Diplomarbeit - Laura Steiner – Design and Concept
Diplomarbeit - Laura Steiner – Design and Concept
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Mit meiner <strong>Diplomarbeit</strong> möchte ich eine Grundlage über Papier und seine Verarbeitung<br />
als Bekleidungsstück in den verschiedensten Kulturen bis hin zu den vielfältigsten, kreati-<br />
ven Herangehensweisen moderner Gestalter schaffen.<br />
Durch die Arbeit zieht sich das Motiv Papier als Medium und als solches habe ich es auch<br />
weiter in meinem Werkstück beh<strong>and</strong>elt. Dieses Material, das als Botschafts- und Kulturträ-<br />
ger Einzug in die Geschichte gefunden hat, wird von mir von einer ganz <strong>and</strong>eren, aber min-<br />
destens genauso faszinierenden Seite beleuchtet. In meinen Werkstücken beschäftige ich<br />
mich nicht direkt mit den Schnitten der Kleider, weil ich mir das nicht anmaßen möchte und<br />
kann, sondern weil die Experimente mit dem Material vorrangig für mich waren. Ich wollte<br />
das Papier als Werkstoff in angew<strong>and</strong>ter Form begreifen. Ich habe mich im Zuge dieser Ar-<br />
beit mit der Optik, vor allem aber mit der Haptik der verschiedensten Papiersorten intensiv<br />
ausein<strong>and</strong>er gesetzt.<br />
Ich habe herausgefunden, wie besonders, voluminös und weich sich h<strong>and</strong>geschöpftes Pa-<br />
pier im Gegensatz zu dem in Massen industriell erzeugtem anfühlt, und wie sich japanische<br />
Papiere von den westlichen unterscheiden. Ich habe eine deutliche Entwicklung in meinem<br />
Bewusstsein für die haptischen Qualitäten von Papier erkennen können. So habe ich zum<br />
ersten Mal Toilettenpapiere, papierene Tischdecken oder Zettel in Kleidungsstücken bewusst<br />
angegriffen und mich oft gefragt: Papier oder Textil? Oder vielleicht doch Synthetik?<br />
Deshalb finde ich es auch sehr schade, dass ich nie die Möglichkeit hatte, die so faszinierend<br />
klingenden Tapa-Stoffe anzugreifen. Mich würde wirklich interessieren, wie sie sich vor allem<br />
im Gegensatz zu Washi anfühlen.<br />
Außerdem bedaure ich es sehr, dass ich, trotz der Versicherung ihrer Assistentin, das Interview<br />
mit Frau Borchgrave nie führen konnte. Neben Fragen zu ihrer Person und ihrer persönlichen<br />
Geschichte, die sie auf Kleidung aus Papier gebracht hatte, hätten mich besonders<br />
ihre Antworten auf praxisorientierte Fragen interessiert. Es hätte mich sehr gefreut, zu<br />
erfahren, welche Papiersorten sie für ihre Kleider verwendet und wie sie diese beh<strong>and</strong>elt <strong>–</strong><br />
ob sie sie auch knittert oder ob durch das „bloße“ Bemalen die textile Wirkung erzeugt wird.<br />
Außerdem hatte ich gehofft, mir Tipps und Tricks für die Herstellung und Tragbarkeit von<br />
Papierkleidern von ihr zu holen. Vom Besuch ihrer Ausstellung in Venedig konnte ich mir<br />
zumindest eines mitnehmen: Um die leichten Papiere zu beschweren, hatte sie aus Papiergarn<br />
und Perlen eine Schnur entlang der unteren Enden ihrer Kleider gezogen. In ähnlicher<br />
Form musste auch ich arbeiten. So habe ich jeweils einen in Größe und Form variierenden<br />
Streifen eines Effektpapiers jeweils an den Säumen der Kleider angebracht, damit das Papierkleid<br />
schön zu Boden fällt.<br />
Im Zuge meiner Recherche habe ich eine derartige Fülle an Kunstwerken gesehen, sodass<br />
ich sehr lange überlegen musste, was ich genau machen möchte. Allerdings war mir von<br />
Anfang an klar, dass ich durch die japanischen Papiere auch diese Ästhetik, zumindest teilweise<br />
in meinen Kleidern verarbeiten würde. Ich wagte mich jedoch erst mit meinem letzten<br />
Kleidungsstück, „Mut“, an die etwas komplizierteren Kimonoärmel und den tiefsitzenden<br />
Schritt heran. Vor lauter Aufregung mit diesen kostbaren Papieren vorsichtig und sparsam<br />
zu arbeiten, konnte ich mich auf die zurückhaltende und geometrische Ästhetik der japanischen<br />
Tradition auch erst bei diesem Outfit einlassen. Bei dem vorangegangenen Kleid,<br />
„Schönheit“, habe ich mich vorwiegend auf die Muster und ihre Anbringung konzentriert.<br />
Das erste Kleid, „Stolz“, war hingegen eher ein Versuch, bei dem ich mich mit der Materie<br />
erst vetraut machen musste.<br />
Um eine inhaltliche Brücke zwischen der japanischen Tradition und der industriellen, westlichen<br />
Welt zu schaffen, hatte ich das Fotoshooting mit zwei Mädchen geplant. Eines sollte<br />
asiatisch sein, das <strong>and</strong>ere typisch westlich: Eine kühle, nordische Schönheit, groß und blond.<br />
Aufgrund von diversen, sehr kurzfristigen Absagen, war es mir leider nicht möglich, diese<br />
zwei Mädchentypen zu kombinieren. Nichtsdestotrotz haben die Fotos mit Sawitri meine<br />
Erwartungen übertroffen. Nicht nur, dass sie mich mit ihrer Ausstrahlung und Schönheit<br />
in den Bann gezogen hat, die Kleider haben ihr auch wie angegossen gepasst. Die schwarzen,<br />
glatten Haare, die grazile und sehr feine Gestalt und ihre delikaten Gesichtszüge haben<br />
die Dokumentation der Kleidungsstücke vervollständigt und abgerundet. So schaffe<br />
ich die Verbindung zwischen Ost und West nun doch durch Sawitri und die Umgebung auf<br />
den Fotos.<br />
Alles in allem habe ich sehr viel gelernt, habe viel an Wissen und Erfahrung gesammelt, an<br />
praktischem Arbeiten mit Papieren, sowie an dem Vertrauen, mich in ein sehr unbekanntes<br />
Thema einarbeiten zu können gewonnen. So hoffe ich, etwas mit dieser Arbeit weitergeben<br />
zu können!