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Erziehung zur Moderne - TOBIAS-lib - Universität Tübingen

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wichtige Erwerbsquelle der Bevölkerung geworden war, traten viele negative<br />

Begleiterscheinungen des Prozesses der Industrialisierung zutage. 13<br />

Regional konzentrierte sich der heimgewerblich organisierte Teil der<br />

Spielzeugbranche vor allem auf zwei Zentren, denen auch bestimmte Produktgattungen<br />

zugeordnet werden können. In Thüringen (v.a. um Sonneberg) wurden<br />

vornehmlich Puppen produziert. Nach zeitgenössischen Schätzungen waren<br />

dort um die Jahrhundertwende etwa die Hälfte der Einwohner oder 35000<br />

Personen mit der Herstellung von Spielwaren beschäftigt. 14 Das zweite wichtige<br />

heimgewerblich geprägte Zentrum der Spielwarenproduktion war das Erzgebirge<br />

mit Seiffen als Mittelpunkt - hier dominierte die Herstellung von Holzspielwa-<br />

ren. 15<br />

Die Situation gerade der Thüringer Spielzeugmacher wies große Parallelen<br />

mit der der schlesischen Weber auf. Ein Großteil der Produzenten war selbständig<br />

und wirtschaftete in aller Regel als Familienbetrieb. In bezug auf Absatz<br />

auf der einen und Zulieferung von Rohmaterial auf der anderen Seite waren sie<br />

vom Verleger abhängig und damit ohne sozialen Schutz den wirtschaftlichen<br />

Schwankungen ausgeliefert. Bevölkerungswachstum und damit Zunahme der<br />

Arbeitskräfte und steigender Konkurrenzdruck innerhalb der Branche führten zu<br />

den typischen sozialen und wirtschaftlichen Problemen der Hausindustrie des<br />

19. Jahrhunderts. Die Einkommen waren viel zu gering, eine Familie zu ernäh-<br />

13<br />

Zur Situation der Hausgewerbetreibenden vgl. zusammenfassend Ritter/Tenfelde, Arbeiter<br />

im Deutschen Kaiserreich (1992), S. 234-240.<br />

14<br />

Vgl. Rudolf Anschütz, Die Spielwaren-Industrie, Berlin 1901, S. 7, sowie Ehrenberg,<br />

Spielwarenhausindustrie (1899), S. 218. Rudolf Anschütz war Syndikus der Handelskammer<br />

Sonneberg. Aufgrund der starken saisonalen Schwankungen kann eine genaue<br />

Zahl der Heimarbeiter in der Spielwarenbranche schlecht ermittelt werden. Auch die Einschätzung<br />

des staatlich eingesetzten Ausschusses über die Erzeugungs- und Absatzbedingungen<br />

der deutschen Spielwarenindustrie belegt dies. Ausschuß <strong>zur</strong> Untersuchung<br />

der Erzeugungs- und Absatzbedingungen der deutschen Wirtschaft, Die Deutsche Spielwarenindustrie.<br />

Verhandlungen und Berichte des Unterausschusses für allgemeine Wirtschaftsstruktur<br />

(I. Unterausschuß). 5. Arbeitsgruppe (Außenhandel), 19. Band, Berlin<br />

1930, S. 21.<br />

15<br />

Vgl. hierzu vor allem die zahlreichen Werke von Manfred Bachmann (s. Literaturverzeichnis).<br />

Auch in dieser Region werden bis heute Spielwaren produziert. Vor allem in<br />

DDR-Zeiten wurde der Kampf der Heimgewerbetreibenden gegen die „Kapitalisten“ aus<br />

Nürnberg betont. Vgl. etwa Inge Zirps, Spielzeugmacher im revolutionären Aufbruch,<br />

Sonneberg 1982 oder auch die Arbeiten von Jürgen Kuczynski, etwa J.K., Die Geschichte<br />

der Lage der Arbeiter unter dem Kapitalismus, Bd. 19: Studien <strong>zur</strong> Geschichte der Lage<br />

des arbeitenden Kindes von 1700 bis <strong>zur</strong> Gegenwart, Berlin 1968. Ders., Geschichte<br />

der Kinderarbeit in Deutschland 1750-1939, Band I und II, Berlin 1958.<br />

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