Diplomarbeit - Laura Steiner – Design and Concept
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den armen Leuten getragen wurden. Die imprägnierten momigami-Kleider boten angeblich<br />
Schutz vor Kälte und Nässe, sie gaben recht warm, waren aber trotzdem ungesund, weil sie<br />
wegen der Imprägnierung kaum Luftzirkulation zuließen.“ (Weber, Sprache, 159f)<br />
„In der Heian-Zeit (794<strong>–</strong>1185 n. Chr.) herrschten sehr schwierige soziale Verhältnisse, und<br />
den Bauern fehlten für die Herstellung ihrer Textilien immer wieder Rohstoffe. Papier stell-<br />
ten sie in den Wintermonaten selber her, deshalb wurde dieses Material für viele Belange<br />
eingesetzt. Es wird berichtet, dass L<strong>and</strong>arbeiter geölte und gebeizte Papiere verwendeten,<br />
um die Pflanzen auf dem Feld vor dem Frost zu schützen. Ein Bauer soll einmal bei der Feld-<br />
arbeit vom Regen überrascht worden sein, sich zum eigenen Schutz diese Planen überge-<br />
zogen und später die Kleiderherstellung aus Kamiko initiiert haben. Die Bauern gehörten<br />
sicher zu den Ersten, die sich aus der Not heraus die Vorzüge des imprägnierten Papierklei-<br />
des zu Nutze machten.“ (Leitner, Papiertextilien, 19) Aber auch bei <strong>and</strong>eren Bevölkerungs-<br />
gruppen nahm Papier als Bekleidungsstück Einzug. „Die buddhistischen Mönche stellten<br />
ihre Kamiko in einem fast meditativen Prozess selbst her und sahen darin ein Symbol für<br />
ihre religiösen Überzeugungen. Da die Papierkleider nach mehrmaligem Tragen einfach<br />
zerfielen, galten sie als Metapher für die Vergänglichkeit des Lebens und die Zyklen der Natur.<br />
Außerdem wirkten die zerknitterten Kamiko immer zeitlos und bereits gebraucht, man<br />
konnte sich in sie gehüllt nicht von <strong>and</strong>eren abheben oder damit prahlen, sondern machte<br />
eher eine unvorteilhafte Figur. Kamiko verkörperte somit auf geniale Weise die buddhistischen<br />
Ideale von Schlichtheit und Reduktion.“ (Leitner, Papiertextilien, ebd.) „Wer sich in<br />
Papier hüllte, erzeugte beim Gehen Raschelgeräusche, sah eher plump und unbeholfen aus<br />
und bekundete damit, sich selbst nicht ganz so ernst zu nehmen und über die Absurdität<br />
des Lebens lachen zu können.“ (Leitner, Papiertextilien, 19<strong>–</strong>21) Dichter verwendeten ihre Kamiko<br />
als provisorische Schreibunterlage, um ihre spontanen literarischen Ergüsse am eigenen<br />
Leib festzuhalten <strong>–</strong> so galten die papierenen Kleider als Metapher für materielle Armut<br />
und geistigen Reichtum. (Vgl. Leitner, Papiertextilien, ebd.)<br />
Der ursprüngliche Kamiko, der sehr dünn und leicht war, wurde vorwiegend für sommerliche<br />
Bekleidung verwendet. Bei den minderprivilegierten Schichten, die sich nichts <strong>and</strong>eres<br />
leisten konnten, verursachte diese minimalistische Kleidung für die damalige Zeit tödliche<br />
Krankheiten. „So findet sich im Teil ‚Papier‘ des Werkes Wen fang si pu (‚Studien über die<br />
vier Dinge zum Schreiben in einer Gelehrtenstube‘), das 986 n. Chr. verfasst wurde, folgendes<br />
Zitat, das ebenfalls die frühe Existenz der Papierkleider belegt: ‚Nun gehen diejenigen<br />
mit dieser leichten Kleidung nicht hinaus. In zehn Jahren ist ihr Gesicht gelb. Sie haben die<br />
Begierde der Gedanken abgelegt. Der Wind von draußen dringt nicht ein und die Luft von<br />
draußen nicht hinaus.‘.“ (Weber, Sprache, 160) Eine <strong>and</strong>ere Stelle im gleichen Dokument<br />
enthält „... Angaben zum Herstellungsverfahren von Papierkleidern, die deutlich machen,<br />
dass der Begriff ‚Papier‘ auch missverständlich oder irreführend verwendet wurde. ‚Je hundert<br />
Breiten kocht man mit einem Liang (ca. 37 g) Walnuss- und Weihrauchbaum. Man lässt<br />
es ein bisschen dämpfen, indem das Papier mit dem Walnuss-Weihrauch-Wasser getränkt<br />
wird. Unter Hitze lässt man es im Schatten trocknen. Man rollt es auf einen Pfeilschaft, wobei<br />
man gerunzelte Stellen belässt.‘ Diese Darstellung des Verfahrens entspricht vermutlich<br />
der Herstellung von Tapa, bei dem mehrere leicht überlagerte Rindenbaststreifen zu großen<br />
Flächen geklopft werden, und es scheint, dass es sich bei diesen frühen Papiergewändern<br />
eher um Tapa als um Papier geh<strong>and</strong>elt hat. Eine <strong>and</strong>ere Interpretation könnte allerdings<br />
Oben links:<br />
Abb. 17: Beutel aus geöltem jumchi.<br />
Südkorea.<br />
Oben rechts:<br />
Abb. 18: Momigami-Kimono. Hanji<br />
Costume-Play Fashion Show,<br />
Jeonju, Südkorea, Mai 2004.<br />
Unten:<br />
Abb. 19: Geprägte und bemalte<br />
Kamiko-Taschen und -Papiere aus<br />
der Werkstatt von Mashiko und<br />
Tadao Endo, einem berühmten japanischen<br />
Papierschöpferehepaar,<br />
das Kamiko und Shifu herstellte.