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Erziehung zur Moderne - TOBIAS-lib - Universität Tübingen

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etten und der Beschlagnahmung von Produktionsanlagen (v.a. der Metallverarbeitung<br />

dienende Maschinen) zu entgehen, erwarb Steiff 1916 eine Metalldreherei.<br />

91 Während des Krieges wurden hier ausschließlich Rüstungsgüter<br />

produziert. Nach Kriegsende stieß man den Metallbetrieb aber nicht ab, sondern<br />

stellte auf Friedensproduktion um. Bereits 1920 wurde die „Alligator-<br />

Ventilfabrik“, die aus der Metalldreherei der Kriegszeit hervorging, gegründet.<br />

Sie blieb zweites Standbein der Firma. 92<br />

Diese Form der Anpassung an die Kriegswirtschaft war allerdings nicht typisch<br />

für die gesamte Spielwarenindustrie. Kleinere Betriebe konnten eine solche<br />

Umstrukturierung weder leisten, noch wären sie als Auftragnehmer für Heereslieferungen<br />

interessant gewesen. Viele Kleinbetriebe und erst recht die zahlreichen<br />

Hausgewerbetreibenden in Thüringen und im Erzgebirge versuchten<br />

zwar, sich mit der Produktion von Heeresbedarf 93 über Wasser zu halten, doch<br />

klagten gerade sie im Verlauf des Krieges immer lauter über Existenznöte. 94<br />

Die modernisierende Wirkung des Weltkrieges, die in der Forschung<br />

mehrfach konstatiert wurde 95 , läßt sich auch am Beispiel der Spielwarenindustrie<br />

belegen. Arbeitskräfteknappheit führte zu steigendem Einsatz von Maschinen.<br />

Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen förderten Großbetriebe und benachteiligten<br />

Kleinbetriebe und Hausindustrie.<br />

„Der Weltkrieg hat nun einmal zu einer Revolution des Wirtschaftslebens<br />

geführt und es würde ein Windmühlenkampf sein, sich gegen solche Entwicklungen<br />

aufzulehnen. Der ‘Concentrationsgedanke’ hat sich in der In-<br />

91 Vgl. Fünfzig Jahre Steiff-Spielwaren (1930), S. 42 ff.<br />

92 Fünfzig Jahre Steiff-Spielwaren (1930), S 43.<br />

93<br />

Dies waren hauptsächlich Halbfertigprodukte wie „Vorstecker“ für Granatzünder, Teile für<br />

Tragbahren, Tornisterhaken, Zeltpflockschrauben, Patronengürtel, Helmriemen und ähnliches.<br />

Vgl. z.B. DSZ 1915, Heft 14, 26. Juli 1915, S. 20 und Walter Schelling, Die sächsisch-erzgebirgische<br />

Holzspielwaren-Industrie seit dem Ausbruch des Weltkrieges, Diss.<br />

Leipzig, Dresden 1935.<br />

94<br />

BayHStA MH 16012, Bayer. Hausindustrie-Verband, Bay HStA, MH 16057 Spielwarenindustrie,<br />

Stillegungen in der Pianoforte- und Musikinstrumentenindustrie, Bleistiftindustrie,<br />

Schiefertafelindustrie, Spielwarenindustrie 1917; StaatsACoburg, LRA 13998 Fürsorge<br />

für bei Kriegsausbruch arbeitslos gewordene Arbeiter in der Spielwarenindustrie 1915-<br />

1917.<br />

95<br />

Vgl. Kocka, Klassengesellschaft im Krieg (1973), S. 37-51, v.a. S. 44 f. und zusammenfassend<br />

Nipperdey, Machtstaat vor der Demokratie (1993), S. 787-801, der Kockas Thesen<br />

zwar insgesamt etwas modifiziert, für den Bereich der Großindustrie aber bestätigt (<br />

S. 799 f.).<br />

45

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