutet den Bereich an, in dem das sogenannte weapon grade Plutonium<br />

erbrütet wird. Die Brennelemente weisen einen Abrand <strong>von</strong> maximal 5 GWd/t auf.<br />

Dies bedeutet eine Verweilzeit der Brennstäbe <strong>von</strong> nur einigen 100 Tagen im Reaktor.<br />

Eine verbesserte Näherung für die Neutronenrate pro kg Pu als Funktion des Abbrandes<br />

A[GWd/t]erhält man mit:<br />

N = a · (1 − e (−A/3.8) )+b ∗ A Neutronen[s −1 kg −1 ] (3)<br />

mit a=56600 bzw. 47000 und b=8320 bzw. 7515 für die beiden Abbrände. Der Neutronenhintergrund<br />

S für eine Masse M berechnet sich zu S = N · M Neutronen/s.<br />

32


Abbildung 2: Aufbau der Pu Isotope in kg pro Tonne Schwermetall als Funktion des<br />

Abbrandes nach [Kir82] für Brennelemente <strong>von</strong> 33 GWd/t und 55 GWd/t.<br />

2.3 Die Neutronenquelle <strong>zur</strong> Einleitung einer Kettenreaktion<br />

Im Zeitpunkt maximaler Überkritikalität - während einiger Millionstel Sekunden - muß<br />

ein Neutron die gewünschte Kettenreaktion im Plutonium einer Kernwaffe einleiten. Bei<br />

der ersten Implosionsbombe wurde eine kugelförmige Kapsel, die Polonium- und Berylliumpulver,<br />

getrennt durch eine Folie, im Innern der Plutonium-Hohlkugel enthielt, im Augenblick<br />

maximaler Überkritikalität zerquetscht. Dabei vermischten sich die beiden Pulver<br />

und die Reaktion 9 Be(α, n) 12 C lieferte einen Neutronenstoß [BARN79]. (Das Polonium-<br />

210 war durch Neutronenbeschuß <strong>von</strong> Wismuth-209 im Clinton Pile gewonnen worden).<br />

Die Quellstärke einer Polonium-210-Beryllium-Quelle liegt bei etwa 2, 5 · 10 6 Neutronen<br />

pro Sekunde und Curie Polonium [JAEG74]; die spezifische Aktivität <strong>von</strong> Polonium-210<br />

beträgt 4600 Curie (1, 7·10 14 Bq) pro Gramm. Mit einem Milligramm Polonium-210 lassen<br />

sich also bereits 1, 2·10 7 Neutronen pro Sekunde generieren, was als Quellstärke im Innern<br />

der Plutoniumkugel ausreichen würde. Die Zündung mittels Polonium-Beryllium-Quelle<br />

33


Abbildung 3: Prozentuale Zusammensetzung des Plutoniums als Funktion des Abbrandes<br />

nach [Kir82]<br />

ist eine relativ primitive Methode. Ein elektronischer Neutronengenerator mit Tritium-<br />

Deuterium-Target kommt ebenfalls als Neutronenquelle in Betracht. Ist bei einer vorgegebenen<br />

Schießtechnik eine Frühzündung durch ein Neutron aus spontaner Spaltung des<br />

Plutoniums oder durch eine (α, n)-Reaktion an Verunreinigungen des Plutoniums äußerst<br />

wahrscheinlich, kann auf die zusätzliche Neutronenquelle ohnehin verzichtet werden.<br />

2.4 Hantierung <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong><br />

2.4.1 Dosisbelastung durch radioaktive Strahlung<br />

10 kg typisches Leichtwasserreaktor-Plutonium (1,5 % 238 Pu; 56,5 % 239 Pu; 26,5 % 240 Pu;<br />

11,5 % 241 Pu; 4,1 % 242 Pu) erzeugen nach Campbell und Gift [CAMP78] in 30,5 cm<br />

34


Abbildung 4: Sekündliche Neutronenrate pro kg Plutonium als Funktion des Abbrandes<br />

entsprechend Abb. 2.<br />

Abstand eine Dosisleistung <strong>von</strong> 1,56 mSv/h (156 mrem/h). Innerhalb eines Jahres nach<br />

Abtrennung des Plutoniums aus abgebrannten Brennelementen steigt die Dosisleistung<br />

auf 1,74 mSv/h (174 mrem/h). Den größten Beitrag liefern dabei die Neutronen der<br />

spontanen Spaltung. Bei Verunreinigungen mit leichten Elementen beziehungsweise bei<br />

Plutoniumdioxid können aber auch die Neutronen aus (α, n)-Reaktionen für die Ortsdosisleistung<br />

entscheidend sein [ARNO58]. Selbst bei einer Konzentration <strong>von</strong> 18,5 % des<br />

sehr α-aktiven Isotops Plutonium-238 betrüge nach Campbell und Gift [CAMP78] die<br />

Gesamtdosisleistung <strong>von</strong> 10 kg Plutoniumdioxid in 30,5 cm Abstand nicht mehr als 8,5<br />

mSv/h (850 mrem/h). Die <strong>von</strong> Campbell und Gift angegebenen Werte enthalten keine<br />

Röntgen- und β-Strahlung und keine γ-Strahlung aus spontaner Spaltung; diese Strahlungen<br />

spielen im betrachteten Abstand keine wesentliche Rolle [ROES58].<br />

Eine 1-kg-Kugel metallischen Waffenplutoniums (93 % 239 Pu; 7 % 240 Pu) weist laut International<br />

Atomic Energy Agency [IAEA74] eine Dosis auf der Oberfläche <strong>von</strong> etwa 18<br />

mSv/h (1800 mrem/h) [Röntgenstrahlung 13 mSv/h; γ-Strahlung 3 mSv/h; Neutronen-<br />

35


strahlung 2 mSv/h] auf.<br />

Für <strong>Reaktorplutonium</strong> (1,5 % 238 Pu; 58,6 % 239 Pu; 23,8 % 240 Pu; 11,0 % 241 Pu; 4,8 %<br />

242 Pu ) wären es 137 mSv/h (13700 mrem/h) unter Vernachlässigung der γ-Strahlung<br />

(Röntgenstrahlung 108 mSv/h; γ-Strahlung 3 mSv/h; Neutronenstrahlung 10 mSv/h),<br />

also das 7,6-fache der Dosisleistung des Waffenplutoniums. Mit zunehmendem Abstand<br />

<strong>von</strong> der Oberfläche schrumpft dieser Unterschied, da die Röntgenstrahlung kurzer Reichweite<br />

überproportional <strong>zur</strong> Erhöhung des Strahlenpegels <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong> relativ<br />

zu Waffenplutonium beiträgt. Für 10-kg-Kugeln ist eine Dosisleistung deutlich unterhalb<br />

des 10-fachen der oben angegebenen Werte zu erwarten, da die Selbstabsorption des<br />

Plutonium-Metalls nicht unberücksichtigt bleiben kann.<br />

Ein akutes Strahlensyndrom wird im allgemeinen erst ab 1 Sv (100 rem ) Ganzkörperbestrahlung<br />

erwartet. Bei niedrigerer Strahlenbelastung ist nicht mit hervorstechenden<br />

klinischen Symptomen zu rechnen und Organschädigungen wären nur im Labor mittels besonderer<br />

Untersuchungsmethoden nachweisbar. Bis zu einer Ganzkörperbestrahlung <strong>von</strong><br />

2 Sv (200 rem) gilt eine Erholung noch als wahrscheinlich [MOEH72]. Somit werden<br />

selbst ohne Abschirmmaßnahmen bei vorsichtigem Umgang mit <strong>Reaktorplutonium</strong> akute<br />

Strahlensyndrome nicht auftreten. Ein darauf folgender Spätschaden muß insbesondere<br />

bei Terroristen nicht als Hinderungsgrund am Umgang mit <strong>Reaktorplutonium</strong> angesehen<br />

werden.<br />

2.4.2 Wärmeentwicklung durch Radioaktivität<br />

Die einzelnen Plutoniumisotope zeigen eine unterschiedliche Wärmeleistung [ALKE82]:<br />

Isotop Pu-238 Pu-239 Pu-240 Pu-241 Pu-242<br />

Wärmeleistung W/kg 560 1,9 6,85 4,23 0,115<br />

Daraus ergeben sich bei in Waffen eingesetztem Plutonium (6% 240 Pu) etwa 2,2 W/kg<br />

gegenüber etwas mehr als 10 W/kg bei <strong>Reaktorplutonium</strong>. Die Wärmeleistung <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong><br />

ist also etwa 5mal größer als diejenige <strong>von</strong> Waffenplutonium. Die Abhängigkeit<br />

der Wärmeproduktion vom Abbrand zeigt Abb. 5. Bei Abbränden über 14 GWd/t<br />

wird die Wärmeleistung hauptsächlich durch 238 Pu bestimmt. Bei einer Pu Menge <strong>von</strong><br />

6.1 kg entspricht die Wärmeleistung für 33 bzw. 55 GWd/t ca. 60 Watt bzw. 120 W,<br />

d.h. üblicher Glühbirnen. Eine Kugel <strong>von</strong> 6 kg <strong>Reaktorplutonium</strong> ohne Sprengstoffmantel<br />

erreicht, bei Naturkonvektion an Luft eine Übertemperatur <strong>von</strong> ca. 100 o C [NELS77].<br />

2.4.3 Selbstentzündung bei der Plutoniumverarbeitung<br />

EinProblemekanneinemögliche Selbstentzündung bei der Verarbeitung <strong>von</strong> Plutonium<br />

durch die damit verbundene Kontamination der Umgebung bereiten. Nach Waltz et al.<br />

[WALT80] entzünden sich Plutonium-Feilspäne ab 175 o C,Drehspäne ab 265 o C und große<br />

Metallstücke ab 300 - 350 o C, selbst wenn dem Plutonium 1 Atom-% Gallium zugesetzt<br />

36


Abbildung 5: Spezifische Wärmeleistung pro kg Pu als Funktion des Abbrandes bei einem<br />

Aufbau des Plutonium-Vektors enstprechend Abb.2.<br />

wurde. Wick [WICK67] gab an, unlegiertes Plutonium (Zylinder <strong>von</strong> 10 mm Durchmesser<br />

und 10 mm Länge, was einer Masse <strong>von</strong> etwa 15 g entspricht) entzünde sich bei 500 -<br />

520 o C in Luft. Bei Folien <strong>von</strong> 0,12 mm Dicke seien in Luft Entzündungstemperaturen<br />

zwischen 266 und 280 o C C, bei Folien <strong>von</strong> 1 mm Dicke zwischen 378 und 408 o C beobachtet<br />

worden.<br />

Durch Kühlung und Inertgas - üblicherweise Argon oder Stickstoff - kann die Selbstentzündung<br />

des Plutoniums verhindert werden. Kühlung und Inertgas sind kein Problem,<br />

solange das Plutonium nicht in einen Kernsprengsatz eingebaut ist. Stout [STOU61] gab<br />

eine Reihe <strong>von</strong> Ratschlägen, die auf in Los Alamos gesammelten Erfahrungen beruhen,<br />

wie die Gefahr eines Plutoniumbrandes minimiert werden kann und welche Möglichkeiten<br />

bestehen, einen Brand zu löschen (siehe auch [IAEA74]). Schwierigkeiten können darüberhinaus<br />

durch eine allmähliche Oxidation des Metalls auftreten. Nach Sackman [SACK61]<br />

oxidiert Plutoniummetall an der Oberfläche zunächst zu PuO (es bildet sich eine schwarze<br />

Schicht), an der Oberfläche dieses PuO weiter zu PuO2 (gelbe Schicht). Eine Oxidation<br />

37


findet aber kaum in trockener Luft statt und es wurden in Los Alamos beste Erfahrungen<br />

bei der Lagerung und Handhabung <strong>von</strong> Plutoniummetall in frei zirkulierender trockener<br />

Luft gemacht [WICK67]; eine bloße Oxidation an der Oberfläche wirkt ohnehin nicht<br />

sonderlich störend. Durch eine Stabilisierung der sogenannten δ -Phase des Plutoniummetalls,<br />

wie sie in Kernwaffen durch Legierung mit wenigen Prozent Gallium erreicht wird<br />

[COCH84], kann die Korrosionsbeständigkeit wesentlich verbessert werden [WICK67]. In<br />

der δ -Phase zeigt Plutoniummetall die größte Bereitschaft, legierende Elemente aufzunehmen,<br />

z.B. bei Zimmertemperatur 8 Atom-% Gallium, bei höheren Temperaturen 12,5<br />

Atom-% [TAUB74]. In Experimenten wurde an einer mit 3,5 Atom-% Gallium legierten<br />

Folie nach 2 1/2 Jahren in Laborluft und an einer mit 6 Atom-% legierten Folie nach 6<br />

Jahren noch keine signifikante Qualitätseinbuße durch Oxidation beobachtet [WICK67].<br />

Die Herstellung <strong>von</strong> Plutonium-Gallium-Legierungen ist in der öffentlich zugänglichen<br />

Literatur ausführlich beschrieben [BLAN62; WICK67].<br />

38


2.5 Einflüsse <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong> auf eine Sprengstoffladung<br />

2.5.1 Einflüsse radioaktiver Strahlung<br />

Für den Einsatz in den ersten Atombomben wurde in Los Alamos vor allem mit dem<br />

Sprengstoff Composition B experimentiert, seltener auch mit Torpex, Pentolit, Baronal<br />

und Baratol [HAWK61]. Bis Mitte der fünfziger Jahre wurde in den USA sowohl<br />

aus Sicherheits- als auch aus Sicherungsgründen der Spaltstoff <strong>von</strong> Kernwaffen getrennt<br />

vom Rest der Waffe aufgehoben [COCH84]. Das Problem eventueller langfristiger Strahlenschäden<br />

am konventionellen Sprengstoff stellte sich auf diese Weise nicht. Dennoch<br />

wurden schon früh Bestrahlungsexperimente brisanter Sprengstoffe durchgeführt, <strong>von</strong> denen<br />

einige mit ihren Ergebnissen in Kürze vorgestellt werden sollen.<br />

1948 wurden in Oak Ridge und Los Alamos 5-g-Proben der Sprengstoffe RDX, Tetryl,<br />

TNT und Composition B mit 8, 6 · 10 6 Röntgen in 10 Tagen bestrahlt, in Aberdeen u.a.<br />

TNT, Pentolit, Composition B, Tetrytol, Tetryl und Bleiazid mit 4, 32·10 4 Röntgen innerhalb<br />

einer Stunde [ROSE55]. In allen Fällen konnten keine wesentlichen Veränderungen<br />

der Sprengstoffe beobachtet werden. Experimente mit einer großen Zahl weiterer Sprengstoffe<br />

und hohen γ-Dosen folgten. Bei einer Probe <strong>von</strong> 5 g TNT fand sich nach einer<br />

Bestrahlung mit etwa 2 · 10 8 Röntgen keine nennenswerte Änderung <strong>von</strong> Schmelzpunkt,<br />

Zündbarkeit oder Sprengkraft. Ähnliche Ergebnisse wurden bei RDX, Tetryl und Bleistyphnat<br />

festgestellt [ROSE55; KAUF58].<br />

Bowden und Singh [BOWD54] setzten Sprengstoffe hochenergetischen Elektronen, langsamen<br />

Neutronen, Spaltprodukten und Röntgenstrahlung aus, wobei im Vordergrund<br />

die Erforschung der Zündbarkeit durch Bestrahlung stand. Nach einer sogenannten ”hot<br />

spot”-Theorie (siehe z.B. [PHUN70]), sollten viele Sprengstoffe dann explodieren, wenn<br />

ein Bereich <strong>von</strong> 0.1 - 10 µm Durchmesser eine Temperatur <strong>von</strong> 400 - 500 o C erreicht. Der<br />

Sprengstoff muß dann <strong>zur</strong> Zündung nicht einheitlich auf seine Zündtemperatur erhitzt<br />

werden. Während der Bestrahlung wurden die Sprengstoffe zusätzlich auf Temperaturen<br />

bis 290 o C aufgeheizt. Bleiazid und Calciumazid konnten bei Bestrahlung mit einigen 10 7<br />

langsamen Neutronen je cm 2 und Sekunde und Temperaturen bis 290 o C nicht <strong>zur</strong> Detonation<br />

gebracht werden [BOWD54; BOWD58]. Groodcock [GROO58] setzte 2-mg-Proben<br />

α-Bleiazid 1-MeV-Röntgenstrahlung und Reaktorstrahlung aus. Die Röntgenstrahlung<br />

führte erst ab 10 4 Röntgen zu Änderungen der Detonationseigenschaften des Sprengstoffs;<br />

die Reaktorstrahlung führte auch bei der höchsten verwendeten Dosis <strong>von</strong> 10 7 Röntgen<br />

zu keinen derartigen Veränderungen.<br />

Mit Neutronen- und γ-Strahlung eines Reaktors bestrahlten Urizar und Mitarbeiter<br />

[URIZ62] 3-g-Proben <strong>von</strong> TNT, Tetryl, NC, RDX, HMX, PETN und vier Mixturen. Bis<br />

5·10 6 Röntgen beobachteten sie nur geringe, bei 2·10 8 Röntgen jedoch teilweise erhebliche<br />

Änderungen der Sprengstoffeigenschaften. Mit Hilfe einer kritischen Anordnung testeten<br />

sie ebenfalls Auswirkungen extrem hoher, jedoch kurzzeitiger Neutronenflüsse auf TNT,<br />

HMX und 3 Mixturen. Eine Bestrahlung mit 5 · 10 3 Röntgen innerhalb <strong>von</strong> 90 µs führte<br />

weder <strong>zur</strong> Explosion noch zu bemerkenswerten Schäden an den Sprengstoffen. Ergebnisse<br />

<strong>von</strong> Bestrahlungsversuchen an organischen Stoffen - u.a. Sprengstoffen - wurden 1963 <strong>von</strong><br />

Bolt und Carrol [BOLT63] in einem Buch zusammengefaßt.<br />

Ein Vergleich mit den in Kapitel 2.4.1. zitierten Oberflächendosisleistungen <strong>von</strong> Reaktor-<br />

39


plutonium zeigt, daß eine Schädigung des Sprengstoffs durch die Strahlung des Plutoniums<br />

auch binnen Jahren nicht zu erwarten ist. (Zu beachten ist die abschirmende Wirkung<br />

eines Uranreflektors.)<br />

2.5.2 Einflüsse der Wärmeleistung<br />

Angaben über die Wärmeleistung <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong> wurden bereits in Kapitel 2.4.2.<br />

gemacht. Hier soll untersucht werden, welche Temperaturen sich dadurch in der Sprengstoffbeladung<br />

einer Kernwaffe einstellen. Dazu müssen Annahmen bezüglich der Plutoniummenge,<br />

der Dicken <strong>von</strong> Reflektor, Sprengstoffschicht und äußerer Hülle, sowie Annahmen<br />

<strong>zur</strong> Wärmeleitfähigkeit der einzelnen Komponenten getroffen werden. Ausgehend<br />

vom Fourierschen Gesetz läßt sich die durch eine Hohlkugelschale fließende Wärmemenge<br />

berechnen [MICH64]. Bei Übertragung auf ein System konzentrischer Hohlkugelschalen<br />

ist dann im stationären Fall die durch die einzelnen Schichten fließende Wärmemenge<br />

gleichzusetzen. Für Massen <strong>von</strong> 10 kg <strong>Reaktorplutonium</strong> fanden wir unter Zugrundelegung<br />

zweier verschiedener Geometrien (siehe auch Abb. 6 Temperaturprofile):<br />

äußerer Radius der Plutoniumkugel 5,6 cm 8cm<br />

äußerer Radius des Uranreflektors 7cm 15 cm<br />

äußerer Radius der Sprengstoffschicht 66 cm 66 cm<br />

äußerer Radius des Gehäuses (hat nur<br />

marginalen Einfluß) 70 cm 70 cm<br />

maximale Temperaturerhöhung des Sprengstoffs<br />

gegen Umgebungstemperatur 280 K 115 K<br />

Dies zeigt, daß auch ohne aktive Kühlung die maximale Temperatur des Sprengstoffs in<br />

unkritischen Bereichen gehalten werden kann. Es ist lediglich erforderlich, beim Design<br />

den Aspekt der Wärmeentwicklung zu berücksichtigen. Als Wärmeleitfähigkeit haben wir<br />

für den Sprengstoff den Wert 0,4 W/mK gewählt, welcher dem brisanten Sprengstoff<br />

HMX entspricht. HMX hat neben einer hohen Detonationsgeschwindigkeit und einer hohen<br />

spezifischen Energie den Vorteil eines relativ hohen Schmelzpunktes (285 - 287 o C)<br />

[DOBR74]. Bei der Wahl der angenommenen Sprengstoffmenge orientierten wir uns an<br />

der Angabe <strong>von</strong> Cochran et al. [COCH84], die Masse des Sprengstoffs im Trinity-Test habe<br />

etwa 5000 lb betragen, was in Einklang mit den veröffentlichten äußeren Abmessungen<br />

der ersten beiden Plutonium-Bomben steht. Für moderne, kompakte Konstruktionen ist<br />

eine wesentlich geringere Temperaturüberhöhung zu erwarten.<br />

Ein weiteres Beispiel zeigt das Zeitverhalten der Erwärmung einer Anordnug aus <strong>Reaktorplutonium</strong>.<br />

Geht man bei einem Abbrand <strong>von</strong> 33 GWd/t <strong>von</strong> einer spezifischen Leistung<br />

<strong>von</strong> 11 Watt/kg Pu aus, so wird sich eine thermisch isolierte Masse der Hiroshima Bombe<br />

<strong>von</strong> 6.1 kg Pu pro Sekunde bei einer spezifischen Wärme <strong>von</strong> 134 J/(kg K) anfänglich etwa<br />

5 Grad pro Minute erwärmen. Diese Kugel <strong>von</strong> 9 cm Durchmesser würde in Luft etwa 300<br />

40


Abbildung 6: Die einzelnen Kurven zeigen das Temperaturprofil zu verschiedenen Zeiten<br />

nach Zusammensetzen der Anordnung (in Minuten)<br />

Grad Übertemperatur mit einer Zeitkonstanten <strong>von</strong> mehreren 10 Stunden erreichen ( ca.<br />

70 h siehe Abb. 6). Bei starker Konvektion kann die Temperatur um Faktoren 2-3 reduziert<br />

werden. Ist diese Kugel <strong>von</strong> einem 0.5 cm U-Mantel, dieser <strong>von</strong> 9 cm Sprengstoff und<br />

dieser <strong>von</strong> einem 0.5 cm starken Stahlmantel umgeben, so erhält man die Temperaturprofile<br />

<strong>von</strong> Abb.6. Diese fiktive Anordnung mit den als ideal angenommenen Wärmekontakten<br />

soll lediglich die Problematik der Verwendung <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong> verdeutlichen.<br />

Es sei darauf hingewiesen, daß die Übertemperaturen bei Hochabbrandelementen etwa<br />

das doppelte gegenüber denen in Abb.6 betragen. Ohne Zwangskühlung würden sich die<br />

Temperaturen dem Schmelzpunkt des relativ temperaturbeständigen Sprengstoffes HMX<br />

näheren. Die schlechte Wärmeleitung des Sprengstoffes bewirkt das Aufheizen der Plutoniumkugel.<br />

Andererseits sind die Zeitkonstanten für den Temperaturaufbau relativ lang<br />

, sodaß eventuell eine Assemblierung einer vorher gekühlten Pu-Kugel denkbar wäre. In<br />

jedem Fall wird allein an dem Temperaturproblem deutlich, daß <strong>Reaktorplutonium</strong> im<br />

militärischen Bereich kaum <strong>von</strong> Interesse sein dürfte, solange Plutonium <strong>von</strong> Reaktorele-<br />

41


menten mit niedrigen Abbrand, also geringem 240 Pu- und 238 Pu-Anteil, <strong>zur</strong> Verfügung<br />

steht und erschwinglich ist.<br />

Der Schmelzpunkt <strong>von</strong> Plutoniummetall beträgt etwa 640 o C [WICK67], wird also in diesen<br />

beispielhaften Anordnungen nicht erreicht.<br />

2.6 Wiederauffindbarkeit <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong> durch seine<br />

Strahlung<br />

Von einer Chance der Entdeckung entwendeten Plutoniums könnte gesprochen werden,<br />

wenn an der Außenwand des Gebäudes, in dem das Plutonium versteckt gehalten wird,<br />

dieses innerhalb einer vernünftigen Meßzeit durch seine Strahlung nachzuweisen wäre.<br />

Für einen solchen Nachweis käme insbesondere die Neutronenstrahlung in Frage. Ein<br />

raumsparender mehrschichtiger Neutronenschild <strong>zur</strong> Abschirmung schneller Neutronen<br />

kann aus vier Schichten aufgebaut werden:<br />

1. Material mittlerer oder großer Kernladungszahl - z.B. Schwermetall - <strong>zur</strong> Reduzierung<br />

der Neutronenenergie mittels unelastischer Streuung.<br />

2. Material kleiner Kernladungszahl - z.B. Polyäthylen, Paraffin, Wasser, Graphit - <strong>zur</strong><br />

Reduzierung der Neutronenenergie mittels elastischer Streuung.<br />

3. Material mit großem Einfangquerschnitt <strong>zur</strong> Absorption der thermalisierten Neutronen<br />

- z.B. Cadmium, borhaltiger Stahl.<br />

4. Material großer Kernladungszahl - z.B. Schwermetall - <strong>zur</strong> Absorption der beim<br />

Neutroneneinfang abgestrahlten γ-Strahlung [SAUT83].<br />

Als Plutoniummasse nehmen wir 7 kg <strong>Reaktorplutonium</strong> an, was eine Ausstrahlung <strong>von</strong><br />

etwa 2 · 10 6 Neutronen je Sekunde bedeutet. Neutronen aus der Spontanspaltung des<br />

Plutonium-240 bzw. Plutonium-242 besitzen eine mittlere Energie <strong>von</strong> 1,7 MeV bzw. 1,8<br />

MeV [SMIT72]. Würde das Plutonium 2 m <strong>von</strong> einer 1,5 m dicken Betonwand entfernt<br />

gelagert, so betrüge die Neutronenflußdichte am Ende dieser Betonschicht schon aus rein<br />

geometrischen Gründen - unter Vernachlässigung der Streuung - noch 1,3 Neutronen je<br />

Sekunde und cm 2 . Im Beton und einer eventuell vorgelagerten Schicht Blei würden die<br />

Neutronen bald thermalisiert. 1,5 m Normalbeton reduzieren den Fluß <strong>von</strong> Spaltneutronen<br />

bereits um mehr als 5 Größenordnungen (Ausscheidequerschnitt laut [SCHM70]). Ist<br />

der verfügbare Raum ungewöhnlich beengt, könnte eine Abschirmung aus Blei, Beton und<br />

Boral oder Cadmium-Blei-Blech gewählt werden. Mit Hilfe eines 13 mm dicken Bleches<br />

aus Blei mit 5 % dispergiertem Cadmium würde der thermische Neutronenfluß auf 1/500<br />

[JAEG60], durch ein 4,45 mm dickes Boral-Blech (30% B4C) auf 1/1000 [PRIC57] und<br />

ein 6,5 mm dickes Boral-Blech (35% B4C) auf 10 −8 [JAEG60] geschwächt. Ein 3,2 mm<br />

dickes Boral-Blech (35 % B4C) schwächt thermischen Neutronenfluß auf 10 −4 [ROCK56].<br />

Bor hat gegenüber anderen Abschirmmaterialien den Vorzug, keine harte γ-Strahlung bei<br />

der Absorption thermischer Neutronen auszusenden; die sekundäre γ-Strahlung liegt unter<br />

einer Energie <strong>von</strong> 500 keV [ROCK56]. Dies zeigt, daß es mit einigermaßen geschickt<br />

42


gewählten Abschirmmaterialien durchaus möglich ist, den Neutronenfluß aus entwendetem<br />

<strong>Reaktorplutonium</strong> an der Außenwand des Verstecks auf in der Praxis nicht mehr<br />

nachweisbare Werte zu reduzieren.<br />

2.7 Gründe der Kernwaffenstaaten für die Verwendung <strong>von</strong><br />

Waffenplutonium<br />

1945 nahmen die USA mit 3 Reaktoren in Hanford eine großangelegte Plutonium-Produktion<br />

auf. 1954 waren in Hanford bereits 6 Reaktoren und in Savannah River 2 Reaktoren in<br />

Betrieb. 1964 liefen schließlich in Savannah River und Hanford insgesamt 14 Reaktoren.<br />

Zu dieser Zeit hatten die USA einen so großen Vorrat an spaltbarem Material für Waffenzwecke<br />

angehäuft, daß ihr damaliger Präsident Lyndon B. Johnson dessen Produktion<br />

einschränken ließ; die USA ergänzten ihr Atomwaffen-Arsenal nicht mehr mit hochangereichertem<br />

Uran und die Plutonium-Produktion wurde drastisch heruntergefahren. Die<br />

Zahl der <strong>zur</strong> Erzeugung <strong>von</strong> Plutonium betriebenen Reaktoren nahm ständig ab; 1984<br />

waren noch 1 Reaktor in Hanford und 3 in Savannah River in Betrieb [HIPP85]. Der<br />

jüngste dieser Reaktoren ist der 1962 in Auftrag gegebene Mehrzweckreaktor Hanford-N,<br />

der neben Plutonium auch elektrische Energie (860 MWe) liefert, und der 1966 den Betrieb<br />

aufnahm [HIPP85; KEMP85].<br />

In den USA wurde im Dezember 1957 mit dem Shippingport Reactor (72 MWe) der erste<br />

Reaktor in Betrieb genommen, der ausschließlich der kommerziellen Stromerzeugung<br />

dienen sollte. Zu dieser Zeit waren 13 Reaktoren in den USA <strong>zur</strong> Plutonium-Erzeugung<br />

eingesetzt; mehr als 14 Reaktoren sind zu diesem Zweck in den USA niemals gleichzeitig in<br />

Betrieb gewesen. Das bedeutet, daß zu der Zeit, als die kommerzielle Nutzung der Atomenergie<br />

begann, das Potential an Reaktoren <strong>zur</strong> Waffenplutonium-Erzeugung in den USA<br />

bereits voll ausgebaut war; der letzte noch neu gebaute Plutonium-Erzeugungs-Reaktor -<br />

Hanford-N war bereits mit <strong>zur</strong> Stromerzeugung bestimmt. Auch als in einem Test die <strong>Waffentauglichkeit</strong><br />

<strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong> nachgewiesen worden war, sprachen noch schwerwiegende<br />

Gründe gegen eine nachträgliche Umstellung des Rüstungsprogramms auf <strong>Reaktorplutonium</strong>:<br />

• Reaktoren <strong>zur</strong> Erzeugung <strong>von</strong> Waffenplutonium liefen bereits in nötiger Anzahl.<br />

• Wiederaufarbeitung und waffentechnische Verwendung <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong> hätten<br />

enorme Umrüstungskosten wenn nicht gar Neubauten der Wiederaufarbeitungsanlagen<br />

und der Waffenlabors erfordert, da die Aufarbeitung höher abgebrannter<br />

Brennelemente schwieriger ist und bei <strong>Reaktorplutonium</strong> zusätzliche Strahlenschutzmaßnahmen<br />

erforderlich gewesen wären. Laut Donald Kerr, Direktor des Los Alamos<br />

National Scientific Laboratory, sollte die Strahlenbelastung des Personals noch<br />

1980 durch weiter erniedrigten Plutonium-240-Gehalt reduziert werden [KERR80].<br />

Die einzige in den USA jemals betriebene kommerzielle Wiederaufarbeitungsanlage,<br />

West Valley, arbeitete lediglich <strong>von</strong> 1966 bis 1972. In dieser Zeit setzte sie etwa 600<br />

t abgebrannter Brennelemente durch, <strong>von</strong> denen 390 t, mit einem Abbrand <strong>von</strong> weniger<br />

als 1000 MWd/tU, aus dem Reaktor Hanford-N entnommen waren [NWG82].<br />

43


• Der Plutoniumpreis fällt bei den Gesamtkosten moderner Raketen und Marschflugkörper<br />

ohnehin nicht ins Gewicht.<br />

• Die modernen Waffendesigns waren speziell für Waffenplutonium entwickelt worden<br />

[MARK71]; Umstellung auf <strong>Reaktorplutonium</strong> hätte die Überarbeitung der Designs<br />

erzwungen.<br />

• Die Zielgenauigkeit der Waffen war immer weiter verbessert worden, um mit minimalem<br />

Einsatz an Raketen und größtmöglicher Wahrscheinlichkeit wichtige Ziele<br />

potentieller Gegner zu zerstören. Eine nicht exakt voraussagbare Sprengkraft wäre<br />

diesen Bemühungen zuwidergelaufen, da eine unsichere Sprengkraft faktisch einer<br />

schlechteren Zielgenauigkeit entspricht und das Problem des sogenannten ”Brudermordes”<br />

bei salvenartigem Beschuß erhöht.<br />

• Die mit <strong>Reaktorplutonium</strong> etwas größeren und schwereren Waffen hätten die angestrebte<br />

Miniaturisierung z.B. in Mehrfachsprengköpfenerheblichgestört.<br />

In Großbritannien wurden bereits die ersten Reaktoren <strong>zur</strong> Erzeugung <strong>von</strong> Waffenplutonium<br />

auch <strong>zur</strong> Stromerzeugung benutzt. Die zunächst rein militärische Wiederaufarbeitungsanlage<br />

in Windscale wurde erst 1964 um einen kommerziellen Bereich erweitert. Die<br />

britischen Gas-Graphit-Reaktoren erbrachten ein für waffentechnische Zwecke besser geeignetes<br />

Plutonium, als es in Leichtwasserreaktoren erzeugt wird, bei gleichzeitig höherer<br />

Bildungsrate.<br />

In Frankreich waren ebenfalls die ersten Reaktoren Gas-Graphit-Reaktoren, die neben<br />

Plutonium für militärische Zwecke Strom produzierten [GSPO83]. Sowjetische Reaktoren<br />

erlauben die Entnahme <strong>von</strong> Brennelementen während des Betriebs. Auf diese Weise kann<br />

bei andauernder Stromerzeugung Waffenplutonium aus kurz bestrahlten Brennelementen<br />

gewonnen werden. Indien trennte sein erstes Plutonium wahrscheinlich aus Brutelementen<br />

eines schwerwasser-moderierten Reaktors ab [NWG82].<br />

Eine Entscheidung für oder wider <strong>Reaktorplutonium</strong> für waffentechnische Zwecke könnte<br />

in anderen Staaten zugunsten des <strong>Reaktorplutonium</strong>s getroffen werden, falls insbesondere<br />

• die Technik des Leichtwasserreaktors etabliert ist,<br />

• eine Anlage <strong>zur</strong> Aufarbeitung <strong>von</strong> <strong>Reaktorplutonium</strong> existiert,<br />

• mit der Entwicklung <strong>von</strong> Kernwaffen erst begonnen wird (Einrichtung der Labors,<br />

Entwicklung der Designs),<br />

• zunächst statt modernster Raketen eine große Zahl <strong>von</strong> Atombomben <strong>zur</strong> Verfügung<br />

stehen soll. Bereits durch den Besitz einiger weniger Atombomben ändert sich der<br />

politische Stellenwert eines Staates gewaltig.<br />

Für Terroristen, die sich in den Besitz bereits abgetrennten Plutoniums bringen können,<br />

spielen Fragen der Vorhersagbarkeit, des Gewichts und der Größe ihrer Waffen überhaupt<br />

keine Rolle. Wichtig kann ihnen nur eine ausreichende Mindestsprengkraft und die<br />

44


Transportierbarkeit ihrer Waffe auf einem LKW sein. Diese Ziele sind jedoch mit einiger<br />

Wahrscheinlichkeit mit <strong>Reaktorplutonium</strong> zu erreichen.<br />

45


3 Abschätzungen <strong>zur</strong> Frühzündungswahrscheinlichkeit<br />

In diesem Kapitel soll der Wissensstand im Hinblick auf die Funktionsweise der Spaltbombe<br />

und das Frühzündungsproblems in der öffentlich zugänglichen Literatur zusammengefaßt<br />

werden. Zugleich soll damit eine Präzisierung der oben zitierten Angaben <strong>zur</strong><br />

Statistik der Energiefreisetzung (Yield) erreicht werden. Hierbei soll exemplarisch nur die<br />

Spaltbombe im 20 kT TNT Bereich betrachtet werden. Einmal sind nur für diese Bombe<br />

vom Trinity-Test und <strong>von</strong> Nagasaki her einige technische Angaben zugänglich, zum<br />

anderen dürfte sie als Zünder für Fusionsbomben oder fusionsverstärkte Bomben <strong>von</strong> besonderem<br />

Interesse sein. Es sei auch an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, daß alle<br />

Aussagen lediglich auf theoretischen Abschätzungen beruhen. Experimente im nichtnuklearen<br />

Bereich insbesondere <strong>zur</strong> Implosionstechnik wären in der Bundesrepublik sicher<br />

durchführbar und würden die Güte der Abschätzungen erheblich verbessern. Folgende<br />

technische Angaben zu den genannten Bomben sind öffentlich zugänglich:<br />

• Die Plutoniumbomben vom Trinity-Test und <strong>von</strong> Nagasaki sollen 6.1 kg 239 Pu enthalten<br />

haben [COCH84] .<br />

• Die ”Sprengkraft” (Yield) soll bei beiden etwa 22 kT TNT betragen haben. Die<br />

große Varianz <strong>von</strong> cc. 30 % ist in diesem Zusammenhang unerheblich [COCH84] .<br />

• Oppenheimer soll die Wahrscheinlichkeiten für die Sprengkraft für die Trinity Bombe<br />

folgendermaßen abgeschätzt haben:<br />

Die Wahrscheinlichkeit den vollen Yield zu erreichen kann bei 88 % liegen. Die<br />

Wahrscheinlichkeit einer Frühzündung, also ein Yield unter dem Maximalwert, liegt<br />

dementsprechend bei 12 %. Tritt eine Frühzündung ein, so ist mit 6% Wahrscheinlichkeit<br />

eine Ausbeute unter 5 kT zu erwarten und mit 2% eine Ausbeute unter 1<br />

kT. (in [COCH84] falsch zitiert, da auf die Hiroshima Bombe bezogen.)<br />

• Ferner gibt es den Hinweis [ALBR84], daß die gleiche Anordnung mit <strong>Reaktorplutonium</strong><br />

und heutiger Schießtechnik eine Ausbeute <strong>von</strong> mindestens 1 kT erzielen<br />

würde.<br />

46


Die nun folgende Abschätzung basiert auf den Arbeiten <strong>von</strong> Locke und Leuthäuser<br />

[LEUT75;LOCK74;LOCK82] und dort zitierte Publikationen, auf die im einzelnen nicht<br />

weiter hingewiesen wird. Lediglich die neu hinzugekommenen Auswertungen sind durch<br />

einen Stern (∗) gekennzeichnet. Mit Hilfe dieser Angaben wird es möglich sein, eine grobe<br />

Abschätzung der schon 1945 erzielten, aber unveröffentlichten, Kompaktierungsgeschwindigkeiten<br />

zu erhalten und eine parametrische Beschreibung der recht komplexen Zusammenhänge<br />

zu erreichen.<br />

Wie oben mehrfach betont, ist die Frühzündung durch die Neutronen bedingt, die in erster<br />

Linie <strong>von</strong> den ”schwereren” geradzahligen Pu-Isotopen, 240 und 242 durch Spontanspaltung<br />

und durch α -Zerfall induzierte (α, n) Reaktionen hervorgerufen werden. Eine hier<br />

ausreichende Abschätzung des Neutronenhintergrundes S einer Masse M [kg] als Funktion<br />

des Abbrandes bis max. 33 GWd/t liefert Gl. 3 aus Kapitel 2.2:<br />

S = [56600 · (1 − e −A/3.8 ) + 8320 · A] · M Neutronen/s ∗ (1)<br />

Ferner sei angenommen, daß die Verunreinigungen durch leichte Elemente, wie z.B. Be,<br />

hinreichend gering sind und das Plutonium nicht in oxidischer Form vorliegt, sodaß über<br />

(α, n) Reaktionen kein nennenswerter Beitrag zum Neutronenhintergrund hinzukommt.<br />

Folgende Daten für 239 Pu, gemittelt über den Energiebereich <strong>von</strong> 0.82 bis 2.23 MeV im<br />

Neutronenfluß, werden verwendet :<br />

ν =3.08 Zahl der Neutronen/Spaltung<br />

σf =1.90b Spaltquerschnitt<br />

σa =2.30b Absorptionsquerschnitt<br />

σtr =5.0b Transportquerschnitt<br />

c =(σtr + νσf − σa)/σtr relativer Spaltquerschnitt c=1.72<br />

Σtr = σtrNL/239ρ =3.011M/R 3 reziproke Transportlänge [cm, kg]<br />

v =13.8cm/shake effektive Neutronengeschwindigkeit, shake=10 −8 s<br />

Zunächst soll die Reaktivität einer Pu-Kugel vom Radius R berechnet werden. Es ist<br />

<strong>von</strong> Vorteil, diese durch das Rossi-α auszudrücken. Das Rossi-α ist durch Parameter, wie<br />

Abmessung, Material, Dichte des Spaltstoffes und deren zeitliche Entwicklung bestimmt.<br />

Weiterhin ist α über ∆k = αl mit dem Vermehrungsfaktor ∆k und der Lebensdauer<br />

l verknüpft. Mit Hilfe des extrapolierten Radius einer Spaltkugel Re = cΣtrR +0.7104<br />

erhalten wir:<br />

�<br />

�<br />

cπ<br />

α =<br />

− 1 vΣtr<br />

(2)<br />

Re tan(π/Re)<br />

Kritikalität wird mit α = 0 erreicht. Eine gute Näherung um α ≈ 0, die die Abhängigkeit<br />

<strong>von</strong> den Parametern M/R2 und c und insbesondere das ”kritische” M/R2 verdeutlicht, lautet:<br />

für α = 0<br />

α ≈ [ M 0.5786<br />

− ( √ − 0.2576)] · (15.20 ·<br />

R2 c − 1 √ �<br />

c − 1 − 1.9198) 10/M ∗ (3)<br />

47


�<br />

Abbildung 7: Rossi-α · M/10 <strong>von</strong> Pu-Kugeln als Funktion <strong>von</strong> M/R2 =4.2 · ρR und<br />

Parameter c. Die durchgezogene Kurven entsprechen Gl.2, punktierte Kurven den der<br />

Näherung nach Gl.3. Die kritischen M/R2 Werte für verschiedene Isotope sind als Kreise<br />

angegeben.<br />

Je dichter die Spaltmaterie komprimiert und je weniger ausgedehnt die Spaltstoffkugel ist,<br />

um so größer ist die Reaktivität. In Abb.7 ist α für verschiedene Werte <strong>von</strong> c aufgetragen.<br />

Das System wird kritisch (α=0), wenn der erste Faktor verschwindet. Für 239 Pu (c=1.78)<br />

wird Kritikalität bei der Nullstelle M/R 2 = 2.6(Mρ 2 ) 1/3 = 0.4 kg/cm 2 erreicht. Das<br />

entspricht bei einer Dichte ρ =19.7g/cm 3 einer kritischen Masse <strong>von</strong> 9.4 kg. Für 235 U<br />

(c=1.41) liegt der kritische Wert bei M/R 2 =0.65.<br />

48


In diesem Zusammenhang ist <strong>von</strong> Bedeutung, daß der c-Wert eine Abhängigkeit vom Abbrand<br />

aufweist. Für einen verschwindenden 239 Pu Anteil (d.h. P=1) wurde ein c-Wert <strong>von</strong><br />

1.44 aus einer Abbildung (Fig.a-7 ) aus deVolpi [DEVO79] unter der Annahme konstanten<br />

σtr entnommen. Zur Berechnung der Kritikalität wurde c linear interpoliert. Hierbei ist<br />

PderAnteil<strong>von</strong> 240 Pu und 242 Pu an allen Pu-Isotopen, der mit der Näherung <strong>von</strong> Locke<br />

(Gl.1 aus Kap.2.2) berechnet wurde.<br />

c =1.78(1 − P )+1.44P ∗ (4)<br />

Für eine Hohlkugel mit Innen- und Außenradius, Ri und Ra , ist das Rossi-α nicht mehr<br />

geschlossen angebbar. Das aus Gl.5 iterativ ermittelte Re wird wie vorher <strong>zur</strong> Berechnung<br />

<strong>von</strong> α in Gleichung (2) eingesetzt.<br />

�<br />

πRiΣtr<br />

Re = cΣtrRa +0.7104 − cΣtrRi + arctan<br />

cRe<br />

� cRe<br />

π<br />

∗ (5)<br />

Die Berechnungen der Kritikalität <strong>von</strong> Pu-Kugeln mit 238 U Reflektor sind aufwendiger.<br />

Die wichtigsten Resultate sind in Abb.8 zusammengefaßt. Es wird insbesondere deutlich,<br />

daß durch den U-Reflektor ein sehr viel früheres Einsetzen der Kritikalität erfolgt, daß aber<br />

mit zunehmender Kritikalität der Unterschied nicht mehr stark ins Gewicht fällt. Daraus<br />

ergibt sich eine Reduzierung der kritischen Masse. Die Kurve links im Bild bezieht sich<br />

auf voll 238 U reflektierte Pu-Kugeln. Kritikalität wird bei M/R 2 ≈ 0.3 erreicht, d.h., bei<br />

gleichem ρ wie oben, liegt die kritische Masse bei (0.3/0.4) 3 · 9.4 =4kgPu.Esistzu<br />

beachten, daß bei höheren α-Werten der prozentuale Gewinn durch den Reflektor geringer<br />

wird.<br />

49


Abbildung 8: Rossi-α wie in Abb.7 für Pu-239 Kugel mit U-238-Reflektor, U-235 Kugel<br />

sowie α für Pu-Kugelschalen mit Massen <strong>von</strong> 10, 20 und 30 kg und ρ =19.7g/cm 3<br />

Aus dem Verlauf der Funktionen α(R) für Pu-Kugeln mit und ohne U-238-Reflektor ist zu<br />

schließen, daß der Reflektor sich aus Gründen der Spaltstoffersparnis kaum lohnen würde.<br />

Die kritische Masse wird zwar früher erreicht, aber die maximalen αm-Werte werden nur<br />

geringfügig entsprechend einer Dichtezunahme <strong>von</strong> 2-3 g/cm 3 erhöht. Andererseits wird<br />

die Frühzündung durch die relativ früher einsetzende Kritikalität wahrscheinlicher. Der<br />

”Tamper” könnte aber dennoch eine vorzeitige Verringerung des Abbröckelns der Pu-<br />

Oberfläche durch die reflektierte Stoßwelle bewirken.<br />

Aus Abb.9 ist zu entnehmen, daß der Zeitpunkt der Kritikalität (α =0)für <strong>Reaktorplutonium</strong><br />

erst viel später im Vergleich mit Waffenplutonium erreicht wird. Die Zeitspanne für<br />

das Einsetzen einer Frühzündung ist somit kürzer. Dem entgegen wirkt der höhere Neutronenhintergrund.<br />

Bei einer erreichbaren Dichteüberhöhung <strong>von</strong> 2.3 ist das erzielbare α<br />

um etwa einen Faktor 1.5 kleiner. Für den max. Yield bedeutet dies eine Veringerung um<br />

einen Faktor 5 in Vergleich zu Waffenplutonium (die α 3 -Abhängigkeit wird später noch<br />

gezeigt.)<br />

50


Abbildung 9: Erzielbares α für Waffenplutonium (P=0) und <strong>Reaktorplutonium</strong> (P=0.5)<br />

als Funktion des Außenradius (Strichlinie). Dichteüberhöhung (durchgezogene Linie). P<br />

ist der Anteil <strong>von</strong> Pu-240 und 242.<br />

Die Dynamik der Kompaktierung ist bei diesen Abschätzungen die größte Unbekannte.<br />

Wahrscheinlich kommt man der Realität beim Trinity-Test und der Nagasaki-Bombe am<br />

nächsten, wenn die bekannte Masse <strong>von</strong> 6.1 kg in der Konfiguration einer Hohlkugel mit<br />

ca. 5-10 cm Innenradius und einer Dichte <strong>von</strong> ca. 15.4 g/cm 3 (δ-Phase) angenommen<br />

wird. Abb.10 zeigt den zeitlichen Verlauf der Radien und der Reaktivität einer implodierenden<br />

Kugelschale bei einer Anfangsgeschwindigkeit <strong>von</strong> 2 km/s. Es zeigt sich, daß<br />

bei diesen Kompaktierungsgeschwindigkeiten die Verformungsarbeit vernachlässigt werden<br />

kann. Außerordentlich hohe Geschwindigkeiten treten für den Innenradius auf, ähnlich<br />

wie beim Jet-Phänomen der Hohlladungswaffen. Selbst bei vollem Zusammenschuß der<br />

Hohlkugel wird die Überkritikalität noch nicht erreicht (fractional crit). Es ist daher erforderlich,<br />

daß eine erhebliche Dichteüberhöhung im weiteren Kompressionsvorgang erfolgt.<br />

51


Abbildung 10: Zeitlicher Verlauf der Reaktivität, Innen- und Außenradius sowie Dichteüberhöhung<br />

einer implodierenden Pu-Kugel der Masse 6.1 kg mit Anfangsgeschwindigkeit<br />

Vo=2 km/s und zunächst konstanter Dichte (19.7 g/cm)<br />

Ablauf und Wahrscheinlichkeit einer Frühzündung und erreichbare Energieausbeute<br />

(Yield) lassen sich durch folgende Schritte abschätzen:<br />

• Zündung des konventionellen Sprengsatzes und Beginn der Kompaktierung.<br />

• Die erste Kritikalität, d.h. α ≥ 0, wird <strong>zur</strong> Zeit t=0 erreicht. Die Wahrscheinlichkeit,<br />

daß ein Hintergrundneutron eine Kettenreaktion in Gang setzt, also eine<br />

Frühzündung stattfindet, ist durch<br />

W (t) =1− e (−LS<br />

�t<br />

0<br />

α(t ′ )dt ′ )<br />

gegeben. L ist die mittlere Neutronenlebensdauer, die nur schwach <strong>von</strong> der Struktur<br />

abhängig ist und im folgenden zu 0.4 shake festgelegt wird. Es ist nun zu klären,<br />

welche Sprengkraft ein solches vorzeitig injiziertes Neutron bewirken kann.<br />

52<br />

(6)


• Wird die Kettenreaktion durch ein Neutron angefacht, folgt die spezifische Spaltstoffbelastung<br />

N in [W/kg] der grundlegenden Differenzialgleichung:<br />

dN<br />

= α(t) · N(t) (7)<br />

dt<br />

Hieraus folgt mit der Generationenzahl G:<br />

G(α(t)) =<br />

�t<br />

N(t) =N(0) · e G(t)<br />

0<br />

α(t)dt (8)<br />

• Das erste spaltende Neutron setzt in der Masse M und in der Zeit der Lebensdauer<br />

L die Spaltenergie <strong>von</strong> E=2.9 ·10 −11 J frei, sodaß N(0)=E/(ML) ist. Die spezifische<br />

Energiefreisetzung Q in [J/kg] folgt aus<br />

Q(t) =<br />

�t<br />

0<br />

(9)<br />

N(t)dt (10)<br />

• Nach der Bethe-Tait-Theorie findet bis zu einer Schwellenenergie <strong>von</strong> Q ∗ ≈ 10 6 J/kg<br />

zunächst keine Rückwirkung auf die Kritikalität durch Druckaufbau und Expansion<br />

der Anordnung statt. Die Zahl der Generationen beträgt bis zu diesem Zeitpunkt<br />

G ∗ =ln(Q ∗ /Q(0)) = ln( Q∗<br />

) ≈ 41 (11)<br />

E/M<br />

• Nach überschreiten der Bethe-Tait Energie zum Zeitpunkt t ∗ folgt ein Druckaufbau<br />

und eine Radienvergrößerung entsprechend der Differentialgleichung<br />

¨R =2g(γ − 1)Q/R0<br />

mit den entsprechenden Anfangswerten <strong>zur</strong> Zeit t ∗ .DieGröße γ ist, analog zu<br />

einem idealen Gas, mit dem Adiabatenkoeffizient zu vergleichen. γ beträgt ≈ 1.4.<br />

Der Abfall des Neutronenflußes am Rande der Pu-Kugel wird mit dem Formfaktor<br />

g ≈ 0.7 berücksichtigt.<br />

• Nach zweimaliger Differentiation erhält man mit der Gleichung (7)<br />

(12)<br />

....<br />

R= α(R(t))· ...<br />

R (13)<br />

Diese DGL ist selbst für eine linearisierte Abhängigkeit der Form<br />

und somit<br />

α(R(t)) ≈ αm + α ′ m · (R(t) − Rm) (14)<br />

.... ...<br />

α= α· α (15)<br />

53


nicht analytisch lösbar. Hierbei ist αm und α ′ m<br />

= dα<br />

dR |Rm und Rm in der Nähe<br />

des maximalen α zu wählen. Näherungen sind aber möglich, die mit Runge-Kutta-<br />

Rechnungen bis zum Zeitpunkt maximalen α’s gut übereinstimmen. Große Abweichungen<br />

treten erst nach Abschluß der Energiefreigabe auf. Eine exponentielle<br />

Abhängigkeit der Leistung und Energie besteht über einen langen Zeitraum. Die Radienvergrößerung<br />

und damit der Reaktivitätsabfall erfolgt in wenigen shakes. Das<br />

Näherungsverfahren liefert die Energieausbeute (Yield):<br />

(1 − 3/5g)<br />

Y = QM = −1.13<br />

2g(γ − 1) · α3 mRm α ′ · M (16)<br />

m<br />

Der Faktor 1.13 berücksichtigt eine Korrektur dieses Näherungsverfahrens. Die<br />

Umrechnung <strong>von</strong> J in kt-TNT geschieht durch Multiplikation mit dem Faktor<br />

2.388 · 10−13 . Bezeichnend ist die starke Abhängigkeit <strong>von</strong> der dritten Potenz <strong>von</strong><br />

αm . Folgende plausible Überlegung aus [SEIF84] soll dies verdeutlichen. Die Radienvergrößerung<br />

¨ R in Gl.12 ist der freigesetzten spez. Energie Q proportional. Setzt<br />

man in nullter Näherung Q ≈ Q0eα·t so ist der Radiuszuwachs ∆R dem zweifachen<br />

Zeitintegral <strong>von</strong> Q proportional (∆R ≈ Q/α2 0). Das System wird durch die Ausdehnung<br />

wieder unterkritisch. Nimmt nun ∆R in einer Neutronengeneration α · l<br />

um einen Betrag, der sicher zu α · l proportional ist (∆R ≈ α · l), zu, so bricht die<br />

Kettenreaktion ab und der erzielte Yield ergibt sich zu Y ≈ Q · M ≈ α3 · l · M.<br />

• Der zeitliche Energieablauf lautet in dieser Näherung<br />

Q = Q ∗ + Q · (1 − e (−e(G∗ (t)−Gm) )) (t ≥ t ∗ ) (17)<br />

mit G ∗ (t) =αm(t − t ∗ ) und Gm =ln(Q/Q ∗ ) ≈ 15 , der maximalen Zahl <strong>von</strong> Generationen<br />

nach t ∗ , also 56 Generationen insgesamt. Abb.11 zeigt den Verlauf der<br />

Explosionsdynamik für einige Fälle des zeitlichen Einsatzes der Frühzündung. Das<br />

Bild macht deutlich, daß selbst bei einer Initiierung <strong>zur</strong> Zeit t=0 ein <strong>von</strong> Null verschiedener<br />

Yield erzielt wird. Dies bedeutet die Existenz einer Mindestsprengkraft.<br />

Weiterhin ist das starke Anwachsen des Yieldes gut zu sehen.<br />

• Zur Berechnung der Frühzündungswahrscheinlichkeit nehmen wir einen rampenförmigen<br />

Verlauf <strong>von</strong> α an:<br />

α(t) = αm<br />

· t (0 ≤ t ≤ Tm) (18)<br />

Tm<br />

Nach (16) ist der Yield proportional zu α 3 . Der relative Yield Yr(t ′ ) bezogen auf<br />

den Maximalwert, der <strong>zur</strong> Zeit t ′ ≤ Tm freigesetzt werden kann, ist<br />

Yr(t ′ )=( α(t∗ )<br />

αm<br />

) 3 =( t∗<br />

Das zu diesem Zeitpunkt erreichte α entspricht dem des Bethe-Tait-Zeitpunkts t ∗ ,<br />

wenn man voraussetzt, daß die konventionelle Kompression ab diesem Zeitpunkt<br />

keinen Einfluß mehr hat.<br />

54<br />

Tm<br />

) 3<br />

(19)


Abbildung 11: Zeitlicher Verlauf der Explosionsdynamik bei Einleitung einer Kettenreaktion<br />

zu verschieden Zeitpunkten (x). Selbst bei einer Initiierung <strong>zur</strong> Zeit t=0 wird ein<br />

Yield erzielt.<br />

• Aus Gleichung (8) und der Zahl der oben genannten 41 Generationen erhalten wir<br />

eine Relation zum Zeitpunkt der Neutroneninjektion :<br />

G ∗ =<br />

t∗ �<br />

t<br />

αm<br />

Tm<br />

tdt = αm<br />

(t<br />

2Tm<br />

∗2 − t 2 ) = 41 (20)<br />

• Mit Gleichung (6) und (19) lautet dann die Wahrscheinlichkeit für eine Frühzündung<br />

in Abhängikeit vom relativen Yield Yr<br />

�<br />

0 (0 ≤ Yr ≤ Ykr)<br />

W (Yr) =<br />

(21)<br />

2/3<br />

LS(41−Yr αmTm/2) 1 − e (Ykr ≤ Yr ≤ 1)<br />

Unterhalb einer kritischen relativen Sprengkraft Ykr ist also die Frühzündungswahrscheinlichkeit<br />

gleich Null. Die Größe des Mindestyield läßt sich mit Gl.(16) und (22)<br />

55


abschätzen. Die Wahrscheinlichkeit den vollen Yield zu erhalten, berechnet sich aus<br />

1 − W (Yr =1).<br />

Ykr =(<br />

41<br />

(22)<br />

αmTm/2 )3/2<br />

• Die differentielle Wahrscheinlichkeit gibt an, mit welcher Wahrscheinlichkeit eine<br />

Frühzündung innerhalb eines beobachteten Intervalls <strong>von</strong> Yr stattfindet. Durch Differenzieren<br />

<strong>von</strong> Gl.(21) erhalten wir :<br />

dW (Yr)<br />

dYr<br />

Tm<br />

= LSαm<br />

2<br />

2 −1/3<br />

· Yr · (1 − W (Yr)) (23)<br />

3<br />

Abbildung 12: Oppenheimers Werte (o) lassen sich mit den Parametern Kompaktierungsgeschwindigkeit<br />

Vo ≈ 2000 m/s einem Abbrand A ≈ 0.3 GWd/t und einer Masse <strong>von</strong> 6.1<br />

kg gut beschreiben.<br />

Von besonderem Interesse ist die sehr gute Anpassung des hier beschriebenen Modells der<br />

Frühzündungswahrscheinlichkeit an Oppenheimers Werte. Die in der Einleitung zu diesem<br />

Kapitel zitierten Werte <strong>von</strong> Oppenheimer sind als Kreise in Abb. 12 eingezeichnet.<br />

56


Gut zu sehen ist die Übereinstimmung, daß mit einer Wahrscheinlichkeit <strong>von</strong> 12 % eine<br />

Frühzündung eintreten kann; d.h. die Wahrscheinlichkeit, den vollen gewünschten Yield<br />

zu erlangen, liegt bei 88 % (Balken auf der rechten Seite). Im Abbildung 12 wurde eine<br />

Kompaktierungsgeschwindigkeit <strong>von</strong> Vo=2000 m/s angenommen. Hiernach müßten also<br />

heute Kompaktierungszeiten <strong>von</strong> etwa 2-3 µs oder Kompaktierungsgeschwindigkeiten <strong>von</strong><br />

2-3 km/s erreichbar sein.<br />

Die durchgezogene Kurve stellt die Wahrscheinlichkeit dar, daß oberhalb eines Ykr eine<br />

Frühzündung stattfinden wird (Gl.(21)). Die differentielle Wahrscheinlichkeit (Gl.(23)),<br />

daß bei einem Yr eine Frühzündung stattfinden wird, ist durch das Histogramm dargestellt.<br />

Dem rechten Balken entspricht die verbleibende Wahrscheinlichkeit für den vollen,<br />

erwünschten Yield (YMAX).<br />

Abbildung 13: Frühzündungswahrscheinlichkeit einer Implosionsbombe mit 6 kg Pu bei<br />

kleinem und großem Abbrand und niedriger bzw. hoher Kompaktierungsgeschwindigkeit.<br />

Abb.13 zeigt die Abhänigkeit der Frühzündungswahrscheinlichkeit und des erreichbaren<br />

Yield’s vom Abbrand und der Kompaktierungsgeschwindigkeit. Der Abbrand <strong>von</strong> 0.3<br />

GWd/t entspricht dem ”weapon grade” Plutonium, der Abbrand <strong>von</strong> 50 GWd/t trägt<br />

57


der Absicht Rechnung die Brennelemente in deutschen KKW’s in Zukunft höher abzubrennen.<br />

Der erzielbare Yield für 6 kg <strong>Reaktorplutonium</strong> liegt im Bereich <strong>von</strong> 3-4 kt TNT.<br />

Die Zuverlässigkeit, die Wahrscheinlichkeit den vollen Yield zu erhalten (mit Punkten unterlegter<br />

Balken), steigt mit der Kompaktierungsgeschwindigkeit und liegt bei 2 km/s um<br />

die 30% und bei 4 km/s um die 70%.<br />

Abbildung 14: Frühzündungswahrscheinlichkeit einer Implosionsbombe mit 4 kg bzw. 7<br />

kg Pu bei gleichen Parametern für Abbrand und Kompaktierungsgeschwindigkeiten<br />

In Abb. 13 und 14 ist eine Variation der Plutoniummenge <strong>von</strong> 4 und 7 kg vorgenommen<br />

worden. Die Masse <strong>von</strong> 4 kg berücksichtigt die Vermutung, daß die ”israelische Bombe”<br />

eine ähnliche Größe besitzen soll [SUTI86] und die Tatsache der Verwendung <strong>von</strong> kleinen<br />

Spaltbomben als Zünder der Fusionsbomben. Die Rechnung für 4 kg zeigt interessante<br />

Ergebnisse:<br />

Der Yield liegt deutlich niedriger als bei der 6 kg Bombe ( 4 kt-TNT bei Waffenplutonium<br />

und 0.1-0.15 kt-TNT bei <strong>Reaktorplutonium</strong>). Aber die Zuverlässigkeit steigt für<br />

beide Plutoniumarten auf über 96% (also auch für <strong>Reaktorplutonium</strong> aus hohem Abbrand<br />

und selbst kleiner Kompaktierungsgeschwindigkeit). Der Yield bei <strong>Reaktorplutonium</strong> <strong>von</strong><br />

58


mehr als 100 t TNT dürfte auch für eine terroristische Gruppe nicht mehr uninteressant<br />

sein.<br />

In den hier verwendeten Modellen wurden keine geboosteten Spaltwaffen berücksichtigt.<br />

Das Prinzip der ”fusion boosted fission bomb” ist kein Geheimniss mehr ( [ALBR88] und<br />

[KALI89] ). Es soll hier nur kurz auf die Verwendung <strong>von</strong> Tritium als Booster (Verstärker)<br />

bei Spaltbomben eingegangen werden.<br />

Einige Gramm (2 - 3 g) eines Deuterium-Tritium-Gemisches im Inneren einer Spaltbombe<br />

liefert durch eine Fusionsreaktion Neutronen, die wiederum die Spaltreaktion um einen<br />

Faktor 2 bis 10 verstärken können. Als Konsequenz daraus sind geboostete Waffen kleiner,<br />

leichter und daher bestens geeignet für kleine Trägersysteme, wie Missiles, Torpedos<br />

und Artillerie-Geschosse. Es wird ebenfalls berichtet, daß geboostete Waffen eine größere<br />

Zuverlässigkeit im erreichbaren Yield besitzen. Es soll möglich sein durch eine bestimmte<br />

Menge Tritium die Sprengkraft einer Waffen auf eine gewünschte Größe einzustellen.<br />

Die in diesem Kapitel durchgeführten Abschätzungen zeigen die kritische Abhängigkeit<br />

der Sprengkraft <strong>von</strong> der Kompaktierungszeit. Wie die Abbildungen 13 & 14 deutlich machen,<br />

sind die Aussagen <strong>zur</strong> Wahrscheinlichkeitsverteilung außerordentlich komplex. Für<br />

die Konstruktion einer Spaltbombe aus <strong>Reaktorplutonium</strong> ist die hohe Kompaktierungsgeschwindigkeit<br />

<strong>von</strong> entscheidender Bedeutung. Nach den vorliegenden Daten scheint dieses<br />

kein grundsätzliches Problem zu sein. Von großer Wichtigkeit ist die Existenz einer<br />

Mindestsprengkraft, deren Größe im Bereich einiger kT TNT liegt. Unserer Meinung<br />

nach hebt die Existenz einer Mindestsprengkraft, auch wenn sie nur im kT Bereich liegt,<br />

die oft betonte inherente Proliferations-Sicherheit für <strong>Reaktorplutonium</strong> auf. Unberührt<br />

bleibt die Frage nach der technischen Realisierung präzis gefertigter Kugelschalen, einer<br />

hohen sphärischen Symmetrie der Sprenglinsen, die auch beim Implosionsvorgang erhalten<br />

bleiben muß, der präzisen Neutroneninjektion, die sicher nicht über Po-Be-Quellen<br />

im Inneren der Pu-Kugel erfolgen kann, das Problem der Kühlung des sich erwärmenden<br />

Plutoniums und vieles mehr, worauf im Hauptteil eingegangen wurde.<br />

Wenn auch die ’Güte’ einer Spaltanordnung <strong>von</strong> sehr vielen Parametern abhängig ist,<br />

so gibt es nach dieser Arbeit keinen Grund anzunehmen, daß eine technisch versierte<br />

Gruppe nicht imstande sein sollte, eine hochbrisante Waffe anzufertigen.<br />

59


4 Anhang<br />

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