30.12.2012 Aufrufe

Erziehung zur Moderne - TOBIAS-lib - Universität Tübingen

Erziehung zur Moderne - TOBIAS-lib - Universität Tübingen

Erziehung zur Moderne - TOBIAS-lib - Universität Tübingen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

wird in der historischen Konsumforschung oft betont. Es bleibt aber „vertretbar<br />

anzunehmen, daß die meisten Menschen eine unmittelbar fühlbare Wohl-<br />

standssteigerung erlebt haben.“ 16<br />

Wichtig ist aber nicht nur dieser quantitative Aspekt; der ökonomische<br />

und gesellschaftliche Wandel führte auch zu „einer bedeutsamen Änderung in<br />

der Struktur des privaten Verbrauchs“ 17 . Während der Anteil der Nahrungsmittel<br />

am Gesamtverbrauch sich deutlich verringerte 18 , wiesen gehobene Konsum-<br />

güter wie Möbel, Hausrat oder Kleidung überdurchschnittliche Zuwachsraten<br />

auf. 19 Auf der Basis dieser allgemeinen Feststellung bleibt nun zu fragen, wie<br />

sich privater Konsum entwickelt hat, welche Rolle er spielte und welchen Pro-<br />

dukten aus welchen Gründen Priorität eingeräumt wurde.<br />

Gerade dies ist aber auf der Basis der <strong>zur</strong> Verfügung stehenden Quellen<br />

schwierig zu ermitteln. Eine der „klassischen“ Quellengattungen sind private<br />

Haushaltsrechnungen. Es wird aber zu Recht häufig beklagt, daß sie zwar<br />

Auskunft über Art und Größe der finanziellen Ressourcen der Haushalte sowie<br />

über grobe Tendenzen der Ausgaben geben können 20 , wenig aber darüber<br />

aussagen, welchen Stellenwert ein bestimmtes Konsumgut hat. „The world of<br />

goods“, so stellt Jan de Vries bereits für frühmoderne Haushalte fest, „seems<br />

oddly disconnected from the world of wealth“. 21 Dies zielt vor allem auf die zu-<br />

16<br />

17<br />

18<br />

19<br />

20<br />

21<br />

Borchardt, Wirtschaftliches Wachstum (1976), S. 165.<br />

Toni Pierenkemper, Haushalt und Verbrauch in historischer Perspektive - ein Forschungsüberblick,<br />

in: ders. (Hg.), Haushalt und Verbrauch (1987), S. 1-24, hier S. 20.<br />

Es veränderte sich allerdings nicht nur der Anteil der Ernährung am Gesamtbudget, sondern<br />

die Struktur von Ernährung und Ernährungsgewohnheiten paßte sich den sich wandelnden<br />

Bedingungen des Industrialisierungs- und Urbanisierungsprozesses an. Vgl.<br />

Diedrich Saalfeld, Bedeutungs- und Strukturwandel der Ausgaben für Ernährung in den<br />

privaten Haushalten Deutschlands von 1800 bis 1913, in: Dietmar Petzina (Hg.), Zur Geschichte<br />

der Ökonomik der Privathaushalte, Berlin 1991, S. 133-148.<br />

Vgl. Borchardt, Wirtschaftliches Wachstum (1976), S. 219 ff.<br />

Zuordnungskriterien einzelner Ausgaben sowie eine Veränderung des Konsumverhaltens<br />

aufgrund der Buchführung (das sog. „Panel-Syndrom“) werden oft als verzerrende Faktoren<br />

genannt. Zudem ist zu beachten, daß nicht alle sozialen Schichten gleichermaßen<br />

Buch führten und innerhalb bestimmter sozialer Schichten wiederum unterschiedliche<br />

„Wirtschaftstypen“ eher zum Erfassen der Ein- und Ausgaben neigten: „Höhere Schichten<br />

führen häufiger Haushaltsbücher als niedere, sparsame Haushalte eher als spontan<br />

Handelnde usw.“. Vgl. Pierenkemper, Ökonomik (1991), Zitat S. 22.<br />

Jan de Vries, Between purchasing power and the world of goods: understanding the household<br />

economy in early modern Europe, in: Brewer/Porter, Consumption (1993), S. 85-<br />

132, hier S. 101.<br />

7

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!