Diplomarbeit - Laura Steiner – Design and Concept
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Verpackung hatte früher noch keinen Bezug zum Inhalt der Packung, sondern schmückte<br />
lediglich. Durch die Erfindung der Wellpappe, die 1871 in New York zum Patent angemeldet<br />
wurde, änderte sich die Nutzbarkeit von Papier für Verpackungszwecke erheblich: Die stabi-<br />
len Wellen schützen empfindliches Gut vor Stoß und f<strong>and</strong>en schnell große Verbreitung. Ein<br />
weiterer Schritt ergab sich durch die erste Rundsiebkartonmaschine, die 1903 in Arnsberg<br />
in Betrieb genommen wurde. Durch die industriell nun relativ günstige Verfügbarkeit von<br />
Packmitteln, die in exakt gleichbleibender Aufmachung gestaltet wurden, erreichte die Ver-<br />
packung neue Qualität und trug zur Produktdifferenzierung bei. Durch ihre unterschiedli-<br />
che und jeweils typische Hülle wurden die Waren vonein<strong>and</strong>er unterscheidbar, entst<strong>and</strong> der<br />
ästhetische und gleichzeitig verführerische Charakter der Verpackung: der Reiz der Hülle.“<br />
(Kohl, mehr, 194<strong>–</strong>196) Heutzutage werden unglaubliche Papiere für Verpackungen produ-<br />
ziert, die mit den verschiedensten Materialien versetzt und kombiniert werden: Sei es in<br />
Schlangenlederoptik, weich wie Plüsch, glänzend und funkelnd wie Plastik oder rustikal<br />
und hart wie eine hauchdünne Scheibe Holz <strong>–</strong> in den Papiermachereien werden schon lange<br />
keine Kosten und Mühen mehr gescheut, geschweige denn Grenzen gesetzt.<br />
„Oft kommen heute auch so genannte Faserverbundstoffe oder ‚Non woven fabrics‘ zum<br />
Einsatz, deren Technologie in den 1960er-Jahren entwickelt wurde. Darunter versteht man<br />
ungewebte, synthetisch hergestellte Vliesstoffe, die gleichzeitig eine papierene und textile<br />
Wirkung haben. Die Fasern werden mittels verschiedener Methoden in Wirrlage gebracht<br />
und durch Verkleben, Verschmelzen und<br />
Ähnliches zu einer Fläche verbunden. Bil-<br />
lige Kleidung, Bettwäsche und Wohn-<br />
raumaccessoires aus Vliesstoffen waren<br />
in den 1960er- und 1970er-Jahren popu-<br />
lär. Bis heute wird das Material als Ein-<br />
lagestoff und aus hygienischen Gründen<br />
in Krankenhäusern, Hotelbetrieben, wis-<br />
senschaftlichen Laboratorien und beim<br />
Militär eingesetzt. Für Theaterkostüme<br />
und zu Dekorationszwecken werden ähn-<br />
liche Materialien, so genannte Tyvek-Stof-<br />
fe, die im vorherigen kurz vorgestellt wer-<br />
den, verwendet, die in den letzten Jahren<br />
wegen ihres papierenen Charakter auch<br />
im Bereich der Alltagskleidung modern<br />
wurden. Es schließt sich also der Kreis:<br />
Einerseits wird Papier als Ersatzstoff für<br />
Textilien verwendet, um den alltäglichen<br />
Gebrauch zu vereinfachen, <strong>and</strong>ererseits<br />
imitiert man neuerdings aber auch be-<br />
reits mit modernen Hightech-Materialien<br />
das Aussehen des Papiers, um zeitgemä-<br />
ße Inhalte zu transportieren <strong>–</strong> ein fortwäh-<br />
rendes Wechselspiel.“ (Leitner, Papiertex-<br />
tilien, 12)<br />
Links<br />
Abb. 64: Dieses Kleid entst<strong>and</strong><br />
im Auftrag von „The Sun“, einer<br />
britischen Zeitung, und besteht<br />
aus über 250 aus Zeitungspapier<br />
gefalteten und zuammengenähten<br />
Blumen. Die Kombination von<br />
Falten und Bildern lässt eine hochwertige,<br />
visuelle Textur entstehen.<br />
Rachael Sleight, Großbritannien.<br />
Rechts:<br />
Abb. 65 und 66: Kostengünstiges<br />
Hochzeitskleid aus Papier. Die<br />
Braut kann aus verschiedenen<br />
Röcken, Miedern und Blumenmustern<br />
wählen. Das Kleid kommt<br />
kurze Zeit später flach gefaltetet<br />
per Post. Die Abfälle der ausgeschnittenen<br />
Muster können sogar<br />
als Konfetti verwendet werden.<br />
Rachael Sleight, Großbritannien,<br />
Rock und Blumen: Fabriano Spa<br />
cartridge 120 g/m 2 , Mieder: Japan-<br />
und Krepppapier.<br />
Spricht man von „Mode aus Papier“, reagieren die Leute unwissend, erstaunt und fasziniert<br />
zugleich. „Wie soll das denn funktionieren?“, wird gefragt. Doch trotz dieses allgemeinen<br />
Unwissens und der anfangs eher erfolglosen Suche nach Informationen und Anwendungen,<br />
wird man schlussendlich fündig: Zahlreiche Künstler, <strong>Design</strong>er, Modeschöpfer, Papierlieb-<br />
haber und Neugierige beschäftigen sich schon seit langer Zeit mit dem Werkstoff Papier als<br />
Ersatzstoff für Textilien. ‚Papier ist dankbar‘, heißt es und so wird probiert und experimen-<br />
tiert, gefaltet, geknittert und wieder glatt gestrichen, geschnitten, gerissen, geklebt, bemalt,<br />
geprägt, gestanzt und in neue Formen gebracht. „Das Manipulieren mit Papier ist anregend,<br />
weil seine Eigenschaften beim Umformen nicht verloren gehen.“ (Özay, Textilforum, 37)<br />
Daraus entstehen künstlerische Meisterwerke, wie die von Isabelle de Borchgrave und Rita<br />
Brown, die Stücke aus der Modegeschichte mit Hilfe von Papier rekreieren. Humorvolle,<br />
dreidimensionale Collagenkleidung, wie die von Charlie Thomas, ein sagenhaftes, individuell<br />
zusammenstellbares Hochzeitskleid, wie das von Rachael Sleight. Das „Project Papermoon“,<br />
bei dem Ann Schmidt-Christensen und Grethe Wittrock mit Papiergarnen in Kombination<br />
mit <strong>and</strong>eren textilen Materialien experimentieren, um daraus gewebte tragbare<br />
Mode zu entwickeln.<br />
Um den Rahmen nicht zu sprengen, werden im folgenden Kapitel nur ein paar der beeindrucktesten<br />
Beispiele vorgestellt.<br />
3.2 Mode aus Papier −<br />
Die <strong>Design</strong>er von heute